The Amazing Spider-Man 2 (PS3/PS4) im Test
Anlässlich des Kinostarts von The Amazing Spider-Man 2 schwingt sich Peter Parker bereits zum zweiten Mal als Spider-Man durch die Hochhauskorridore von Manhattan. Ob es sich dabei um klassischen Lizenzmüll handelt oder wir uns auf ein ausgefeiltes Spielprinzip freuen dürfen, erfahrt ihr in meinem Review.
Sammelobjekte, Stan Lee und vieles mehr …
Bevor ich euch mehr von meinen Erlebnissen im virtuellen Manhattan berichte, möchte ich mit euch zusammen einen Blick auf die angeführten Features von The Amazing Spider-Man 2 werfen:
- Spielen Sie als Peter Parker
- Das Who’s who der Schurken
- Weitläufiges NYC
- Verbesserte Kämpfe und Upgrades
- Neues Heldentumsystem
- Brandneues Netzarsenal
Das klingt ja gar nicht mal so schlecht, aber wie viele der Features sind auch wirklich im Spiel und können überzeugen? Beginnen wir mit dem wohl wichtigsten Punkt: „Spielen Sie als Peter Parker“. Vielleicht bin ich jetzt etwas fordernd, aber von einem Spider-Man-Spiel erwarte ich natürlich, dass ich Peter Parker als Spinne spiele! Oder sollte ich womöglich als Dr. Bruce Banner Bruce Wayne oder vielleicht als Clark Kent Spider-Man spielen? Auf den Punkt „Weitläufiges NYC“ gehe ich gar nicht weiter ein, denn auch das gehört wohl zu den Minimalanforderungen an ein Spider-Man-Spiel, oder werden eventuell beim nächsten Spiel Peter Parkers Spinnenkräfte als Feature angeführt? Dennoch sei an dieser Stelle erwähnt, dass der Umfang der Spielwelt sich im Vergleich zu The Amazing Spider-Man vergrößert hat.
Weiter geht es mit„ Who’s who der Schurken“ aus der Welt von Spidey. Bei diesem Punkt bekommt ihr genau das, was versprochen wird, beziehungsweise noch viel mehr. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn man sich auf ein bis zwei Superschurken beschränkt und ihnen dafür genügend Raum im Spiel eingeräumt hätte, anstatt unzählige wild zusammengemixt in einem Spiel zu vereinen, sodass jeder so schnell verschwindet, wie er aufgetaucht ist. Auf der Jagd nach Kingpin & Co. erwarten euch verbesserte Kämpfe und Upgrades, ein brandneues Netzarsenal und ein neues Heldentumsystem. Diese drei Punkte lasse ich als Feature durchgehen, aber wer schon mal was von inFAMOUS oder PROTOTYPE gehört hat, wird wohl auch bei diesen Punkten eher schmunzeln, als sich darüber zu freuen. Das Kampfsystem ist selbst im höchsten Schwierigkeitsgrad noch zu einfach gestrickt und bietet meiner Meinung nach zu wenig Tiefgang. Die Upgrades der überschaubaren Fähigkeiten kann mich ebenfalls nicht vom Hocker reißen und bieten mir persönlich ebenfalls zu wenig Varianz. Das Netzarsenal ist ein wirklicher Pluspunkt, denn die Netzschwingmechanik serviert euch nun erweiterte Funktionen.
Statt dieser Feature hätte man besser den Arcade-Automat in Stan Lees Comicladen, die verschiedenen Anzüge, die Bosskämpfe, die Nebenmissionen oder die unzähligen Sammelobjekte erwähnt. Na gut, Sammelobjekte und verschiedene Anzüge sind jetzt auch keine Neuerfindung, aber sie sorgen, wie auch die Nebenmissionen und Bosskämpfe, für etwas Abwechslung. Abgerundet wird das Ganze durch einen Cameo-Auftritt von Stan Lee, der einen eigenen Comicladen im virtuellen NYC besitzt. In diesem könnt ihr eure ergatterten Sammelobjekte bestaunen oder am Arcade-Automat ein paar Wellenkämpfe in Angriff nehmen und damit eure Kampffähigkeiten verbessern.
Deckenfluter und overacting Spidey
Die Optik des Spiels ist auf der alten Konsolengeneration mittelprächtig. Während der Anzug von Spider-Man glänzt und nach Bosskämpfen auch Schrammen und Abschürfungen aufweist, enttäuscht der Rest. New York City ist zwar größer, aber das auch nur wegen der unzähligen Copy-Paste-Wolkenkratzer. Die Texturen sind teilweise matschig und die Gesichtsanimationen der Gegner, vor allem, wenn man an andere PS3-Spiele wie zum Beispiel Heavy Rain, Killzone 2+3 oder The Last of Us denkt, schon fast lachhaft. Bei Spidey lässt sich das schwer sagen, weil er ja glücklicherweise meistens in seinem rot-blauen Anzug steckt. Da ich gerade bei Spider-Man bin: Sein Overacting übertrifft sogar Nicolas Cage in seinen besten Zeiten. Unglaublich affig bewegt sich der gute alte Peter Parker manchmal in den Videosequenzen über den Bildschirm. Oft ist weniger bedeutend mehr.
Kommen wir noch zum Deckenfluter, den ich in der Headline angekündigt habe. Sobald ihr euch kopfüber an eine Decke hängt, wird die manuell nachjustierbare Kamera zu einem wahren Deckenfluter. Statt euch einen Überblick zu gewähren, verliert ihr so schnell die Orientierung, sodass ihr euch freiwillig wieder ins Getümmel auf dem Boden stürzt. Schade, ich hätte auch gern wie Spidey auf dem Cover von The Amazing Spider-Man 2 kopfüber hängend die Aussicht genossen; leider muss ich mich mit einer „Krampfera“, die wie ein Deckenfluter performt, begnügen. Schade, denn auch das Schwingen durch die Stadt, das für mich mindestens genau so wichtig für ein Spider-Man-Spiel ist, macht mir selbst nach Stunden des Spielens noch keinen Spaß. Die Steuerung ist ungenau, und am Stadtrand, an dem wohlgemerkt keine Häuser mehr stehen, könnt ihr euch noch immer mit den Spinnenfäden, vermutlich an den unsichtbaren Levelwänden, entlang hanteln.
Zusammenfassung
Dass Superheldenspiele funktionieren können, beweist Warner Bros. Interactive Entertainment mit der Batman: Arkham-Reihe schon seit einigen Jahren, doch Spidey will nicht so recht in die Gänge kommen. Die riesige Fangemeinde hofft bei jeder Neuankündigung eines Spider-Man-Spiels auf Besserung, aber leider bleibt der große Wurf aus. Warum auch immer verlässt man sich hier wohl nur auf die Lizenz und den sich gut verkaufenden Namen. Doch warum ist das der Fall? Mit vielen Superschurken und dem sympathischen, aufrichtigen Helden wäre das Grundgerüst eigentlich vorhanden. Der Grund ist wohl, dass mit der Spielumsetzung nicht eine erstklassige Spieleschmiede wie Rocksteady, sondern Beenox beauftragt wurde. Okay, Shattered Dimensions und The Amazing Spider-Man waren in Ordnung – aber eben nicht mehr und weit entfernt von Topspielen wie beispielsweise Batman: Arkham Asylum oder Arkham City.
Bei The Amazing Spider-Man 2 überzeugt meiner Meinung nach kein Bereich. Die Story hat Schwächen und versucht mit Superschurken-Dropping darüber hinwegzutäuschen, die Optik ist maximal mittelprächtig (selbst auf der PS4 sieht das Spiel nicht nach einem Next-Gen-Titel aus), das Kampfsystem ist zu einfach gestrickt und der Rollenspieleinfluss selbst mit den verschiedenen Kostümen nur marginal. Die Spieldauer von rund zwölf Stunden wird nur durch das Absolvieren aller Nebenmissionen und der langen Ladezeiten erreicht, wobei das Overacting von Spidey die Zwischensequenzen zu einer unverhofften Lachnummer macht. Kurz und knapp: The Amazing Spider-Man 2 ist zwar kein kompletter Mülltitel, aber es wäre so viel mehr drinnen gewesen – meine Enttäuschen darüber lässt sich als Spider-Man-Fanboy nun einmal nicht verbergen. Hardcore-Fans werden sich wohl freuen, dass es endlich ein neues Spiel mit ihrem großen Helden gibt, auch wenn der Titel einige Schwächen aufweist. Schade, denn mit etwas mehr Entwicklungszeit und Polishing hätte daraus ein solides Spiel werden können.