Street Fighter 6 (PC) Review
Das Jahr 2023 werden Kampfspiel-Fans als „Goldene Ära“ in Erinnerung behalten, denn in diesem Jahr erscheinen mit Mortal Kombat 1, Tekken 8 und Street Fighter 6 gleich drei Ableger der erfolgreichsten GenrevertreterInnen. Den Auftakt machte bereits im Juni Street Fighter 6, und es legt vor, woran sich der Mitbewerb künftig zu messen hat.
Nachdem sich Capcom im fünften Teil der Street Fighter-Serie nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat, galt es für den Nachfolger das Vertrauen der Fans zurück zu gewinnen. Ob Street Fighter 6 den hohen Ansprüchen gerecht wird, und ob wir uns schon zum Start des Prüglers auf ein rundes Paket einstellen dürfen, lest ihr in meinem Review.
Spielmodi
Nachdem Erzrivale Mortal Kombat bereits vor Dekaden den Story-Modus für sich entdeckt hat, und Street Fighter 5 eine abgespeckt Version davon nachlieferte, geht Capcom diesmal All-in bei der Handlung. Man setzt sogar noch eines drauf, und liefert mit Metro City gleich die passende Spielwiese dazu. Dieser „World Tour Mode“ getaufte Spielmodus spielt sich wie eine Mischung aus MKs Storymodus und der Krypta.
Als frischgebackene und zuvor im irrwitzigen Charakter-Editor handgeschnitzte StraßenkämpferIn zieht ihr los um auf den Straßen Metro Citys für Ordnung zu sorgen. Sofern man „alles verprügeln was zwei Beine hat“ als „Ordnung“ bezeichnen mag. Im Zuge eures Ausflugs steigt ihr im Level auf, lernt neue TrainerInnen und Movesets kennen, und trefft sogar auf den sagenumwobenen Shen Long. Den haben Street Fighter-VeteranInnen schon im zweiten Teil in einem schwach übersetzten Versus-Screen als ultimativen Endboss identifiziert.
Das Herz und die Seele von Street Fighter ist und bleibt aber der gediegene Zweikampf. Auch hier liefert Capcom sauber ab, und widmet die anderen beiden Spielmodi dieser Disziplin. Im „Battle Hub“, einer frei begehbaren Online-Lobby mit Spielautomaten, könnt ihr mit eurem Avatar virtuelle Freunde treffen, gegen Wildfremde antreten oder einfach nur abhängen und Trainingsmatches bestreiten. Im Fighting Ground finden sich die klassischen Modi wie Arcade, Training, Lokaler Zweikampf und Online Matches. Von Start weg bietet Street Fighter 6 also einen Haufen Content.
Gameplay
Street Fighter 6 bleibt im Grunde seinen Wurzeln treu und ist – wie schon seine Vorgänger – ein klassischer 2D-Fighter im dreidimensionalen Gewand. Neu ist, dass sich die Steuerung nicht nur an SerienveteranInnen richtet, sondern mit „Modern Controls“ auch eine neue, vereinfachte Eingabemethode entwickelt wurde. Special Moves sind darin einer dedizierten Taste zugeordnet, und benötigen keine komplexen Einbabefolgen mehr. Der Nachteil ist, dass Special-Moves nicht mehr modifiziert werden können. Schräge oder langsame Versionen der beliebten Moves bleiben also der klassischen Steuerung vorbehalten. Auch die Unterscheidung zwischen Schlag- und Tritt-Tasten fällt dem modernen Schema zum Opfer. Ob getreten oder geschlagen wird, entscheidet das Spiel dann situativ für euch. Die Einführung von Modern Controls als optionale Eingabemethode sorgte schon im Vorfeld für viel Wirbel unter Fans. Ohne Zweifel öffnet diese Option das Spiel aber für ganz neue Zielgruppen.
Herzstück des Kampfes in Street Fighter 6 ist das neue Drive-System. Es löst das V-Gauge und das Super Meter aus Vorgängertiteln ab, und ermöglicht eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten. Der Klassiker: Super Moves, die eine filmreife Animation auslösen und verheerenden Schaden anrichten. Auch Special Moves lassen sich mit Drive zu stärkeren Varianten verbessern. Ein neuer Baustein im Mind-Game stellt der Drive-Rush dar. Eure Figur stürmt dabei unaufhaltsam los, und landet einen garantierten Treffer, wenn die GegnerIn nicht in Sekundenbruchteilen ausweicht, oder ihrerseits mit einem Drive-Rush kontert. Zugute letzt gibt es noch den Drive-Parry, der euch gegnerische Angriffe parieren lässt und im Gegensatz zum Blocken mit einer Konterchance zurücklässt.
KämpferInnen
Der Start-Roster von Street Fighter 6 besteht aus 18 KämpferInnen. 11 davon sind Serien-VeteranInnen, während 7 Neue ihr Debut in Street Fighter 6 geben. Die Poster-Boys Ryu und Ken sind natürlich weiterhin mit von der Partie, lassen diesmal aber den Newcomern Luke und Jamie den Vortitt am Cover und im Story Modus. Unter den Neuen Ist für alle was dabei. Die stämmige Marisa ist eine italienische Gladiatorin, während die großgewachsene Manon mit ihrem Balett-Kampfstil virtuose Grapple-Attacken vom Stapel lässt. Für flinke Ninjas bieten sich die quirligen Jungspünde Kimberly und Lily an. Mit mehr Gravitas und Psychokräften hält sich der Gentleman JP seine Feinde auf Distanz. Ende Juli wird Rashid, der turbulente Araber seine Wiederkehr in den Ring als erster DLC-Charakter bestreiten.
Grafik
Grafisch und visuell hat sich Street Fighter 6 seit dem Beginn der 3D-Ära in Street Fighter 4 maßgeblich weiter entwickelt. Das macht sich vor allem im dramatisch fortgeschrittene Animations-Budget bemerkbar. Moves sehen beeindruckend detailliert und wuchtig aus, Muskeln verformen sich nachvollziehbar und gewisse Körperteile „bouncen“ bei jeder Bewegung rhythmisch zum Kampfgeschehen. Die Figuren haben auch weiterhin ihre comichafte, hyperrealistische Erscheinung. Bärte, Frisuren und Kleidung schmiegen sich physikalisch korrekt an die gestählten Körper an. Street Fighter 6 ist zwar kein Showcase für Next-Gen Konsolen, aber eine solide, zeitgemäße Demonstration einer künstlerischen und handwerklichen Meisterleistung seitens der Designer.
Fazit zu Street Fighter 6
Ich spiele Kampfspiele zwar schon seit meiner frühesten Kindheit (Die Street Fighter Serie habe ich mit Teil 2 am Super Nintendo kennengelernt), würde mich selbst aber eher als Button Masher bezeichnen. Modern Controls sind daher eine Offenbarung für mich! Ich opfere gerne etwas taktischen Tiefgang für die Möglichkeit auch mit 4 Tasten verheerende Kombos und Specialmoves zu landen. Durch diese neue Möglichkeit des Spielens habe ich Street Fighter völlig neu für mich entdeckt, und selten so viel Spaß in einem Serienableger gehabt, wie im sechsten. Selbst Online-Matches gegen echte GegnerInnen konnten mich nicht abschrecken, auch wenn natürlich hie und da der Boden mit mir aufgewischt wurde. Street Fighter 6 ist das bisher Beste, was dem Genre seit Langem passiert ist. Es bringt frischen Wind nicht erst mit der Einführung von Rashid und legt die Messlatte für künftige Titel um ein gewaltiges Stück höher. An diesem Titel werden sich die nächsten Generationen an Fighting Games zu messen haben.