Das neue MacBook: Wie weit muss Portabilität gehen?
Apple ist bekannt dafür, ältere Technologie möglichst schnell loszuwerden, schon mehrmals hat der Konzern seinen Weitblick bewiesen. Die Floppy-Disks, die optischen CD/DVD-Laufwerke und nun auch die klassischen HDD-Festplatten mit rotierenden Scheiben gehören, wenn es nach Apple geht, zum alten Eisen. Das neue MacBook von Apple geht noch einen Schritt weiter, und es ist wieder einmal richtungsweisend für die ganze Industrie. Lest hier in diesem technisch vollbeladenen Bericht, warum dies so ist.
Das neue MacBook, für alle, die noch nichts darüber gelesen haben, besitzt nur noch zwei Anschlüsse: einen Kopfhöreranschluss (3,5-mm-Klinke) und einen USB-Port. Dieser USB-Anschluss ist aber nicht derjenige, den wir alle kennen und lieben, sondern der neuartige USB-C-Port. Dieser ist dem Lightning-Stecker der neuen iPads und iPhones nicht unähnlich: Ihr könnt den Stecker nicht falsch einstecken, sowohl Video/Audio-Daten als auch eine ganze Menge Strom werden darüber übertragen, und dank integrierter Technologie könnt ihr auch Adapter dranhängen, um andere Stecker wie etwa USB 2.0/3.0, VGA, DVI, HDMI und dergleichen zu benutzen.
Kabellos, ungebunden, frei
Beim Studium der offiziellen Apple-Website zum MacBook stellt sich heraus, dass auch dieser Port eigentlich schon der Verdammnis anheimfallen sollte, aber schlichtweg die Technologie noch nicht so weit ist. Auf der deutschen Website steht: „Wenn das neue MacBook schon einen Anschluss zum Laden haben muss, dann soll es der fortschrittlichste und vielseitigste sein, den es gibt.“ Im Englischen jedoch steht das Folgende: „The most efficient way to charge a notebook is by connecting a charger to a port. And as long as we were going to include a port for charging the new MacBook, we wanted to make sure it was the most advanced and versatile one available: the new USB‑C port.“ Diese Aussage versteckt nicht einmal Apples Absicht, auch den letzten Port über kurz oder lang zu eliminieren. Dass aber das drahtlose Aufladen bis dato mehr Strom verbrät, als es Saft in einen Akku bringt, ist leider zurzeit noch ein Fakt und ein Grund, wieso das neue MacBook noch einen USB-C-Port besitzt.
Man sieht also, wo die Reise hingeht. Während die aktuellen Macs noch kombinierte USB-Ports (sowohl 2.0- als auch 3.0-Standard) anbieten, kämpfen andere Computerhersteller noch damit, ihre USB-Anschlüsse farblich zu kennzeichnen. Wehe den NutzerInnen, die ihre ultraschnelle Festplatte versehentlich an einen USB-2.0-Anschluss anhängen – hier stellt sich noch die Frage, ob und warum Apple einer der wenigen Anbieter ist, der es schafft, kombinierte Anschlüsse zu verbauen. Nun geht Apple radikal voran und bietet wie Google im neuen Chromebook Pixel (meiner Meinung nach ein prädestinierter Ladenhüter) einen USB-C-Anschluss an. Doch schwelgen wir für einen Moment in der Nostalgie und sehen uns aus technischer Sicht an, warum es die alte Technologie nicht mehr gibt.
Die natürliche Selektion
Die erste Technologie, die dran glauben musste, war die gute alte Floppy Disk. Die besten Stücke konnten mit etwa einem MBit pro Sekunde lesen, das sind 125 KB pro Sekunde. Heutzutage ist jeder Internetzugang schneller, egal, ob zu Hause oder am Smartphone. Die CD versprach Abhilfe, und ihre Geschwindigkeit begann mit 150 KB/Sekunde. Doch bei den rotierenden Laufwerken gibt es eine spannende Technik, die es erlaubt, CDs schneller zu lesen, und so liest ein CD-Laufwerk mit 32-facher Geschwindigkeit mit etwa 4,8 MB/Sekunde. Eine DVD wiederum besitzt mehr Speicherplatz (ab 4,7 GB), und die Lesegeschwindigkeit startete bei 1,4 MB/Sekunde. Heutzutage sind 24-fache Geschwindigkeiten üblich, und man spricht in etwa von 30 MB/Sekunde Lesegeschwindigkeit. Zum Vergleich: Eine herkömmliche HDD-Festplatte mit rotierenden Scheiben kann zwischen 50 und 120 MB in der Sekunde schreiben.
Kein Wunder also, dass Apple vor knapp drei Jahren beschlossen hat, diese Technologie nicht mehr zu verbauen. Fortan wurden seit 2012 sämtliche Macs ohne Laufwerk ausgeliefert. Ob es nun der iMac, der Mac Pro, die portablen MacBooks jeder Variante oder der Mac mini ist: Wer noch viel mit DVDs zu tun hat, kann sich jederzeit ein externes Laufwerk via USB anschließen. Ich besitze zwar eines, kann mich aber nicht erinnern, wann ich es zuletzt benutzt habe – ich vermute, dass es bei der Windows 8-Installation via Bootcamp im Jahr 2012 war. Apropos USB, auch hier gibt es einen Flaschenhals bezüglich Geschwindigkeiten zu beobachten.
Während USB 1.1 mit knapp 1,5 MB/Sekunde arbeitete, sprang der USB-2.0-Standard auf satte 60 MB/Sekunde. Doch da die rotierenden Platten (gerade jene mit 7200 Umdrehungen/Minute und aufwärts) schneller lesen und schreiben können, als das USB-Interface Daten jongliert, wurde es Zeit für einen neuen Standard. USB 3.0 war geboren und versprach Geschwindigkeiten von bis zu 500 MB/Sekunde. Wer sich in der letzten Zeit auf Laptop-Suche begeben hat, merkt, dass noch immer USB-2.0-Ports verbaut werden, was ehrlich gesagt schon Irrsinn ist. Damit nicht genug, die Ultrabooks (potente Notebooks in schlanker Form) sind meist mit SSD-Festplatten ausgestattet, die um ein Vielfaches schneller operieren als die herkömmlichen Spindelfestplatten. Hier werden im Schnitt etwa 600 MB/Sekunde gelesen und geschrieben – der USB 3.0-Standard wird also bereits vollständig ausgereizt.
Ein Hoch auf die Entwicklung
Diese SSD-Festplatten werden wie andere Komponenten über ein SATA-II-Interface innerhalb des Rechners verkabelt. Dieses Interface sorgt dafür, dass die Daten von der Festplatte über das Mainboard transportiert werden und umgekehrt. Es ist schlichtweg notwendig dafür, dass der Computer wie vorgesehen funktioniert. Dieses SATA-II-Interface hatte bis vor kurzer Zeit einen Datendurchsatz von drei Gbit/Sekunde oder 375 MB/Sekunde, was für normale Festplatten komplett ausreichte. Die Durchschnitts-SSD (wir erinnern uns: 600 MB Leistung) reizt aber diese Bandbreite vollständig aus, also musste diese erhöht werden. Das SATA-3.0- oder SATA-III-Interface war geboren, und der Datendurchsatz wurde auf sechs Gbit/Sekunde oder knapp 750 MB/Sekunde erhöht. NutzerInnen von SSD-Festplatten können daher sicher sein, dass ihre Hardware ausgereizt wird.
Mittlerweile gibt es einen neuen USB-Standard, der aber meines Wissens nach noch nicht käuflich erhältlich ist. Es handelt sich dabei um USB 3.1 mit einem theoretischen Bruttodatendurchsatz von sage und schreibe 1,2 GB/Sekunde. Diese Zahl ist extrem. Man stelle sich vor, ein DVD-Film mit 4,7 GB wird in gerade einmal vier Sekunden komplett gelesen und erfasst. Nehmen wir eine Durchschnitts-SSD mit knapp 600 MB/Sekunde Schreibfähigkeit, dauert der Kopiervorgang theoretisch nicht ganz acht Sekunden. Nun tritt aber ein weiteres Mal Apple auf den Plan: Das neue MacBook Air (Frühjahr 2015) wurde von OWC ausgiebig getestet und weist 1,4 GB/Sekunde Lesegeschwindigkeit und 1,2 GB/Sekunde Schreibgeschwindigkeit auf. Ihr seht also, hier wird stärkere Hardware verbaut, als der neue Standard überhaupt herzugeben vermag – so muss ein Notebook aussehen, wenn man es für längere Zeit benutzen möchte.
Nun haben wir USB 3.1 mit 1,2 GB/Sekunde Datendurchsatz in der Theorie, und in den MacBook Airs des Baujahrs 2015 werden SSDs verbaut, die in der Realität 1,4 GB/Sekunde schreiben und 1,2 GB/Sekunde lesen können. Wie soll da das SATA-III-Interface mithalten können? Entweder wird sämtliche Hardware auf den SATA-III-Flaschenhals von knapp 750 MB/Sekunde limitiert, oder aber man verzichtet auf SATA III. Genau dies tat Apple und führte in den Macs ein sogenanntes PCI-Express-Interface ein. Technikseiten fanden heraus, dass die Implementation von Apple etwa zwei GB/Sekunde übertragen kann, und das reicht für die jetzigen Spitzenreiter im SSD-Bereich komplett aus. Auch der neue USB-3.1-Standard wird hiermit mit vollster Geschwindigkeit unterstützt.
Wenn man sich wenig bis gar nicht mit den nackten Zahlen beschäftigt, mag es überraschend wirken, dass der Flaschenhals oft mittlerweile bei der internen Kommunikation zwischen den Komponenten liegt anstatt an den einzelnen Bauteilen selbst. Gerade im Computerbereich galt bislang immer, dass neue Hardware (neue Festplatte! neuer Prozessor!) mehr Leistung bringt. Doch gern wird an bestehenden Mainboards und damit einhergehend an den vorhandenen Interfaces herumgebastelt, ohne deren Geschwindigkeiten in Betracht zu ziehen. Die beste SSD bringt nicht den Geschwindigkeitsschub, den sie zu leisten vermag, wenn sie durch eine schwache Anbindung an das Mainboard geradezu verkrüppelt wird. Apple hat diese Entwicklung frühzeitig erkannt und mit der Einführung von PCIe entsprechend reagiert.
Was wird die Zukunft bringen?
Jahr für Jahr wiederholt sich das Schauspiel: Eine Apple-Keynote findet statt, neue Hardware wird vorgestellt, und die Foren laufen sowohl davor als auch danach heiß. Die Gerüchteküche brodelt, und oft ist nach dem Event Ernüchterung festzustellen. Ein dünneres MacBook mit einem hochauflösenden Display haben schon einige erwartet. Jetzt ist es tatsächlich da, und die Konkurrenten wie Acer, Toshiba und Konsorten haben nichts Besseres zu tun, als einzelne Features des neuen MacBooks durch den Schmutz zu ziehen. Klar gibt es noch dünnere Ultrabooks, die aber gerade mal die Hälfte der Akkulaufzeit des MacBooks schaffen. Klar gibt es schnellere Ultrabooks, die aber heiß laufen und daher nicht unbedingt für den Schoß der NutzerInnen geeignet sind. Klar gibt es günstigere Ultrabooks, deren Touchpad aber unterirdisch ist und die NutzerInnen schon fast dazu zwingen, eine externe Maus anzuschließen – für mich ein absolutes No-Go. Ein Notebook, egal, welcher Bauweise, sollte mit genau den Komponenten funktionieren, mit denen es ausgeliefert wird, und dazu gehört auch das Trackpad.
Das Zwölf-Zoll-MacBook ist ab 1449 Euro erhältlich, und wenn wir uns erinnern, war dies bei der Vorstellung des MacBook Air ähnlich: Die erste Version kostete im Jahr 2008 stolze 1799 US-Dollar, und der Mitbewerb sprang schnell darauf an. Überteuert, nutzlos (da ohne DVD-Laufwerk und mit einem Stromsparprozessor) und ohne jeden Verstand designt sei das MacBook Air. Wenn wir uns heute auf dem Markt umsehen, ist das Bild jedoch eindeutig: Die leistungsstarken, dicken Notebooks mit VGA-Anschlüssen und DVD-Laufwerken sind schwer in der Minderheit, Ultrabooks in allen Größen überschwemmen den Markt, und die Auswahl scheint so groß wie noch nie zuvor. Jetzt, Jahre später, hat die Industrie begriffen, dass Portabilität für die EndnutzerInnen sehr wohl eine Rolle spielt, und die Laptops werden schneller und stärker und gleichzeitig leichter und kleiner.
Wie beim originalen MacBook Air bleibt es auch beim diesjährigen MacBook mit Retina-Display abzuwarten, was in Zukunft passiert. Die internen Komponenten sind bereits blitzschnell, das ist nicht abzustreiten, und völlig ohne Ports zu arbeiten und sich auf die Cloud zu verlassen wäre eher ein Rückschritt: Die schnellste Breitbandverbindung, die ich an meinem Wohnort zu Wucherpreisen bekommen könnte, umfasst 250 Mbit Download und 25 Mbit Upload – also knapp 30 MB/Sekunde Download und drei MB/Sekunde Upload. Rein von der Geschwindigkeit her wäre es also schon pure Blödheit, alles über das Internet laufen zu lassen. Da ist es egal, ob ihr über Ethernetkabel oder über das drahtlose Netzwerk einsteigt, bis auf etwaige Latenzzeiten gibt es speedtechnisch absolut keine Unterschiede.
Das handelsübliche WLAN, um auch diese Datenraten anzuführen, ist entweder als 802.11n- oder als 802.11ac-Standard in unseren Breiten anzutreffen. Das drahtlose Netzwerk schafft in der n-Variante theoretisch bis zu 600 Mbit/Sekunde (75 MB/Sekunde), wohingegen das ac-Netzwerk in der Theorie bis zu 6936 Mbit/Sekunde schafft (867 MB/Sekunde), praktisch eher bei 1299 Mbit (etwa 162 MB/Sekunde) stehen bleibt. Im Vergleich zum schnellsten Internet in meiner Umgebung, das theoretisch 30 MB in der Sekunde liefert, ist das WLAN noch eine ganz schöne Nasenlänge voraus, ihr müsst euch zu Hause also keine Sorgen machen, an Performance zu verlieren.
Vielleicht war es auch von Anfang an Absicht von Apple, einen Port zu verbauen, da hier die besten Datenraten über USB 3.0/3.1 erreicht werden, was für Installationen etc. bestimmt ein Vorteil ist. Es bleibt jedoch für mich spannend, wie sich der Notebook-Markt in naher Zukunft entwickeln wird. Bis jetzt setzte der Mitbewerb mit seinen Kommentaren deutliche Signale der Abneigung. Doch nun wird sich herausstellen, was tatsächlich Sache ist. Ob sich die Industrie nun über eine technische Zukunft echauffiert, die sie selbst in absehbarer Zeit zur Realität machen wird? Wenn wir die Reaktionen auf das originale MacBook Air Revue passieren lassen, kann ich nur sagen: Die Geschichte wiederholt sich.