Just Cause 3 (PS4) im Test
Just Cause 3 bietet heuer die mit Abstand irrwitzigste und skurrilste Open-World Erfahrung, die dazu einlädt ganze Landstreiche, auf sehr imposante Art und Weise, in die Luft zu sprengen und einfach Mal die Sau raus zu lassen. Ob das aber auch für ein gutes Spiel ausreicht und was Entwickler Avalanche Studios sonst noch zu bieten hat, erfahrt ihr in meinem Test.
Heimkehr
Rico Rodriguez, seines Zeichens Einmannarmee und stereotyper Badass, kehrt zurück in seine alte Heimat Medici. Die mediterrane und idyllische Inselgruppe bietet zwar viel Platz um sich auszutoben, ist aber, wie sich das für Just Cause gehört, von einem Diktator besetzt. Deshalb macht sich Rico sukzessive daran, General Di Ravello aus seiner Heimat zu vertreiben. Da kommt Mario gerade recht, denn der war in Kindheitstagen nicht nur der beste Freund Ricos, sondern führt nun die Rebellen an, die dasselbe Ziel verfolgen. Die Story wird bestenfalls in unterhaltsamen Zwischensequenzen vorangetrieben, fällt aber definitiv schlechter aus, als noch im Vorgänger. Besonders Mario ist nicht nur sehr eindimensional, sondern mitunter auch nervtötend. Die deutsche Synchro reicht von unpassend bis peinlich, was aber sogar zu unfreiwillig komischen Momenten führen kann. Die Geschichte pendelt zwischen (absichtlich) lustig und Ernst hin und her und bekommt so nie wirklich die Kurve. Es entsteht eine merkwürdige Atmosphäre, die ein wenig unpassend ist. Nur ein wenig? Ja, denn man sollte die Story bei einem Just Cause nicht überbewerten. Langjährige Fans freuen sich bei Just Cause 3 auf ganz andere Dinge.
Über den Wolken
Zum Beispiel war die Vorfreude auf dein Wingsuit besonders groß – und das, wie sich herausstellt, zurecht! Kombiniert man den noch mit Repertoire aus Just Cause 2, lässt man jeden noch so teuren Sportwagen ganz schön alt aussehen. Mit dem Grappling Hook kann sich Rico mit enormer Geschwindigkeit über Vorsprünge katapultieren oder ganz einfach sehr schnell am Boden von A nach B gelangen. Packt der überdurchschnittliche, sportliche Hauptcharakter währenddessen seinen Gleitschirm aus, bekommt er einen Boost und schwebt in die Luft. Von da aus geht es dann optional direkt über zum Wingsuit, mit dem man folglich am schnellsten und coolsten weite Distanzen überwinden kann. Dieser Gadget- und Bewegungsmix erzeugt ein enormes Geschwindigkeitsgefühl und obwohl Rico keine klassischen Superkräfte besitzt, fühlt man sich wie eine wirre Mischung aus Batman und Spiderman. Dadurch erzeugt Just Cause 3 nicht nur ein super spaßiges Gameplay, sondern auch eine ungewohnte, aber großartige Vertikalität, die in den Einsätzen nicht zu unterschätzen ist. Schon nach der ersten Mission habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich über Bergkuppen geflogen bin und gefährliche Stunts ausprobiert habe. Die Inseln von Medici bieten dafür eine fantastische Spielwiese.
Die armen Kühe
Wenn man sich dann doch wieder besinnt, das Spiel vorantreiben zu wollen, dann sollte man mit Rico unter anderem Orte einnehmen, die unter der Fuchtel von Di Ravellos Soldaten stehen. Das klingt etwas nach der Ubisoft-Formel, äußert sich aber zumindest noch anfänglich in verschiedenen Aufgaben. Egal ob Schilder einreißen, Turbinen in die Luft jagen oder den Rebellen Zugang verschaffen, in 99 % der Fälle wird hier reine Zerstörungskraft benötigt. Die vorhin erwähnte Spielwiese lässt hier aber abermals kaum Wünsche offen, denn mit dem Grabbling Hook, kann man zwei unterschiedliche Punkte beschießen und diese aneinanderhängen. Kühe zum Beispiel lassen sich wunderbar als Reittiere verwenden, machen aber auch eine großartige Figur, wenn diese an ein Flugzeug gebunden werden und man mit Anhang in die nächste feindliche Fabrik rein kracht – dass man im letzten Moment mit dem Fallschirm abspringen muss, versteht sich hier von selbst. Dieses, zugegeben psychopathische und Tier unfreundliche, Manöver habe ich selbstverständlich nur aus Testzwecken ausprobiert und möchte mich von solchen Handlungen prinzipiell distanzieren! Obwohl…, mein dreckiges Grinsen konnte ich in diesem Moment nicht verbergen. Zudem ist Just Cause 3 so over-the-top, was Gewalt und Zerstörung betreffen, dass man bei derlei Aktionen kein schlechtes Gewissen bekommt. Ganz im Gegenteil, die vielfältigen Möglichkeiten Unsinn anzustellen, machen enorm viel Spaß und sind die größte Stärke des Spiels. In welchem anderen Spiel ist es sonst noch möglich, riesige Gegenstände an einem Helikopter zu montieren und als schwebende Abrissbirne herum zu fliegen?
Freizeit Aktivitäten
Sobald man ein Gebiet freigeschaltet und erobert hat, gibt es an allen Ecken und Enden kleine Nebenaufgaben. Das reicht vom simplen Autorennen über Spezialmissionen, wie z.B. besiege alle Feinde mit einer speziellen Waffe, bis hin zu spektakulären Wingsuit-Flügen, in denen man möglichst genau durch Ringe gleiten muss. Zwar wiederholen sich diese Missionen nach ein paar Stunden bereits, durch die gelungene Steuerung (mal abgesehen von den Autos, die steuern sich eher wie behäbige Pferdekutschen) sind sie aber trotzdem eine spannende, wie fordernde Herausforderung und bieten eine angenehme Abwechslung. Zusätzlich haben die Entwickler hier eine Motivationsspritze eingebaut, denn nur so kann Rico an coole Upgrades gelangen. Bei jeder Aufgabe gibt es 1-5 Gears (Zahnräder) zu gewinnen, wodurch man dann in den jeweiligen Kategorien (Grappling Hook, Wingsuit, Fahrzeuge, etc.) neue Fähigkeiten freischaltet. Einer meiner Favoriten sind dabei die Raketen-Antrieb-Granaten oder auch das Nitro für Helikopter und Flugzeuge, die dem Gameplay noch mal die nötige Portion Wahnsinn verleihen. Egal wo ihr hingehen werdet, an Freizeit Aktivitäten mangelt es auf Medici nicht.
Die Schattenseiten, der Explosionen
Aber irgendwann muss auch mal Schluss sein mit der Lobhudelei, denn neben all diesen Stärken bringt Just Cause 3 auch ein paar Probleme mit, die den Spielspaß hemmen können und ich rede hier nicht von der schwachen Story. Die Ladepausen sind lang, ja nahezu ewig, denn startet man Just Cause 3 kann in dieser Zeit gemütlich die Kaffeemaschine angeworfen werden. Bis zu einer Minute (PS4) lädt das Spiel initial und auch wenn der riesige Inselbereich ohne Ladezeiten auskommt, heißt es nach einer Mission oder einer Challenge erstmal warten. Wird offline gespielt, kann sich das etwas bessern, dann verzichtet man jedoch auf die oftmals eingeblendeten Highscores, wer am weitesten geflogen ist, am besten gedriftet ist usw… Die Ladezeit hemmen leider den Spielfluss und auch, wenn Avalanche Studios Besserung verspricht, so sind diese momentan doch sehr störend.
Als weitere Spaßbremse stellen sich die Eroberungsmissionen heraus, denn diese müssen gemacht werden. Während sich die großen Storymissionen schadlos halten und im letzten Drittel sogar sehr kreative Ansätze nutzen (der Ritt auf einer Rakete, ist nur ein Beispiel), werden die Befreiungen der Gebiete dann doch eintönig. Zu oft musste ich Plakate abreißen oder in die örtliche Polizeistation eindringen.
Der erwartete Action-Cocktail
Just Cause 3 ist der Michael Bay unter den Videospielen! Die Story ist hirnrissig und doof, aber was soll‘s, denn hier heißt es Hirn aus, Action an! Bis zum Schluss bin ich dem explosiven Chaos nicht überdrüssig geworden und jede noch so abartige und gewollte Kettenreaktion, hat mir ein boshaftes Grinsen ins Gesicht gezaubert. Ich habe im Jahr 2015 kein anderes Spiel gesehen, dass so eindrucksvoll und imposant, riesige Feuerbälle zu inszenieren weiß. Zudem bietet mir Medici, mit mehr als 1000 km², eine gigantische und bildhübsche Spielwiese. Egal ob Mohnblumenfelder, Sandstrände oder schöne Waldgebiete, dank der enormen Sichtweite fühle ich mich ständig in einen mediterranen Urlaub versetzt. Aber Just Cause 3 hat auch viele Macken, über die sicher nicht jeder hinweg sehen kann. Die Ladezeiten nerven, die KI ist strunz dumm und einige Aufgaben werden schnell repetitiv. In Bayscher Manier bietet Just Cause 3 zwar wenig Tiefgang, inszeniert aber ein Action-Feuerwerk, das seinesgleichen sucht! Selten hatte ich so viel Spaß wahllos Gegenstände und Gebäude zu zerstören und schließlich und endlich auch Kühe an meine Fluggefährte zu binden.