Bravely Second: End Layer (3DS) im Test
In Eternia ist der Trubel los: Nach dem 3DS-Hit Bravely Default kommt nun der Nachfolger Bravely Second: End Layer zu uns. Wenige Jahre nach Bravely Default angesiedelt schließt die Geschichte des neuen RPG nahtlos an, und das nächste große Abenteuer steht in den Startlöchern. Was Bravely Second: End Layer so alles bietet, lest ihr in diesem Test!
Starker Einstieg
Die Geschichte von Bravely Second: End Layer beginnt mit einem Paukenschlag: Der finstere Kaiser Verheer hat Agnès Oblige entführt, die Heldin aus Bravely Default. Ihr treuer Leibwächter Yew Geneolgia schwört, sie aus der Himmelsfestung des Kaisers zu befreien, einer scheinbar uneinnehmbaren Zwingburg, die hoch über Eternia schwebt. Auf dem Weg dorthin muss sich Yew mit Magnolia Arch und weiteren neuen Gesichtern zusammentun.
Da es sich bei Bravely Second: End Layer um eine gewichtige Produktion handelt, wurde hier nirgends gespart. Gerade bei der Geschichte könnt ihr Gift darauf nehmen, dass es hier nicht ohne mehrmalige Plot Twists abläuft – einige davon sind wirklich unvorhersehbar und nehmen euch schon mal den Atem. Es ist hierbei egal, ob ihr den Vorgänger gespielt habt oder nicht, da die Geschichte in kleinen Stückchen immer wieder zu euch getragen wird und ihr rasch mitbekommt, worum es in diesem Spiel geht.
Damit nicht genug, auch vertraute Charaktere wie Edea Lee und andere Krieger schließen sich eurem Helden Yew an. Nur mit dessen Hilfe kann er hoffen, Dungeons voller Gefahren zu meistern und furchteinflößende Gegner zu besiegen. Ihr dürft euch erneut auf das innovative Kampfsystem namens Brave & Default aus dem Vorgängertitel freuen, das euch dieses Mal noch ausgefeiltere Strategien ermöglicht. Wie zuvor habt ihr in rundenbasierten Kämpfen Chancen und Risiken genau abzuwägen: So können eure Charaktere gleich mehrere Attacken auf einmal ausführen, diese sind dafür aber in den folgenden Runden nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen.
Das Kampfsystem
Richtig gelesen: Der Twist in Bravely Second: End Layer ist nämlich, dass ihr bis zu vier Züge pro Charakter vorwegnehmen könnt. Im Kampf habt ihr bis zu vier Charaktere aktiv, das heißt, ihr könntet einem starken Gegner bis zu 16 Attacken in einer einzigen Runde um die Ohren schlagen. Falls dieser Gegner aber überleben würde, ist euer Trupp ihm die nächsten drei Runden schutzlos ausgeliefert. Ihr könnt diese Züge aber durch kluges Verteidigen auch ansparen, um diesen Malus auszugleichen. Doch in Bravely Second: End Layer geht es um weitaus mehr als nur stumpfes Draufhauen.
Da die Helden mit jedem Kampf Erfahrungspunkte sammeln, gewinnen sie stets weitere Kenntnisse und Fähigkeiten dazu, die euch anhand eures gewählten Jobs wiederum neue taktische Optionen ermöglichen. Da gibt es zunächst das Allroundtalent, den Freiberufler, oder einen Zauberer, einen Fechter, einen Kämpfer oder etwa einen Bischof. Alle Jobs bieten verschiedene Vor- und Nachteile, und auch neue Berufe haben ihren Weg in dieses Game gefunden, wie zum Beispiel der neue Job des Patissiers: Er schwächt die Gegner mit leckeren Desserts. Der Katzenbeschwörer wiederum nutzt seine tiefen Einsichten in die Katzenseele, um sein Team mit zusätzlichen Fähigkeiten und nützlichen Gegenständen zu stärken.
Wenn alles nichts hilft und ihr einmal im Kampf übernatürlichen Beistand benötigt, gibt es die Möglichkeit, mittels Start- oder Select-Taste eine Bravely Second zu aktivieren. Diese ist extrem selten (alle acht Stunden bekommt ihr eine bzw. müsst ihr euch kaufen), friert aber eure Gegner ein und in dieser Zeit könnt ihr euren Charakteren Befehle geben, die quasi außerhalb der Kampflogik durchgeführt werden. Ideal, um zusätzlichen Schaden zu verursachen oder mal so eben eine Komplettheilung in der Not zu veranlassen.
Neue Ideen und tolle Durchführung
Das doch sehr kampflastige Bravely Second: End Layer kann von euch mit nur einer Hand gespielt werden. Hierzu haben sich die Jungs und Mädels vom Entwicklerteam das Steuerkreuz näher angesehen und die Kämpfe und Menüs so darauf gemappt, dass ihr theoretisch wirklich mit einer Hand durch das Game kommen könntet. Auch die Möglichkeit, sich vorangegangene Befehle abzuspeichern und in Endlosschleife wiederholen zu lassen oder das Kampfgeschehen bis zu vier Mal so schnell abzuspulen, machen im weiteren Verlauf des Games wirklich viel Sinn und kürzen diverse Trainingssessions ungemein ab.
Ein brandneues Feature stellt Können und Nervenstärke von euch SpielerInnen auf eine harte Probe: Haben eure tapferen KriegerInnen einen Kampf schon nach einer Runde gewonnen, kann sofort die nächste, noch schwierigere Herausforderung angenommen werden – mit der Chance auf eine besonders hohe Belohnung. Auch dieser Kampf muss binnen einer Runde gewonnen werden, um die nächste Herausforderung präsentiert zu bekommen. Das erfordert natürlich System und Strategie, bleibt aber komplett optional und somit muss sich nicht jeder damit beschäftigen.
Indem sie Kämpfe auf dieses Weise aneinanderreihen, könnt ihr eure Charaktere und Charakter-Klassen, die sogenannten Jobs, besonders rasch auf einen höheren Level bringen. Andererseits riskiert ihr mit einer Niederlage, alles zu verlieren, was ihr in diesen Kämpfen erlangt habt. Um die hitzigen Kämpfe zu überstehen und mächtige Feinde zu besiegen, gilt es, die 30 verschiedenen Jobs klug einzusetzen und den Charakteren genau die Eigenschaften zu verleihen, die sie zum Überleben brauchen. Dabei sind manche Stufenaufstiege wertvoller als andere, und oft benötigt ihr eine gewisse Fähigkeit, um den nächsten Bossgegner zu killen.
Mehr als nur ein RPG
Damit euch nicht der Spaß am Game verlorengeht, gibt es eine Vielzahl an Optionen, die Bravely Second: End Layer immer wieder für ein kurzes Spiel interessant machen. Verschiedene Missionen und Aufträge sind zu erfüllen, damit ihr optionale Belohnungen einheimsen könnt. Eine Basis kann von euch aufgebaut werden, die in Echtzeit gebaut wird (fiese Sache: hier gilt nur Spiel- oder Standby-Zeit im Game) und euch wieder Goodies bringt. Dass da fiese Hochpässe, Zubringer, Tunnel und mehr zwischen 50 und 100 Stunden bauen, ist vielleicht für die Meisten unter euch uninteressant, doch mich reizen solche Dinge ungemein.
Auch die vorhin angesprochene Option, Kämpfe aneinanderzureihen und die Erfahrungs- und Jobpunkte mehrfach ausbezahlt zu bekommen, ist für Leute wie mich ein wahrer Segen. Klar muss man sich ein wenig mit den Gegebenheiten befassen und für die richtigen Monster die richtige Strategie entwickeln, doch genau solche Optionen muss ein rundenbasiertes RPG uns SpielerInnen bieten. Keiner mag es, sich stundenlang in Levelgebieten aufzuhalten und zu farmen – und Bravely Second: End Layer hat euch hier viele Werkzeuge gegeben, um das Erlebnis so frustfrei wie möglich zu machen.
Gerade in den ersten zehn bis zwanzig Spielstunden bekommt ihr erst ein Gefühl, wofür ihr eure Zeit und euer Geld investieren sollt. Dass die Übernachtungsmöglichkeiten in Städten spottbillig sind und in Verliesen dagegen sündhaft teuer sind, liegt aus logischen Gründen auf der Hand – allerdings sind die Summen, die ihr dafür aufwendet, kein Vergleich dazu, wenn ihr euch etwa die neuesten Zaubersprüche zulegt. Hier ist Vorsicht geboten: Benötigt ihr wirklich alle Sprüche, muss wirklich jeder Job die passende Kleidung im Inventar herumliegen haben? Ein wenig Mikromanagement ist angebracht, doch überhand nimmt es wirklich nie.
Technisch wahrlich einwandfrei
Angefangen von den Videosequenzen und der orchestralen Hintergrundmusik, den liebevoll gezeichneten Städten und den großartigen Animationen gibt es nur sehr wenig an Bravely Second: End Layer auszusetzen. Das Game zeigt, wozu so ein 3DS in der Lage ist, auch die intelligente Kamera gibt fast nie Anlass zur Sorge. In den Städten zoomt sie gerne mal weit hinaus, damit ihr euch anhand der Karte orientieren könnt, und in Verliesen klebt sie an eurem Charakter, was euch nur in verwinkelten Gängen schon mal zum Verhängnis werden kann.
Die Steuerung präsentiert sich butterweich und reagiert blitzschnell auf eure Eingaben, da könnte sich so manches Geschicklichkeitsspiel etwas von diesem Titel abschauen. Was für NeueinsteigerInnen vielleicht etwas überbordend anmaßt, ist die Geschwindigkeit, in der ihr in die Steuerung eingewiesen werdet. Sehr viel läuft über Textbausteine ab, und man neigt nach einem gewissen Maß an Tutorial schon dazu, sich einfach durch die weniger wichtig wirkenden Dinge durchzuklicken. Dafür gibt es ein Kompendium, das euch alles präsentiert, solltet ihr es mal nach einer längeren Pause vergessen haben.
Die Ladezeiten in Bravely Second: End Layer sind angenehm kurz, das Spielgeschehen wechselt gelungen zwischen rasch und gemütlich, die Charaktere haben ein unverwechselbares Gemüt an sich (da werden schon Erinnerungen an Final Fantasy IX wach) und die Story ist ein Meisterwerk. Für komplette Genre-EinsteigerInnen ist der Titel aufgrund seiner Vielzahl an Optionen vielleicht zu viel des Guten, aber wenn ihr schon mal das eine oder andere RPG gespielt habt, ist dieses Spiel einfach zu empfehlen. Selten habe ich so an einem Handheld gelitten und geschmunzelt, das muss man diesem Game schon lassen.
Bravely Second: End Layer: Ein Gustostück
Ist es die Aufmachung, die an vergangene RPG-Zeiten erinnert? Ist es der liebenswerte (und oft leicht drollige) Held, der fast schon nebenbei in das Abenteuer seines Lebens stolpert? Ist es der massive Fanservice, der SpielerInnen des ersten Teils sofort wieder in die Welt von Eternia zurückholt? Ist es das ausgeklügelte System, mit dem euch Bravely Second: End Layer in die Story holt und so schnell nicht mehr rauslässt? Sind es die Kämpfe, die oft mit gewissen Tricks leicht zu schaffen sind, ohne aber fast unmöglich zu sein scheinen?
Ich habe keine Ahnung, was genau Bravely Second: End Layer so richtig macht, damit man anderen Spieleherstellern einen Tipp geben könnte. Aber fest steht, dass dieses Spiel keine nennenswerten Schwachpunkte besitzt, dafür aber eine Vielzahl an lobenswerten Dingen, die an verschiedenste SpielerInnen appellieren können. JägerInnen und SammlerInnen werden sich auf der Stelle wohl fühlen, kühne StrategInnen und TaktikerInnen freuen sich über das ausgeklügelte Kampfsystem, das viele Belohnungen und jede Menge Spaß bietet.
Wenn ihr keine Skrupel habt, mehrere zig Stunden vor dem Nintendo 3DS zu verbringen und nebenbei ein Herz für RPGs habt, solltet ihr euch die Bravely-Reihe unbedingt näher ansehen. Die Geschichte besitzt gerade zum Beginn keine langatmigen Punkte und reißt euch auf der Stelle mit, und spätestens nach acht Stunden ist es um euch geschehen. Dann trainiert ihr, sammelt ihr, tüftelt ihr und reist herum, bis ihr das nächste Rätsel beziehungsweise den nächsten Boss geknackt habt. Unterschätzt Bravely Second: End Layer nicht, sonst ist eure Freizeit schneller vergangen, als euch lieb ist!