Trackmania Turbo (PC) im Test
Trackmania war schon immer ziemlich crazy – mehr Matchbox-Looping-Simulator als ernstes Racing-Game. Einfach ist der bunte Überdrüber-Racer deshalb aber lange noch nicht und das bleibt auch im Konsolen-Spin-off Trackmania Turbo so. Warum beim neuen Trackmania vor allem Fans abgedrehter 90er Arcade-Racer voll auf ihre Kosten kommen, erfahrt ihr in meinem Test.
Wer bremst, verliert!
Als relativer Trackmania-Neuling starte ich genau da, wo wohl die meisten Spieler starten werden: im Campaign-Mode. Dort gilt es, sich in klassischer Time-Trial-Manier durch fünf immer forderndere Rennserien zu racen. Jede Serie ist in vier Events zu je zehn Rennen unterteilt. Da jedes Event in einer anderen Umgebung stattfindet, die wiederum auch das Gameplay beeinflusst, spielt sich das Ganze recht abwechslungsreich. Von den Canyon-Levels mit ihren superdriftigen Kurven über die waghalsigen Sprünge in den Valleys und die magnetischen Achterbahnen in der Lagoon bis hin zum superschnellen und auf Präzision getrimmten Stadion wird ein breites Spektrum an Fahrstilen und Leveldesigns abgedeckt.
Was immer gleich bleibt, ist, dass ihr fast immer pedal-to-the-metal-mäßig unterwegs seid und eure Bremse eigentlich nur dazu da ist, um einen Drift zu initialisieren. Weil ihr euch in Trackmania eigentlich so gut wie immer alleine auf der Strecke befindet und gegen Ghosts – personifizierte, aber nicht solide Bestzeiten und Ideallinien – antretet, ist euer Feind nur die Strecke und die eigene Angst vor der Geschwindigkeit.
Wer nicht bremst auch.
Was Geschwindigkeit und das sehr frühe Andriften von engen Kurven betrifft, habe ich mich stellenweise an die unteren Geschwindigkeitsklassen eines Wipeout erinnert gefühlt. Wohingegen mich das Respawn-lastige Zeitenjagen eher an brutale Plattformer wie N+ und Super Meat Boy erinnert hat. In den fortgeschrittenen Events ist man gezwungen, in bester Trial-and-Error-Manier die Strecke auswendig zu lernen, indem man gefühlt an jeder Ecke crasht. Erträglich und irgendwie fesselnd wird dieses Core-Gameplay, weil man per Druck auf die Respawn-Taste in Sekundenbruchteilen wieder zurück auf der Strecke ist, um erneut zu scheitern. Wer Super Meat Boy gespielt hat, weiß, dass das gleichermaßen wahnsinnig und süchtig macht. Starke Nerven sind jedenfalls von Vorteil, denn spätestens wenn ihr Goldmedaillen sammeln müsst, um neue Events freizuschalten, zeigt Trackmania Turbo sein wahres, brutal forderndes Gesicht.
Viele Möglichkeiten
Wer sich jetzt Sorgen macht, dass deshalb für nicht ganz so hartgesottene Gamer das Ende der Fahnenstange bald erreicht ist, liegt aber falsch. Neben dem „Story“-Modus gibt es noch einige andere Spielmodi zu entdecken. Nicht alle Spielarten und Optionen machen dabei aber auch wirklich Sinn. So wirkt die Garage mit ihren recht dürftigen Customizing-Optionen etwas lieblos und der Double-Driver-Modus, bei dem ihr euch zu zweit koordinieren müsst – ihr steuert hier gemeinsam ein Auto –, macht genau bis zur ersten Kurve Spaß. Spätestens dann stellt sich nämlich die Frage, wie der Twitch-Plays-Abklatsch seinen Weg ins Spiel gefunden hat. Im komplexen Editor, den man auch als vereinfachte Einsteigervariante nutzen kann, baut der geneigte Spieler seine eigenen Pisten und stellt diese anderen Racern zur Verfügung. Auch wenn das Basteln und Editieren nicht jedermanns Sache ist und viele Spieler den Editor wahrscheinlich gar nicht nutzen werden, sorgt er für einen potentiell endlosen Strom an frischen Levels – und davon profitieren alle Trackmaniacs.
Ein Ziel
Meiner Meinung nach braucht ihr eigentlich nur einen Tab im Menü von Trackmania Turbo und das ist der für Online Racing. Wer den Single Player aus dem FF drauf hat oder keine Lust mehr hat, Medaillen zu grinden, findet hier die beste Trackmania-Experience der ganzen Disc. Joint einfach und unkompliziert einem Event und battelt euch auf verschiedenen Strecken zusammen mit 30+ anderen Spielern um die Bestzeit. Obwohl alle Spieler zugleich auf der Strecke sind und ihr Möglichstes tun, um die Rekordzeit aufzustellen, fahrt ihr „nur“ gegen ihre transparenten Ghosts. Wie oft ihr in den drei Minuten, die ihr beispielsweise Zeit habt, um eure beste Rundenzeit abzuliefern, neu startet, bleibt euch überlassen – am Ende zählt nur euer Platz in der Rangliste. Dass ein Progress-Bar nach jedem Rennen zeigt, wie viele Plätze ihr durch eure Performance in der Welt-, Landes- und Stadtrangliste nach oben geklettert seid, motiviert zusätzlich.
Fazit
Wer eher auf gemächliches Cruisen, Simulatoren oder Rennen mit Blechschaden steht, wird mit Trackmania Turbo wahrscheinlich nicht glücklich werden. Fans des Fahrgefühls von Wipeout, Motorstorm und Burnout, die entweder über ein großes Maß an Ehrgeiz, Geduld oder ein Faible für knallharte Games à la N+, Super Meat Boy und Konsorten haben, finden in Trackmania Turbo aber einen abgedrehten Spielplatz, auf dem sie sich mit Gleichgesinnten bei halsbrecherischer Geschwindigkeit um die Krone der „International Time Attack Formula“ batteln können. Aber Vorsicht, wer andere Hobbys oder Termine hat, sollte gewarnt sein. Der Satz: „Ein letzter Versuch noch, dann hör’ ich auf“ hat in meinem sozialen Umfeld seit Trackmania Turbo einiges von seiner Glaubwürdigkeit eingebüßt.