Homefront: The Revolution (PS4) im Test
Homefront: The Revolution, das Sequel zum Ego-Shooter Homefront aus dem Jahre 2011, will mit offener Welt, alternativer Timeline und abgefahrenen Guerilla-Gimmicks dem bisher nicht gerade erfolgreichen Franchise zu neuem Glanz verhelfen, doch auch dieser Aufstand scheitert. Lest hier, warum.
Von koreanischen Äpfeln und Hintertürchen
Die digitale Revolution der 1970er hat zwar stattgefunden, doch im Gegensatz zur Realität nicht im Silicon Valley in Kalifornien, sondern am sogenannten Silicon River in Nordkorea. So entwickelte sich die Diktatur zur technologisch fortschrittlichsten Nation. Der innovative Technikkonzern APEX, der sich zum Weltmarktführer in Sachen mobiler Kommunikation und auch Waffen gemausert hat, ist auch der größte Gönner der amerikanischen Regierung. Der Konzern unterstützt die Kriegsvorhaben der Vereinigten Staaten in Saudi Arabien mit Waffensystemen auf Pump. Als das Pentagon den koreanischen Waffenhersteller aber nicht mehr zahlen kann, offenbart sich der Haken am Deal mit den „Norks“.
APEX hat in jedes Stück Technologie eine Back-Door integriert, womit sich das ganze Militär mithilfe eines einzigen Knopfdrucks ausschalten und lahmlegen lässt. Die Regierung muss nun dabei zusehen, wie sich die KVA unter dem Deckmantel von Hilfsgüter-Lieferungen in Amerika breit macht und so Stück für Stück das Land übernimmt. Unser Held und Revoluzzer Ethan Bradley möchte mithilfe einer Guerilla-Gruppe die Norkoreaner wieder aus Philadelphia vertreiben. So stürzen wir kopfüber in ein von Hooray-Patriotismus, vorhersehbaren Wendungen, Charakteren mit der Tiefe von Abziehbildern und einer generischen „der Unterdrückte begehrt auf“-Story getragenes Open-World-Abenteuer.
Eine Ungereimtheit hat mich aber bereits von Anfang an gestört und mir in Sachen Glaubwürdigkeit die Story komplett vergällt: Ethan kämpft mit seinen Separatisten-Kumpels gegen einen technisch und zahlenmäßig weit überlegenen Gegner. Zur Kommunikation nutzen Sie Handys des nordkoreanischen Apple-Abklatsches APEX. Deren komplette Hardware ist aber, wie wir wissen, herstellerseitig zu jedem Zeitpunkt abschaltbar ist. Ist ja immerhin die Basis, auf der die ganze Story fußt. Merkt ihr, worauf ich hinaus will?
Entweder die Not-Abschaltung der „Norks“ kann sehr einfach umgangen werden, was die Handlungsunfähigkeit der amerikanischen Militärs in Frage stellt oder aber die Besatzer dulden die Untergrundaktivitäten großteils. Jedenfalls ist das ein riesiges Logikloch, das das an und für sich interessante Szenario und seine Spannung bereits im Keim erstickt.
Open World. Häppchenweise.
Sobald man die ziemlich langatmige Anfangssequenz in der die Action nur passiv miterlebt werden kann,über sich ergehen hat lassen, werdet ihr auch gleich in die erste Story-Mission geworfen. Hier dürft ihr per Motorrad zu eurer ersten Base of Operations düsen. Schon diese erste Mission ist auf dem einfachsten der drei Schwierigkeitsgrade ziemlich happig. Ist das abgeschlossen, eröffnet sich euch die offene Welt von Homefront: The Revolution. Wer nun eine dynamisch-dystopische Stadt im Ausnahmezustand a là City 17 aus Half Life 2 erwartet, die zum Erkunden und Durchforsten einlädt, wird bitter enttäuscht. Ja: die Omnipräsenz der nordkoreanischen Besetzer ist zwar spürbar und Aktivitäten sind auch genügend vorhanden, allerdings versprüht die als Open-World-Vergügungspark geplante Spielwelt keinen Charme und auch kein Leben.
Das Abarbeiten der immer gleichen und einfallslosen Sammel-, Befreiungs- und Hackquests, das zum freischalten weiterer Storyquests notwendig ist, verliert nach kürzester Zeit seinen Reiz. Manche der LeserInnen werden mein Faible für Open-World-Games und auch meinen paradoxerweise durchaus vorhandenen Fandom für die ähnlich gestrickten Assassin’s Creeds und Far Crys kennen. Insofern könnte sich bei diesen die Frage ergeben, warum dieses Mantra-artige Herunterrattern der typischen Open-World-Aktivitäten bei mir gerade in Homefront: The Revolution dann nicht zündet? Nun: Das liegt an der Trostlosigkeit des okkupierten Philadelphias und dem bloßen Schein einer offenen Spielwelt.
Die Stadt ist in acht kleinere Bezirke getrennt und sobald ihr einen davon verlasst, gibt es kein Zurück mehr. Sprich, ich habe nicht die Wahl, ob ich in der Story weiterkommen oder die restlichen Nebenaufgaben abackern möchte. Fairerweise muss man aber sagen, dass man ob des drögen Missionsdesigns wohl kaum eine Qual bei der Wahl hat. Das und das wenig reizvolle Philly sind die entscheidenden Punkte, die Homefront: The Revolution so anders und unattraktiv für mich machen. Ach ja: im Multiplayermodus könnt ihr den gleichen Spaß auch online im Koop erleben. Vielleicht… Wenn ihr wirklich wollt…
Homefront: The Revolution – das Fazit:
Viele Köche verderben den Brei
Ihr merkt bereits an der Kürze dieses Reviews, wie viel Spaß ich mit Dambusters Titel hatte. Ist denn nun wirklich alles mies an der zweiten Auskopplung des Franchises? Nein. Das Waffensystem mit seinen Modkits, die beispielsweise aus einer Armbrust einen Flammenwerfer machen und mit diversesten Attachments dem eigenen Spielstil angepasst werden können, sind echt ganz erfrischend. Auch das Durchforsten der Spielwelt wird meistens in Form von vielen Beutelagern mit ordentlich Loot entlohnt. Einzig: Es macht keinen Spaß, weil die Reize des urbanen Philadelphias effektiv nicht vorhanden sind.
Homefront: The Revolution ist ein sehr gutes Beispiel für das Sprichwort „Viele Köche verderben den Brei“. Ursprünglich in Entwicklung beim IP-Initiator THQ, wechselte die Lizenz nach der Insolvenz zu Crytek und wurde von einem linearen Shooter in ein Open-World Game umkonzipiert. Schlussendlich hatte auch der deutsche Spieleentwickler, bzw. dessen britisches Tochterstudio finanzielle Turbulenzen und so landete das Franchise bei Koch Media, wo es von den Dambuster Studios fertigentwickelt wurde. Kein Wunder, dass bei diesem Sammelsurium an unterschiedlichen, beteiligten Parteien kein wirklich gutes Produkt rumkommt, das wie aus einem Guss wirkt und überzeugt. Das Stealthsystem funktioniert mehr schlecht als recht, die offenen Shoot-Outs verkommen aufgrund schlechten Trefferfeedbacks zur Qual und die KI ist zwar nicht sehr schlau, aber dafür umso strenger und aufmerksamer, wenn ihr versucht, sie im Schleichgang auszutricksen. Zusätzlich wird das Game von Rucklern und Lags geplagt.
Schlussendlich bleibt mir also nur zu sagen, dass die titelgebende Revolution leider ausgeblieben ist. Das eigentlich extrem interessante Franchise ist weiterhin dazu verdammt in der Mittelmäßigkeit dahin zu darben. So sehr ich mir gewünscht hätte, mit Homefront: The Revolution einen Geheimtipp testen zu können, bleibt mir das leider verwährt. Kleinere Originalitäten wie die coolen Guerilla-Gimmicks können die größeren Schwächen des Titels leider nicht aufwiegen.