Die Melodie des Meeres (Blu-ray) im Test
Die MacherInnen von Das Geheimnis von Kells haben wieder zum Stift gegriffen und mit Die Melodie des Meeres ein weiteres außergewöhnliches Abenteuer gezaubert. Dieses Mal dürfen wir den zehnjährigen Ben und seine kleine Schwester, Saoirse, auf ihrer Reise begleiten. Was für eine Reise das ist und ob sie es Wert ist, könnt ihr in meinem Review lesen.
Facts
- Genre: Animation, Familie, Fantasy
- Studio: KSM GmbH
- Spieldauer: 93 min
- Veröffentlichung: 23. Mai 2016
Was sind Selkies?
Bevor ich euch erzähle, worum es in dem Film geht, möchte ich gern etwas weiter ausholen und erklären, was es mit den Selkies auf sich hat.
Die sogenannten Selkies sind Wesen aus der schottischen Mythologie. Es heißt, dass Robben, die an Land kommen, sich in Menschen verwandeln können, indem sie ihr Fell ablegen und es verstecken. Selkie-Frauen sollen in Menschengestalt von unbeschreiblicher Schönheit sein, weshalb Männer oft ihr Herz an sie verlieren. Jedoch kehren Selkies, auch wenn sie von der Menschenwelt noch so fasziniert sind, immer wieder ins Meer zurück.
Es gibt sehr viele Geschichten, die genau davon handeln. Meist verliebt sich ein Mann in eine Selkie, die er dann heiratet. Da es Selkies jedoch immer ins Meer zurückzieht, enden die Erzählungen oft tragisch. In einer erschießt zum Beispiel ein Mann eine Robbe und realisiert erst nachher, dass er seine Ehefrau getötet hat – eben weil er sie in ihrer Selkie-Gestalt nicht erkannt hat. Wieder eine andere Sage handelt davon, dass ein Fischer das Robbenfell versteckt, damit seine Frau nicht zurück ins Meer kann. Auch diese Geschichte nimmt kein gutes Ende: Die Selkie stirbt letztendlich.
In all den Mythen steht besonders die Verbundenheit der Selkies zum Meer im Vordergrund, und eben dies trifft auch auf Die Melodie des Meeres zu.
Auf den Spuren der Selkies
Somit tauchen wir erneut in die nordische Sagenwelt ein. Dort begegnen wir Ben und seiner stummen Schwester, Saoirse. Beide leben in einem alten Leuchtturm am Meer zusammen mit ihrem Vater, Conor, der auch Jahre nach dem Tod seiner Frau immer noch in seinem Kummer gefangen ist. Conors Mutter gefällt weder die Traurigkeit ihres Sohnes noch die Gefährlichkeit eines Lebens an der stürmischen See, und so beschließt sie kurzerhand, ihre Enkelkinder mit sich in die Stadt nach Dublin zu nehmen. Ben jedoch fasst schon im Auto seiner Oma den Entschluss, dass er seinen besten Freund, den Bobtail Cú, nicht zurücklassen kann.
Kaum ist das Trio in der großmütterlichen Wohnung in Dublin angekommen, macht Ben sich auch schon auf den Rückweg. Seine kleine Schwester, die sich so weit weg vom Meer gar nicht wohlfühlt, schließt sich Bens Reise an – zu seinem Leidwesen, hegt er doch eine gewisse Abneigung gegen sie. Der Weg zurück gestaltet sich dann allerdings alles andere als einfach: Saoirse macht immer wieder Abstecher zu magischen Orten, wo die beiden auf alle möglichen Fabelwesen aus der nordischen Sagenwelt treffen, die Saoirses Hilfe erbitten. Schnell wird klar: Das Mädchen hat besondere Kräfte. So wird die Heimkehr der beiden Geschwister zu einer wichtigen Mission und verwandelt sich im Nu zu einem magischen Abenteuer voller Wunder.
Extras
- Audiokommentar
- Behind the Scenes
- Animationstest
- Design
- Teaser
- Trailer
- Bildergalerie
Fazit
Vorab: Der Film ist etwas ganz Besonderes. Er hat eine ganz eigene Art, die Geschichte zu erzählen, und auch der Zeichenstil ist, wie schon bei Das Geheimnis von Kells, erfrischend anders. Was mir besonders gefallen hat, ist, dass nicht nur eine nordische Sage erzählt wird, sondern während des Abenteuers auch viele Wesen und Legenden aus anderen keltischen Mythen vorkommen. Legenden, Sagen und Ähnlichem wird in Animationsfilmen im Allgemeinen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, da die großen Studios meist vor solchen Themen zurückschrecken.
Die Melodie des Meeres mag deshalb nicht den Geschmack aller treffen, jedoch werden alle belohnt, die diesem Meisterwerk eine Chance geben. Er verzaubert schnell durch den wundervollen Soundtrack und die liebevollen Figuren. Der Stil ist absolut malerisch und unterstreicht die magische Welt der nordischen Fabelwesen. Das Einzige, was ich etwas vermisse, sind die keltischen Zeichen, die in dem ersten Werk der MacherInnen so hervorragend im Film platziert sind – aber das ist ein Punkt, der die meisten nicht stören sollte.
Wer also keltische Märchen mag und einmal etwas sehen möchte, das mit seiner Erzählweise auf angenehme Weise aus dem Rahmen fällt, aber qualitativ an die Werke der großen Studios Ghibli oder Disney heranreicht, sollte sich Die Melodie des Meeres nicht entgehen lassen.