Master of Bugs: Der Worlds of Magic-Test (PS4)
In meinem Worlds of Magic-Test lest ihr, ob das Rundenstrategiespiel lediglich Fanservice für die Kickstarter-UnterstützerInnen ist oder auch Neulingen eine Chance bietet, sich im Spiel zurechtzufinden.
Die Vorgeschichte
Mein Freund, der passionierter Gamer ist, versucht andauernd, mich zu „nerdifizieren“, sprich, mir die Faszination für sein Hobby begreiflich zu machen und mich damit anzustecken. Darum zeigt er mir ständig Trailer, die mich „anfixen“ sollen, indem sie mir stressfreies, gemächliches Gameplay vorführen. Der Trailer zum Rundenstrategiespiel Worlds of Magic versprach genau das: unaufgeregte turn-based Fantasy-Kost. Das Gameplay-Tempo schien angenehm und genug Zeit zum Überlegen zu bieten. Für eine Casual-Gamerin wie mich, die mit den meisten Konsolenspielen so ihre Probleme hat, weil sie mit der Steuerung nicht zurechtkommt und innerhalb von Sekunden die Orientierung in jeder (egal wie kleinen) freien Welt verliert, klang das vielversprechend: Wenn ich drei Minuten brauche, bis ich dorthin gelenkt habe, wo ich hin will, haben mich in der Zwischenzeit nicht schon fünf Monster gefressen. Es geht um das Ausbauen einer Stadt, das Rekrutieren von Truppen – alles Dinge, die ich bei meinen kleinen, lieben Handyspielen sehr gerne mag. Die besten Voraussetzungen, sollte man meinen.
Wenn Pest und Cholera sich streiten
In einer alltäglichen Fantasy-Geschichte wird die Welt von bösen Mächten bedroht, und die Guten müssen sie retten. Worlds of Magic möchte innovativ sein und pfeift auf dieses generische Konstrukt: Die Bösen haben schon längst alles erobert, doch jetzt kommen noch Bösere und wollen alles noch schlimmer machen. Man spielt einen der weniger zwielichtigen Hexerlords, die ihre Macht behalten wollen. Nun müsst ihr verhindern, dass die „Unheiligen“ kommen und euch von eurem unrechtmäßig okkupierten Thron werfen.
Man möchte also keine generische 08/15-Geschichte und macht dann daraus erst recht eine generische 08/15-Geschichte. Aber gut, daraus ließe sich zumindest eine nette Kampagne machen. An dieser Stelle muss ich in meinem Test den Konjunktiv verwenden, denn einen solchen storygetriebenen Singleplayer-Feldzug suche ich während meines Worlds of Magic-Tests vergeblich.
Tja, das war dann wohl nichts …
In den ersten Spielsekunden meines Worlds of Magic-Tests hat mich das Spiel schon zum Lachen gebracht: „Toot O’Rial“ erklärt mir, was ich zu tun habe. Die Tutorial-Lektionen sind einfach und logisch, das Spielprinzip scheint simpel, aber lustig zu sein. Meine Freude über das Game ist ungebrochen – genau bis zu dem Moment, als das Tutorial beendet ist und ich feststellen muss, dass mir durch die Lektionen nur geschätzte 20 Prozent des Gameplays beigebracht worden sind.
Zuerst muss ich mir meinen Magier/Hexerlord erstellen. Blöd nur, dass mir das Tutorial die komplette Charakterkreation vorenthalten hat. So starte ich planlos in den Auftakt meines Worlds of Magic-Tests. Ich suche mir zuerst eine Rasse aus und verteile dann Fähigkeitspunkte. Hierzu muss ich durch ein verworrenes Menü blättern. Denn die Auswirkungen der Punkte, die ich auf der ersten Seite in diverse Magieschulen investiere, werden erst auf der letzten Seite des Charakterbogens ersichtlich. Konzentriere ich mich aber zu sehr auf die Magie, bleiben alle anderen Fähigkeiten, die ich in den dazwischenliegenden Skill-Trees ausgeben könnte, auf der Strecke.
Jetzt kann es doch endlich losgehen, oder?
Ja, kann es. Ich starte mit einer Stadt und den umliegenden Feldern. Diese sind alle ziemlich statisch: Es wirkt alles so, als hätte jemand mal hier und mal da einen Strauch, Baum oder Hirsch per Copy-Paste-Editor in eine lieblos zufallsgenerierte Landmasse gesetzt. Aber ich wollte das Spiel ja nicht wegen der fantastischen Grafik zocken, also kann ich das vorerst in Kauf nehmen. Ich spiele also los und kann in jeder Runde nach Gutdünken meine Stadt ausbauen, mehr Soldaten rekrutieren und dann noch ein bisschen die Karte erkunden. So weit, so typisch für ein Rundenstrategiespiel.
Für den Stadtausbau muss ich – ähnlich wie bei der Charaktererstellung – durch ein elendslanges Drop-down-Menü scrollen. Das Tutorial hat mir leider nicht wirklich gezeigt, welches Gebäude ich wofür brauchen könnte. Außerdem sind die Ressourcen auf das begrenzt, was sich im Umfeld der Stadt so finden lässt. Und nein, auch die Grenzen lassen sich nicht ausweiten. Die Stadt wird nur im Menü größer, auf der Karte verändert sie sich nicht.
Warum hast du mich allein gelassen?
Gut. Also erst einmal nicht ausbauen und mit meinen Truppen durch die Welt ziehen. Vielleicht kann ich ja so Ressourcen für den Städtebau finden. Eroberungswillig, wie ich bin, gedenke ich, ein paar nette Einsteigerscharmützel auszufechten, um mich besser zurechtzufinden. Das Problem: Alle GegnerInnen, die sich in unmittelbarer Nähe meiner Stadt aufhalten, sind viel zu stark, um gegen sie kämpfen zu können. Meine Truppen werden also schon beim ersten Kampf eliminiert. Ich würde gern neue anheuern, ich muss aber meine Festung ausbauen, um die entsprechenden Einheiten überhaupt produzieren zu können. Nachdem ich glaube, das benötigte Gebäude im Baumenü gefunden zu haben, muss ich jedoch erst eine immense Wartezeit von 20 Zügen absitzen, bis es fertig gebaut ist. Unermüdlich halte ich 20 Mal R3 gedrückt, um meine Spielzüge zu beenden. Sonst kann ich gar nichts tun. Langeweile macht sich breit. Spielspaß fühlt sich definitiv anders an.
Langsam denke ich mir, es wäre fein, so etwas wie Missionsziele zu haben, die es zu erfüllen gilt. Sie könnten mich durch die Story tragen und mir Anhaltspunkte geben, was ich tun kann, um sinnvoll durch die Spielwelt von Worlds of Magic zu reisen. Aber eine storygetriebene Kampagne gibt es – wie bereits erwähnt – nicht. Ermüdet vom andauernden R3-Drücken und Warten ohne Aktionsmöglichkeiten, beschließe ich, den Singleplayer-Modus zu verlassen.
Vielleicht hilft mir die Battle-Arena, der zweite Modus, den Worlds of Magic bietet, das Kampfsystem besser nachzuvollziehen und das grundsätzliche Gameplay besser zu durchschauen. Hier kann man sich seine Wunschtruppen aussuchen und dann noch das gegnerische Team zusammenstellen. Dumm nur, dass ich wieder keine Ahnung habe, was welche Einheit – und davon gibt es wirklich extrem viele – macht, wie sie angreift, wie stark sie ist etc. Der zweite Blindflug also – und das sind zwei zu viel. Einsteigerfreundlichkeit darf sich Wastelands Interactive nicht auf die Fahnen heften.
Bugs, Bugs, Bugs
Keine Kampagne, ein Tutorial, das eine/n nicht im Geringsten auf das ganze Spielprinzip vorbereitet, langweilige Baukastenkrafik. Irgendein Feature muss Worlds of Magic doch haben! Ja, hat es, also zumindest dann, wenn man eine Vielzahl an Bugs als solches bezeichnen will.
In meinem Fall war zweimal die Battle-Arena betroffen. Das erste Mal hörte der Sound der Arena (unermüdliches Truppenmarschieren ohne wirkliche Musikunterlegung) einfach nicht mehr auf, sogar als ich den Spielmodus wechselte. Das zweite Mal ist das Game nach meinem ersten Zug einfach komplett eingefroren. Das war dann für mich auch der Zeitpunkt, meinen Worlds of Magic-Test zu beenden und mit einem traurigen „Schade!“ wieder zu meinen Mobile-Games zu greifen.
Worlds of Magic Test – das Fazit
Die MacherInnen des Spiels wollten dem Spieleklassiker Masters of Magic von Microprose aus dem Jahr 1995 (den ich nicht spielte) Tribut zollen. Ein nobles Unterfangen, und dank XCOM 2, das mein Freund testete und von dem er sehr angetan war, weiß man, dass althergebrachte Spielprinzipien gut in die Gegenwart übertragbar sind. Dass die Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Erfolg hatte, zeigt mir, dass es noch eine Fanbase gibt, die an einer neuen, modernisierten Version dieses Spiels Interesse hat. Diese Fans des Originals haben vielleicht auch Ahnung von Lore, dem generellen Spielprinzip und können vielleicht auch dank des Fanservices von Wastelands Interactive in Erinnerungen schwelgen und so mit Worlds of Magic Spaß haben.
Für jemanden, der neu einsteigen will, ist Worlds of Magic aber zu komplex. Auch wenn „Toot O’Rial“ für ein erstes kurzes Schmunzlen sorgt, vergeht den SpielerInnen der Spaß, sobald sie komplett unvorbereitet in den lieblos hingeklatschten Singleplayer-Modus starten müssen. Die mannigfaltigen Bugs versetzen dem Spiel dann den endgültigen Todesstoß und sorgen dafür, dass das Interesse an Worlds of Magic ebenso schnell verlorengeht, wie es geweckt worden ist.