ARMS (Switch) im Test – Fighten statt Fuchteln

von postbrawler 07.06.2017

Eines vorweg: ARMS ist nicht das neue Wii Sports Boxen. Stattdessen will Nintendo mit dem ambitionierten Kampf-Spiel beweisen, dass Gestensteuerung mittlerweile im E-Sport-Zeitalter angekommen ist. Ob dieses Konzept aufgeht, oder ob ARMS damit den Weg des Hado beschreitet, lest ihr in meiner Review.

ARMS Review

In ya face, Switch! Das ist ARMS

Späte JoyCon-Offenbarung

Ursprünglich als Launch-Titel Nintendos neuer Konsolengeneration erwartet, erscheint ARMS nun mit etwas Verzögerung exklusiv für die Switch. Als Lückenbüßer musste 1-2-Switch zum Launch die Vorzüge der intuitiven JoyCon bewerben. ARMS setzt aber definitiv nochmal einen oben drauf und übernimmt die ambitionierte Aufgabe Gestensteuerung salonfähig zu machen. In ARMS führt ihr eine von 10 kunterbunten Figuren in den Ring gegen menschliche oder computergesteuerte GegnerInnen. Anstelle von Armen tragen alle KämpferInnen lange Sprungfedern an den Schultern, an deren Enden ihr diverse Box-Instrumente schnallen könnt.

Gestenreicher Box-Simulator

Durch Punch-Gesten mit den losgelösten JoyCon könnt ihr die augmentierten Fäuste auf die Reise Richtung GegenspielerIn schicken. Anstelle wuchtiger und schneller Box-Hiebe fliegen diese namengebenden Arms lange und weit, ehe sie ihr Ziel treffen. Dafür könnt ihr den fliegenden Fäusten durch Neigen der JoyCon einen Drall geben, und sie so weite Kurven und Schwinger formulieren lassen. Durch diese Verlängerung der Extremitäten fühlt sich ARMS wie eine Mischung aus Box-Spiel und Shooter an. Wildes und planloses Schütteln der JoyCon ist in diesem Spiel nicht der Weg zum Ziel. Stattdessen wollen die Bewegungen des Gegenübers akribisch mitverfolgt und vorhergeahnt werden.

Bewegungs- und Charaktervielfalt

Und hier tun sich schon die größten Unterschiede zum eingangs erwähnten Wii Sports Boxen auf. Neben geraden und geschwungenen Schlägen könnt ihr in ARMS auch Blocken, Hüpfen, Ausweichen, Würfe ausführen und euch frei in den begrenzten Arenen bewegen. Die verschiedenen Charaktere weisen unterschiedliche physische Eigenheiten auf, und können obendrein noch mit einer Vielzahl von Aufsätzen, sogenannten Arms bewaffnet werden. Ein wendiger und agiler Ninjara kann seine GegnerInnen mit Bumerang-Aufsätzen noch besser auf Distanz halten, während ein Master Mummy mit fetten Raketenhandschuhen zum schlagkräftigen, aber behäbigen Haudrauf wird.

Die Charaktere

Der Roster von ARMS trägt Nintendos unverkennbare stilistische Handschrift, gewürzt mit einer Brise Gender-Mainstreaming. Neben vier eindeutig weiblichen und drei männlichen KämpferInnen führt das Spiel auch noch drei mehr oder weniger geschlechtsneutrale Figuren ins Feld. Während Ribbon Girl und Twintelle die erste Wahl für weibliche Nintendo-Fans sein dürften, greifen die Jungs der Schöpfung vermutlich lieber zur muskelbepackten Mumie, oder zum agilen Ninjara. Alle Figuren haben ihre eigenen Stärken und Schwächen, die sich in Attributen wie Agilität, Stärke oder Sprungkraft niederschlagen. Im Großen und Ganzen wirken die KämpferInnen in ARMS recht ausgeglichen. Ob die Balance dem kritischen Urteil der E-Sport-Community standhalten wird, muss sich aber erst zeigen.

Waffen und Spielmodi

Die Wahl der geeigneten Waffen kann spielentscheidend sein

Neben klassischen Boxhandschuhen können die Teleskop-Arme der ReckInnen mit Bumerangs, Raketen-Aufsätzen oder Laserspeienden Lindwurmköpfen besetzt werden. Beide Arme können individuell bewaffnet werden, manche Waffen stehen aber nur speziellen Charakteren zur Auswahl. Der wendige Kid Cobra kann beispielsweise schlangenartige Pyromander-Aufsätze wählen, die beweglichen Zielen den Weg abschneiden, anstatt sie zu schlagen. Andere Waffen bewegen sich extrem träge fort, verursachen dafür aber jede Menge Schaden, wenn sie ihr Ziel dennoch treffen. Die Wahl der geeigneten Waffen vor jeder Match-Runde kann spielentscheidend sein, sollte aber vor allem dem präferierten Spielstil zusagen.

ARMS Waffen

Innerhalb der Kampf-Arenen gibt es Nintendo-typische Gimmicks, die das Geschick einer Partie wenden können. Kreisförmige Heil-Sprüher versorgen beispielsweise die Wunden naher Figuren, während geschickt geschlagene Bomben eine Extraportion Schaden austeilen. In manchen Matches gibt es obendrein Zusatzaufgaben wie möglichst viele Zielscheiben zu zerdeppern, oder die GegnerIn in einen Basketball-Korb zu slammen.

Spielmodi

Neben einem Gran Prix Modus in 7 verschiedenen Schwierigkeitsgraden wartet ARMS noch mit weiteren Spielmodi auf. Im Versus Kampf könnt ihr euch mit bis zu drei MitspielerInnen im Split-Screen Modus in verschiedenen Disziplinen messen, die entsprechende Anzahl an Eingabegeräten vorausgesetzt. In der Volleyball-Disziplin muss beispielsweise ein Ball übers Netz geboxt werden. In den Modi Standardkampf, Ranglistenkampf und Freunde könnt ihr euch Online mit SpielerInnen aus aller Welt messen. Das setzt ab 2018 aber Nintendos Online-Abonnement voraus. Last but not least könnt ihr im lokalen Multiplayer-Mode mehrere mit ARMS bewaffnete Switches zusammenschließen. In allen Modi verdient ihr eine virtuelle Währung, die im Depot für neue freischaltbare Handschuh-Aufsätze eingetauscht werden kann.

Steuerung

ARMS

Die Steuerung verkommt nicht zur verpflichtenden Fitness-Übung

Zuest dachte ich mir: „Schade eigentlich, dass ich ARMS mit meinen zwei JoyCon nur alleine spielen kann“. Gottseidank hat Nintendo sich auch eine klassische Steuerung überlegt, sodass mit dem Pro-Controller, angedockten JoyCon oder sogar einzelnen JoyCon ganz passabel gespielt werden kann. Natürlich geht auf diese Weise der Spaß an der Bewegung verloren. Ich würde aber auch keine 70 Euro für ein weiteres Paar JoyCon ausgeben, und wenn sie noch so Bananengelb sind. Sowohl die Gesten- als auch die Controller-Steuerung wirken durchdacht, präzise und der jeweils Anderen nicht überlegen. Somit wird die Steuerung zur persönlichen Geschmackssache, wie ihr ARMS spielen wollt, und zu keiner verpflichtenden Fitness-Übung.

Fazit zu ARMS

Gekonnter Spagat zwischen Party-Geplänkel und Beat ’em up

Mit ARMS zementiert Nintendo eine der drei Grundsäulen, die die Nintendo Switch tragen sollen. Neben ihrer Mobilität und exklusiven Nintendo-Spielen ist diese dritte Tugend Gestensteuerung. Und was bei der Wii funktioniert hat, scheint auch bei der Switch aufzugehen. Das Spiel schlägt den gekonnten Spagat zwischen launigem Party-Geplänkel und ernstzunehmendem Beat ’em up. Die Gestensteuerung ist einfach zu erlernen, aber schwer zu meistern. Unterschiedliche KämpferInnen, Spielmodi und Schlaginstrumente verleihen ARMS den nötigen Tiefgang, und erhöhen den Wiederspiel-Wert. Bewegungsmuffel kommen dank klassischer Controller-Steuerung ebenfalls auf ihre Kosten. Und der Rest? Grafik, Gameplay und Fine-Tuning sind auf gewohnt hohem Nintendo-Niveau, und ja: ARMS macht auch jede Menge Spaß! Allen SkeptikerInnen, die eine Renaissance des Fuchtel-Wahnsinns befürchtet haben, sei hiermit Entwarnung gegeben: ARMS ist ein gelungenes, unterhaltsames, aber vor allem ein herausfordernd faires Spiel geworden!

Wertung: 9 Pixel

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