Superhot VR (PSVR) im Test: Ballerina des Todes
Die Zeit läuft nur dann, wenn ihr euch bewegt: Superhot VR ist ein ganz eigentümlicher Shooter. Anstatt euch auf eure Reflexe verlassen zu müssen, sind hier Zielgenauigkeit und Taktik Trumpf! Kann die PSVR-Version überzeugen? Lest den Test! Hier geht’s zur offiziellen Website.
So geht Superhot VR
Das Hauptaugenmerk in Superhot VR liegt auf Strategie. Obwohl das Game im Grunde ein Shooter ist, helfen euch gute Reflexe und ein gutes Auge nur in Maßen weiter. Je rascher ihr euch bewegt, umso schneller vergeht auch die Zeit im Spiel! Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, wenn ihr in Starre verfallt, auch die Zeit komplett angehalten wird. Das gibt euch Zeit zum Umsehen und für die Planung der nächsten Schritte.
Das geht sogar so weit, dass ihr einzelne Schüsse im Flug beobachten und auch fangen könnt. Haltet ihr etwa eine Flasche in einer Hand, könnt ihr mit dieser eine Kugel ablenken. Auch mit der Hand selbst könnt ihr einen einzelnen Schuss abwehren, wenn ihr das Timing hinbekommt. Nach einer solchen Aktion zittert diese Hand aber, und ihr könnt keinen zweiten Schuss mehr blocken. (Ausweichen mit eurem gesamten Körper funktioniert aber ohne Limit.)
So läuft dann ein typischer Level ab: Ihr werdet in eine Stage geworfen und greift zunächst nach einem Gegenstand. Das kann ein Aschenbecher, eine Pistole oder was auch immer sein. Habt ihr dieses Teil ergriffen, startet der Level und ihr könnt tun, was ihr wollt. Allerdings solltet ihr eure Bewegungen gut überdenken, da euch die Feinde in vorgelegten Mustern und Bahnen angreifen. Hier kommt der Rätselaspekt von Superhot VR ins Spiel: Mit jedem virtuellen Tod werdet ihr klüger!
Grafik: Sehr zweckmäßig, aber gut
Es gibt in Wahrheit drei primäre Farben in Superhot VR: Weiß, Rot und Schwarz. Weiß sind alle Levels, in denen ihr spielt und ihr euch bewegen könnt. Schwarz sind alle Dinge, mit denen ihr interagieren beziehungsweise sie aufnehmen könnt: Waffen, Flaschen, Aschenbecher, Wurfsterne und mehr. Rot sind die Bösen, die euch ans Leder wollen. Sie greifen euch entweder mit Fäusten, Messern oder Schusswaffen an, und ihr wollt überleben!
Fotorealismus oder dergleichen sucht ihr in Superhot VR vergebens. Die roten Gegner sind sehr kantig gehalten, und diese gesichtslosen Polygonhaufen stellen eine Masse an Feinden dar. Die Umgebungen sind größtenteils in Ordnung, nur die Kanten dürft ihr nicht allzu genau beachten. Wegen der fehlenden Kantenglättung in der PSVR-Version ist hier ein Treppcheneffekt am Werk, der auch GelegenheitsspielerInnen schnell auffällt, wenn Feinde wie Glas zerbröseln.
Schüsse werden klar und erkenntlich hervorgehoben, und auch der zurückgelegte Weg der einzelnen Kugeln wird euch angezeigt. Das macht euch das Ausweichen wesentlich leichter, sofern ihr die Ruhe bewahrt und daran denkt, euch manchmal nicht zu bewegen. Die Waffen sehen soweit detailgetreu aus und ihr könnt die einzelnen Gegenstände sehr gut voneinander unterscheiden. Abgesehen davon gibt es in der Grafikabteilung von Superhot VR nicht viel zu sagen.
PSVR gegen Vive-Version
Davon ausgehend, dass die Vive-Version die überlegene VR-Erfahrung darstellt, ist die PSVR-Version eher abgespeckt. Anstatt dem Tracking eines gesamten Raumes und der relativen Position von Headset und den beiden Controllern (HTC Vive) kann die PS4 nur mit einer Kamera aufwarten, die die beiden Move-Controller nach besten Kräften im Blickfeld behält. Das funktioniert, sofern ihr zur Kamera blickt, noch sehr gut.
Wenn ihr euch allerdings um 90 Grad dreht und beispielsweise die Move-Controller von euch wegstreckt, kommt manchmal ein Zittern auf. Bei meinem Setup ließ sich das verlässlich reproduzieren, vielleicht ist es besser, wenn man mehr als zwei mal zwei Meter Raum hat? Die Grafik sieht ebenfalls auf der Vive-Version besser aus, das liegt aber auch an der Auflösung der jeweiligen Headsets (PSVR: 1920×1080@120 Hz, HTC Vive: 2160×1200@90 Hz).
Das Spielgefühl von Superhot VR unterscheidet sich aber nur kaum. Beide Game-Varianten lassen euch im Raum umherschlendern, bei beiden Plattformen könnt ihr euch mit dem Headset umsehen, so viel ihr möchtet. Auch die Schwierigkeit und das Zielverhalten sind in beiden Versionen gleich – ihr könnt euch also ruhigen Gewissens für die eine oder andere Plattform entscheiden. Habt ihr allerdings beide Geräte zu Hause, ist es offensichtlich, dass ihr euch für die HTC Vive-Version entscheiden solltet!
Schwierigkeitsgrad: Knifflig
Superhot VR verzeiht euch im Grunde nicht viele Fehler. In einem Kapitel habt ihr mehrere Level zu spielen, das ist soweit bekannt und nichts Neues. Jeder Level umfasst mehrere einzelne Stages – und wenn ihr in einer dieser Stages euer virtuelles Leben lasst, müsst ihr den Level von vorne beginnen. Das mag am Anfang noch kein großes Thema darstellen, doch je weiter ihr kommt, umso länger wird die Spieldauer pro Stage und somit auch pro Level.
Ihr habt nur ein Leben, und eine Kugel reicht, um euch das Licht auszulöschen. Auch hier habt ihr anfangs weniger Probleme, da die meisten Gegner unbewaffnet sind oder eine Pistole mit sich führen. Diese schießt eine Kugel pro Schuss – bei einer Schrotflinte oder Maschinenpistolen sieht die Sache schon anders aus. In einer Situation, wo auf euch geschossen wird, ist es schwierig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Es ist spannend, dabei zuzusehen, wie neue SpielerInnen bei Superhot VR schreien, wenn ein Feind das Feuer eröffnet. (Obwohl nichts Grauenhaftes dabei ist – das macht einfach nur die VR-Erfahrung.)
Frustrierend wird das Game nur, wenn ihr die subjektive Zen-Zeit im Spiel überschreitet. (Bei mir sind das knapp 15 bis 20 Minuten.) In dieser Zeit könnt ihr das Game genießen, ihr lernt aus Niederlagen, und ihr kommt gut voran. Nach dieser Zeit jedoch regt ihr euch über eigene Fehler auf, ihr findet die teils versteckt positionierten Feinde unfair und plötzlich nennt ihr das Zielverhalten von Superhot VR eine Wundertüte. (Kleiner Hinweis: Natürlich ist das Zielverhalten des Games immer fair und gleich.)
Technische Anmerkungen und Kleinigkeiten
Der Sound in Superhot VR ist so wie die Grafik des Spiels sehr einfach und simpel gehalten. Abgesehen von den Soundeffekten beim Aufnehmen einer Waffe oder den einzelnen Schüssen von euch oder euren Gegnern gibt es nicht viel auf die Ohren. Teils bekommt ihr noch eine Audio-Einblendung mit den Worten „SUPER HOT“ eingespielt, aber das war‘s auch schon. Außer im Levelmenü gibt es auch keine Hintergrundmusik in Superhot VR.
Das Zielen gestaltet sich als halbwegs realistisch, obwohl ihr kein Tutorial im Game erhaltet. Wisst ihr allerdings um den Umgang mit Kimme und Korn, tut ihr euch in Superhot VR wesentlich leichter. Da die Zeit von euch abhängt, läuft sie immer ein Stück weiter, wenn ihr beispielsweise anderswo hinzielt. Auch bei einem Schuss läuft die Zeit kurz weiter, das müsst ihr erst ins Gefühl bekommen. Die Gegner laufen im Prinzip auf euch zu, was bedeutet, ihr müsst beim Schuss ihren Laufweg berücksichtigen.
Ansonsten macht Superhot VR vieles richtig, wenn man sich erst einmal an das Game gewöhnt hat. Ich selbst war im Kapitelmenü zu doof, um die Diskette zu finden und anschließend in das richtige Floppy-Laufwerk zu stecken. Das lag klarerweise an mir als Spieler und nicht am Titel selbst. Das Game strotzt vor Ideenreichtum und bietet euch immer ein paar Minuten Spielspaß, und wenn ihr sterbt, beginnt ihr einfach den Abschnitt von vorne.
Superhot VR: Nicht ganz so hot
Superhot VR ist einer jener Titel, die etwas Grundlegendes an einem Spielprinzip verändern. Rein als Shooter wäre dieses Game zu wenig abwechslungsreich, und als reines Taktikspiel wäre Superhot VR zu flach. Immerhin geht es immer um die Abfolge Erkennen-Ausweichen-Gegenschlag durchführen, viele Variationen von dieser Logik gibt es nicht. Allerdings macht genau der Mix zwischen diesen beiden Genres den Reiz von Superhot VR aus, es wundert mich kaum, dass es mit Preisen überschüttet wurde!
Schade ist nur, dass man wohl nicht in den Levelauswahlbildschirm zurückkehren kann, wenn man dies wünscht. Als eine Freundin von vorne beginnen wollte, gab mir Superhot VR keine Möglichkeit dazu. Schnell die Speicherdaten gelöscht und dann erneut den Einstieg durchlebt – funktioniert zwar, aber das könnte man bestimmt besser lösen! Wenn ihr in einem Abschnitt hängen bleibt, ist das euer Problem, denn einen Level überspringen könnt ihr in Superhot VR nicht.
Die PSVR-Version von Superhot VR bietet eine durchschnittliche Grafik, hat nicht das beste Tracking mit den Move-Controllern parat und kämpft mit kleinen Schwierigkeiten. Beispielsweise, wenn ihr eine Waffe vom Boden aufheben wollt, stößt die PS4 mit ihrem Tracking (zumindest bei meinem Setup) schnell an ihre Grenzen. Bleibt ihr allerdings im Rahmen der Kamera, gestaltet sich das Spielerlebnis als äußerst flüssig. Wenn ihr einen kreativen Spagat zwischen Taktik und Schießbude erleben wollt, lasst euch Superhot VR nicht entgehen!