The Nutcracker Reloaded Kritik von der Wien-Premiere
The Nutcracker Reloaded – Die Neuinszenierung des schwedischen Star-Choreografen Fredrik Rydman bringt uns einen schönen Prinzen, den Nussknacker als amerikanischen R’n’B-Sänger, schmutzige Ratten, verwöhnte Candyfiguren als gelangweilte Blogger mit Instagram-Berühmtheit und einen kriminellen Organhändler im Smoking, in dessen Fittiche die kleine Clara gerät. Als Draufgabe springen auf der Bühne ein paar Popkultur-Helden zur Seite. Neben unserem Lieblings-Klempner-in-Rente Mario werden auch ein Ritter, Dracula und Darth Vader aus dem Sack gezaubert.
Kurz zum Inhalt
Das kleine Mädchen Clara ist alleine und auf sich selbst gestellt – sie lebt auf einer Müllhalde, während ihre Eltern in einem weit entfernten reichen Land auf den Straßen betteln müssen. In der Hoffnung ihre Eltern wiederzufinden, gerät Clara an einen gut gekleideten Mann, der entgegen dem äußeren Anschein Organhändler ist – auf der Pirsch nach einem jungen, gesunden Herz, das er auf dem Schwarzmarkt einer reichen, kranken Frau mit seltener Blutgruppe verkaufen will. Der Nussknacker, der Prinz, ist gebrochen und hat seinen früheren Glanz verloren. Während des ganzen Stücks gibt es einen Erzähler, der uns informiert über alles was wir gewollt (oder ungewollt) über die Show wissen müssen. (LS Konzertagentur GmbH).
The Nutcracker Reloaded – die Inszenierung
Den ersten Paukenschlag liefert die Ouvertüre. Das Publikum taucht kopfüber in ein verstörendes Krankenzimmer und lauter TänzerInnen in weißen Kitteln laufen elegant choreografiert über die Bühne. Der erste Verweis auf die Rolle des Bösewichten. Dank großartiger Lichttechnik wirkt das Bühnengeschehen immersiv und zieht uns in den Bahn. Im Grunde schlagen in The Nutcracker Reloaded zwei Herzen: Street Dance und Ballett. Choreograf Rydman versucht, teils angestrengt, diese beiden Herzen in Einklang zu bringen. Genau hier gerät das Stück aber aus dem Takt und verliert sich in klamaukartiger Darstellung verschiedener Tanzeinlagen.
Befeuern die beiden Herzen jedoch zwei unterschiedliche Körper, wirkt der Nutcracker tatsächlich reloaded. Besonders gelungen ist eine Einlage zur Mitte des Stücks. Die Bühne wird dann auf einmal schwarz und drei DarstellerInnen ziehen leuchtende Streifen in die Luft. Aus diesen formen sich dreidimensionale Würfel, die sich im Takt des Electro-Tracks auf der Bühne bewegen. Am Ende wird The Nutcracker Reloaded nach manch langatmiger Szene wieder ganz versöhnlich und lässt Ballerinas drauf los twerken.
Mein Fazit zu The Nutcracker Reloaded
Ich bin mit gemischten Gefühlen aus dem Stück gegangen. Die einzelnen Szenen waren teils großartig. Choreograf Rydman lässt seine TänzerInnen souverän übers Parkett gleiten oder am Kopf spinnen. Irgendwie wirkte der Wechsel zwischen den modernen und klassischen Momenten aber nicht ganz flüssig und warf mich immer wieder aus der Szene. Am meisten störend war jedoch der Moderator vom schwedischen Kultusministerium (sic!) der durch den Abend leitete und mit gebrochenem Deutsch zum Affen mutierte.
Tänzerisch und atmosphärisch großartig bleibt nur der roten Faden ein wenig zerrissen zurück. The Nutcracker Reloaded fügt sich elegant in die Reihe der modernen Klassik-meets-Street-Choreografien ein und entführt in eine phantastische Welt. Wem Tschaikowskys Vorlage nicht ganz so wichtig ist, findet hieran sicher Spaß. Und wer auf eine genaue Umsetzung spekuliert, kann sich von dem erfrischend neuen Look inspirieren lassen.