Dungeons 3 (PC) im Test – Küss die Hand Herr Kerkermeister
Die Dungeons-Reihe des deutschen Entwicklers Realmforge will SpielerInnen in jene modrigen Gemäuer verführen, in denen einst Peter Molyneux’ Dungeon Keeper sein Unwesen trieb. Im Oktober letzten Jahres ist der dritte Teil der Reihe für PlayStation 4, Xbox One, Microsoft Windows und Linux erschienen. Ich habe Dungeons 3 in meine Klauen des strategischen Bösen bekommen, und es mir gleich auf meinem Gaming-PC installiert. Ob die Kreuzung aus Echtzeitstrategie- und Aufbausimulation-Spiel überzeugen kann, lest ihr in meinem (leicht verspäteten) Review.
Gameplay
Dass Dungeons 3 ein Spiel deutscher Marchart ist, erkennt man auf den ersten Blick. Da treffen knuddelige Wuselmonster auf erzählerischen Tiefgang der Güteklasse Bullyparade. Ihr spielt Dungeons 3 in der genretypischen Vogelperspektive, und steuert Trupps von bis zu 20 Fieslingen einerseits durch schummrige Dungeongemäuer, und neuerdings auch durch blühende Oberwelten. Zum altbekannten Dungeon-Aufbaupart des Spiels gesellt sich ein überaus erfrischender RTS-Teil, in dem ihr eure ausgebildeten Truppen marodierend und brandschatzend umherschicken könnt.
Der namengebende Dungeon
Die beiden Perspektiven spielen sich so grundverschieden wie Tag und Nacht. In der Unterwelt regiert der Hand des mit zahlreichen Adjektiven versehenen Bösen. Diese verfolgt den Mauszeiger auf Schritt und Tritt, und kann die ansonsten passiv ihrem Tagwerk nachgehenden Untertanen schnappen, abwerfen oder züchtigen. Darüber hinaus erteilt die Hand Baubefehle. So weist ihr eure Wichtel an, neue Tunnelschächte zu Rohstoffvorkommen zu graben, und die so entstehenden Höhlen mit neuem Mobiliar auszustatten. Neue Raumtypen werden über ein komplexes Forschungsmenü freigeschaltet. Innerhalb der Tutorials und der ersten Kampagnenmissionen erlernt ihr die Funktionen der jeweiligen Räume. Habt ihr mal die grundlegende Infrastruktur geschaffen, und eure ersten Ressourcen in die Monster-Ausbildung investiert, solltet ihr dem überirdischen Menschenreich einen Besuch abstatten. Dazu stehen euch die bekannten Truppentypen Horde, Dämonen und Untote zur verfügung, sowie die Heldin Talia selbst.
Die blühende Oberwelt
In den blühenden Wäldern über dem Dungeon treiben sich strahlende HeldInnen herum, die es in bester Echtzeitstrategie-Manier zu bekämpfen gilt. Dadurch verwandelt sich auch das satte Grün zusehends in eine modrige Einöde des Bösen. An gewissen Knotenpunkten können strategisch positionierte Monster die Ressource Bosheit ernten, die ihr für die Erforschung weiterer Räumlichkeiten und Truppentypen benötigt wird. Somit wird ein frühzeitiger Besuch der Oberwelt unabdingbar für den Spielerfolg. Im finsteren Erdreich in Ruhe ausmaxen, und dann mit geballter Macht über die Oberwelt herfallen spielt’s also nicht.
vorsicht, Falle!
Diese Echtzeit-Scharmützel sind nicht der einzige Berührungspunkt zwischen Gut und Böse. Ab und an dringen die HeldInnen des Lichts auch in euren Dungeon ein, um Schätze zu plündern, oder das Herz der Finsternis, quasi euer Hauptgebäude, auszuräuchern. Ihr könnt den Eindringlingen mit Waffengewalt zu Leibe rücken, oder die Dungeon-Eingänge mit tödlichen Fallen spicken. Das Spektrum der Boshaftigkeit reicht von Stachelfallen über Teergruben bis zur gewaltigen Steinkugel, die arglose HeldInnen unbarmherzig überrollt.
Die Handlung
Unsere Protagonistin des Bösen ist Talia, eine korrumpierte Dunkelelfin mit multipler Persönlichkeitsstörung, die im ständigen Zwiespalt mit ihrer besseren Hälfte steht. Dungeons 3 bedient sich in seiner Handlung großzügig und unverfroren am reichhaltigen Fundus diverser Fantasy-Welten. Unser erster Gegner, der rassistische Zwergenkönig Grimli beispielsweise erinnert nicht von ungefähr an einen gewissen Zwerg aus aus Der Herr der Ringe. Die Zwergenstadt Stahlschmiede, der Elfenwald Aschenquell und die Menschenhochburg Sturmluft sind allesamt Anspielungen auf bekannte Schauplätze des MMOs World of WarCraft.
Quatsch-Comedy Lästermaul
Das Geschehen wird fortwährend von einer hochmotivierten Erzählstimme kommentiert. Monty Arnold, der Sprecher aus Uups, die Pannenshow palavert sich in klassischer deutscher Comedy-Manier um Kopf und Kragen, während wir stolze HeldInnen stutzen und noble Burgen ausräuchern. Die durchgehende Vertonung der Kampagne ist an sich schon eine Glanzleistung, wenngleich der selbstreferenzielle Humor auf Dauer nervtötend ist. Spätestens nach der dritten Rechtfertigung, dass “Computerspiellogik” über schlechtes Gamedesign hinwegtäuschen sollte, schielt ihr unweigerlich nach der Einstellung “Geschwätzigkeit des Erzählers”, die es euch gottseidank ermöglicht, den Schwätzkopf stumm zu schalten. Allerdings verpasst man dann womöglich die tatsächlichen Auswirkungen der Erzählung auf das Gameplay, beispielsweise wenn urplötzlich einige wütende Bären auftauchen, weil Talia den Sprecher beleidigt hat.
Spielmodi
Neben der klassischen Kampagne, die ihr wahlweise auch im Koop mit einer MitspreiterIn bestreiten könnt, bietet Dungeons 3 noch zwei weitere Spielmodi: Den Gefechtsmodus, und Multiplayer-Partien. Das Gefecht präsentiert sich als klassische PVE-Partie in unterschiedlichen Ausprägungen. Im Überlebensmodus stürmen immer stärker werdende gegnerische Truppen euren Dungeon. Im Modus Endlos könnt ihr bauen, bis das Erdreich komplett unterhöhlt ist. Im Sandbox Modus hingegen habt ihr endlose Ressourcen, und könnt nach belieben alles ausprobieren. Über einen Seed-Wert lassen sich die Oberwelten nach dem Zufallsprinzip zusammenwürfeln.
Im MehrspielerInnen Modus könnt ihr Online-WidersacherInnen zu einem Duell herausfordern, Matches gegen eure Freunde bestreiten, oder selbst offene Spiele erstellen, und hoffen, dass sie von anderen gefunden werden. Zur Zeit meines Tests war in den Online-Lobbies des Spiels aber nicht wirklich viel los, was zu langen Wartezeiten führen kann.
Technik
Auf meinem leistungsfähigen Techbold Gaming-PC macht Dungeons 3 eine recht gute Figur. Allerdings vermisse ich ein Settings-Menü, in dem ich die Grafik noch weiter individualisieren könnte. Auch bei der Wahl der Auflösung geht Realmforge eigenwillige Wege. Anstelle aus einer Palette handelsüblicher Auflösungen wählen zu können, kann die native Monitor-Auflösung in prozentualen Schritten gesenkt werden, was zu recht eigenwilligen Pixel-Dimensionen führt. Ich hatte bei meinem PC außerdem das Problem, dass das Spiel im Vollbild-Modus mit unerträglichen 24 FPS vor sich hin ruckelte. Ein Blick ins Steam-Forum des Spiels, und ich hatte eine flotte Lösung zur Hand. Einfach in den Einstellungen des Games die Option “Set Launcher Options” auf den Wert “-window-mode exclusive” ändern, und schon läuft Dungeons 3 flott und butterweich.
Fazit zu Dungeons 3
Küss die Hand, Herr Kerkermeister, aller guten Dinge sind 3! Dungeons 3 bessert an den richtigen Ecken und Enden nach, und liefert nach zwei kritikwürdigen Serienteilen einen wirklich gelungenen und motivierenden Dritten! Die Kampagne ist schön abwechslungsreich und findet die richtige Balance aus Schwierigkeit uns Zugänglichkeit. Wer es gern etwas fordernder mag, kann die Option “Höllisch” vor jeder Mission anhaken, und sich gegen noch hartnäckigere HeldInnen zur Wehr setzen. Lediglich der nervigen Erzählstimme der Kampagne hätte etwas ungezwungenerer Humor gut zu Gesicht gestanden. Aber Humor ist bekanntlich Geschmacksfrage.
Was ich Dungeons 3 aber tatsächlich in höchstem Maße anrechne: Es ist ein klassischer Vollpreistitel in einem Stück, und ohne versteckte Kosten. Keine Mikrotransaktionen, Loot-Boxen oder Ingame-Shops trüben den Spielspaß, was in Anbetracht von EA und Co. eine echte Seltenheit geworden ist. Ich ziehe meinen Hut davor, dass kleine deutsche Entwicklerstudios diesem lukrativen Geschäftsmodell tapfer die Stirn bieten, und wünsche mir noch viel mehr davon! Wer auf Strategiekost deutscher Machart steht, darf auch bei Dungeons 3 guten Gewissens zuschlagen.
Wir bedanken uns herzlich bei Techbold, die uns die Hardware zum Testen dieses Spiels dankenswerterweise zur Verfügung gestellt haben.