Bastion im Test – #ThrowbackThursday
Der Herbst ist für mich eine ungleich schöne wie auch melancholische Jahreszeit. Wir erfreuen uns an all den bunten Farben der Natur und wissen gleichzeitig, dass damit die Bäume bald ihr Blätterkleid verlieren und der kalte Winter an die Tür klopft. Da niste ich mich gerne abends mal zuhause mit einer warmen Tasse Tee ein und mache mich auf die Suche nach einem Spiel, das genau dieses zwiespältige Gefühl einfängt: Freude daran, wie bezaubernd doch etwas ist, sowie Trauer darüber, dass es vergehen wird. Und kaum ein Videospiel vermittelt diese Stimmung so gekonnt wie Bastion.
Traumhaftes für Auge und Ohr
Das liegt zum großen Teil an der audiovisuellen Gestaltung des Spiels. Darren Korb hat für Bastion einen eklektischen Soundtrack geschaffen, der sich nicht in eine Schublade stecken lassen will: Da hört man Hip-Hop-Einflüsse und die ein oder andere verzerrte Industrial-Passage neben orientalischen Melodien und Country-Elementen. Die einzelnen Stücke pendeln zwischen aufmunternd exotischen Melodien, treibenden Beats und wehmütigen Gitarrenpassagen hin und her.
Die Grafik zeichnet sich durch ihren handgezeichneten, etwas verwaschenen, zeitlosen Look aus. Erkundet man die isometrische Welt, bauen sich die Landschaften fliesenartig nach und nach vor einem auf – so malerisch, dass man sich in einem Moment daran ergötzt, nur um im nächsten daran erinnert zu werden, dass es sich um ein zerstörtes Land handelt, das man Stück für Stück wieder mühsam aufrichtet.
Nach der Apokalypse
Schuld an der Vernichtung dieses Landes trägt eine kurz vor Spielbeginn geschehene Katastrophe – die sogenannte „Calamity“. Ein Junge, nur als „the Kid“ bezeichnet, wagt sich nun an die schier unbewältigbare Aufgabe, die in Trümmern liegende Welt Stück für Stück wiederaufzurichten und die „Bastion“, den letzten Rückzugsort der Menschheit, wieder funktionstüchtig zu machen. Auf seinen Reisen trotzt er gefährlichen Monstern und findet unverhofft Verbündete. Er muss aber auch Verrat und Rückschläge in Kauf nehmen. Die Handlung wartet also mit viel Gewalt, Trauer und Einsamkeit auf der einen Seite auf, bietet aber auch Hoffnung, Mut und Gemeinschaft auf der anderen.
Lebendig wird die Geschichte durch den Spielcharakter Rucks, der als allwissender Erzähler auftritt und Kids Handlungen und Gefühle während des Spiels kommentiert. Ebenso offenbart sich Stück für Stück die Rahmenhandlung durch seine tiefe, rauchige Cowboy-Stimme. Doch auch er ist keine unfehlbare Figur: Gegen Ende hin, beginnt er selbst an seinen bisherigen Handlungen zu zweifeln. Auch die Tatsache, dass er den jungen Kid völlig alleine auf lebensgefährliche Missionen schickt, rückte ihn in meinen Augen in ein schummriges Licht. Zwar hege ich an seinen hehren Absichten keinen Zweifel, aber dennoch zweifle ich zutiefst die von ihm genutzten Methoden an.
Das Erbe Diablos
Spielerisch tritt Bastion in die Fußstapfen alter Hack-and-Slay-Klassiker wie Diablo, kommt aber etwas simpler daher. Der Hauptteil des Spiels besteht aus der Erkundung neuer, abgegrenzter Gebiete, in denen in Echtzeit jede Menge Kreaturen bezwungen werden wollen. Dabei verbessert man sich in den Kämpfen hauptsächlich durch Erfahrung und gewonnenes Geschick anstatt durch bessere Ausrüstungsgegenstände. Das Ausrüsten des Charakters, die Verbesserung bereits gefundener Waffen und der Kauf neuer Gegenstände finden dann auf der Bastion statt, zu der man nach jedem Level automatisch zurückkehrt.
Kid kann stets zwei frei wählbare Waffen mit sich in den Kampf führen sowie eine Spezialfähigkeit, die bei Verwendung allerdings spezielle Tränke verbraucht. Schild und Ausweichrolle fügen zusätzliche taktische Komponenten hinzu. Im Laufe des Spiels findet man immer wieder neue Waffen mit klaren Stärken und Schwächen. Da wären zum Beispiel die Duellpistolen, die schnell feuern, aber auch mal am Ziel vorbeischießen oder der Armeekarabiner, der äußerst präzise ist, aber einige Zeit zum Anvisieren benötigt. Ich mochte am liebsten die Kombination aus schneller Kriegsmachete, und Schrottmuskete, die zwar nach nur einmal Abfeuern nachgeladen werden muss, dafür aber ordentlich Wumms macht und einen ganzen Haufen Feinde ins Stocken bringen kann.
Und auch im Gameplay bleibt Bastion in gewissem Maße seiner Dualität treu: Einerseits erhält Kid mit jedem aufgestiegenem Level im Spirituosenladen mittels eines Tranks eurer Wahl passive Boni. Andererseits kann man sich das Leben auch um einiges schwerer machen, indem man seinen Schrein mit Götterstatuen füllt und dadurch den gegnerischen Monstern allerlei Vorteile verleiht. Dafür erhält man allerdings auch entsprechend mehr Erfahrungspunkte.
Fazit
Ihr merkt, Bastion ist in gewissem Maße ein fröhlich-buntes Spiel und zu gleichen Teilen ernsthaft-düster – eine Ambivalenz, die sich durch sämtliche Aspekte des Spiels zieht.
Und da stehe ich nun am Ende meiner Kritik. Voller Freude darüber, dass so ein schönes Spiel wie Bastion existiert und ich es erleben konnte und gleichzeitig etwas wehmütig, dass ich es bereits durchgespielt habe und nie wieder unvoreingenommen wie zum allerersten Mal erleben kann.