Kingdom Hearts 3 Test (PS4): War das Warten wert
Endlich, endlich kam Kingdom Hearts 3 in den Handel. Was den Fans wie eine Ewigkeit vorkam, ist im Game kaum der Rede wert. Wie mir Kingdom Hearts 3 gefallen hat, lest ihr hier in diesem Review!
Vorgänger über Vorgänger
Die Kingdom Hearts-Reihe ist bislang nicht nur von den ersten beiden Hauptteilen geprägt. Da gibt es noch die Ableger wie Birth by Sleep oder Dream Drop Distance, man darf aber auch nicht Chain of Memories oder 358/2 Days vergessen. Alle diese Teile sind mehr oder minder wichtig für die Story, und wenn ihr nicht das Glück habt, eine PSP, einen 3DS, einen GameBoy Advance und eine PS2 zu besitzen, konntet ihr diese Games gar nicht allesamt spielen. Damit ihr aber eine faire Chance bekommt, hat Square Enix auch Kingdom Hearts 1.5 und Kingdom Hearts 2.5 (ja, und auch 2.8 – grandios) veröffentlicht.
Diese beiden Games vereinten dann jeweils drei Spiele in sich, und wenn ihr beide Ableger besitzt, habt ihr unter dem Strich sechs Titel und somit den Großteil der Story abgedeckt. In aller Kürze: Der Protagonist namens Sora reist mit Donald und Goofy durch Disney-Welten, um sie vor Herzlosen, Niemanden und der fiesen Organisation XIII zu retten. Seine Freunde Riku und Kairi sind auch immer mit von der Partie, mal mehr und mal minder aktiv. Kingdom Hearts 3 schließt nahtlos an die Ereignisse nach dem Teil 2 an – der Beginn ist also nicht sehr verwirrend. Das ändert sich aber rasch.
Viel Story auf einmal
Denn ausnahmlos alles, was in den Vorgängertiteln passiert ist oder wer darin wichtig war, wird in Kingdom Hearts 3 wieder hervorgeholt. Es ist zwar möglich, sich durch die Reaktion der anderen Charaktere ein gutes Bild über die Lage zu machen, aber so richtig durchblicken tut man nicht. Square Enix hat das so gelöst, dass ihr euch kurze Zusammenfassungen der vorigen Spiele ansehen könnt. Tut dies am besten vor dem Spielbeginn, um so den idealen Überblick zu erhalten! Ansonsten müsst ihr euch immer ein wenig überraschen lassen, was welcher Charakter so vorhat.
Auch das Gameplay von Kingdom Hearts 3 versucht, sehr viel in das Geschehen zu packen. So wechselt ihr teils den spielbaren Charakter, bekommt von allen möglichen Blickwinkeln etwas mit, und es obliegt immer euch, daraus die schlüssigen Verbindungen herzustellen. Ganz so tragisch ist es nicht, aber wer leichte Kost erwartet, ist bei der Geschichte von Kingdom Hearts 3 fehl am Platze. Dennoch sind die ersten Ziele klar: Herzlose sind in den bekannten Welten aufgetaucht, und wieder einmal müssen sieben reine Herzen von üblen Machenschaften beschützt werden. Trailer gefällig?
Los geht‘s!
Das Kampfsystem in Kingdom Hearts 3 hat viel mehr mit den restlichen Kingdom Hearts-Spielen gemein als etwa mit einem Final Fantasy 15. Mir persönlich hätte es gut gefallen, das ewige Button-Mashing durch ein stetes Gedrückthalten eines Knopfes zu ersetzen. Sei‘s drum – die Reihe geht konsistent mit ihren Entwicklungen um, und so habt ihr im Prinzip die gleichen Kampfsysteme wie schon bei Kingdom Hearts 2. Ihr könnt fließend zwischen Nahkampf, Magie und dem Rufen von Freunden wechseln, darüber hinaus ergeben sich manchmal Spezialattacken aus einer Situation.
Dass für die kriegerische Herangehensweise der X-Knopf mehr als nur malträtiert wird, sei dahingestellt. Es macht richtig Laune, die Vielzahl an Feinden durch die bunten Disney-Welten zu hetzen. Zwischen den einzelnen Planeten erwartet euch eine Reise mit dem Gumi-Jet, der euch die Raumfahrt ermöglicht. Anders als in den Vorgängertiteln könnt ihr diesmal frei herumfliegen – nur, wenn ihr einen Feind anvisiert und ihm näher kommt, habt ihr eine Art Kampfbildschirm vor euch. Ansonsten dürft ihr hinfliegen, wo ihr nur wollt.
Ein Schritt nach dem anderen
Natürlich gibt es immer eine Minikarte, die euch den Weg weist. Im Weltraum könnt ihr zuvor einen Wegpunkt setzen, den ihr dann immer seht. Auf den Planeten selbst ist das dann nicht ganz so einfach, zunächst müsst ihr eine große Truhe finden, in der sich die Karte für die jeweilige Welt befindet. Danach gibt es aber keine Wegpunkte oder Marker – gut, dass Kingdom Hearts 3 größtenteils sehr linear verläuft. Dennoch gibt es zeitweise Stellen, wo ihr die einzelnen Disney-Welten erkunden müsst, um weiterzukommen.
Damit nicht genug, es haben auch sogenannte Embleme ihren Weg in Kingdom Hearts 3 geschafft. Diese Micky-Maus-Ohren gilt es mit eurem Gumifon zu fotografieren – und wenn ihr von genügend Emblemen Bilder schießt, geschieht etwas Wunderbares. (Dank der Macht des Internets wissen wir: Damit wird nach dem Epilog ein geheimer Film freigeschalten. Danke, Internet.) So schnitzelt ihr euch durch die Welten, und gerade zu Beginn ist das Verhältnis von Filmsequenzen zu tatsächlicher Spielzeit etwas einseitig. Das ändert sich auch nach mehreren Stunden nur schrittweise – ihr solltet darauf gefasst sein.
Nichts für zwischendurch
Die Story ist dicht gepackt mit Infos, sogar Bemerkungen am Rande haben meistens ihren Sinn. Die müsst ihr nicht bemerken oder gar verstehen – Fakt ist, dass Kingdom Hearts 3 viel eurer Zeit in Anspruch nimmt. Oft vergehen bis zu 40 Minuten, bevor ihr den nächsten Speicherpunkt seht. Solltet ihr also am Abend nur ein paar Minuten erübrigen können, ist es nicht ratsam, Kingdom Hearts 3 zu starten. Es sei denn, ihr wollt nur ein paar Gegner verprügeln, eure Erfahrungsstufe steigern und dann sofort wieder speichern – das ist problemlos möglich.
Apropos Gegner verprügeln: Die Übergänge zwischen Filmsequenz und Spiel sind derart fließend, dass es extra erwähnt werden muss. Hier haben sich die Creative Directors einiges gedacht, und Ladezeiten werden so fast zur Gänze minimiert. Nur beim Wechsel zwischen den Welten ist ein wenig Wartezeit vorprogrammiert, ansonsten kommt ihr sehr rasch voran. Disney-Fans dürfen sich hier sowieso auf gewohnte Qualität freuen, wenn euch die Vorgänger gefallen haben, werdet ihr Kingdom Hearts 3 lieben. So einfach ist das.
Die Technik hinter Kingdom Hearts 3
Um es in einem Satz zu sagen: Es gibt keinen vergleichbaren Titel, der Spielfiguren und den Comic-Look so plastisch hinbekommt wie Kingdom Hearts 3. Öfter müsst ihr mehrmals hinsehen, um zu bemerken, dass die Zwischensequenz tatsächlich in der Spielgrafik abgelaufen ist. Die Effekte sind ganz typisch knallig, bunt und bildschirmfüllend. Gerade die neuen Situationskombinationen machen richtig Laune, und wenn ihr zum fünfzigsten Mal mit dem Piratenschiff oder einer wildgewordenen Teetasse durch den Screen donnert.
Der Sound ist ebenfalls bemerkenswert, da so gut wie alles vertont und irgendwie untermalt wurde. Ein kleiner Spleen von Final Fantasy 15 wurde ebenso übernommen, und zwar sprechen Donald und Goofy nun auch außerhalb der wichtigen Sequenzen mit euch. Das ist zwar nicht ganz so dicht und atmosphärisch wie im Final Fantasy-Ableger, kommt aber trotzdem gut an. Der einzige Wermutstropfen an dieser ganzen Sache ist, dass ihr spürbare Unterschiede zwischen den Filmsequenzen und dem Spiel selbst habt. Sowohl Surround-Sound als auch 60 Bilder pro Sekunde habt ihr nur im Game – bei den Filmsequenzen bemerkt ihr das rasch.
Darüber müssen wir reden
Nicht nur die Geschichte, sondern auch die Steuerung des Titels ist etwas, womit ihr überfordert sein könntet. Denn Sora hat trotz seines neuerlichen Beginns auf Level eins so viel drauf, dass es ein Wahnwitz ist. Ihr könnt euch wie gehabt zwischen Nahkampf, Magie und dem Wächtertum entscheiden. Während ihr also zaubert, zuschlägt und ausweicht, gibt es mehrere Optionen, wie ihr Kämpfe für euch entscheidet. Die Situationskommandos leuchten mit dem grünen Dreieck gut auf, so weit, so schön.
Doch dann könnt ihr (das kommt von Birth by Sleep) die R1-Taste halten, um so eine Vielzahl an Feinden gleichzeitig anzuvisieren. Ihr dürft euch an gewisse Stellen hinporten, um einer hakeligen Situation zu entkommen. Sora kann sich aber auch in verschiedene Formen verwandeln, sobald er genügend Kombo-Punkte gesammelt hat. Gemeinsam mit seinen Freunden kann euer Hauptheld aber zusätzliche Spezialangriffe durchführen. Der bunte Trubel schafft es aber, ohne weiteres witzig und unterhaltsam zu bleiben. Einfach den Button mashen, und gut ist es! Schade ist, dass es keine deutsche Vertonung mehr gibt – Englisch mit deutschen Untertiteln muss euch reichen.
Ja, Kingdom Hearts 3 war das Warten wert
Sicher gibt es bessere Spiele, da gibt es gar keine Ausrede. Die Story ist mittlerweile völlig aufgebläht und hat Entschlackung dringend notwendig, und auch die Steuerungsoptionen platzen aus allen Nähten. Doch wichtig ist, dass Kingdom Hearts 3 nun endlich auf den Markt gekommen ist und uns bei der Story ein wenig weiterhilft. Auch, wenn die Zwischenbosse euch fluchen lassen (ernsthaft, muss wirklich jeder Boss fliegen oder schweben können?) und Kingdom Hearts 3 sowohl zwischensequenz- als auch kampflastig ist, dieser Titel macht einiges richtig. Wer Englisch kann, genießt die Sprachausgabe, wer nicht, genießt halt die Untertitel.
Die kunterbunte Aufmachung sorgt dafür, dass ihr jederzeit ein Lächeln auf den Lippen habt. Egal, ob ihr Rapunzel helft, Elsa besucht oder durch San Fransokyo braust, jedem Disney-Fan geht hier das Herz auf. Dass die Geschichte erst spät eine entscheidende Wendung erfährt (aber dann ordentlich!), sei dahingestellt. Kingdom Hearts 3 wird euch als Unwissende sicher nicht dazu bringen, die viel älteren Spiele zu besorgen und mit der Reihe zu beginnen. Aber alle, die sich schon in der Reise befinden: Für Kingdom Hearts 3 hat sich das Warten gelohnt. Disney- und Pixar-Fans werden damit ihre helle Freude haben.