EA SPORTS UFC (PS4) im Test
Nach der Pleite des Publishers THQ und früheren Reibereien zwischen Electronic Arts und UFC-Präsident Dana White, ob Mixed Martial Arts Sport sei oder nicht, sicherte man sich doch noch die Lizenz der Ultimate Fighting Championship. Nun ist endlich das erste UFC-Spiel aus dem Hause EA SPORTS erschienen, und wir stellen auf dem Prüfstand fest, ob die SportspezialistInnen mit EA SPORTS UFC ein würdiges und unerbittliches Kampfspiel mit dieser Lizenz gezaubert haben.
Hahnenkampf mit Menschen
Wem Wrestling zu gestellt und Profiboxen noch zu hart reglementiert ist, ist bei den Mixed-Martial-Arts-Kämpfen der UFC genau an der richtigen Stelle. Fast so, als wäre diese Sportart einem feuchten Traum Tyler Durdens (Gründer des Fight Club im gleichnamigen Film) entsprungen, fliegen bei diesen unbarmherzigen Käfigprügeleien aufs Härteste die Fäuste, werden Bodenkämpfe bis zur Schmerzgrenze ausgefochten oder die GegnerInnen kopfüber auf die Bretter des Käfigs geschickt. Meistens stehen deshalb ernsthafte Verletzungen oder gar der eine oder andere komplizierte Knochenbruch auf der Tagesordnung. In den brutalen Hahnenkämpfen von EA SPORTS UFC wollt ihr die Karriereleiter erklimmen.
Als Neuling tretet ihr zuerst beim Casting in der Show The Ultimate Fighter an, um euch als würdig zu erweisen und später bei den großen Kämpfen in den zehn MMA-Arenen dieser Welt anzutreten. Dazu bastelt ihr euch im großzügigen Editor zuerst eure/n KämpferIn zusammen oder ihr lasst euer Gesicht von der PlayStation-Kamera einscannen und erhaltet automatisch eine/n BoxerIn, der/die euch ähnlich sieht – und dann geht es auch schon los. Mit den Tutorials und den sogenannten Challenges solltet ihr euch jedoch erst einige Zeit beschäftigen, um das MMA-Handwerk von der Pike auf zu erlernen, denn die Kämpfe laufen sowohl sehr taktisch als auch kompliziert ab.
Wenn ihr dann irgendwann den Titel euer Eigen nennt, ist zwar die Schlacht gewonnen, aber der Krieg im Käfig geht unvermindert weiter. Neben den üblichen schnellen Onlinekeilereien könnt ihr auch Ranked Matches ausfechten oder einfach nur Neuigkeiten zur UFC im Fighter Net abfragen. Für den geneigten MMA-Fan eine wahre Freude! Wenn ihr auf Internetfights keinen Bock habt, können zwei FreundInnen an einer PlayStation drauflosprügeln, denn ein schneller Kampf ist in Sekunden ausgerichtet. Hierzu eine kleine Fallbeschreibung:
Mann – in vorliegendem Fall ich – wird schnell eines Besseren belehrt, wenn er glaubt, er müsse im Octagon „goschert sein“ und auf dicke Hose machen. In mehreren Matches gegen eine Freundin musste ich schmerzvoll feststellen, dass man heutzutage getrost auf Wendungen wie beispielsweise „schwaches Geschlecht“ pfeifen sollte – fünfmal in Folge erniedrigt zu werden, kratzt schon verdammt am Ego. Immerhin kann man sich darauf ausreden, dass man eine/n unterlegene/n KämpferIn gewählt hätte, und bei einer Rostergröße von bis zu 97 KämpferInnen nutzt sich diese Ausrede wenigstens nicht allzu schnell ab.
Kein weißer Gürtel im Ki Botu
Es dauert eine Weile, bis man alle Bestandteile der Steuerung und der Kämpfe verinnerlicht hat, zumal vor allem beim Fixieren der Submissions – respektive beim Entkommen aus gegnerischen Unterwerfungsversuchen – und dem damit verbundenen Minispiel das Feedback fehlt. Die Vibration des DualShock 4 hätte man hier durchaus effizient einsetzen können. Das Minispiel artet daher oftmals in wilde und hektische Verrenkungsakrobatik mit den Analogsticks aus. Misslingt es wieder einmal, den/die KontrahentIn zur Aufgabe zu zwingen, kommt man sich nach dem gefühlt hundertsten Fehlversuch so vor, als würde man nicht einmal den weißen Gürtel im Kinderbodenturnen verdienen.
Auch wenn das eben beschriebene Trial-and-Error beim Bodenkampf sich danach anhört: Reines Buttonmashing führt bei EA SPORTS UFC definitiv nicht zum Sieg. Habt ihr euch aber erst einmal eingearbeitet und beherrscht ihr das Steuerungssystem aus dem Effeff, macht euch bei Takedowns, Submissions und Clinches so schnell keiner mehr etwas vor, und bald dominiert ihr das Octagon.
Eure FäusteschwingerInnen steigen mit gewonnenen Kämpfen auch im Level und erlernen so neue Moves bzw. können durch Trainingseinheiten auch ihre Werte im Faustkampf und Bodenkampf oder auch ihre Ausdauer und Effektivität bei Blocks steigern – und so zum wahren Champion der UFC werden.
„As real as it gets“
Dieses Motto gilt nicht nur für die UFC-Kämpfe im Allgemeinen, sondern vor allem auch für die grafische Präsentation von EA SPORTS UFC. Die Ignite Engine zaubert Next-Gen-Verzückungen auf den Bildschirm, bei denen man oft den Unterschied zwischen TV-Übertragung und In-Game-Grafik nicht mehr sehen kann. Egal, ob Blessuren, Blutspritzer, Hautabschürfungen oder schweißnasse Haut, die das Licht entsprechend reflektiert: Der Grafikmotor lässt mich ob der Leistung, die er erbringt, jedes Mal aufs Neue staunen, und man kann sich kaum sicher sein, ob man gerade von einem ordentlichen Schwinger getroffen wurde, der den Kiefer ausgekugelt hat, oder ob die Kinnlade einfach nur wegen der Grafikpracht den Gesetzen der Schwerkraft folgt. Optisch ist EA SPORTS UFC ein gigantischer Leckerbissen.
Was die Inszenierung angeht, kann der Titel mit einem großartigen und passend harten Soundtrack aufwarten, für den Künstler wie Awolnation, Trivium, Linkin Park oder auch DMX und AFI verpflichtet wurden. Weiters versuchte man, in der Kampagne kurze Realfilmschnipsel zwischen den Kämpfen zu verbauen, in denen entweder UFC-Obermacker Dana White oder einer der bisherigen Champions eine kurze Motivationsansprache hält und euch sagt, wie toll ihr nicht seid. Naja: Wer’s braucht. Da die Filmschnippselchen aber nur sehr kurz sind und nichts mit dem tatsächlichen Spiel zu tun haben, fallen sie eher unter die Kategorie „Nice to have“, aber Ersatz für eine vollwertige Story, so wie in Fight Night Champion, sind sie definitiv nicht.
Zusammenfassung
EA SPORTS UFC ist zwar nicht der erste Gehversuch in Sachen MMA für EA SPORTS, aber der erste mit der Ultimate Fighting Championship-Lizenz, und der hat zum großen Teil bereits überzeugt. Das Gameplay ist, wie beschrieben, sehr fordernd und taktisch und der Umfang an KämpferInnen auch nicht von schlechten Eltern.
Vor allem aber aufgrund der etwas komplexen Steuerungsmechaniken und des schlechten Feedbacks bei Submissions und Clinches werden EinsteigerInnen, die keine Lust auf großartige Lehreinheiten haben, von EA SPORTS UFC enttäuscht sein, sofern sie es für ein gemütliches Beat’em-up halten, bei dem man sich auf die Schnelle volles Pfund aufs Maul geben kann.
EA SPORTS UFC ist eine anspruchsvolle und auf technischer Ebene extrem schön präsentierte MMA-Simulation, die ihr wahres Potential nur entfaltet, wenn man sich ein paar Stunden einarbeitet und sich mit dem schlechten Feedback bei Submissions – das wird bis zur nächstjährigen Ausgabe hoffentlich noch verbessert – beim Bodenkampf arrangieren kann. Dann macht der MMA-Prügler aber viel Spaß.