Need for Speed Heat im Test – Zurück zu den Wurzeln
Need for Speed Heat ist wie ein Best-of Album der Serie. Polizeiverfolgungen, Nightraces und Tuning sind allesamt mit im an Board. Für die Serie ist das ein Aufstieg, im Racinggenre bleibt das Spiel trotzdem nur gehobenes Mittelmaß.
Weniger peinlich
Gute Nachrichten für all jene, die Need for Speed Payback gespielt haben. Die Kampagne und damit das Herzstück des Spiels hat nun weniger Zwischensequenzen und sie sind auch nicht mehr ganz so peinlich. Es kommt zwar noch zu Fremdscham, aber Heat hält die One-Liner Qualität ungefähr auf einem The Fast and The Furious Film (und was will man sich dann noch mehr wünschen?). Als junger Rookie kommen wir nach Palm Springs (stark angelehnt an Miami) um den uralten Konflikt Raser VS Cops auszutragen. Zuerst darf man sich aber noch einen von zwölf Avataren aussuchen, die an Coolness kaum zu überbieten sind. Ich habe mich für einen braun gebrannten, jungen Herren entschieden, der eine Lara Croft Sonnenbrille, Shorts, Socken bis zu den Knien und ein rosa T-Shirt mit dem Aufdruck „Life is a Beach“ (Botschaft angekommen) trägt.
Interessanterweise ist Entwickler Ghost Games euer Avatar so egal, dass ihr diesen jederzeit austauschen könnt und sogar das Geschlecht wechseln könnt. So viel also zur Story, immerhin ist diese nicht störend und eigentlich hat mich die trashig, „coole“ Stimmung sogar öfter zum Lachen gebracht. Das liegt aber auch daran, dass in meinem Kopf Bernd Vollbrecht, der hier in der deutschen Synchro den absoluten Bad Cop spricht, für immer als Dr. Cox aus der Serie Scrubs sein wird.
Verschiedene Bedingungen, verschiedene Autos
Zu Beginn des Spiels habe ich mich für einen Ford Mustang 65, der ein wahres PS-Monster ist und dementsprechend gerne in den Kurven ausbricht. Das ist aber halb so wild, denn die Fahrphysik ist sehr arcadig. In der Kurve einfach einmal die Handbremse antippen und das Spiel lässt euch immer sanft und smooth durch die Kurven driften. Am Anfang gibt es nur die klassischen und die Straßenrennen. Letzteres unterscheidet sich dadurch, dass die Rennen deutlich kurviger ausfallen. Später kommen dann noch Offroad- und Driftrennen dazu. Beim Driften geht es nicht darum, wer als erster ins Ziel kommt, sondern wer mit den längsten und schönsten Drifts am meisten Punkte erhält. Das kennt man bereits aus der Reihe, aber bringt trotzdem angenehme Abwechslung mit sich.
Spätestens dann solltet ihr euch drei verschiedene Autos zugelegt haben, eines für das Driften, eines für die Straße und eben eines für die Offroadrennen. Die Karren steuern sich nämlich sehr unterschiedlich und auch der Furhpark von Need for Speed Heat lässt sich nicht lumpen. Im späten Spiel könnt ihr dann z.B. einen Chevrolet Camaro SS 67 oder den schnuckligen McLaren 600 LT freispielen. EA hat sich bei den verschiedenen Autolizenzen sehr viel Mühe gegeben, denn es lockt immer ein neuer, noch coolerer Wagen.
Wie Tag und Nacht
Aber das alles kostet Kohle und die verdient ihr tagsüber in den verschiedensten Rennen. In der Open World Palm Springs cruist ihr so von einem zum anderen Race und kassiert Geld für Tuning und neue Autos. Die offene Welt wirkt bei Sonnenschein eher trist und ein wenig steril. Zum Glück könnt ihr aber auf Knopfdruck die Nacht heranbrechen lassen und dann erstrahlt EAs Fake-Miami in den buntesten Neonlichtern und sieht wirklich schick aus. Dann bekommt das Ganze erst so richtig Underground Flair, denn dann starten auch die illegalen Nachtrennen. Dort geht es nicht mehr um den schnöden Mammon, dort herrschen nur das Gesetz der Straße und es geht rein um Street Cred. In denen Rennen sammelt ihr dadurch Reputationspunkte (RP), die quasi die Erfahrungspunkte im Spiel darstellen.
Umso mehr Nachtrennen ihr in einer Nacht bestreitet, umso stärker steigt auch der Muliplikator für die RPs an. Das hat aber einen Haken, denn dann setzt euch die ohnehin schon aggressive Polizei stärker zu und versucht euch mit Rammmanövern auszuschalten und zu verhaften. Wird man tatsächlich von den Gesetzeshütern geschnappt verliert man einen Großteil der gesammelten RPs. Das ist tatsächlich ein ziemlich cooles Risk andd Reward System und hat zu vielen spannenden Verfolgungsjagden geführt, wo ich mit schweißnassen Händen endlich im sicheren Unterschlupf angekommen bin. Einen kleinen Kritikpunkt gibt es dann doch. Ich hätte mir noch mehr Action gewünscht, mehr Explosionen mehr unrealistische Stunts und auch chaotischere Strecken. Heat bleibt mir ein wenig zu konventionell und versucht für Need for Speed Verhältnisse„realistisch“ zu bleiben. Ich hätte gerne ein bisschen Burnout-Flair gespürt.
Pimp my ride!
Die Reputation bildet, wie schon erwähnt, das Levelsystem des Spiels ab. Dadurch könnt ihr euch bessere Karren kaufen oder neue Bauteile freischalten und das eigene Auto pimpen. Hier gibt es wirklich eine große Anzahl an Möglichkeiten am eigenen Gefährt herum zu schrauben. Egal ob Kurbelwelle, Chassis, Antrieb, Kühlung oder Nitro-Injektion, überall können Bauteile ausgetauscht und somit die Performance des Autos verändert werden. Das ist dann auch im Fahrverhalten spürbar, weshalb mich der Tuning-Part dazu motivieren konnte, immer noch mehr Geld und Reputation anzuhäufen. Damit das Auto auch äußerlich etwas hermacht, gibt es ganz schön viel Bling-Bling. Wer etwas auf sich hält, installiert als Erstes die rosa Neonlicht-Unterbodenbeleuchtung und kann danach noch mit Lack und Aufklebern viel herum experimentieren und verschönern. Cool ist, dass EA euch die Designs hochladen lässt und ihr auch von MitspielerInnen Autodesings übernehmen könnt. Wer nicht so viel Zeit hat, kann dann trotzdem mit einzigartigen und stylischen Autos rumcruisen. Das geht sogar soweit, dass man selbst das Auspuffgeräusch von kratzig röhrend, bis hin zu angenehm schnurrend regulieren kann.
Ein bisschen Tristesse
Wie es sich für eine Open World gehört, gibt es auch einige Nebenaufgaben, die ihr im vorbeifahren entdecken könnt und dann auf eurer Karte angezeigt werden. Da gibt es die Radarkästen, bei denen ihr das Tempolimit sprengen müsst, Reklametafeln, die mit einem gekonnten Sprung über eine Rampe zerstört werden wollen, ja sogar rosa Flamingofiguren, die es zu sammeln gibt. Das ist ganz nett und habt ihr die zahlreich versteckten Ziele eines Missionstyps abgeschlossen, gibt es auch eine Belohnung in Form eines ganz besonderen Wagens, wie den vorhin schon erwähnten McLaren 600 LT. Trotzdem schöpft die Spielwelt bei Weitem nicht ihr volles Potenzial aus. Gerade bei Tag ist es eher langweilig von einem Rennen zum anderen zu fahren und ich habe mich selbst dabei ertappt, wie ich immer öfter von der Schnellreisefunktion gebrauch gemacht habe.
Need for Speed Heat Fazit
Die gute Nachricht ist, Need for Speed Heat ist endlich wieder ein richtiges Need for Speed, wie Fans der früheren Teile es sich wünschen. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass auch der neueste Ableger nicht an ein Forza heranreicht. Bei letzterem ist Steuerung und Inhalt noch um eine Klasse stärker. Das heißt aber nicht, dass Need for Speed Heat keinen Spaß macht. Es ist seit längerer Zeit wieder ein guter Teil der Serie, der Fans auf jeden Fall begeistern wird. Das liegt auch am zu Beginn erwähnten Best-of Album Charakter. Gerade in der Nacht hatte ich viele spaßige Rennen und Crashes mit dem Gesetz.