Add-On als Stand-Alone: Pokémon Ultrasonne und Ultramond im Test
Ich habe die letzten Tage Urlaub in den sonnigen Gefilden der Inselgruppe Alola gemacht. Dabei bin ich allerdings nicht braun geworden, sondern habe mir höchstens Blasen an den Daumen… – Halt, wartet mal! Mich beschleicht gerade das Gefühl, das schon mal geschrieben zu haben. Gab es da nicht vor einem Jahr die Spiele Pokémon Sonne und Mond, die den neuen Titeln Pokémon Ultrasonne und Ultramond auf den ersten Blick verdammt ähnlich sehen?
Déjà-Vu in Alola
Tatsächlich übernimmt Pokémon Ultrasonne und Ultramond erstaunlich viele Versatzstücke des Vorgängers: Wir besuchen dieselben Orte, begegnen denselben Leuten und Tieren und erleben zu Beginn eine Geschichte, die nahezu identisch zu der von Pokémon Sonne und Mond ist. Wieder ziehen wir zu Beginn des Spiels von Kanto ins sonnige Alola, wo wir vom lässigen Professor Kukui und anderen vom Vorgänger bekannten Charakteren in die Welt der Pokémon eingeführt und auf unserer Inselwanderschaft begleitet werden.
Am Anfang werden uns die grundsätzlichen Spielmechaniken erklärt und wir erhalten unser erstes Pokémon. Hierbei können wir (wie auch schon in Sonne und Mond) mit Bauz, Flamiau und Robball wie gewohnt zwischen den Typen Pflanze, Feuer und Wasser wählen. So gerüstet machen wir uns auf zur großen Inselwanderschaft, während der wir Alola erkunden, allerlei Pokémon fangen, Trainerkämpfe bestreiten, Freunde finden und Inselprüfungen bestehen.
Mehr Content
Pokémon Ultrasonne und Ultramond bietet im Vergleich zum Vorgänger neue Inhalte, von denen sich die meisten allerdings erst nach einiger Zeit offenbaren. Zu Beginn fielen mir in erster Linie neue kleine Features und Minispielchen auf, die in Sonne oder Mond nicht enthalten waren. Diese sind zwar nett, tragen aber zur Hauptgeschichte nichts wirklich bei und strecken den ohnehin schon langatmigen Einstieg noch mehr.
Erst wenn man sich etliche Stunden durch eine vom letzten Teil schon bekannte Handlung und bekannte Gebiete gespielt hat, bekommt man neue Story-Elemente, neue Gebiete und neue Pokémon zu Gesicht:
- Im Gegensatz zu Sonne und Mond dreht sich die Handlung in Ultrasonne und Ultramond nicht nur um die legendären Pokémon Solgaleo und Lunala. Es wird eine neue Geschichte um das legendäre Duo und das legendäre Pokémon Necrozma erzählt.
- Neu ist auch das Ultraforschungsteam, das durch Ultrapforten in Alola auftaucht. Es gilt also, herauszufinden, was die Truppe in diese sonnigen Gefilde führt. Im Laufe des Spiels lassen sich durch die Ultrapforten außerdem neue Welten bereisen, in denen viele legendäre Pokémon warten.
- Auch auf Alola selbst lassen sich bisher unbekannte Orte erkunden, anders gestaltete Prüfungen bestreiten, neue Pokémon finden und frische Z-Attacken einsetzen.
- Kleine Zusatzfeatures wie Mantax-Surfen, der Alola-Fotoclub, zu sammelnde Sticker oder eine Kampfagentur gibt es auch. Genaue Infos zu allen neuen Elementen liefert die offizielle Website zum Spiel.
Add-On als Vollpreistitel
Wenn ich die neuen Ableger als für sich stehendes Spiel bewerte (was ich tue), steigen sie letztendlich ein wenig schlechter als die Vorgänger Sonne und Mond aus. Ich empfand gerade den Spieleinstieg als zäh, der mit vielen (für Geschichte und Kerngameplay unnötigen) Minispielchen und kleinen Zusatzmechaniken vollgestopft wurde. Etwas weniger Gimmick-Inhalte hätten dem Spieltempo also meiner Meinung nach gut getan. Die erfrischenden Neuerungen hingegen, die mit Sonne und Mond in die Serie Einzug hielten, bleiben natürlich auch hier bestehen: Das neue exotische Setting, die ansprechende Benutzeroberfläche, die abwechslungsreicheren Inselprüfungen anstatt der alten, formelhaften Arenakämpfe, usw.
Wenn ich Ultrasonne und Ultramond stattdessen in direktem Bezug zum Vorgänger beurteilen würde (was ich nicht tue), wäre die Bewertung der neuen Teile um einiges schlechter. Schließlich hat das Spiel durch die vielen gleichgebliebenen Inhalte eher den Charakter eines Add-Ons oder DLCs anstatt eines eigenständigen Titels. Es ist mir daher unverständlich, warum Ultrasonne und Ultramond für BesitzerInnen des Vorgängers nicht einfach als günstigere “Upgrade-Version” zum Download angeboten wird.
Kaufen oder nicht kaufen?
Letzten Endes lautet meine Empfehlung: Wer Sonne und Mond nicht gespielt hat, kann diese Teile getrost überspringen und gleich zu Ultrasonne und Ultramond greifen. Wer hingegen den Vorgänger bereits kennt, sollte sich gut überlegen, ob er oder sie bereit ist, sich nochmals durch Stunden bekannten Inhalts zu spielen, um zu neuen Elementen zu kommen. Und ob ihm oder ihr das ca. 45€ wert ist.