Assassin’s Creed Shadows (Test): Ein Lichtblick aus dem Schatten?
Assassin’s Creed Shadows entführt uns nach zahlreichen Abenteuern in historische Epochen ins feudale Japan – und das aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Mit jedem neuen Teil werden bekannte Gameplay-Elemente mit frischen Ideen in einer neuen Geschichte verbunden. Doch wie fügt sich das erste richtige Next-Gen Abenteuer in diese Tradition ein? Mal sehen ob man im Schatten einen innovativen Lichtblick erkennen kann:

Naoe & Yaskue an einem Torii Eingangstor
Zwei Welten, eine Familie
In Assassin’s Creed Shadows reisen wir ins feudale Japan des 16. Jahrhunderts, genauer gesagt ins Jahr 1579, zur Azuchi-Momoyama-Zeit. In dieser unruhigen Ära wird das Land durch allerlei neue Einflüsse aufgewirbelt. Verschiedene Clans kämpfen brutal um die Herrschaft, und zeitgleich erreichen ausländische Schiffe die Häfen. In dieser Epoche tauchen wir in die Geschichte zweier Protagonisten ein, die sehr unterschiedliche Kriegertraditionen der damaligen Zeit repräsentieren: eine agile, flinke Shinobi und ein brachialer, nobler Samurai.
Auf der einen Seite haben wir Naoe, die in der Bergregion Iga aufgewachsen ist und schon früh von ihrem Vater, Fujibayashi Nagato, in den Künsten der Shinobi unterrichtet wurde. Nachdem ihre Heimat zerstört wird, lodert in ihr ein tiefbrennender Wunsch nach Rache. Yasuke auf der anderen Seite, war der einzige Überlebende eines portugiesischen Sklavenschiffs. Als einer der ersten Afrikaner in Japan waren die Menschen von seinem Hautton und seiner Statur fasziniert. Insbesondere Daimyō (Feudalherr) Oda Nobunaga, der ihn aufnahm und als Samurai ausbilden ließ. Sodass Yasuke anschließend als einer seiner Feldherren die streitenden Reiche der späten Sengoku-Zeit bezwingen kann.

Yasuke und Nobunaga auf Feldzug
Höhen und Tiefen
Das verwobene Schicksal von Naoe und Yasuke wird natürlich von einem gemeinsamen Feind angetrieben: dem wahren Bakufu. Wieder einmal eine Gruppe mehrerer Antagonisten, die in ganz Japan ihre Strippen ziehen – angeführt von einem skrupellosen Anführer, der eine neue Ära für ganz Japan einläuten will. Wie genau unser Duo aufeinandertrifft, verrate ich nicht… doch so viel sei gesagt: Da kommt eine epische Mission mit Gänsehaut-Feeling auf euch zu– die Art von Mission, die ich in Assassin’s Creed lange vermisst habe.
Klar kann nicht jede Mission ein Blockbuster-Erlebnis bieten, insbesondere bei einem Open-World Spiel. In Assassin’s Creed Shadows hat daran aber auch das Auftragssystem schuld – grundsätzlich eine innovative Idee, um für mehr Übersicht zu sorgen und vom Standard einer klassischen Quest-Liste abzuweichen, die jedoch großteils keine spannende Missionsstruktur enthält. Da die Vielzahl an Zielen und Figuren, echte Charaktertiefe und mitreißende Missionen verhindert. In Shadows wird dadurch nicht nur die Hauptgeschichte, sondern auch jede Nebenmission strukturiert – eine Weiterentwicklung dessen, was wir bereits seit Origins kennen und was in Mirage weiter angedeutet wurde. Im Zielmenü findet man nicht nur die geheimnisvolle Gruppe des Bakufu, sondern eine komplette Übersicht aller Nachforschungen – darunter weitere feindliche Gruppen, aber auch freundliche Bewohner und Verbündete, die Unterstützung benötigen.
Das System funktioniert für Nebenmissionen ganz gut, doch die Hauptgeschichte um das Bakufu leidet darunter. Ich bin kein großer Fan davon, dieses weit gespannte Netz aus austauschbaren Bösewichten zu zerschlagen. Die Hauptantagonisten mögen zwar bunte Masken tragen, sind aber vom Wort „Charakter„ weit entfernt. Ich hätte mir gewünscht, dass man sich auf weniger, dafür aber tiefgründigere Figuren konzentriert – mit starken Auftritten und überzeugender Motivation. Kleinere Handlanger und Untertanen könnten dann als Checklisten-Ziele dienen, um eine Kombination aus fesselnder Geschichte mit motivierendem Gameplay zu erschaffen. Immer schon war es der Fall, dass wir mehrere Ziele finden, ausspähen und töten mussten, doch früher hatten all diese Charaktere eigene Ideale. Während die modernen Spiele das Bild von Assassinen als Helden und Templern als Schurken oft vereinfachen, stellten die früheren Titel verstärkt infrage, wie klar diese Rollen tatsächlich sind. In der Vergangenheit nutzte jeder Templer seine letzten Atemzüge, um sowohl die Protagonisten als auch die Spieler:innen dazu zu bringen, ihre Überzeugungen zu hinterfragen. Überraschende Highlights gibt es aber doch, insbesondere die Erinnerungen an Yasukes Vorgeschichte und Naoes Familiengeschichte sowie die Aufträge rund um Yasukes Sensei und ein paar Momente mit dem wahren Bakufu. Allerdings fehlt Shadows die Unvergesslichkeit emotionaler Momente wie Ezios Ansprache, Haythams letzte Worte, Edwards Lebewohl oder die Verknüpfung der Generationen.

Zielemenü
K(l)eine Konsequenz
! Achtung minimale Spoiler Andeutungen !
Wie schon in den letzten Assassinen RPG-Abenteuern ist auch bei Assassin’s Creed Shadows die Story und das Writing nicht die größte Stärke. Es gibt zu viele Figuren, mit denen wir zu wenig Zeit verbringen. Dadurch wirken die Ereignisse, die unsere Protagonisten antreiben sollen, auf uns als Spieler:innen zunächst belanglos. Zwar nimmt sich Shadows später mehr Zeit, um den Beginn durch Flashbacks etwas bedeutungsvoller darzustellen, doch im weiteren Spielverlauf geraten viele Charaktere in Vergessenheit. Interessante Figuren mit viel potential, wie Hattori Hanzō, Tomiko, Oichi, Yagyuu Munetoshi, Kimura Kai oder die Portugiesen bekommen entweder zu wenige oder fast gar keine Auftritte. Nur wenige bleiben wirklich in Erinnerung, da sowohl Dialogentscheidungen als auch Missionsdesign oberflächlich präsentiert sind und keine Konsequenzen spürbar werden. Einzig bei der Rekrutierung der Verbündeten machen sich die Auswirkungen wirklich bemerkbar.
Wer keine Lust auf Entscheidungen hat, kann einfach den „linearen Modus“ aktivieren. In dem alle Entscheidungen automatisch im Einklang mit dem Kanon der Geschichte (also der offiziell anerkannten Handlung) getroffen werden. Der einzige Grund, warum ich diesen Modus nicht genutzt habe, ist, dass ich im Zuge des Tests viele Situationen wiederholt und unterschiedlich entschieden habe, um die Auswirkungen zu erleben – nur um festzustellen, dass es eben in 99 % der Fälle wiedermal keine Konsequenzen gibt. Werden Figuren durch Entscheidungen angegriffen, verärgert oder geküsst wird der folgende Dialog so geschrieben, dass sich die nächsten zwei Zeilen der weiteren Konversation ändern aber die Ausgangslage komplett gleich bleibt.
Die Freundschaft zwischen Naoe und Yasuke hingegen zeigt, dass Charakterentwicklung und Tiefe sehr wohl möglich sind. Durch ihre gemeinsamen Szenen erhalten die Protagonisten viele starke, schöne Momente. Da ich von Naoe und ihrer Geschichte so fasziniert war, verlor ich mich zunächst nur mit ihr in der japanischen Welt. Erst nach über zehn Stunden traf ich dann auf Yasuke und schaltete ihn als zweite Spielfigur und somit das komplette Spielerlebnis frei. Nebenbei ist auch die Einbindung der Assassinen und Templer sowie des Animus ganz gut gelungen. Ich hätte gerne noch mehr davon erlebt wie Naoe auf den Spuren des „Kakushiba-Bunds“ / „Liga der versteckten Klinge“ wandelt und Yasuke sich seiner Vergangenheit, die mit dem Templerorden verflochten ist, stellt.
Was es mit dem geheimnisvolle Kästchen auf sich hat, die Verbindung zu Naoes verstorbener Mutter und Yasukes Rolle in dem Plan ist fesselnd erzählt… sogar mit überraschenden Twists. Trotzdem nimmt die Story erst am Ende, im kürzesten Abschnitt – dem dritten Akt – wirklich Fahrt auf. Gerade als ich dachte: „Jetzt wird’s richtig spannend!“, rollen plötzlich die Credits. Ich bin gespannt, welche Geschichte die Erweiterungen erzählen werden, und hoffe auf eine direkte Anknüpfung an das mehr oder weniger offene Ende.

Naoe bekommt die versteckte Klinge
Double Trouble
Assassin’s Creed Shadows bietet uns diesmal die zwei altbewehrten Ansätze der Reihe – nur etwas mehr voneinander getrennt:
Samurai und Shinobi verwenden verschiedene Techniken um ihre Ziele zu erreichen. Yasuke erfüllt die Samurai Fantasie, er metzelt sich mit Katana, Kanabo und Naginata durch Gegnermassen, und greift zu Bogen und Gewehr um weit entfernte Ziele zu treffen. Zudem kann er mächtige Angriffe parieren und mit verheerenden Konterattacken zurückschlagen. Naoe hingegen erfüllt das Assassinen Herz indem sie mit verscheidnene Techniken und ihre Agilität nutzt, um gekonnt auszuweichen und mit Katana, Kusarigama und ihrer versteckten Klinge mit Daito Kombination, flink zuzuschlagen.
Jeder Charakter kann zwei der Hauptwaffen gleichzeitig tragen, somit muss man gut überlegen wie man Vorgehen will. Insbesondere bei Yasuke spielen die Distanzwaffen eine Rolle, wenn eine Ausgerüstet ist bleibt nur noch eine Nahkampf Option übrig, dafür hat der Bogen die Möglichkeit heimlich Leute auszuschalten. Jede dieser Waffen hat einen eigenen Fähigkeitenbaum, mit brutalen Techniken und passiven Verbesserungen, und je nach Wahl kann man die Fähigkeiten zurücksetzten und in eine andere Waffe investieren. Zusätzlich gibt es Charakterspezifische Fähigkeiten, Samurai Attacken für Yasuke und Assassinen Techniken für Naoe. Ein sehr guter frischer Ansatz für das in Origins eingeführte und Odyssey & Valhalla erweiterten Fähigkeiten-System.
Pro Waffe kann man zwei Fähigkeiten sowie eine zusätzliche, charakterspezifische Fähigkeit auswählen – insgesamt stehen aktiv also immer drei Fähigkeiten im Kampf zur Verfügung. Der vierte Platz bleibt bewusst leer. Zunächst dachte ich, dass man einen zweiten Charakterfähigkeits-Platz per Upgrade freischalten könnte, aber nein. Viele dieser Fähigkeiten verursachen zudem gar nicht so viel Schaden. Der Fokus liegt diesmal viel stärker auf der Kampfkunst selbst. So haben die verschiedenen Gravuren der Ausrüstung einen viel größeren Einfluss und verändern Kampfsituationen erheblich. Mit der richtigen Montur kann Yasuke beispielsweise unblockbare rote Angriffe parieren, während Naoe Kunai-Kettenattentate ausführen kann. Mit dem Loadout-System, ein vorgefertigtes Arsenal an Waffen und Ausrüstung, kann man sich nach Herzenslust ohne groß Probleme an jede Situation anpassen. Zudem kann man wie schon in Odyssey eingeführt, das optische Aussehen der Kleidung unabhängig von Werten und Gravuren anpassen. Zum Glück wird nicht alles aus den vorherigen Spielen übernommen, so ist die lästige Ausdaueranzeige aus Valhalla nicht mehr dabei. So macht das Kampfsystem mit den verschiedenen Waffen und Fähigkeiten gleich viel mehr Spaß. (Noch mehr Spaß würde es mit den Doppel-Konter-Finisher-Moves machen, die früher fester Bestandteil von Assassin’s Creed waren.)

Yasukes Angriff mit dem Kanabou
Fürchte die Finsternis!
In Assassin’s Creed Shadows rückt außerdem die athletische Seite unserer Protagonisten stärker in den Fokus – wie gewohnt kann man sich in der Hocke im hohen Gras oder hinter Kisten verstecken, doch durch intensives Training können Naoe und Yasuke sich auf den Boden legen und kriechen. Naoe nutzt zusätzlich Rauchbomben, Shuriken und Kunais sowie die Möglichkeit, heimlich aus den Schatten anzugreifen – und das wortwörtlich. Durch das neue Schatten-System wird das Schleich-Gameplay auf ein neues Level gehoben. In der Nacht hat man die Möglichkeit Lichtquellen zu zerstören, um in der Dunkelheit komplett vor den wachsamen Augen der Wachen verborgen zu bleiben. Das Schleichen mit Naoe macht extrem viel Spaß, so wie schon lange nicht mehr. Dazu tragen auch ein paar der überraschend intelligenten Gegner bei, sie flüchten aus dem Nebel der Rauchbombe, unterbrechen Fähigkeiten mit Abwehrmanövern oder unterbinden einen Attentatsversuch. Wer bereit ist, alles zu riskieren, kann den Schwierigkeitsgrad für Kämpfe und Schleichen individuell anpassen. Gegner sind aufmerksamer und entdecken Naoe schneller – selbst auf den Dächern ist man dann nicht mehr sicher.
Yasuke kann sich ebenfalls ein wenig anschleichen, doch sein Gameplay ist eher auf brutale Kills und kräftige Schläge ausgerichtet. Doch mit der richtigen Ausrüstung und Planung kann auch der Samurai unentdeckt bleiben. Naoes Waffen haben aber großen Einfluss auf das Stealth-Gameplay: Doppelattentate sind nur mit dem Tantou möglich, während ein Katana es erlaubt, durch Shoji-Türen zu stechen und mit dem Kusarigama kann man sich an Gegner heranziehen. Yasuke hat seine eigene Art von Attentat, sehr viel grausamer und nicht so elegant, aber ebenso episch. Egal wie, versteckt zu bleiben und herumzuschleichen macht seit langem wieder extrem viel Freude.

Naoe bei Nacht
Ein Schlag und du bist erledigt!
Je nach Stärke der Feinde könnt ihr sie mit all diesen speziellen Attentaten oder wie gewohnt mittels versteckter Klinge auf einen Schlag vernichten – oder eben nicht. Es ist aber nicht so wie in Odyssey, wo man rätseln musste, ob eine Wache mit einem Klingenstoß fällt. In Shadows könnt ihr bereits aus der Ferne die neuen segmentierten Lebensbalken der Feinde erkennen. Je nach Verbesserungen kann eine fixe Anzahl an Lebenssegmenten entfernt werden – das gilt nicht nur für Waffen, Fähigkeiten und Ausrüstung, sondern auch für Kunais und Pfeile. Wer es doch lieber komplett oldschool haben will, kann im Menü die „One-Hit-Assassination“ einschalten. Dabei verzichtet ihr jedoch auf den extrem gut durchdachten strategischen Ansatz und das befriedigende Gefühl, seinen Charakter kontinuierlich aufzuwerten.
Wer ganz nach dem Kredo handeln will, darf nicht immer sofort zur Klinge greifen. In den Burgen gibt es Bedienstete, die bei Sichtkontakt sofort die Wachen alarmieren. Diese unschuldigen Diener:innen kann man jedoch packen, in eine dunkle Ecke ziehen und bewusstlos schlagen. So folgt Naoe der Regel „Haltet eure Klinge fern von Unschuldigen“ und bleibt eine ehrenhafte Assassine.
Es gibt also extrem viel Abwechslung – und das nicht nur durch die verschiedenen Herangehensweisen, sondern auch durch die Vielzahl an unterschiedlichen Gegnertypen. Ob Banditen, Ronin, Samurai, Shinobi, Wächter oder Elite-Krieger – immer wieder trefft ihr auf neue Feinde, die euch herausfordern werden. Entweder durch ihre ambitionierten Angriffsmuster oder Verhaltensweisen. Feinde mit höherem Rang können sogar immer wieder neue Wachen im Kopf rufen. Die KI hat mich mehr als nur einmal überrascht. Ein positives Beispiel: Beim Auskundschaften ist mir eine schlafende Wache aufgefallen die plötzlich von einem Kollegen weniger sanft geweckt wurde. Ein negatives Beispiel: Als ich vor den Augen eines Gegners seinen Freund lautstark erledigt habe, hat der weiterhin die Aussicht genossen – jeder hat mal einen schlechten Tag. Gekrönt wird das ganze System durch coole Animationen und epische Finisher. Und mit den kommenden Erweiterungen sollen neue Waffen und Fähigkeiten ins Arsenal hinzukommen – bereits aus ersten Bildern bekannt, erwartet uns der Bo-Stab für Naoe.
Freunde… gemeinsam.. stark
Auf der Reise lernen Naoe und Yasuke verschiedenste Figuren kennen. Davon werden sogar einige zu Freunden und ein paar zu engen Verbündeten. Gennojo, Katsuhime und Yaya erweitern die strategischen Möglichkeiten im Kampf- und Schleich-Gameplay. Mit raffinierten Tricks lassen sich Ablenkungen erzeugen, um die Heimlichkeit zu wahren, und mit tatkräftiger Unterstützung können Gegnergruppen gezielter kontrolliert werden. Diese engen Freundschaften sind jedoch nicht selbstverständlich – trefft ihr falsche Entscheidungen, verpasst ihr die Chance, mit bestimmten Personen Seite an Seite zu kämpfen.

Todessprung in den Sonnenuntergang
L’amour du Parkour
Mit Naoes geschickten Bewegungen flitzt sie über die Dächer, klettert akrobatisch an Wänden empor und nutzt ihre Umgebung, um unbemerkt zu bleiben. Der Einsatz ihres Kletterhakens eröffnet neue Pfade und ermöglicht schwungvolle Manöver. Yasuke hingegen ist in seiner Kletterkunst etwas limitierter, so braucht er manchmal Kisten oder Leitern um höher gelegene Punkte zu erreichen. Durch den Unterschied der Charaktere, gibt es in den meisten Fällen mehrere Möglichkeiten um Aussichtspunkte zu erreichen – wo Naoe zum Kletterhaken greift, setzt Yasuke auf die Stufen, um seinen Weg nach oben zu bahnen. Die Art wie Yasuke dann von Aussichtspunkten springt ist ein super nettes Detail, was mich immer wieder zum Schmunzeln bringt.
Anders als in den Open-World-Vorgängern sind unsere Kletterkünste nun stärker eingeschränkt. Da nicht mehr jede Felswand einfach erklommen werden kann, wird das generische, fast schon monotone freie Klettern zugunsten kreativ designter Parkourpfade ausgetauscht. Geheime Wege in Burgen oder versteckte Pfade in der Wildnis müssen aktiv gesucht werden – achtet auf verfallene Mauern, hervorstehende Felsen oder schräg wachsende Bäume. Einige dieser Routen sind zusätzlich mit gelben Markierungen versehen, um die Orientierung zu erleichtern. Eine sehr gute Verbesserung die eure Aufmerksamkeit mit coolen Möglichkeiten belohnt.
Mit Naoe kann man sich endlich wieder flink durch die Welt bewegen und akrobatisch herumkraxeln. Dennoch basiert das System weiterhin auf den RPG-Spielen – erwartet also keine große Revolution der Klettermechanik. Es macht auf jeden Fall wieder mehr Spaß als zuvor und ist dank aufwendiger Animationen sehr schön anzusehen, doch auf technischer Seite fehlt es weiterhin an Tiefe. Allein durch die horizontale, ausgedehnte Architektur des feudalen Japans sind konstante Kletter-Wege in Städten eher schwer umzusetzen. Das wird mit spannenden Parkourpfaden in der freien Natur ausgeglichen. Trotzdem fehlen viele Parkour-Techniken aus den alten Zeiten, wie das Greifen einer Kante im Sprung oder das Generieren an Höhe. In Mirage wurden diese Manöver per Update nachgereicht, also abwarten was mit Shadows passiert. YouTuber Ropotopolous gibt dazu einen äußerst aufschlussreichen Einblick.

Parkour in den Bäumen
Ein wechselhaftes Erlebnis
All diese Elemente mischen das Spielgefühl auf und regen zu neuen Spielweisen an. Doch nicht immer spielt das Leveldesign mit – besonders dann, wenn man auf verpflichtende Bossgegner mit riesigen Lebensleisten trifft. Während längerer Missionen hat man oft die Möglichkeit, zwischen den Charakteren zu wechseln. Doch wenn man mit Naoe auf diese Missions-Bosse trifft, wünschte ich mir, dass das Ganze als eine Stealth-fokussierte Assassinen-Challenge abläuft – so wie in Unity. Stattdessen ist man bei der Wahl des Shinobi gezwungen, den Feind in einem Eins-gegen-eins-Duell zu bekämpfen – selbst bei einem Attentat, da es die Anzahl der Lebenssegmente fast unmöglich macht den Feind auf einen Schlag zu erledigen.
Luft nach oben
Ein besonderes Beispiel dafür ist eine Mission, die durch den dynamischen Wechsel der Protagonisten erstmals beide Perspektiven zeigt: Zuerst lenkt man die Wachen mit Yasuke ab, dann wechselt man zu Naoe, die über die Dächer in die Festung schleicht, um eine Tür für Yasuke und seine Komplizen zu öffnen. Zum Abschluss steht man dem Hauptziel gegenüber und nach einer gelungegnen Zwischensequenz kann man dann entscheiden, ob man den Bösewicht mit Yasuke oder Naoe ausschalten möchte.
Als ich mich für Naoe entschied, fand sie sich auf dem Dach wieder von dem sie die Konfrontation beobachtet hat – während alle Gegner aufeinmal wieder ahnungslos auf ihren Posten standen. Obwohl Yasuke Sekunden zuvor umstellt war, wurde er einfach wegteleportiert, sodass ich mit Naoe einen Schleichversuch unternehmen kann. Stattdessen hätte man eine wirklich dynamische Szene inszenieren können, in der Yasuke gleichzeitig mit den Wachen kämpft, während Naoe das Ziel aus dem Hinterhalt angreift.
Diese Sequenz war enttäuschend und verdeutlicht einmal mehr, dass echtes Teamwork und Missionen mit nahtlosen Charakterwechseln fehlen (geht nicht mit solchen Erwartungen ins Spiel). Nur ein einziger spezieller Bosskampf zeigt wie ein dynamischer Wechsel aussehen kann. Doch gerade bei zwei spielbaren Protagonisten hätte man zahlreiche epische Momente mit Echtzeit-Wechsel einbauen können – ähnlich wie in GTA V oder Spider-Man 2. Abseits dieser Erkenntnis, bleibt es immer wieder erfrischend und spaßig, die unterschiedlichen Stärken beider Charaktere getrennt voneinander auszureizen, die Vorgehensweise anzupassen und sich Gedanken darüber zu machen, wie man bestimmte Situationen clever lösen kann.

Das dynamische Duo
Ein Stammesmitglied der „Abwarten“
Außerhalb von Missionen funktioniert der Wechsel zwischen den Protagonisten ähnlich wie in Syndicate. Im Menü kann man ganz einfach per Knopfdruck direkt vor Ort tauschen. Allerdings bringt das einen Ladebildschirm mit sich, der aus dem Spielgeschehen herausreißt.
Es ist eben nicht so immersiv wie in GTA V oder Spider-Man 2, wo nahtlos im Abenteuer mit versteckten Ladezeiten gearbeitet wird. In diesen Spielen führen die Charaktere unabhängig voneinander ihr eigenes Leben. Wenn Spieler:innen wechseln, erhält man kurz Einblick in ihren Alltag, während sie nicht im Fokus stehen. Das bedeutet jedoch auch, dass sie sich an völlig unterschiedlichen Orten in der Spielwelt befinden – eine epische Vorstellung, Yasuke beim Fischen oder Naoe beim Training zu überraschen… ein System, das in Shadows so nicht funktionieren würde.
Denn es ist wichtig, dass man an bestimmten Punkten, an denen nur einer der beiden mit seinen jeweiligen Fähigkeiten weiterkommt oder eine charakterspezifische Mission wartet, direkt vor Ort wechseln kann. Beispielsweise wenn Yasuke Schwierigkeiten hat einen Turm zu erklimmen, kann Naoe sofort einspringen, ohne erst vom anderen Ende der Welt anreisen zu müssen – effizienter aber nicht immersiver.
Für ein Next-Gen-Spiel hätte ich mir gewünscht, dass Ladezeiten grundsätzlich ausgemerzt oder zumindest geschickt kaschiert werden. Beim Wechseln der Jahreszeit wurde das wunderbar umgesetzt. Doch statt beim Charakterwechsel oder bei Schnellreisen kurze Animationen oder Übergangssequenzen zu sehen, muss man nach all den Jahren immer noch im leeren (dafür extrem stylischen) Animus herumlaufen – sehr Schade, auch wenn die Ladezeiten nur von sehr kurzer Dauer sind.
Etwas hinten nach
Während Naoe aus allen Gameplay-Bereichen schöpft, hat Yasuke nur zu einem Teil, dem Kampf, wirklich vollen Zugang. Auch wenn es spezielle Open-World-Aktivitäten für die jeweiligen Charaktere gibt, wirkt Yasukes Gameplay eher wie ein nachträglicher Gedanke. Auch wenn seine Geschichte und Kampf-Gameplay sehr spannend sind, des Parkours ist er nicht wirklich mächtig, Schleichen kann er nur eingeschränkt und durch seine Behäbigkeit ist er beim Erkunden eher eine Last. Wo Naoe das Adlerauge nutzt, geht Yasuke leer aus – da wünschte ich mir für ihn die Rückkehr der Adler-Funktion. Klar ist der Vogel über die Jahre zunehmend in den Hintergrund gerückt, doch hier hätte man neue Ideen für die Vogelperspektive einbringen können. Zum generellen Auskundschaften haben beide Charaktere einen Beobachtungs-Blick, mit der Ziele, Belohnungen und interessante Objekte durch kleine schimmernde Punkte hervorgehoben werden und sichtbare Gegner markiert werden können. Doch Naoe ist durch ihre Agilität immer die bessere Wahl für Erkundungstouren.
Bye Bye Birdie
In Assassin’s Creed Shadows müssen wir unseren Vogelfreund endgültig ziehen lassen. Die Verabschiedung des Adlers bringt uns zur Einführung der Späher-Mechanik, die dabei hilft, Ziele zu lokalisieren. Ergänzend zur bekannten Missionsstruktur, bei der nur vage Hinweise auf den Aufenthaltsort eines Ziels gegeben werden (z. B. Person X befindet sich in Region Y, im Südwesten von Stadt Z), erhält man nun durch einen Spion den exakten Standort des Ziels.
Das funktioniert quasi wie die Snapchat-Map-Funktion, alles passiert ausschließlich auf der Weltkarte – also im Menü – was einen wieder aus dem eigentlichen Spielgeschehen herausreißt. Leider kommt kein Verbündeter, der Yasuke auf der Straße unauffällig die Informationen zuflüstert oder Naoe eine Skizze zusteckt. Stattdessen versucht Ubisoft, uns weniger Markierungen zu zeigen, indem sie eine stumpfe Menü-Markierungs-Mechanik präsentieren. Meiner Meinung nach ist das ein deutlicher Rückschritt gegenüber der Vogelperspektive der vergangenen Assassin’s Creed-Spiele, kann aber auch verstehen wenn Fans genug von den Vögeln haben.

Späher auf der Karte enthüllen das blaue Symbol
Eine Welt voller Belohnungen
Die wundervollen Welten, die uns mit jedem Assassin’s Creed-Spiel präsentiert werden, sind für viele Fans das Wichtigste. Vom antiken Ägypten, zu Paris während der französische Revolution über die italienische Renaissance und das goldene Zeitalter der Piraterie bis hin zu mythologischen Welten der griechischen und nordischen Sagen – darauf baut alles auf, von der Erzählung bis zur Erkundung.
Ubisoft hat mit Assassin’s Creed Shadows erneut eine detailverliebte, faszinierende Welt einer historischen Epoche geschaffen. Wie gewohnt beeindruckend umfangreich, jedoch diesmal auch angenehm überschaubar – denn uns steht nicht ganz Japan als Spielplatz zur Verfügung. Wir erkunden die Mitte des Landes und dürfen die Regionen Harima, Iga, Izumi Settsu, Kii, Oumi, Tamba, Wakasa, Yamashiro, Yamato entdecken. Die historische Umgebung, wo sich Städte wie Osaka, Kyoto und Himeji etablieren, bietet viele aufregenden Aufgaben und traditionelle Einblicke. Meiner Meinung wird viel wert auf die japanische Kultur gelegt – so betet man an Schreinen, sucht Schriftrollen in Tempeln, meditiert mit Naoe und lässt ruhige Augenblicke auf sich wirken. Meine Lieblingsaktivität ist die sinnliche Sumi-e-Maltechnik, mit denen man die Tierwelt beobachten kann. Besondere Tierereignisse können jederzeit stattfinden, und dann gilt es, sich mit Ruhe anzuschleichen und mit Pinsel und Papier diese einzigartigen Momente festzuhalten. Von balzenden Ebern und fischenden Reihern bis hin zu schwimmenden Kois und schreckhaften Rehen lassen sich viele friedliche Szenen festhalten.
Wem das alles zu erholsam ist, kann sich mit Yasuke im berittenen Bogenschießen oder Kampfhaltungstraining versuchen. Außerdem warten zahlreiche Außenposten, Lagerhäuser und Burgen infiltriert zu werden. Highlight sind die über 30 detaillierten Festungen mit eigenen Layouts, mächtigen Samurai Daisho und legendärer Ausrüstung. Jede Burg bietet somit für Naoes Agilität als auch für Yasukes Kampfkunst optimale Möglichkeiten und Herausforderungen. In der gesamten Welt findet ihr also Aktivitäten die mit Ausrüstung, Kenntnispunkten, Ressourcen und Gegenständen für euer Versteck belohnt werden. Die ultimative Belohnung, von der ich gerne viel mehr gesehen hätte, ist natürlich mehr Story in Form von Flashbacks: Zu Beginn erfährt man bei einigen dieser Aktivitäten in Rückblicken mehr über die Vorgeschichte beider Charaktere. Eine tolle Umsetzung um Missionen mit starker Narrative, hochwertiger Inzsenierung und linearem Ablauf einzubringen. Ganz wie in alten Tagen, ohne der Open-World-Formel zu schaden.
Von allen Aktivitäten macht das Bogenschießen am meisten Freude, weil es auf Skill und nicht Quick-Time-Events basiert. Zusätzlich hätte ich mir noch ein zwei herausfordernde Aufgaben gewünscht, vielleicht Gegner die auf bestimmte Weise erledigt oder Kämpfe die in vorgegebener Zeit gewonnen werden müssen. Mit gemischten Gefühlen betrachte ich die Anzahl der verfügbaren Ausrüstungsplätze. Anstelle von fünf verschiedenen Outfit-Slots gibt es in Assassin’s Creed Shadows nur noch zwei: eine Kopfbedeckung und eine allgemeine Rüstung, ergänzt mit einem klitzekleinen Schmuckstück. Das Inventar ist so deutlich übersichtlicher, doch auf Kosten von krassen Kombinationen mit Set-Boni, wie sie in Odyssey und Valhalla möglich waren.

Assassins Creed Shadows Inventar
Entdeckerdrang mit Zeichenzwang
Meine absolute Lieblingsbeschäftigung in jeder Assassin’s Creed Welt ist das Synchronisieren von Aussichtspunkten – ein anspruchsvoller Aufstieg, gefolgt von einem atemberaubenden Ausblick, gekrönt durch den ikonischen Todessprung/Leap of Faith. In Shadows klettert man auf verfallene Pagoden, zeitlose Tempel und beachtliche Berge, die je nach Charakter mit einem spektakulären Sprung oder holprigen Hüpfer verlassen werden.
Leider wird der Entdeckergeist nicht ganz so gefördert. Ausgucke decken zwar die Karte nicht mehr komplett auf, markieren aber dennoch die üblichen Fragezeichen. Die Karte selbst wird nur dann sichtbar, wenn man sie selbst zu Fuß erkundet, doch am Ende läuft es darauf hinaus, die verzeichneten Symbole systematisch abzuklappern. Es wird weiterhin mit automatischen Markierungen gearbeitet, anstatt Spieler:innen durch phänomenale Art-Direction und immersive Hinweise dazu zu motivieren, die Welt eigenständig zu erkunden. Shadows bietet viel zu entdecken, aber erwartet nicht zu viel abseits des vorgegebenen Pfades – und das wortwörtlich: Aufgrund der bergigen, dicht bewachsenen Landschaft und der fehlenden Fähigkeit, jede Felswand zu erklimmen, ist es schwierig, querfeldein zu reisen. Hier kommt die Fährtensucher-Mechanik ins Spiel, eine präzise Linie die den Weg zum Ziel anzeigt.
Also komplett das Gegenteil was ich mir erhofft habe, denn wer sich zu sehr auf Anzeigen und Symbole konzentriert, übersieht die detailierte, grafische Pracht von Assassin’s Creed Shadows. Automatische Markierungen störten mich auch schon bei Witcher 3, woran sich Assassins Creed seit Origins orientiert hat. In Shadows hätte man sich ruhig am Wind von Ghost of Tsushima und der Freiheit von Zelda Breath of the Wild orientieren dürfen. Auch wenn die Erkundung nicht so innovativ und immersiv wie in diesen Spielen dargestellt wird, entfernt sich Shadows von der Reizüberflutung an Symbolen und Aktivitäten von Valhalla, und bringt wieder richtig viel Spaß ins Entdecken einer absolut beeindruckenden Welt.

Yasukes Date
Liebe zum Tier
Meine Lieblingsaktivitäten der RPG-Assassin´s Creed Spiele, das Jagen von Wild sowie legendäre Tierkämpfe sind aufgrund der japanischen Kultur und der Verehrung von Tieren nicht mehr Teil des Spiels. Stattdessen hat man eben die Möglichkeit, sie zu beobachten, zu malen und ihnen ein sicheres Zuhause zu bieten. Da ich Tiere liebe, habe ich damit kein Problem – aber ich hätte dennoch gerne einen einzigartigen Bären, einen sagenumwobenen Hirschen oder eine wildgewordene Affenbande bezwungen. In den ersten Momenten des Spiels war ich verwirrt, weil der edle Nobunaga ein erlegtes Wildschwein auf seinem Pferd heim bringt. Entweder hatte er einen heftigen Unfall oder er kommt gerade von der verbotenen Jagd zurück – naja wahrscheinlich ist die Jagd der noblen Gesellschaft vorbehalten. Legendäre Tiere, im Rahmen der Sumi-e-Maltechnik, sollen sich aber irgendwo auf der Karte verstecken – trotz eifriger Erkundung habe ich leider noch keine gefunden.
Events ohne Konkurrenz
Die Idee der World Events wurde etwas verändert und mit dem Zielmenü verbunden. In der ganzen Welt sind Ziele oder Informationen verstreut, auf die man beim Erkunden zufällig finden kann. Beim Besuchen eines Schreins bin ich – viel zu unterlevelt – auf den Rōnin* namens „Grabtänzer“ gestoßen. Er gehört zu einer Gruppe, die mir erst später von einem Priester aufgetragen wurde, ausfindig zu machen. Auf der Straße wird man gelegentlich angesprochen oder kann Menschen vor Banditen retten, was immer mit einer neuen Information der umliegende Region oder mit einem extra Späher belohnt wird. Vereinzelt gibt es auch einzigartige Begegnungen, etwa wenn man das Rätsel eines alten Mannes lösen, die Herkunft einer Muschel erraten oder die Suppe eines angehenden Kochs bewerten muss. Doch meistens trifft man auf die fünf Sekunden Rettungseinsätze, wodurch sich diese Ereignisse relativ schnell wiederholen. Besondere Ausnahmen sind fix platzierte Passanten oder Gegenstände, über die man zufällig stolpert oder gezielt suchen kann. Ob es zufällige Geistergeschichten im Dorf sind, die mit der Yōkai*-Aufgabe übereinstimmten. Gesprächige Wachen in der Stadt Kyōto*, über die einflussreiche Takahashi-Familie lästern. Oder zwei ängstliche Männer die sich über den gefährlichen Schwertkämpfer auf einer nahegelegenen Brücke unterhalten. Die Welt wirkt auf jeden Fall lebendig und steckt auch voller kleiner weniger interaktiver Details. Ob traditionelle Zeremonien im Tempel, Bauern die am Feld ackern, Flötisten die fröhliche Melodien spielen, Hunde und Katzen die gestreichelt werden müssen oder herumtollende Kinder – überall lasst sich etwas entdecken.
Zurückkehrend sind herausfordernde Bosse und ein Tunier. Zum Beispiel bieten die Schüler:innen von Yasukes Sensei eine gelungene Herausforderung ganz im Stil der Drengr-Kämpfe von Valhalla. Und wer sich schon gefreut hat dass die Schiebe- und Explosion-Rätsel Geschichte sind, sollte sich nicht in die Kofun-Gräber begeben. Glücklicherweise nicht mehr vor jeder Truhe in der Open-World anzutreffen, gibt es die unspektakulären Rätsel weiterhin in sehr abgeschwächter From.
* im Spiel wird der lange Vokal nach der älteren bzw. vereinfachten Art ins Deutsche übersetzt, „ō“ wird zu „ou“ > Rōnin – Rounin / Yōkai – Youkai / Kyōto – Kyouto

Kampf auf der Brücke
Das Schauspiel der Jahreszeiten
In Shadows ist nicht nur die Charakterauswahl wechselhaft, sondern auch das Wetter. Das neue Jahreszeiten- und Wettersystem hat direkten Einfluss auf den Spielablauf. Wie gewohnt gibt es einen Tag-Nacht-Zyklus, der diesmal in Kombination mit der Schatten-Mechanik einen erheblichen Einfluss auf das Schleich-Gameplay hat. Im Schutz der Nacht können hochgradige Stealth-Manöver ausgeführt werden, die im Tageslicht sofort auffallen würden. Und mit Shuriken lassen sich sogar manche Lichtquellen zerstören um noch mehr Dunkelheit zu schaffen. Doch die Herangehensweise hängt auch stark vom Wetter der vier Jahreszeit ab.
Im Winter befinden sich Wachen häufiger an Feuerstellen oder versammeln sich in Gebäuden. Bei heftigen Schneestürmen ist eure sowie die Sicht der Gegner eingeschränkt aber dafür hört man Eiszapfen fallen wenn man auf Dächern herumklettert. Im Sommer hingegen patrouillieren Wachen in einem größeren Radius, während blühende Sträucher und Büsche eine ideale Tarnung bieten. So kann man sich auch in kleinen Teichen verstecken, die im Winter zugefroren sind. Die Landschaft bekommt wiederholt eine völlig neue Atmosphäre, wodurch sich jeder Besuch bereits bekannter Orte aufs Neue lohnt – sei es durch eine schimmernde Schneedecke, prachtvolle Kirschblüten, satte Sonnenuntergänge oder bunte Baumwipfel.
Eine weitere Auswirkung der Jahreszeit macht sich bemerkbar wenn Naoe und Yasuke zu viel Ärger machen. Mit dem „Gesucht“-Status werden besonders starke Wächter die Verfolgung aufnehmen und jede Wache auf der Straße wird sofort angreifen. Sollten Feinde in Aussenposten also die Glocke läuten, kann man entweder zum Charakter mit der „weißen Weste“ wechseln oder abwarten, bis sich die Jahreszeit verändert und das Gebiet meiden. Ganz so effektiv und bedrohlich wie das Söldner-Systhem aus Odyssey ist das aber nicht.
Zittere wie Espenlaub!
Der Next-Gen-Charakter wird am deutlichsten durch die verbesserte Technik hervorgehoben. Dynamische Wetter- und Partikeleffekte – seien es die Blätter im Wind oder die Spuren im Schnee – sowie eine erweiterte Physik-Engine, die es ermöglicht, Bambus, Büsche, Kisten, Mauern, Türen und Zäune realistisch zu zerstückeln und zerstören, lassen die Welt unglaublich lebendig wirken. Grafisch ist es auf ebenso auf höchstem Level und steht anderen Spielen in nichts nach, setzt aber auch keine Maßstäbe.
Viele werden sich vielleicht über die Gesichter beschweren, die in Filmsequenzen deutlich verbessert wurden, aber im normalen Gameplay nicht das detailreiche Niveau erreichen, das im hyper-inszenierten Gameplay-Reveal gezeigt wurde. Sonst sind mir nur zwei Mängel aufgefallen: Die Spielfigur wirft keinen Schatten bei vielen Lichtquellen wie Lagerfeuer oder Laternen und dicke Schneedecken auf Dächern reagieren nicht auf Bewegungen. Das ist aber Meckern auf höchstem Niveau und fällt nur bei ganz genauem Hinsehen auf. Die Feuer-Physik der letzten Spiele wurde bewusst weggelassen: Pfeile können kein Feuer fangen, und Fackeln existieren nicht – aufgrund der überwiegend hölzernen und papierbasierten Architektur wäre die Umsetzung wahrscheinlich zu aufwendig und chaotisch gewesen.
Das Zwitschern in der Ferne
Hinzu kommt ein extrem hochwertiges Sounddesign: das Rascheln von Bäumen und Gräsern, wenn der Wind hindurchweht, begleitet vom Zwitschern der Vögel. Das Knarzen der Holzstufen im Tenshu einer Burg, während der strömende Regen auf die Dachziegel prasselt. Die belebte Atmosphäre in den Straßen eines Dorfes, untermalt vom beruhigenden Zirpen der Zikaden. Das Plätschern eines Bachs, vermischt mit dem fernen Heulen eines Fuchses – all diese Klänge und noch viel mehr tragen zur Immersion bei. Je nach Situation setzt zudem eine wundervolle musikalische Untermalung ein, die das japanische Flair perfekt unterstützt. Bei der Erkundung haben wir sanfte Töne mit traditionellen japanischen Instrumenten, während in manchen Kämpfen die Musik mit modernen Hip-Hop-Tracks gemixt wird, um die Spannung zu verstärken. Hervorzuheben ist der Remix von „Ezio’s Familie“, der sowohl durch seine Nostalgie-Wirkung als auch durch frische Musik-Ideen Gänsehaut hervorruft – insbesondere durch die orchestralischen Version.
MA 間 …wie schön
Im Japanischen gibt es ein Konzept: „MA“ – die Kunst des Zwischenraums. Der Raum zwischen Objekten oder Elementen, die Zeit zwischen Anfang und Ende. Es ist die Lücke, der Zwischenraum, die Pause – der negative Raum. Doch MA ist mehr als eine Leere – es ist der lebendige Raum dazwischen, eine aktive Präsenz, die beeinflusst, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und mit ihr interagieren. MA lehrt uns, dass nicht nur das, was da ist, zählt – sondern auch das, was nicht da ist. Es betont die Spannung und das Zusammenspiel zwischen den Objekten, anstatt sich nur auf die Objekte selbst zu konzentrieren. Wenn wir MA bewusst wahrnehmen, sehen wir die Welt nicht als überfüllten Ort, sondern als ein harmonisches Gleichgewicht aus Form und Leere. Es lädt uns ein, Stille und Zwischenräume nicht als Lücken, sondern als bewusste Bestandteile unseres Lebens zu schätzen.
Was hat das jetzt mit Assassin´s Creed Shadows zutun?
In Shadows wird das Konzept ein wenig unterstützt: Die Sumi-e Malerein und das Beten an Schreinen deuten darauf hin. Ganz besonders aber das Wechseln der Jahreszeiten. Eine kurze Sequenz die uns mit wundervoller Stille die Veränderung der Welt zeigt – mit frohen Farben, lieblichen Details und sinnlichen Klängen kehrt ein Moment der Ruhe ein. Ich versuche öfters in Videospielen einfach stehen zu bleiben und die Welt wirken zu lassen und freu mich dann kleine unscheinbare Details zu entdecken. Mit Assassin´s Creed Shadows hat das außerordentlich gut funktioniert: Sonnenuntergänge betrachten, an Wegkreuzungen rasten, langsam durch Felder schlendern, NPC & Tiere beobachten, dem Wind lauschen…. Nehmt euch Zeit um das MA in Assassin´s Creed zu entdecken.

Die vier Jahreszeiten
Ein Versteck für Idylle und Zweck
Shadows hebt die Idee eines eigenen Verstecks, die ursprünglich mit Assassin’s Creed 2 eingeführt und in Valhalla wieder aufgegriffen wurde, auf ein völlig neues Level. Erneut hat man die Möglichkeit, ein eigenes kleines Dorf zu verwalten und zu verbessern, sowie Verbündete und ihren Dienstleistungen willkommen zu heißen. Doch diesmal ist das Konzept erheblich erweitert – jeder kann sein/ihr eigenes Versteck individuell gestalten und nach eigenen Vorstellungen aufbauen.
Das Ganze erinnert ein wenig an Spiele wie Sims, Animal Crossing oder RollerCoaster Tycoon, denn es erlaubt uns, Häuser, Schreine, Pflanzen, Statuen, Dekorationen, Tierfreunde und vieles mehr kreativ auf einer blanken Baufläche zu platzieren. Dies stellt eine der auffälligsten und besten Verbesserungen im Vergleich zu den Vorgängern dar und bietet eine ganz neue beruhigende Art von Abwechslung. Mein Absolutes Highlight: Die Tiere die man in der Welt trifft, kann man als Haustiere in der Basis streicheln und bewundern.
Sobald das Dorf fertig geplant ist, kann man sofort darin herumlaufen und mit verschiedenen Elementen interagieren. Verbündete können im Dojo verbessert werden, im Stall finden alle eure Reittiere einen Rastplatz, in der Schmiede lässt sich Ausrüstung aufwerten und im Kakurega gibt es eine Übersicht zu saisonalen Aufgaben. Mit genug Ressourcen kann man noch viele weitere Gebäude mit hilfreichen Mechaniken errichten, wie die Galerie welche das Loadout-Feature bereithält. Um die nötigen Materialien für die ganzen Verbesserungen anzuschaffen, kann man die gewünschten Resourcen in Aussenposten markieren, welche dann am Ende einer Jahreszeit von Spähern ins Versteck geschmuggelt werden.

Aufbau des Verstecks
Aufbruch einer neuen Ära mit Assassin’s Creed Shadows
Der Animus-Hub ist ein moderner Zugang, um in die historischen Assassin’s Creed-Spiele einzutauchen. Dabei ist Shadows das erste Spiel, welches die vier Funktionen des Hubs einbindet:
- Erinnerungen (=Spieleauswahl): Hier sehen wir eine Übersicht der neuesten Assassin’s Creed-Abenteuer. Über eine Timeline können wir neben Shadows auch andere Spiele der modernen Ära auswählen, darunter Origins, Odyssey, Valhalla und Mirage. Habt ihr diese Spiele heruntergeladen könnt ihr sie auch aus diesem Menü starten – ob das Sinn macht sei mal dahingestellt.
- Projekte (=Missionen): In diesem Bereich erhält man Zugang zu regelmäßig neuen kostenlosen kleinen Missionen, gennant Anomalien. Diese werden mit Datenfragmenten belohnt um wiederum ein aktives Projekt voranzubringen. Projekte sind nichts anders als eine Reihe an fixen Belohnungen die nacheinander freigeschaltet werden. Neben Waffen und Ausrüstung kann man auch verschlüsselte Daten und sogenannte Schlüssel freischalten.
- Handelsplatz (=Belohnungen): Hier gibt es eine kleine Auswahl an Belohnungen die in Wochen und Tagesabläufen durchwechseln. Mit Schlüssel, der neuen In-Game-Währung, die auch in der Spielwelt von Assassin’s Creed Shadows verstreut zu finden ist, kann man hier zahlen. Diese Belohnungen sind sonst nur mit Echtgeld-Zahlungen im Helix-Store erhältlich.
- Tresor (=Story-Inhalte): Wer tiefer in die Modern-Day-Geschichte eintauchen möchte, kann hier Inhalte wie Textberichte sowie Audio- und Videodateien einsehen. Diese Inhalte werden durch die Erkundung in Assassin’s Creed Shadows und verschlüsselte Daten der Projekte freigeschaltet.
Der Animus-Hub soll sich mit zukünftigen Veröffentlichungen von Assassin’s Creed-Spielen stetig weiterentwickeln und zusätzliche Inhalte bieten. Eine optionale, kostenlose Möglichkeit, besondere Ausrüstung und Belohnungen zu erhalten. Leider hat sich meine Hoffnung, dass der Helix-Store (Echtgeld-Shop) dadurch abgeschafft wird, nicht erfüllt. Auch wenn ich es äußerst negativ sehe, dass der In-Game-Store weiterhin existiert, ist der Animus-Hub, wenn auch mit viel Geduld und Willenskraft verbunden, eine nette Alternative für jene, die ihr echtes Geld lieber sinnvoll investieren und so dennoch in den Genuss dieser kreativen Design kommen wollen. So hab ich mir gleich die „leichte Rüstung des Drachenbrüllens“ oder den niedlichen, rosaschimmernden „Sakura-Fuchs“ verdient, ohne die Deluxe Edition oder Packs im Helix-Store zu kaufen. Nur einen Wunsch hätte ich: Tägliche Missionen/Anomalien die mit Keys oder Datenfragmenten belohnt werden. Weil die vier unspektakulären Sammel-Missionen pro Woche recht leicht in unter 20 Minuten erledigt sind.
Ein bestehendes Problem
Dadurch besteht aber weiterhin das massive Belohnungsproblem von Assassin´s Creed. Zwar gibt es im Spiel coole und legendäre Ausrüstung zu finden, doch alles, was man in Japan entdeckt, wirkt eher schlicht im Vergleich zu den episch extravaganten Gegenständen aus dem Helix-Store. Die Open-World-Erkundung würde enorm davon profitieren, wenn man diese Items direkt im Spiel findet und sich an den Designs erfreuen könnte. Mit diesem Ansatz schadet sich Ubisoft selbst in extremer Weise. Indem sie quasi Inhalte vorwegnehmen und an den Echtgeld-Shop oder unspektakuläre Aufträge binden, machen sie ihr Abenteuer weniger wertvoll und berauben der Open-World einen Großteil ihres Potenzials.

Assassins Creed Shadows epische Items
Verbesserungen durch Verschiebung
Ursprünglich sollte Assassin’s Creed Shadows bereits im November des letzten Jahres erscheinen. Doch Ubisoft musste im vergangenen Jahr zunehmend Kritik für unfertige Veröffentlichungen einstecken. Technische Schwierigkeiten, Bugs und viele kleine Problemchen sollten Shadows nicht begleiten. Durch zwei Verschiebungen und vier Monate gewonnene Zeit, sind im fertigen Spiel deutliche Verbesserungen zu erkennen.
Basierend auf dem Feedback aus den Preview-Sessions sowie den Wünschen der Community wurden zahlreiche Anpassungen vorgenommen. Beispielsweise sind die Animationen im Parkour und im Kampf nun geschmeidiger. Symbole der Charaktere wurden auf den jeweiligen Ausrüstungsgegenständen hinzugefügt, um Verwechslungen zu vermeiden. Der Akira Kurosawa Schwarz-Weiß-Filter welcher bei Fähigkeiten einsetzt aber vielen Fans missfällt, soll in einem zukünftigen Update deaktivierbar sein. Außerdem ist nach großer Nachfrage ein „Neues Spiel+“ Modus in Arbeit. Für die transparente Kommunikation und schnelle Reaktion hat sich Ubisoft einen gewaltigen Pluspunkt verdient!
Ein Lichtblick aus dem Schatten?
JA… sogar ein lang ersehnter Sonnenschein!
Assassin’s Creed Shadows ist eine überraschend frische Erfahrung, die sich von der bisherigen RPG-Formel gut unterscheidet – insbesondere von der chaotischen Designphilosophie von Assassin’s Creed Valhalla. Die japanische Welt ist beeindruckend und reich an Details. Die Geschichte nimmt sich Zeit, probiert neue Dinge und hat dabei eine angenehme Länge. Mit der Wiederkehr von richtigen Blockbuster-Missionen, kommt man dem großen liegengebliebenen Potential einer fesselnden Erzählung etwas näher. Seit Langem kommt in einem Assassin’s Creed-Spiel endlich wieder das besondere Assassinen-Feeling auf. Dank ineinandergreifender Mechaniken ist das Gameplay – besonders das Schleichen – extrem fesselnd. Nicht ohne Grund habe ich in nur vier Tagen ganze 50 Stunden in dieser faszinierenden Welt verbracht.
Auch wenn Shadows nicht die erhoffte Revolution darstellt, bietet es eine herausragende Evolution. So läutet es eine neue, hoffnungsvolle Ära für das Franchise ein – eine frische Erfahrung, die auf der bekannten Essenz aufbaut, vieles verbessert, aber auch noch paar Mängel aufweist. Die Assassin’s Creed Spiele basieren auf fünf zentralen Säulen: Erkundung, Geschichte, Kampf, Parkour und Stealth. Im Laufe der Jahre wurden immer wieder neue Ideen zur Formel hinzugefügt, doch in all diesen Kernbereichen bleibt immer noch Luft nach oben. Besonders im Parkour kann noch viel verbessert werden und in der Erkundung müssen innovative & immersive Ideen her.
Assassin’s Creed Shadows Wertung
Assassin’s Creed Shadows ist das beste Ubisoft Spiel seit langem und zählt für mich zusammen mit Origins zu den besten Spielen der modernen Assassin’s Creed-Ära. Meine persönliche Wertung der Spiele:
- Origins – 9 (ein toller neuer Beginn)
- Odyssey – 8,5 (mehr mit neuen Ideen)
- Valhalla – 7 (ein chaotischer Versuch ohne Ziel)
- Mirage – 7,5 (falscher Weg Richtung Ursprung)
- Shadows – 9 (extrem gelungener Lichtblick für eine neue Ära)
Ich bin gespannt, was die Zukunft von Assassin’s Creed noch bringen wird – sei es der lineare Horror-Fokus von Codename Hexe, das gemunkelte Wiederaufleben der glorreichen Piraten im Black Flag Remake oder das ambitionierte Project Nebula, das gleich drei verschiedene Schauplätze bieten soll; das Reich der Azteken, den Mittelmeerraum und Indien.
Guter Beitrag, ich bin schon gespannt auf das Spiel, die Frage ist nur, wann ich es mir holen werde.
Ich bin auf jeden Fall froh, dass sie sich Mühe gegeben haben und die extra Zeit sinnvoll genutzt haben. Jetzt brauchen sie nur noch genug Verkäufe, damit Ubisoft nicht noch mehr finanzielle Probleme bekommt, denn auch wenn ich einiges, was Ubisoft macht nicht unbedingt optimal finde, viele ihrer Spiele machen mir dennoch Spaß.