Helden made in Austria: Austrian Superheroes Band 1 und 2 im Review
Von der Ansage, dass ich mir eine neue Comicreihe made in Österreich ansehen darf, war ich erst einmal entgeistert. Ich vermutete eine unsäglich schundhafte Produktion, ähnlich gewisser Wahlcomics. ASH – Austrian Superheroes habe ich damit mehr als Unrecht getan!
Sagenhafte Superhelden!
…fristet der ehemalige Supersoldat Alfred Kogler in einer Kleingartensiedlung ein Mundl’esques Super-Proleten-Dasein
Das neue Comic Universum ASH kann schon etwas vorweisen – Ein erfolgreiches Crowd-Funding, ein vielversprechender Auftritt auf der ersten Vienna Comic Con, 1700 Fans auf Facebook, das ist für eine österreichische Graphic-Novel Reihe schonmal sehr bemerkenswert.
Doch wer sind diese Austrian Superheroes -kurz ASH – eigentlich? Da wäre zum einen der namentlich etwas plump anmutende Captain Austria Junior. Dahinter verbirgt sich der junge Student Kurt Kogler, der damit hadert, seine Crime-Fighter Aktivitäten mit seiner akademischen Karriere unter einen Hut zu bringen.
Und wo es einen Junior gibt, kann natürlich auch ein Senior nicht weit sein! Obwohl: Da Entfernung grade in Wien immer in Erreichbarkeit mit Öffis gemessen wird, lebt der Captain a.D. am AdW. Seine Karriere, die mit Hilfe der Amis im vierfach besetzten Wien startete, ist längst Vergangenheit und so fristet der ehemalige Supersoldat Alfred Kogler in einer Kleingartensiedlung ein Mundl’esques Super-Proleten-Dasein in Jogginghose begleitet von absolut „ned deppertem Bier“!
… der ziemlich wortkarge Bürokrat, der mit Paragraphen und Amtsschimmel um sich schmeißt
Auch eine Art unglaublicher She-Hulk gehört zu den Austrian Superheroes. Wo Captain Austria Senior ein Abziehbild Captain Americas darstellt, ist Lady Heumarkts Ursprung vom grünen Gammastrahlen-Giganten Hulk abgekupfert. Ganz klassisch aß das von der Familie Svoboda adoptierte Waisenmädchen Irene eine zufällig verstrahlte Erdbeere. Weil das ihren bisher sehr zierlichen Körper anschwellen und sehr muskulös werden lässt, entschließt sich Irene, die sich fortan Anna Schwarz nennt, beim Heumarkt Catchen Karriere zu machen – die Geburtsstunde von Lady Heumarkt.
Dann wäre da noch das Donauweibchen, deren Origin-Story noch aussteht, sich aber ohne Zweifel auf eine Wiener Sage über die Schutzpatronin der Donaufischer bezieht und der ziemlich wortkarge Bürokrat, der mit Paragraphen und Amtsschimmel um sich schmeißt! Ziemlich lustig und passend!
Ernsthafter Wiener Schmäh!
Die Austrian Superheroes bewahren dadurch eine gute Portion Integrität
Austrian Superheroes macht keinen Hehl daraus, sich an den großen amerikanischen Comic-Multiversen zu orientieren. Warum auch? Immerhin sind Graphic Novels aus dem Hause Marvel und DC ein internationaler Verkaufsschlager. Positiv sei auch anzumerken, dass die Hefte gelegentlich Wiener Schmäh, Dialekt und Redensarten einbauen. Das ist aber sehr dosiert eingesetzt und deshalb geht die Ernsthaftigkeit nicht flöten.
Die Austrian Superheroes bewahren dadurch eine gute Portion Integrität, wodurch man sich sie auch auf internationalem Parkett nicht für die heimische Produktion fremdschämen muss. National freuen sich die geneigten Österreichischen Comicfans vor allem aber auch über die Bezugnahmen auf bekannte Orte, Personen und Vorgänge in den Panels.
Sei es die Kleingartensiedlung Wasserwiese die Ubahn-Station Schottenring/Universität, die Blutgasse, das für den Telefonbuchreißer „Big Otto“ Wanz (in Austrian Superheroes heißt er Bodo Kranz) bekannte Heumarkt-Catchen, einen Seitenhieb auf den in Wien gedrehten Orson Welles Klassiker Der Dritte Mann und den dazugehörigen Kanalisationsabschnitt und und und. Mit genügend Wissen um die Vorgänge in Wien, erfreut dieser Lokalkolorit Herrn und Frau Österreicher besonders! In der dritten Ausgabe gehts übrigens nach Graz 🙂
Austrian Superheroes – das Fazit für Band 1 und 2:
Deafs noch a bissal mehr sein? Ja bitte! Die anfängliche Skepsis, die ich hatte, ist – nach etwas genauerer Beschäftigung mit Wiener Sagen, Geschichten und Personen – einer tatsächlichen Euphorie gewichen. Ich will Nachschlag und zwar noch ein paar Deka an Ausgaben von Austrian Superheroes – die nur 36 seitigen Ausgaben bieten mir viel zu wenig Fleisch für meinen Hunger!
Dass die Zeichner sich in der Origin Story von Captain Austria Senior beispielsweise gestalterisch an der Golden Era der amerikanischen Comics orientieren finde ich sehr gelungen. Die Schreiber hingegen sollten sich nach den abgekupferten Ursprungsgeschichten vom Hulk und Captain America aber für die weiteren Helden doch ein paar eigene Stories überlegen, denn sonst wird diese Plagiat-Orgie doch irgendwie peinlich.
Gut finde ich wiederum, dass die Autoren in manchen offenen Panelen viel Spekulationsraum und Möglichkeiten bieten, welche Platz für Twists und Background bei den einzelnen Charakteren bieten. Ist Captain Austria Senior ein KZ Häftling gewesen, ist Captain Austria Junior ein Hipster und vielleicht sogar schwul? Ist der konservative Proleten-Papa etwa deshalb so enttäuscht vom Filius? Wie kommt der Bürokrat, der nur in Vergehen und Amts-Deutsch spricht zu seinen Kräften? All das wird in hoffentlich vielen weiteren Ausgaben noch geklärt. Ich wünsche es mir! Die Austrian Superheroes des könnt wos wea’n ned nur in Wien!