Cyberpunk 2077 Test (PS4): Episches Rollenspiel der Zukunft
Mit Cyberpunk 2077 erschien zu Weihnachten 2020 das wohl meisterwartetste Spiel der letzten Jahre. Was euch mit der PS4-Version so alles erwartet, lest ihr hier! Hier geht es zur offiziellen Website des Spiels.
Ich habe Cyberpunk 2077 auf meiner PS5 getestet, was heißt, dass ich in Wahrheit zum Jahreswechsel 2020/2021 die PS4 Pro-Fassung gespielt habe. Zum Test der PlayStation 5-Konsole geht es übrigens gleich hier – eine tatsächliche, für die PS5 optimierte Fassung des Spiels wird CD Projekt Red in den nächsten Monaten (übrigens genauso wie für The Witcher 3 – hier geht’s zum Test) via Update nachreichen. Anhand der Unruhen in sozialen Medien wissen wir, dass vor allem die Konsolenversion im Vergleich zur PC-Version besonders fehleranfällig sein sollte – ich habe die Version 1.06 getestet. Ohne weitere Umschweife geht es nun los mit dem Review!
Worum geht’s in Cyberpunk 2077?
Am Anfang steht natürlich die Charaktererstellung. Cyberpunk 2077 gibt euch die Möglichkeit, einen Avatar von Kopf bis (fast) Fuß zu erstellen, Stimme (männlich/weiblich), Schambehaarung und Geschlechtsteile (auf Wunsch auch ohne) inklusive. Eurer Fantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt, viele Details lassen sich sehr fein einstellen und miteinander mischen. Nur bei der Größe und beim Gewicht gibt es keinen Regler, ihr seid immer in Normalgröße und ziemlich fit unterwegs. Wer also mit einem unter- oder übergewichtigen Protagonisten hätte spielen wollen, hat hier keine Chance. Da sich das Spiel aber größtenteils in der Egoperspektive abspielt, werdet ihr von eurem Charakter ohnehin nicht sehr viel zu sehen bekommen.
Das Geschehen von Cyberpunk 2077 spielt sich in Night City ab, einer Metropole im Jahre 2077. Hier hat die Zukunft Einzug gehalten, und es ist an der Tagesordnung, sich selbst Implantate einsetzen zu lassen. Die Menschen sind es gewöhnt, ihre Sinne und Fähigkeiten mit Technologie zu erweitern – von den Augen angefangen bis hin zu den Beinen gibt es nichts, was man nicht verbessern oder verändern könnte. Wer sich dieser Entwicklung verweigert, endet höchstwahrscheinlich als Mönch in einem Kloster und predigt den Niedergang der Menschlichkeit. Doch der absolute Großteil der Masse hat sich mit der Technik angefreundet und lebt dementsprechend.
Willkommen, V
Ganz egal, wie euer Avatar aussieht, im Spiel wird er oder sie immer „V“ genannt. In einer Nebenquest schnappt ihr kurz einmal auf, wofür V steht, bevor euer Avatar sofort eingreift und meint, nur wahre Freunde dürfen diesen Namen benutzen. Beim Erstellen eurer Spielfigur dürft ihr euch für eine von drei Hintergrundgeschichten entscheiden – entweder seid ihr den Nomaden zugehörig, ein Streetkid von der Straße oder aber ihr beginnt euer Cyberpunk 2077-Erlebnis in einem Konzern. Die ersten Spielstunden unterscheiden sich dann voneinander, bis ihr zu einem gewissen Punkt kommt. Das stellt in gewisser Hinsicht das Tutorial im Spiel dar, das euch auf die nächsten Stunden vorbereitet.
Da Cyberpunk 2077 ein Rollenspiel ist, gibt es natürlich verschiedene Attribute wie Konstitution, Intelligenz, Reflexe, Technische Fähigkeit und Coolness. All diesen Attributen sind verschiedene Fertigkeiten untergeordnet, so steht Coolness (oder auch Nervenstärke) etwa in direkter Verbindung mit euren Stealth-Fähigkeiten. Konstitution bestimmt, wie stark ihr im Nahkampf austeilen oder einstecken könnt, und die Technische Fähigkeit ist für eure Hacking-Skills unabdinglich. Dieses Hacken von technischen Hilfsmitteln ist am ehesten mit Magie aus dem Fantasy-Reich zu vergleichen, so könnt ihr im Kampf Feinde erblinden lassen, sie umpolen und mehr. Aber auch außerhalb einer Schlacht ist es in einer fortschrittlichen Stadt wie Night City immer nützlich, gut mit Computern umgehen zu können.
Night City schläft niemals
Die hypertechnologisierte Night City bietet gewaltigen Komfort. So könnt ihr Schnellreisepunkte an einigen Straßenecken verwenden, Delamain-Taxis brausen dank künstlicher Intelligenz unfallfrei (?) durch die Gegend und eure eigenen Autos kommen auf Wunsch bis auf wenige Meter bis zu euch, egal wo ihr seid. Night City ist in verschiedene Distrikte aufgeteilt, und es gibt teils erhebliche Unterschiede zwischen den Stadtteilen. Die Badlands sind eine einzige Müllhalde, die Arasaka Waterfronts sind tiptop aufgeräumt und der Cherry Blossom Market wiederum versprüht einen einzigartigen, asiatisch angehauchten Flair. Es macht wirklich Spaß, in Cyberpunk 2077 auf Erkundungstour zu gehen, weil die Stadt und sämtliche Umgebungen so liebevoll gestaltet wurden und trotz aller Widersprüche auch gut im Konglomerat zusammenpassen.
Der Verdienst, warum die Stadt so groß geworden ist, geht zweifelsohne an große Konzerne. Arasaka und Militech gehen da allen voran, und es scheint, als würden diese Konzerne auch bei der Politik mitmischen. Solche Themenbereiche werden immer clever an euch vorbeigeschleust, und wer gut aufpasst, bekommt das aus manchen Gesprächen oder News-Beiträgen durchaus mit. Da ihr euch in viele Geräte einhacken könnt, die auch nur im Entferntesten wie ein PC oder Tablet aussehen, habt ihr so wahlweise auch Zugriff auf persönliche E-Mails und mehr. Das ist für den Spielablauf zwar so gut wie nie wirklich relevant, für das gesamte Drumherum und die Immersion in Cyberpunk 2077 ist das aber oft äußerst interessant.
Ein bisschen Vokabular
Cyberpunk 2077 kommt frisch aus der Zukunft, und deshalb ist es sinnvoll, sich mit der Welt des Spiels ein wenig vertraut zu machen. Sprachlich hat sich die Welt auch ein wenig gewandelt, denn egal, welche Sprache ein Charakter spricht, dank Technologie (Simultanübersetzung, yay!!) versteht jeder jeden. Ein Wort wie Choom oder Choomba bedeutet etwa „enger Freund“ bis hin zu „Familie“, und Scav beziehungsweise Scavs (kurz für Scavenger) wird im Game eher für Abschaum denn als dem heute gebräuchlichen Müllmann benutzt. Da mit diesen Begriffen schnell um sich geworfen wird, ist es ganz gut, vorab zu wissen, womit man es zu tun hat. Selbst, wenn alles andere noch einsteigerfreundlich ist, diese Begriffe machen schnell klar, dass man sich tatsächlich in einem anderen Universum befindet.
Auch spannend ist der Aufbau von wichtigen Gebäuden. Natürlich muss es einen Sicherheitsdienst geben, und jemanden, der in Zeiten des Hackens die gesamte Elektronik wie Überwachungskameras und mehr überwacht. Egal, ob man sich nun aktiv Zugriff auf Computer verschaffen will oder jemanden davon abhalten möchte, dieser Vorgang wird Netrunning genannt. Netrunner gehören mitunter zu den mächtigsten Personen in Cyberpunk 2077 – klar, wer die Kontrolle über Implantate oder technologische Geräte hat, ist nun mal mächtig. Da sich aber in so gut wie jedem Körper diese Implantate und technischen Helferlein befinden, könnte ein Netrunner eine Person binnen Sekunden ausschalten. Es zahlt sich also aus, durchaus ein paar Punkte in euer Technische Fähigkeit-Attribut zu investieren!
Jetzt aber: Das Gameplay
Cyberpunk 2077 ist zu Beginn ein sehr geführtes Spiel, da ihr euch an eine Bezugsperson heftet und langsam an alle Spielmechanismen gewöhnt werdet. Erst nach ein, zwei Wendungen der Story beginnt das Spiel „so richtig“, und von da an ist Night City so offen, wie es nur geht. Allerdings gibt es verschiedene Stadtteile, und natürlich gibt es wo stärkere und wo schwächere Widersacher. Wenn ihr euch also auf eigene Faust aufmacht und die Stadt erkundet, kann das schnell in einer bösen Überraschung enden. Jedes Mal, wenn ihr bei einem Nebenquest vorbeigeht oder fahrt, ruft euch ein Questgeber (in Night City als Fixer bekannt) an und gibt euch Details. Anfangs ist das ungewohnt, und ihr fühlt euch, als würden euch die ständigen Calls überfordern. Das Journal ist allerdings geduldig, und so füllt ihr eure To-Do-Liste stetig.
Ähnlich wie in einem GTA-Teil gibt es nur wenige Grenzen dessen, was ihr tun und lassen dürft. Sperrt das NCPD etwa einen Bereich, solltet ihr tunlichst draußen bleiben – sucht ihr aber einen Kampf, dann rein mit euch. Genauso warnen euch Passanten, wenn ihr aus großer Höhe runterspringen möchtet, ihr solltet vor diesem Sprung lieber schnellspeichern! Ist euer Avatar kräftig genug, lassen sich Passanten auch aus Autos rauszerren, und wenn ihr viel technische Fähigkeit besitzt, ist kein Computer und keine Überwachungskamera in ganz Night City vor euch sicher. Coole Figuren haben kein Problem, sich überall durchzuschleichen und gewisse Dinge zu mopsen, ihr müsst nur sicherstellen, dass euch dabei niemand sieht – Kameras und automatische Geschütztürme zählen zu euren nervigsten Widersachern.
Metal Gear V
Apropo Schleichen: Ähnlich wie in der Metal Gear Solid-Reihe seht ihr in eurer Mini-Map rechts oben sowohl die Position als auch den Sichtbereich der Gegner rund um euch. Das wird in Cyberpunk 2077 ganz einfach mit Technologie erklärt, und zwar auch so, dass es Sinn macht. Schleicht ihr euch dann ungesehen von hinten an, könnt ihr die Widersacher packen und dann entscheiden, wie ihr weiter vorgeht. Ob ihr sie an Ort und Stelle unschädlich macht oder zunächst anderswo hinschleift, ist vollkommen euch überlassen. Nicht nur das, ihr könnt die Leute entweder töten oder bewusstlos schlagen – ideal, wenn ihr eher zu den Pazifisten gehört. Damit dann niemand misstrauisch wird, empfiehlt es sich, die Körper zu „entsorgen“ – Müllcontainer bieten sich grandios dafür an, und Aufräumen macht im echten Leben nicht so viel Spaß!
Sollte aber doch einmal jemand eurer Anwesenheit gewahr werden, könnt ihr immer noch in den Kampf ziehen. Hier gilt wieder: Cyberpunk 2077 setzt euch so gut wie keine Grenzen. Ob ihr nun mit nichttödlichen, stumpfen Waffen wie Stahlrohren oder Gorilla-Armen in den Nahkampf zieht, Leute mit euren Netrunning-Fähigkeiten kurzschließt oder anzündet, Feinde mit einem Scharfschützengewehr aus der Ferne ausschaltet, Smartwaffen mit zielsuchenden Projektilen einsetzt, mit Mantis-Klingen (denkt an die versteckte Klinge in Assassin’s Creed) jemanden niedersäbelt, eine Schrotflinte zum Einsatz kommt oder ihr einfach ein messerscharfes Katana zieht, alles ist euch zu jeder Zeit selbst überlassen. Natürlich probiert man anfangs alles aus und kommt in den ersten Stunden darauf, womit man persönlich besser klarkommt.
Die Quests in Cyberpunk 2077
Es gab schon einige Vorschusslorbeeren, nachdem CDPR mit Witcher 3 die wohl besten Nebenquests der Welt gestaltet hat. Nachdem dann herauskam, dass für diese Nebenquests gerade mal zwei bis drei Personen verantwortlich waren und man für Cyberpunk 2077 dieses Personal aufgestockt hat, haben sich Fans voll darauf gefreut. Was darf ich berichten? Es ist dem Team hinter dem Spiel tatsächlich gelungen, noch eins draufzulegen. Es gibt wieder coole Entscheidungsmöglichkeiten bei den Hauptquests, die sich natürlich allesamt anders spielen und teils erst viel, viel später wirkliche Konsequenzen zeigen. (Nur zur Info: Man sieht sich fast immer zwei Mal im Leben, oder so.) Aber auch die Nebenquests in Cyberpunk 2077 haben es teils gehörig in sich, und wer sich in die Cyberpunk-Welt einlässt, erlebt so einiges.
Was haben die Fans bei The Witcher 3 über die Quest des roten Barons und die Möglichkeiten der Konsequenzen geschwärmt – nun, hier ist es so, dass es fast Standard ist. Ihr habt fast immer eine Option, einen anderen Weg als den ursprünglich gewählten zu gehen oder auch AuftraggeberInnen zu betrügen. Allerdings hat jeder in Night City Dreck am Stecken, und oft geht ihr den Weg des geringsten Widerstands. Die Questgeschichten (abgesehen von den immer gleichen NCPD-Aufgaben, nämlich Verbrecher zu schlagen) haben manchmal weniger Unterhaltungswert, und manchmal bleiben sie euch lange im Kopf haften. Auch, wenn ich Cyberpunk 2077 noch nicht durchgespielt habe, so fallen mir auf Anhieb jetzt nach über 30 Stunden Spielzeit schon drei bis fünf Quests ein, die mich positiv wahnsinnig überrascht haben.
Mechanismen im Spiel
Damit es in Cyberpunk 2077 nicht allzu langweilig wird (die Gefahr besteht ohnehin kaum), könnt ihr euch mittels Hacken einen Vorteil verschaffen. Dies gilt sowohl im als auch außerhalb eines Kampfes, so verdient ihr euch entweder einige Eddies „gratis“ dazu, kommt an versteckte/verschlüsselte Informationen oder macht euch gewisse Kämpfe um einiges leichter. Ein Mini-Game (Breach-Protokoll) gibt euch einmalig Zugang, was ein wenig mit Logik zu tun habt. Ihr müsst gewisse Sequenzen in einem Raster finden, wie etwa 1C, 55, E9 – und dann spielt ihr schon an der Software herum. Das Logikspiel wechselt bei jeder Wahl von einer horizontalen Auswahl in eine vertikale, und dann wieder zurück – das gilt es zu beachten. Habt ihr das verinnerlicht, ist keine technologische Ausstattung in Night City mehr vor euch sicher!
Aus dem Cyberpunk-Universum hat es auch der Braindance ins Spiel geschafft. Diese sind im Prinzip Aufzeichnungen aus dem Leben einer Person, die diesen BD aufnimmt – eigentlich wie ein Video, nur auf Steroiden. Ihr seht nämlich nicht nur das, was die Person durch ihre Augen und ihre Sinne aufgenommen hat (ja, Porno-BDs sind ein Ding in Cyberpunk 2077), sondern mit einem Editor all das, was das Implantat aufgenommen hat. Da sich der Braindance dann in visueller Ebene, der Audio-Ebene und thermalen Messungen ansehen lässt, kann dies teilweise sehr aufschlussreiche Informationen liefern. Kein Wunder, dass ein solcher Braindance sehr gut als Beweismittel, aber auch als Zeitvertreib genutzt werden kann. Diese werden euch jedenfalls öfter unterkommen und erinnern an Connor in Detroit: Become Human.
Eine Spielwiese für euch
CDPR hat mit Cyberpunk 2077 eine coole offene Welt geschaffen, in der ihr eure Cyberpunk-Fantasien selbst ausleben dürft. Ob ihr nun sämtliche Nebenaufgaben lösen möchtet (20 Tarot-Karten finden und scannen, ernsthaft?) oder strikt durch die Hauptquest marschieren wollt, hier gibt es so gut wie keine Limits. Verschiedene Auftraggeber belohnen euch auf ihre ganz eigene Weise, und es ist nur natürlich, für sich selbst die meisten Eddies (die Währung im Spiel, Eurodollar) herausschlagen zu wollen. Ob sich dafür jetzt aber eher Loyalität und Ehre auszahlen, oder ihr lieber jeden betrügt, der euch unter die Finger kommt, ist wie immer euch überlassen. Es ist wie im wahren Leben: Ihr dürft größtenteils tun, was ihr wollt – ihr müsst halt nur mit den daraus entstehenden Konsequenzen leben, und das macht CDPR ein weiteres Mal richtig gut.
Dazu zählen auch die Dialog-Optionen, die V in Gesprächen wählen kann. Mal trotzig, mal staubtrocken und mal richtig mitfühlend redet ihr mit den Charakteren, und alle sprechen darauf unterschiedlich an. Es macht richtig Freude, mit manchen Personen anders zu verfahren und zu schauen, ob das Eindruck schindet – aber passt auf, denn alle rund um euch beobachten eure Taten. Nicht alles läuft bierernst ab, und das beweisen kleine Anspielungen an Serien wie Portal (zum Review – hi, GlaDOS) oder Captain Tsubasa (zum Review – genauer die beiden Spieler Hajime Taki und Ramon Victorino), solche kurzen Sequenzen sind immer wieder aufzufinden. Das hebt bei erfahrenen SpielerInnen und MedienfreundInnen die Laune und Spielfreude um das gewisse Etwas und zeigt, dass CDPR sich nicht zu schade für Humor ist – super!
Version 1.06: Unfreiwilliger Humor
Passend zum Stichwort muss man auch kleinere Bugs erwähnen. Diese haben mein Spielerlebnis nicht im Geringsten gestört, sondern eher noch verstärkt! Dabei geht es um einige kleine grafische Glitches, wie etwa ein Tablett, das mitten im Raum schwebt, aber ohne KellnerIn darunter. Genauso habe ich mit einer wichtigen NPC-Dame gesprochen, die mir in einem Drehstuhl sitzend die nächste Quest erklärt hat. Ich schwöre, ich habe gut zugehört, aber dennoch war ich abgelenkt, da die gute Frau eine 360-Grad-Umdrehung nach der anderen hingelegt hat. Bonuspunkt: Auch das Heimkino hat das mitbekommen, und dementsprechend kam ihre Stimme mal direkter und mal rein über den Hall zu mir.
Bei einer Konvoi-Fahrt in den Badlands mit etwas größeren Gefährten wurde ich von meinen Kameraden gnadenlos verunfallt. Ein Kollege fuhr mit einem Laster, ich mit einem adretten Racer, und ehe ich es mich versah, gab es zwei, drei Kollisionen, ehe mich der Laster plötzlich wie ein Zug, der ein Auto am Bahnübergang mitnimmt, an der Seitentür einfach mittransportiert hat. Es war nicht möglich, mich aus diesem Umstand zu befreien, also kam ich zwar cineastisch spektakulär, aber dennoch wohlbehalten am Questziel an. Generell ist das Fahren und das Befolgen der Straßenregeln etwas, das die NPCs in Cyberpunk 2077 noch lernen könnten, vielleicht hilft da ja ein zukünftiger Patch weiter, wer weiß?
Die Technik von Cyberpunk 2077
Was die Optik und den Sound angeht, so kann ich Cyberpunk 2077 und CDPR nur Rosen streuen. Schon die PS4 Pro-Variante, die ich hier vor mir habe, sieht wirklich gut aus, und in Verbindung mit einem 5.1-Heimkino (oder einem besseren Soundsystem halt) kommt so richtig Stimmung auf. Die Stadt namens Night City lebt förmlich, und die Umgebungen sind grandios – so gut, dass ihr euch nach einer Weile auch so zurechtfindet. Große Gebäude und gewisse Kreuzungen bleiben einfach in eurem Kopf, und selbst einzelne Apartments wie etwa euer eigenes könnt ihr nach ein paar Spielstunden auch ohne Kartenanweisung finden. Die hochkarätigen SprecherInnen (Kevin Spacey! Keanu Reeves! Ty Burrell!), sowohl in der deutschen wie auch in der englischen Fassung, sind grandios und bringen das Gefühl der jeweiligen Situation so richtig gut rüber.
Bei der Steuerung braucht es zweifelsohne ein bisschen Eingewöhnungszeit, bis ihr Cyberpunk 2077 komplett genießen könnt. Aber hat man sich erst einmal an den voll belegten Controller gewöhnt, ist es eigentlich nur sinnig, wie die Belegung aussieht – auf Wunsch könnt ihr sie aber auch selbst in den Optionen ändern. Jede Waffe, wenn ihr euch auf den Fernkampf fokussiert, fühlt sich anders an: Smartwaffen zielen so gut wie von selbst, Schrotflinten werdet ihr sowieso aus der Nähe abfeuern und ein Scharfschützengewehr bietet euch selbst mit Analogsticks große Präzision. Mir persönlich macht es dennoch am meisten Spaß, Parkour zu betreiben, schnell Distanzen zu den Gegnern zu überwinden und ihnen anschließend meine Meinung mit Gorilla-Fäusten zu sagen – sehr effektive Überzeugungstaktik!
Performance auf der PS5
Ganz ehrlich, als ich die ersten Spielstunden mit Cyberpunk 2077 auf der PS5 verbracht hatte, fragte ich mich schon, wo da noch Verbesserungspotential herrscht. Auf einem Full HD-Bildschirm läuft das Game butterweich mit 60 Bildern pro Sekunde, die Texturen sind knackscharf, die Lichteffekte spiegeln sich galant über den Screen und selbst Effekte wie Bewegungsunschärfe oder Körnung sind alles überhaupt kein Thema – sehr eindrucksvoll. Nochmal zur Erinnerung: Derzeit ist das Spiel „nur“ für PS4 erhältlich, sprich, das ist eine PS4 Pro-optimierte Variante, die ich mittels Abwärtskompatiblität auf meiner PS5 spiele. Daher kann ich auch noch keine Aussagen über die Einbindung der DualSense-Vibrationsfunktion oder ähnliches treffen, da das Game einfach noch nicht weiß, dass es auf einer PlayStation 5 läuft.
Die Version 1.06 ist aber dennoch mit einigen Abstürzen behaftet. Wie ein guter Spieletester freue ich mich natürlich über jeden Absturzbericht, Screenshot und Videobeweis, den ich Sony und CDPR übermitteln darf, aber für jemanden mit weniger Geduld kann das ein Ausschlusskriterium sein. Etwa alle zwei Stunden stürzte bei mir Cyberpunk 2077 ab, viel Spielfortschritt ging allerdings niemals verloren – bestenfalls eine bis zwei Minuten pro Absturz, wenn überhaupt. Der Großteil der Crashes war immer, wenn ich eine längere Fahrt mit einem Auto oder Motorrad durch mehrere Stadtteile abgeschlossen hatte, manchmal beim Aus- oder Absteigen, und manchmal auch mitten während der Fahrt. Weitere Patches werden das zweifellos in den Griff bekommen, aber zum Zeitpunkt der Version 1.06 fällt das leider noch ein wenig störend auf.
Fazit: Reift hoffentlich wie ein guter Wein
Der Titel dieses Reviews lautet „Episches Rollenspiel der Zukunft“ – das ist nicht nur für das In-Game-Jahr 2077 zutreffend, sondern auch auf den Zustand der PS4-Version bisweilen. Wir wissen, dass der Start für das Game nicht der beste war, auch Ubisoft und Bethesda können ein Lied davon singen, wie schwer Open-World-Spiele bugfrei zu bekommen sind. CDPR hat aber halbwegs schnell reagiert und binnen eines Monats das Spiel auf Version 1.06 gebracht. Wer sich erinnert: Auch bei The Witcher 3 kann man Version 1 absolut nicht mit der heutigen Version vergleichen! Mittlerweile ist die PS4-Version sehr gut spielbar, bis auf die ab und an auftretenden Abstürze und kleinere visuelle Bugs. Abgesehen davon wüsste ich aus dem Stand ehrlich nicht, wo eine PS5-optimierte Version überhaupt auch nur ansetzen sollte.
Das Spiel läuft butterweich auf 60 Bildern pro Sekunde, die Texturen sind scharf, die Effekte schön und das Game präsentiert sich jetzt schon von seiner besten Seite. Mir gefallen Spiele, die euch die Konsequenzen eures Tuns präsentieren, und in Cyberpunk 2077 passiert dies nicht immer auf dem Silbertablett. Die Story hinter V ist jedenfalls solide, die Entscheidungsfreiheit, wie ihr was angeht, liegt immer bei euch und ihr könnt mit so gut wie jedem Ansatz weiterspielen. Ihr fühlt euch immer mächtig, und die Immersion in diesem gewaltigen Cyberpunk-Spektakel reißt einfach nicht ab. Zumindest so lange, wie ihr keinen Absturz-Screen oder einen urkomischen visuellen Bug findet – solange das noch der Fall ist, ziehe ich einen Pixel von der Wertung ab. Wir können gespannt sein, was in den nächsten Monaten aus Cyberpunk 2077 noch wird!