Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today (PC) im Test
Daedalic Entertainment macht nicht nur Adventures, sie publishen diese auch. Weshalb in Kooperation mit dem kleinen Entwicklerteam Fictiorama Studios das sehr interessante und düstere Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today erschienen ist. Ob der spannende Mix aus Mistery und Thriller für ein gutes Spiel ausreicht und ob Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today sogar mit Genregrößen, wie der Deponia-Trilogie oder Der Fall John Yesterday mithalten kann, kläre ich in diesem Test.
Unbekannte Dystopie
Wolken, Rauch, ein abstürzendes Flugzeug, eine gewaltige Explosion mit einem gleißenden Blitz – und plötzlich erwacht Michael aus seinem vermeintlichen Alptraum. Leider muss der Hauptcharakter des Spiels schnell einsehen, dass die Realität kaum besser ist. Er befindet sich in einem Flüchtlingscamp, das von der Regierung als Gefangenenlager zweckentfremdet wird. Zudem hat er sein Gedächtnis verloren, weshalb ihn die BewohnerInnen dieses Endzeit-Szenarios als „Gelöschten“ bezeichnen. Die große Welle, eine gigantische Explosion, deren zerstörerische Ausmaße Michael kaum begreifen kann, hat unter den wenigen Überlebenden schwere neurologische Schäden hinterlassen. Durch den in Videospielen gerne verwendeten Kniff des Gedächtnisverlusts, tappt man als SpielerIn im Dunkeln, wodurch es sehr leicht fällt, sich mit Michael zu identifizieren und in dessen Lage zu versetzen. Quasi gemeinsam entdeckt man so erst nach und nach die grausamen Geheimnisse dieser Welt.
Die Zerflossenen
Eines dieser Geheimnisse sind die „Zerflossenen“, Menschen die von einer Seuche befallen sind und unter furchtbaren Schmerzen leiden, da diese „schmelzen“, bis nur noch Blut übrig bleibt. Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today nimmt sich bei der Handlung kein Blatt vor den Mund und zeigt immer wieder den Terror und die Gewalt, die die neue Weltordnung beherrschen. Dabei werden aber Gewaltszenen nicht aus Selbstzweck stumpf eingesetzt, sondern regen die SpielerInnen an, nachzudenken und zu reflektieren. Die Story bietet zudem von Anfang an viele Facetten, die Michael und somit auch mir vollkommen unverständlich sind und deshalb die Neugier wecken. Trotz ein paar Logiklücken möchte man jeder Zeit wissen, wie es weitergeht, warum Michael von merkwürdigen Visionen geplagt ist, wie die Seuche um die Zerflossenen ausbrechen konnte und was mit dieser Endzeitwelt noch geschehen wird.
Regt die Fantasie an
Die Handlung bleibt durchgehend spannend, endet aber nach fünf Stunden mit einem Cliffhanger. Das verleiht Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today einen fahlen Beigeschmack, da noch nicht sicher ist, ob ein zweiter Teil realisiert werden kann. Außerdem sei noch erwähnt, dass die oben beschriebenen Vorkommnisse meist nicht inszeniert sind, sondern in sehr langen (5-10 minütigen) Dialogen mit anderen Menschen besprochen werden. Dabei findet immer wieder sehr gelungenes und pointiertes Foreshadowing statt, weshalb sich aber viel in der Fantasie der SpielerInnen abspielt und nicht in einem Atcionfeuerwerk abgefeiert wird. Auch die Animationen sind sehr minimalistisch und sehen bei vielen Bewegungen hölzern aus oder wurden sogar gänzlich weggelassen. Dies schadet dem Spielspaß aber kaum, meist kann man über diese Kleinigkeiten problemlos hinwegsehen. Gerade für ein Team, das aus nur drei Leuten plus einem Grafiker besteht, wurde technisch aber sehr solide gearbeitet. Schön auch, dass Daedalic das Potenzial erkannt hat. Denn die Lokalisation mit ihrer sehr stimmigen Sprachausgabe ist äußerst gut gelungen.
Logikrätsel
Neben dem Gefangenenlager und einer Stadt trifft man auf viele weitere, sehr schön gezeichnete Screens, die durch ihren einfachen, aber düsteren Stil, eine bedruckende und stimmige Atmosphäre erzeugen. Leider sticht hier negativ hervor, dass manchmal entscheidende Hotspots (trotz Hilfsanzeige) im Hintergrund untergehen und deshalb leicht übersehen werden können. Dafür sind die Rätsel allesamt logisch – es gibt keinen sinnlosen Brecher. Für Adventure-Veteranen dürften einige davon zu leicht ausgefallen sein. Der Drang mehr vor der packenden Story erfahren zu wollen, ist in Dead Synchronicity: Tomorrow Comes Today aber ohnehin weit stärker als das Rätselraten.
Fazit
Ich möchte hiermit ein großes Lob an Fictiorama Studios aussprechen: Mit einem nur dreiköpfigen Team hat man ein sehr schönes, rundes und vor allem erwachsenes Adventure geschaffen, dass an die goldene Ära der Adventures in den 90ern erinnert. Durch die fehlende Manpower müssen Fans zwar kleinere Abstriche in Kauf nehmen, erhalten dafür aber eine fantastische Geschichte, die neugierig macht und mit schwierigen Themen sehr smart umzugehen weiß. Einziger Wermutstropfen bei der Story ist das offene Ende. Aus diesem Grund hoffe ich, dass Daedalic dem kleinen Team auch für einen zweiten Teil das Vertrauen ausspricht und wir schon bald eine Fortsetzung durchleben dürfen.