Dreckig sollen sie sein – das MXGP3 Review
MXGP3 ist das Motocross-Game des italienischen Entwicklerstudios Milestone, das bestens für Rennsimulationen auf zwei Rädern bekannt ist. Sowohl die straßentauglichen Rennhummeln, welche Valentino Rossi zu Weltruhm verhalfen, als auch die geländegängigen Dreckschleudern, für die die österreichische Marke KTM bekannt ist, wurden und werden vom Studio bestens in Szene gesetzt. In der aktuellen Ausgabe der Motocross-Version darf weder genüsslich durch den Dreck gesprungen werden.
MXGP3 – Aller Anfang ist schwer
Das Siegertreppchen scheint zu Beginn des Spiels noch in sehr weiter Ferne. Als Neuling müsst ihr euch erst mit dem sehr direkten Handling der Zweiräder anfreunden. Was soviel bedeutet wie Crash, Crash und Abflug in die Absperrung. Ein zu locker sitzender Gasfinger und übermäßiges Einlenken bei Haarnadelkurven sorgten in meinen ersten Runden für mehrere Abflüge. Das kann ganz schön frustrierend werden. Mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl gestaltet sich die Lernkurve aber ziemlich steil und dem ersten Sieg der Saison steht nichts mehr im Weg.
Siege sind das Um und Auf einer Motocross-Karriere. Damit lassen sich neue Sponsorenverträge an Land ziehen und damit kommt Geld ins Haus. Dieses braucht ihr, um eure Maschinen auf dem neusten Stand zu halten und mit allerlei Gimmicks auszustatten. Das betrifft zum Einen rein äußerliche Faktoren, wie zum Beispiel Radnaben oder Griffe in verschiedenen Farben und zum Anderen, und viel wichtiger, die inneren Werte eures Bikes. Ich verpasste meiner MX2-Maschine aus dem Hause KTM mit dem ersten verdienten Geld gleich einen Akrapovic-Auspuff. Das brachte mehr Leistung und einen neuen Sound, mit dem ich meine Nachbarn ordentlich nervte.
Die Unreal Engine bringts
MXGP3 ist ein riesiges technisches Reservoir für Motocross-Begeisterte. Mehr als 75 offizielle Motorradmarken und über 300 Komponenten sorgen für Abwechslung. Leider fehlen dem guten Paket ein paar Einzelteile, um zu einem sehr guten zu werden. Das betrifft nicht die Motorengeräusche oder die Optik der Bikes und Strecken. Dank der Unreal Engine sieht MXGP3 richtig gut aus und kann sogar mit Partikeleffekten wie Staub, der von den Hinterrädern aufgewirbelt wird, aufwarten. Einziges Manko der schön nachgebauten Strecken sind die Bereiche abseits der Piste. An manchen Stellen werde sie zwar von ZuseherInnen oder Werbebannern gesäumt, insgesamt herrscht aber Fadesse. Umso erfreulicher, dass sich die Strecke mit jeder Runde und je nach Wetter anders präsentiert. Was optisch nach wenig aussieht, wirkt sich dennoch auf die Fahrphysik aus. Kurven wollen behutsamer gefahren werden, sonst legt sich euer Fahrer schon mal wenig ästhetisch in den Dreck.
Mittelmäßiges Profil
Um solche zeitfressenden Ausrutscher zu vermeiden, muss mittels der beiden Sticks des Controllers fleißig gearbeitet werden. Während der linke Stick für die regulären Lenkbewegungen zuständig ist, lässt sich der Fahrer zusätzlich mit dem rechten Stick kontrollieren. Feingefühl vorausgesetzt, bringt das in manchen Kurven den nötigen Drive und muss, vor allem bei erhöhtem Schwierigkeitsgrad, regelmäßig eingesetzt werden. Das bedeutet nicht, dass ein Sieg auf Simulationsniveau unmöglich wird, der Spielraum für Fehler ist dann aber deutlich eingeengt. Das gilt insbesondere auch für die stärkeren Bike-Modelle. In der MXGP-Klasse, in der mit 450ccm-Modellen gefahren wird, erfordert die erhöhte Geschwindigkeit erheblich mehr Geschick mit dem Controller. Zu starkes Einlenken oder ein zu später Bremspunkt und schon rückt der Platz am Podest in weite Ferne. Entscheidend ist dabei aber lediglich der Speed, an den grundsätzlichen Fahreigenschaften ändert sich kaum etwas.
450ccm oder 250ccm – Der Speed macht den Unterschied
Für den Fortschritt eurer Karrieren sind die Einstellungen der Rennoptionen sehr wichtig. Wer einfach nur Rennen fahren möchte, ohne Rücksicht auf Qualifying und dergleichen, wird einen sehr geringen Multiplikator für den Prestige-Wert haben. Erhöht ihr aber zum Beispiel die Rundenanzahl, fahrt ein komplettes Wochenende mit Qualifying-Session und Rennen oder ändert die Wetterverhältnisse, dürft ihr euch schon mal über 200% Punkte freuen. MXGP3 bietet also sowohl etwas für gelegentliche Motocross-Ausflügler als auch für beinharte Bike-EnthusiastInnen. Beide Parteien kommen auf ihre Kosten.
Fazit – Nur die Blecherne
Milestone hat vieles richtig gemacht und mit MXGP3 ein gelungenes Motocross-Game auf den Markt gebracht. Lizensierte Fahrer, Strecken und Bikes, jede Menge Teile für Tuning-Fans und verschiedene Spielmodi laden zum gepflegten Hüpfen im Dreck ein. Ein sehr wichtiges Element fehlt mir aber und das ist für ein Motorsportspiel entscheidend: der Fahrspaß.
Im tristen Alltag verschiedenster Rennspiele bringt das Motocross-Thema zwar etwas Erfrischendes, dennoch fühle ich mich nicht ins Renngeschehen hineingezogen. An mangelnder Begeisterung fürs Thema liegt das sicher nicht, schließlich setze ich mich in meiner Freizeit sehr gerne selbst auf ein ordentliches Bike. Es ist schwer auszumachen, was Milestone hätte anders machen müssen. Vielleicht ist es das verwinkelte Menü, durch das ich mich vor jedem Rennen klicken muss, oder doch der für meinen Geschmack langweilige Soundtrack. Dabei gäbe die Motocross-Szene genügend her, solch ein Spiel ordentlich zu inszenieren.