Dungeons of Hinterberg Test: Breath of the Persona Valley
Games aus Österreich bekommen selten größere Releases, was allein schon Grund genug wäre, um einen Blick auf Dungeons of Hinterberg zu werfen. Unsere Neugier hat Entwickler Microbird aber bereits 2021 durch erste ansprechende Bilder auf der Plattform X (vormals Twitter) geweckt.
Als erstes Spiel des 2020 in Wien gegründeten Studios ist Dungeons of Hinterberg ein äußerst ambitioniertes Projekt. Österreichischer Tourismusflair, von Alpenmythologie inspiriertes Monster- und Bossdesign, Open World Erkundung, Sozialsimulation im Bergdorf und Hack & Slash Action – Studiogründer:innen Regina Reisinger und Philipp Seifried nehmen sich viel mit ihrem Team vor. Dazu kommt ein schicker cellshaded Artstyle in vier verschiedenen Biomen, verschiedene Skillsysteme, Equipmentmanagement und mehr.
Dungeons of Hinterberg ist ab sofort für Xbox Series X|S und Steam verfügbar und außerdem ab Day One im Microsoft Game Pass enthalten.
Hier unser Slay-Aprés Bericht aus Hinterberg!
Zeit für eine Slay-cation
Unser Name ist Luisa. Wir sind eine junge Anwältin in einer namhaften Kanzlei in Wien und verfolgen unseren Traum davon, als Rechtsanwältin erfolgreich zu sein und für Menschen einen Unterschied zu machen. Wir sind allerdings noch neu in unserem Job. Frisch von der Uni ist der Stress der Abschlussprüfungen noch nicht verflogen, da stellen wir uns bereits den neuen eiskalten Wassern, in die man im Berufsleben nur allzu oft geworfen wird.
Wir tun unser Bestes, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden, aber bald wird klar, dass eine Auszeit dringend nötig ist. Zeit für einen Urlaub in Hinterberg und ein – wie die Broschüren versprechen – unvergesslichen Erlebnis.
(c) Microbird Games
Denn Hinterberg ist kein gewöhnliches Bergdorf in den österreichischen Alpen. Es ist nicht Mal lediglich ein Bergdorf mit atemberaubenden alpinen Kulissen. Denn in Hinterberg existiert Magie. Seit sich 25 Portale zu 25 Dungeons geöffnet haben, ist das Land und die Ortschaft von Magie durchzogen und Alt und Jung kommen von weither, um die Wunder Hinterbergs zu erkunden und die 25 Dungeons zu bezwingen.
Doch schnell zeigt sich, dass nicht alles Schneeweiß ist, was magisch strahlt und die Dungeons dringend bezwungen werden müssen. Denn hinter den Kulissen der Idylle geht so einiges vor und Luisa wird schnell in eine schlichte Story verwickelt, die allerdings klare Aussagen macht und sich als Österreicher:in vertraut anfühlen. Der Kontrast zwischen Fortschritt und Tradition sowie Tourismus und stiller Harmonie sind dabei Thema. Die Herausforderung dahinter, dem Druck unserer modernen Welt standzuhalten und dabei auf das eigene Wohl zu achten.
(c) Microbird Games
Die Story und die Charaktere von Dungeons of Hinterberg erfinden keine neuen Räder, aber sie erinnern uns daran, dass all die Arbeit, der Stress und jeder Lauf im Hamsterrad des Alltags sich nur dann lohnen, wenn am Ende noch Zeit übrig bleibt, um zu leben. Das Spiel des österreichischen Studios zeigt uns auf, wie wichtig es ist, gelegentlich die Pause-Taste zu betätigen und die Magie des Lebens wahrzunehmen.
Ein Benchmark-Cuvée
Dungeons of Hinterberg vereint viele Aspekte von Fan-Favourite Spielen ins ich. Grob lassen sich drei Säulen erkennen, auf denen das Spiel des Wiener Studios aufbaut:
- Erkundung – In vier verschiedenen Biomen sind insgesamt 25 Stück der Namensgebenden Dungeons verstreut, die es zu finden gilt, bevor man sie bestreiten kann. Dazu ist nicht nur Neugier sondern auch ein gewisser Fortschritt der Story sowie die Anwendung der je nach Biom unterschiedlichen zwei magischen Fähigkeiten nötig. Aber dazu weiter unten mehr.
Dieser Aspekt erinnert uns an: The Legend of Zelda Breath of the Wild, Final Fantasy, God of War - Dungeoncrawling – Hat man dann eines der Dungeons gefunden, gilt es, ans Ende zu gelangen, wo – ganz im Stil eines klassischen Wander-Gipfelbuches – ein Stempel auf uns wartet, der das Ausgangsportal aktiviert. Auf dem Weg dorthin stellen wir uns diversen Monstern im Kampf und lösen Rätsel, die kreativen Einsatz der magischen Fähigkeiten erfordert, die in jedem Biom variieren.
Dieser Aspekt erinnert uns an: The Legend of Zelda Schreine generell, Persona - Socializing – Ist man gerade nicht nicht dabei ein Dungeon zu suchen oder zu bestreiten, verbringt man seine Zeit im charmanten Alpendorf Hinterberg und lernt sowohl Lokaleinwohner als auch diverse Touristen kennen. Doch geht es dabei nicht rein um Unterhaltung! Jede(r) der farbenfrohen sehr unterschiedlichen Charaktere hat ein Freundschaftslevel, bei dessen Steigerung verschiedene Upgrades, Skills und Equipment freigeschalten werden. Außerdem steigert die Interaktion eines der vier Attribute, die wiederum natürlich Einfluss auf die Effizienz unserer Protagonistin haben.
Dieser Aspekt erinnert uns an: Persona, Stardew Valley
(c) Microbird Games
Wie also funktionieren diese drei Säulen im Detail und wie arbeiten sie miteinander? Sehen wir es uns im Einzelnen an!
Erkundung – Not all those who wander are lost
Nach einer kurzen Unterhaltung mit einem der NPCs beim morgendlichen Kaffee in der Herberge, wählt man jeden Tag die Region bzw. das Biom, das man an diesem Tag erkunden möchte. Dort macht man sich auf die Suche nach den Portalen zu den insgesamt 25 Dungeons, trifft öfter auf die Freunde, die man in Hinterberg macht und findet natürlich auch das ein oder andre Geheimnis.
(c) Microbird Games
Anfangs steht dabei natürlich nur das Anfangsgebiet Doberkogel zur Auswahl, doch die anderen drei Biome Hinterwald, Kolmstein und die Brünnelsümpfe werden mit Fortschritt der Story recht zügig freigeschalten – vielleicht sogar etwas zu rasch. Wir haben uns kaum in Doberkogel umgesehen und uns mit den Kampf- und Equipmentsystemen vertraut gemacht, da steht uns auch schon der Hinterwald und bald darauf der Kolmstein frei. Auch die Brünnelsümpfe lassen nicht lange auf sich warten. Einerseits hat man so bereits früh mehrere Optionen und mehr Abwechslung. Andererseits fühlen sich die Unlocks so weniger nach Fortschritt an.
Die vier Biome sind völlig unterschiedlich und sehen alle erfrischend aus. Während wir am Doberkogel klassische Almwanderungen mit leichten Gipfelwanderungen unternehmen, spazieren wir im Hinterwald durch Gebirgstäler mit herbstlichen Wäldern. Am Kolmstein bietet sich uns hochalpine, schneebedeckte Gipfelstürmer- und Skisport-Kulisse und in den Brünnelsümpfen erkunden wir mit dem Kajak Inseln und Ruinen. Die Brünnelsümpfe sind das einzige Biom, das sich für uns nur bedingt „typisch österreichisch“ angefühlt hat. Mit dem Kajak herumpaddeln macht aber so Spaß, dass wir ein Auge zudrücken.
(c) Microbird Games
Der wichtigste Unterschied der Biome – neben dem abwechslungsreichen Ambiente – sind aber die zwei magischen Fähigkeiten, die von Biom zu Biom unterschiedlich sind. So beschwört ruft man am Doberkolm einen Bombenball und hat einen magischen Laserstrahl mit denen man Barrieren springen und entfernte Schalter betätigen kann. Im Hinterwald hingegen beschwört man einen kleinen Wirbelsturm der Gegenstände aber auch Luisa heben und transportieren kann und betreibt Windsegel mit kleinen Windstößen, die man wirft. Hier zeigt sich bereits, wie gut Microbird mit simplen Mechaniken äußerst abwechslungsreiche Puzzles gestalten kann. Doch mehr dazu in den Dungeons!
Dungeoncrawling – Kein Schrein, wie der andre
Ihr habt The Legend of Zelda Breath of the Wild gespielt? Ihr mochtet die Schreine mit ihren Mechanik-basierten Puzzles? Ihr hättet euch dennoch ein wenig mehr Dungeon-Feeling mit dem ein oder andren Scharmützel zwischendurch gewünscht? Dann seid ihr bei Dungeons of Hinterberg goldrichtig.
(c) Microbird Games
Die Dungeons bestehen stets aus diversen kleinen und größeren Puzzles, die sich der jeweiligen magischen Fähigkeiten des aktuellen Bioms bedienen. Oftmals ist dabei etwas laterales Denken oder ein wenig Kombinationsgabe gefragt – ein oder zwei Mal, mussten wir in den späteren Dungeons sogar etwas kniffeln. Zur Auflockerung wirft Microbird immer wieder kleinere oder auch schwierigere Kämpfe in den Mix, um uns flink auf den Füßen zu halten. Insgesamt finden wir die Kreativität und Vielseitigkeit der Dungeons beeindruckend! In jedem Biom andre magische Fähigkeiten, die in vielen der Dungeons auf neue Arten angewendet werden. Wir haben uns bis zuletzt auf jedes Dungeonabenteuer gefreut.
Darüber hinaus gibt es in jedem Biom einen Boss, den es zu bezwingen gilt. Die jeweiligen Dungeons müssen meist erst durch Storyfortschritt oder ausgiebige Erkundung entdeckt werden und jeder Bosskampf bedient sich erneut der jeweiligen magischen Fähigkeiten. Auch hier hat Microbird viel von den Legend of Zelda Spielen gelernt und macht die Kämpfe von der Suche nach den Dungeons bis hin zum Bosskampf selbst stets zu einem tollen Erlebnis!
(c) Microbird Games
Übrigens ist auch das Design der Dungeons bei weitem nicht auf trieste Kerker und dunkle Höhlen beschränkt, sondern wirft oft sämtliche Gesetze der Realität über Bord und bietet aufregende und spektakuläre Anblicke. So war es uns ein riesen Genuss, die ersten Slayer zu werden, die ihr Stempelbuch vor allen andren voll bekommen. Doch wer sind eigentlich unsere Konkurrenten?
Socializing – Euer Weg zum Hinterberg VIP
Für viele Menschen dient die Zeit in der Natur, um alleine mit sich selbst zu sein und die eigene Mitte zu finden – und auch das, könnt ihr bzw. Luisa in Dungeons of Hinterberg an manchen Stellen tun. Dennoch sind die wahre Belohnung natürlich die Freunde, die wir entlang des Weges gemacht haben und so ist die Interaktion mit andren Slayern von weither sowie mit lokalen Promis und Otto und Anna Normalbürger:in essentiell für den Fortschritt des Spiels.
(c) Microbird Games
Hier haben sich die Wiener Entwickler einiges von Spielen wie Persona und Stardew Valley abgeschaut. Nach der täglichen Erkundungstour steht es uns frei, wie und mit wem wir unsere Abende verbringen. Dabei bieten sich einige Solo-Aktivitäten wie ein Kino- oder Spabesuch an, die Luisa reflektieren und eines der vier Attribute leicht steigern lassen. Lohnenswerter und deutlich interessanter allerdings, sind die Abende, die man mit einem der vielen charmanten NPCs verbringt.
Hier ist die Fülle an Charakteren so groß, dass man am Ende des Spiels nicht die Zeit hatte, alle Beziehungen auf das maximale Level zu bringen. Unsere Zeit will also wie im echten Leben weise eingeteilt sein. Dennoch sind wir dabei einfach unserem Bauchgefühl gefolgt und haben Charaktere wie Marina, die Studentin aus Sevilla, die ihren Sommer in Hinterberg verbringt und abends beim Kiosk arbeitet oder Gertrude, die ältere Dame, die schon ihr ganzes Leben lang Urlaub in Hinterberg macht, besser kennengelernt und es nicht bereut. Je höher das Beziehungslevel mit einem Charakter, desto mehr Upgrades werden freigeschalten. Und – Bauchgefühl hin oder her – hier lohnt ein Blick in Luisas Tagebuch, das uns verrät, welche Upgrades wir von wem bekommen.
(c) Microbird Games
Neben den speziellen Upgrades wie zB einer Frühstücksoption für einen HP oder MP Boost, die Marina uns ab dem maximalen Beziehungslevel bietet, erhöhen sich durch unsere Abendaktivitäten auch unsere Attribute. Luisa levelt mit der Zeit ihre Familiarity, Reknown, Relaxation und Amusement auf. An einigen Stellen im Spiel ist ein gewisses Level in einem der Attribute nötig, um neue Wege oder Storyfortschritt freizuschalten. Auch Items, die beispielsweise Attacke-Boni basierend auf der Höhe eines Attributs geben, kann man etwas später im Spiel freischalten.
Insgesamt sind die bunt gemischten Charaktere sehr charmant und kombiniert mit den Upgrades freut man sich immer darauf, abends ein wenig an Luisas Equipment oder Attributen zu feilen und dabei mehr über Renault den Profi-Slayer oder die launische Teenagerin Thea zu erfahren.
Servas die Slayer!
Ganz im Spirit einer alpinen Wandertour hat sich Microbird hohe Ziele gesteckt, die sie in ihrem ersten Spiel Dungeons of Hinterberg beeindruckend erreichen! Ist alles perfekt? Natürlich nicht. Einige Animationen sehen steif und künstlich aus, alle Charaktere haben den selben breitbeinigen Gang, ein paar der Puzzles sind etwas fummelig und das Währungssystem ist nicht balanciert. Anfangs mussten wir ständig auf neues Equipment sparen, später waren wir stinkreich aber fanden die besten Items und reichlich Potions ohnehin in den Dungeons und brauchten unser Geld nicht mehr.
An keiner Stelle erfinden die Wiener Entwickler das Rad neu, sondern bewegen sich in bekannten Gewässern. Allerdings fühlt sich das dank der sehr kreativen Anwendung simpler Mechaniken und bekannter Game-Systeme eher wie eine Stärke an. Erfahrene Spieler:innen werden sich schnell zurechtfinden und können das einzigartige österreichische Ambiente und die smarten Puzzles und schrulligen Charaktere genießen. Auch optisch bietet Dungeons of Hinterberg so Einiges und der farbenfrohe cellshaded Look erfreute uns über die gesamt 19 Stunden, die wir für alle Achievements brauchten.
(c) Microbird Games
Sicherlich kann man an der ein oder anderen Stelle feilen und wir hätten uns manchmal auch ein wenig mehr Herausforderung gewunschen. Allerdings sei zu erwähnen, dass wir eine frühe Beta-Variante gespielt haben und Microbird sicherlich noch Feinabstimmungen vornehmen wird.
Insgesamt hat uns Dungeons of Hinterberg in seinen Bann gezogen und wir sind bereits gespannt, was das Wiener Studio als nächstes bringt (fingers crossed für Dungeons of Venedig).
Dungeons of Hinterberg ist ab sofort für Xbox Series X|S und PC erhältlich und läuft übrigens auch super auf dem Steam Deck!