Enchanted Portals Test (PS5): Eifert Cuphead nach, aber…
Das Zwei-Mann-Unternehmen Xixo Game Studio will mit Enchanted Portals dem großen Cuphead nacheifern. Ein bisschen fehlt aber!
Über Enchanted Portals
Der Reiz von kniffligen Plattformern hat schon etwas, das haben diverse Metroidvanias wie Ori and the Will of the Wisps oder auch Cuphead gezeigt. Vor allem mit einem unverwechselbaren Artstyle bewaffnet will auch Enchanted Portals diese Welle nutzen und schickt euch auf ein Abenteuer mit den Nachwuchsmagiern Bobby und Penny. Sie sitzen nämlich zwischen den Dimensionen fest und müssen durch verschiedene Welten reisen, um sich in ihre eigene Welt zurückzukämpfen, ihr Zauberbuch zurückzubekommen und schlussendlich wieder zu Hause sein zu können. Der kooperative 2D-Plattformer bietet laut offizieller PS5-Seite einen ganz eigenen Kunststil, klassische Musik und komisch-skurrilen Einlagen.
Natürlich ist neben einem Einzelspielermodus auch ein Koop-Modus mit von der Partie, und so könnt ihr euch einer Sammlung von herausfordernden Levels stellen, die in einer Vielzahl von Welten und Dimensionen spielen. Federführend und sehr markant sind dabei die Bosskämpfe, die ihr dabei erlebt: Eine ganz eigene Kulisse sowie mehrere Bossphasen zeichnen Enchanted Portals dabei aus. Damit nicht genug, ihr werdet von Anfang an mit einer Vielzahl an Zaubern und Aktionen ausgestattet. Feuer-, Eis- und Windmagie stehen euch so wie ein Doppelsprung und ein Ausweichmanöver zur Verfügung. Fiese Statuseffekte wie etwa eine Sprungeinschränkung oder das Verhindern eurer Angriffe stellen zusätzliche Herausforderungen dar und erhöhen die Schwierigkeit zusätzlich! Interesse bekommen? Das Spiel sieht wie folgt aus:
So beginnt das Spiel
So viel zur offiziellen Beschreibung des Titels, und nun widmen wir uns dem tatsächlichen Spielgefühl in Enchanted Portals. Nach einer äußerst kurzen Introsequenz, die euch zeigt, wie Bobby, Penny und eine süße Katze in eine fremde Welt gezogen werden, steht ihr schon im ersten Level. Kein Tutorial, keine Einführung, ihr werdet kurzerhand ins Spiel gestoßen. Sehr befremdlich ist, dass ihr zwar Anzeigen in Form von Schildern findet (hier springen, hier angreifen), aber es fehlt der Indikator, welche Taste am Controller dafür verantwortlich ist. Das mag bei einem Spiel, das nur zwei oder drei Tasten verwendet, noch halbwegs verschmerzbar sein, doch dieser Titel ist nicht so. In diesem PS5-Game benötigt ihr nahezu jede Taste im Spiel, und das noch dazu regelmäßig.
Während ihr mit den Richtungstasten die Art eurer Magie zwischen Wind, Feuer und Eis durchwechselt, könnt ihr mit der Dreieck-Taste ein Ausweichmanöver starten. Die Kreis-Taste ist für einen kurzzeitigen Schild verantwortlich, wohingegen ihr mit der Quadrat-Taste eigene Angriffe startet. Mit gehaltener R1-Taste könnt ihr euren Charakter am Boden stehen lassen und zielt dann ausschließlich mit dem Analogstick in eine von acht Richtungen. X ist für den Sprung und Doppelsprung verantwortlich, und wäre das noch nicht genug, könnt ihr bei einer vollen Energieleiste mit R2 in einen besonders starken Angriffsmodus wechseln. All eure Projektile werden so stärker und richten mehr Schaden an, aber nur für eine äußerst begrenzte Zeit – danach gilt es wieder, auf das Vollwerden der Leiste zu warten. Enchanted Portals ist von der Controllerbelegung her kein einfacher Titel.
Die Levels in Enchanted Portals
Natürlich ist das Spiel auch nicht einfach, was den Rest angeht. Denn die eben erklärte Steuerung wird euch nicht per se erklärt, sondern ihr findet das Mapping im Bereich Optionen. Es wäre schon ganz zugänglich gewesen, wenn die Steuerung im Zuge eines ersten Levels erklärt wird, aber hey. So, wie es die Tradition gebietet, müsst ihr euch vor den Bosskämpfen immer durch einzelne Stages kämpfen. Eure Reise beginnt etwa im Wald, wo ihr euch durchschlagt, bis ihr zum nächsten Abschnitt, eine Art Schloss-Hotel, gelangt. Jedes Sterben bringt euch wieder zum Anfang des besagten Levels, und einen Checkpoint gibt es nicht. Auch, wenn die süße Katze euch mit ihrer 50 %-Flagge winkt und sagt, dass ihr die Hälfte der Stage geschafft habt: Lasst euch nicht täuschen und sterbt nicht!
Fast alle Feinde werden mit Farben hinterlegt, und das bedeutet, dass rote Feinde nur mit Feuer, blaue Feinde nur mit Eis und grüne Feinde nur mit Wind zu erlegen sind. Trefft ihr sie mit einer anderen Magie-Art, wird der Schaden mit einem Schild einfach weggeblockt. Feinde ohne Hintergrundfarbe lassen sich mit allen erdenklichen Möglichkeiten zur Strecke bringen, davon gibt es allerdings nicht viele. Enchanted Portals nutzt viele Ausreden, um euch zum Ausweichen und Doppelspringen zu bringen, und ihr müsst auch stets zwischen euren Magie-Arten wechseln, um voranzukommen. Denn wenn ihr einen Speedrun versucht und einfach weiterlauft, ohne Gegner zu besiegen, flutet sich schon bald der gesamte Screen mit Feinden, was in einem sicheren Tod resultiert. Es heißt also, geduldig und Schritt für Schritt alles zu besiegen, was euch entgegengeworfen wird.
So viel zum Spielfluss
Das Zauberwort Balancing ist Enchanted Portals fremd. Denn schon einzelne Gegner, seien es Vögel, Spinnen oder garstige Hotelangestellte, benötigen stets mehrere Schüsse, bevor sie als besiegt gelten. Dazu kommt die Limitierung auf acht Himmelsrichtungen – ihr könnt nur in geraden Richtungen beziehungsweise der 45°-Diagonalen schießen. Manchmal unterliegen eure Feinde den selben Einschränkungen, und das macht den Kampf dann etwas langwierig. Wie gesagt: Durchrushen könnt ihr nicht, ansonsten sterbt ihr definitiv, und der Spielfluss wird dadurch extrem gebremst. Dadurch, dass ihr auch stets stillstehen müsst, um eure Magie zu wechseln, hat das Gameplay etwas von einem Stop-and-Go-Verfahren. Spätestens, wenn drei oder mehr Gegner auf dem Bildschirm anwesend sind, die alle unterschiedliche Schadensarten verlangen, wird das Ganze mühselig.
Dazu kommt, dass jede Art von Feedback entweder fehlt oder im Getümmel untergeht. Ja, wenn ihr die falsche Schadensart bei Feinden anwendet, seht ihr einen weißen Schild aufblitzen. Aber spätestens bei Bosskämpfen, wo Treffer – wenn überhaupt – nur mit einem Blinken quittiert werden, müsst ihr schon selbst draufkommen, welche Schadensart in welcher Phase wohl die geeignetste ist. Damit nicht genug: Ihr benötigt um die sieben Treffer für ganz normale Feinde, und eine Lebensleiste oder Ähnliches gibt es für eure Feinde in Enchanted Portals nicht. Somit wisst ihr nicht, welche Projektile wie viel Schaden anrichten, wie weit ihr schon im Bosskampf gekommen seid, und wenn ihr sterbt, dürft ihr entweder den gesamten Level oder zumindest den Bosskampf in Phase eins von vorne beginnen. Ob das eurer Langzeitmotivation zuträglich ist, weiß ich nicht – für mich war das nichts.
Zugänglich? Enchanted Portals ist es nicht
Es gibt zwar schon drei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl, aber im Wesentlichen unterscheiden sie sich nur kaum. Das Einzige, was mir auffällt, ist die Frequenz, in der ihr Herzen findet, wenn ihr Feinde besiegt. Während ihr auf Leicht bei fast jedem zweiten oder dritten Feind ein Herz zum Nachfüllen bekommt, sind die Herz-Container auf höheren Schwierigkeitsstufen Mangelware. Dazu kommt, dass schon die erste Bossfigur euch mit gegnerischen Attacken nahezu überflutet und sie auch nach mehreren Anläufen nicht wirklich preisgibt, wie sie zu knacken ist. Hier sind wir wieder beim fehlenden Feedback: Kleine Hinweise, dass etwas besser oder weniger gut funktioniert, würden Enchanted Portals richtig gut tun. Vielleicht eine Sache für ein kommendes Update?
Man darf nicht vergessen, dass dieses Spiel durch seinen Stil theoretisch viele Spieler:innen ansprechen könnte. Denn das fehlende Feedback in Kombination mit dem nahezu vollständig belegten Controller macht das Spiel vom ersten Moment an zu einer echten Herausforderung. Nicht jedes Game muss kinderleicht sein, doch wenn es zwei Erwachsene mit viel Erfahrung in Videospielen nicht schaffen, binnen zwei Stunden über den ersten Boss hinauszukommen, mag vielleicht doch das Game-Design schuld daran sein. Git gud kann man hierbei auch nicht gelten lassen, vor allem, da dieses Team Cuphead zwar mit Problemen dann und wann, aber doch durchgespielt hat – dieser Titel gilt ja auch nicht gerade als warme Sommernachtsbrise, was die Herausforderung angeht.
Was gibt es noch zu sagen?
Natürlich ist auch Enchanted Portals so wie fast alle Vertreter seiner Art am besten zu spielen, wenn ihr ein Teammitglied rekrutieren könnt. Couch-Koop-Spiele wie It Takes Two oder auch Mario Kart 8 sind nicht umsonst so erfolgreich, es zahlt sich aus, wenn man Emotionen bei seinen Mitspielenden wecken kann und diese live miterlebt. Im Falle dieses PS5-Titels jedoch beschränken sich die Emotionen auf ein absolutes Minimum. Denn das Besiegen von Feinden löst kein Glücksgefühl aus, sondern ist nach wenigen Minuten nur eine Sache, die man erledigen muss, um weiterzukommen. Es fehlt einfach am Gefühl von Fortschritt, ihr steigt in keinem Level auf, schaltet keine Fähigkeit frei – ihr schaltet bloß auf die richtige Farbe um und schießt die Feinde ab. Fertig.
Irgendwie scheint es, als habe sich das Team von Xixo Game Studio an Cuphead orientiert, was den Kunststil angeht. Das ist eine gute Sache, aber anscheinend hat man vergessen, sich auch am Gameplay zu orientieren. Denn wenn das Durchkämpfen durch die einzelnen Levels zu einer lästigen Pflichtübung verkommt, kann man von der Spielerschaft nicht erwarten, die selben Vorgänge wieder und wieder und wieder zu tun. Bis ihr vor einem der lohnenden Bosskämpfe steht und danach eine neue Welt freischaltet, wiederholt ihr die Pflichtübung Hunderte Male, und das wird nicht besser, wenn ihr nach einem Tod den exakt selben Level wieder spielen müsst. Was Cuphead, Dark Souls und Konsorten richtig und motivierend gemacht haben, ist hier einfach nur langweilig.
Die Technik von Enchanted Portals
Das ist so jammerschade, denn genau der Kunststil ist es, der Enchanted Portals richtig reizvoll macht. Während die Levels an sich schon schön geraten – wenngleich ein wenig steril – sind, ist bei den Bosskämpfen stets was los. Da sind die Figuren toll animiert, ihr müsst auf eine Vielzahl von Dingen gleichzeitig achten, und das ist zweifellos das, was dieses Spiel richtig gut hinbekommt. Doch abseits der Optik fängt das Ganze schon an zu bröckeln: Es fehlt einfach an Feedback für die Spieler:innen, die Umsetzung der Einleitung ist mehr als zweifelhaft gelungen und da hilft auch die schönste Grafik nichts, wenn der Titel keinen Spaß macht oder zumindest nicht länger als notwendig fesseln kann.
Denn am Sound liegt es nicht: Fans der klassisch gehaltenen alten Musik werden auch in diesem Titel ihre Freude haben. Retro-Getüdel untermalt die Stages, während bei den Bosskämpfen etwas mehr Feuer am Dach ist. Die Soundeffekte sind zahlreich vorhanden und quittieren all eure Schüsse dementsprechend, das ist schon ganz in Ordnung. Was die Steuerung angeht: Ich verstehe die Limitierung auf acht Himmelsrichtungen in Enchanted Portals, das ist ein Teil der Schwierigkeit und des Reizes. Doch wieso man den Controller von Anfang an mit sämtlichen Funktionen belegen muss und so auch erfahrene Spieler:innen überfordern kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Ein Tutorial in irgendeiner Art würde Wunder bewirken, denn im derzeitigen Zustand könnt ihr den Koop-Titel mit niemanden spielen, der gar keine oder nur gelegentlich Videospiele spielt. Jammerschade!
Wie Cuphead, nur mit weniger Spaß
Auch, wenn ich mir persönlich gewünscht hätte, dass Enchanted Portals in die großen Fußstapfen eines Cuphead treten kann: Dieser Titel ist einfach noch nicht so weit. Das ist richtig frustrierend, denn die grundlegenden Mechaniken wären ja alle vorhanden. Man hat verschiedene Feinde mit ihren jeweiligen Angriffsmustern, es gibt einen soliden Koop-Modus, der das Leben (da ist ein kompetenter Partner vorausgesetzt) leichter macht, und unterhaltsame Bosskämpfe, die euch ganz schön fordern können. Am Papier wirken diese Qualitäten ja ganz gut, aber die Details sind es, die dieses Spiel runterziehen. Denn das Game macht es euch unmöglich, einen gefallenen Charakter sinnvoll wiederzubeleben, er steht nur in der nächsten Stage mit Minimalleben wieder auf. Dazu kommt, dass das schnelle Durchlaufen von Levels verunmöglicht wird, nicht durch eine Mechanik, sondern durch Tod.
Das Verhältnis der Zeit, die ihr in Levels beziehungsweise in Bosskämpfen verbringt, schwebt irgendwo bei 9:1 oder dergleichen. Daher ist es umso unverständlicher, dass genau die Levels sinnlos in die Länge gezogen werden und diese Passagen im Vergleich um so viel weniger Spaß machen als die großen Bossfights mit ihren mehreren Phasen. Dazu kommt, dass das Game teils sehr unfair agiert und auch auf dem leichten Schwierigkeitsgrad alles andere als leicht ist. Nicht mal erfahrene Spieler:innen kommen da in einer überschaubaren Zeitspanne im Koop-Modus über den ersten Boss hinaus, und das sagt schon einiges über den Titel aus. Vielleicht kann Xixo Game Studio hier mit Updates und Patches nachhelfen, doch im derzeitigen Zustand ist Enchanted Portals nur etwas für absolute Hardcore-Fans von schwierigen Spielen, und für Masochisten.