Far Cry New Dawn Test – Pinke Postapokalypse
Mit Far Cry New Dawn erblickt nun schon das dritte Spin-Off der Shooter Serie das Licht dieser Welt. Ob Ubisoft mehr gemacht hat, als die einst weißen Bliss-Blüten aus Far Cry 5 pink anzustreichen, erfahrt ihr in meinem Review.
Charakter(loser) Zug
In Far Cry 3 haben wir noch in der Haut von Jason Brody gesteckt, der seine Freunde aus den Klauen des wahnsinnigen Hoyt und seinem komplett meschuggenen Second-in-Command Vaas Montenegro befreien wollte. Auch in Far Cry 4 war es dann Ajay Ghale, der die Asche seiner Mutter in einem vom despotischen Pagan Min unterjochten Kyrat verstreuen sollte.
Seit Far Cry 5 geht Ubisoft aber andere Wege und so pfeift man ganz im Sinne der play-as-you-wish-Philosophie auf vorab ausgearbeitete Protagonisten mitsamt einer nachvollziehbaren Backstory und intrinsischer Motivation.
Das kann man jetzt positiv sehen, denn immerhin kann man so wenigstens auch als weiblicher Hauptcharakter Hope County (un)sicher machen, muss man aber nicht – so wie ich zum Beispiel. Meiner Meinung nach erleichtert sich Ubisoft so das schreiben einer stringenten Geschichte und wirft den/die SpielerIn in eine ebenso mundtote, wie gleichsam eindimensionale Körperform, die es vor Spielstart zu wählen gilt.
Da kann man jetzt argumentieren, dass die Shooter-Serie ohnehin immer schon von den Antagonisten lebte. Far Cry New Dawn bietet uns gar gleich zwei erstmals weibliche davon, aber auch die können mit ihren spärlichen Auftritten in denen sie hauptsächlich zeigen, wie bad ass sie sind nicht die notwendige erzählerische Tiefe des Titels erzeugen.
Soviel zu den Charakteren. Die eigentliche Geschichte von Far Cry New Dawn hingegen setzt 17 Jahre nach dem Ende von Far Cry 5 an. Als am Ende davon die Bomben fallen und die USA in einer nuklearen Apokalypse versinken, verzieht sich ein Großteil der Bevölkerung Hope Countys in den zahlreichen Schutzbunkern des Landstrichs und als der atomare Winter vorbei ist und die Natur sich etwas erholt hat, kriecht die Prepper Gemeinschaft aus ihren Bunkern um die Welt wieder aufzubauen. Blöd nur, dass die zuvor erwähnten Zwillingsschwestern Mickey und Lou etwas gegen Friede, Freude und Wiederaufbau haben. Weil die aufbauwillige Gemeinde Prosperity dieser Bandenplage nicht Herr werden kann, wendet sie sich vertrauensvoll an einen gewissen Thomas Rush, der mit seiner Chief of Security Körperform, also uns im Schlepptau den Karren aus dem Dreck ziehen soll. Doch auch dieser scheinbar idiotensichere Plan entgleist gleich zu Beginn von Far Cry New Dawn und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Pinke Progression im Far Cry New Dawn Test
Wie bereits erwähnt befinden wir uns in Far Cry New Dawn erneut im fiktiven Hope County im Bundeststaat Montana. Nach 17 Jahren Menschheitsentzug, ist alles mit pinken Blüten überwuchert und die Highwaymen, also die Bande der Bösewichte in Far Cry New Dawn, hatte scheinbar einen Heidenspaß daran, halbierte Autos ähnlich wie Monolithen allerorts aufzustellen und mit Grafittis zu überziehen. Die Spielwelt ist zwar dezent kleiner als noch in Far Cry 5, aber diesmal wird in den sogenannten Expeditionen auch etwas außerhalb von Montana, z.B. in der Wüste von Nevada oder in einem gestrandeten Flugzeugträger in New England auf die Pirsch gegangen. Ansonsten finden SpielerInnen von Far Cry 5 defintitiv noch diverse Orte und auch Personen, die die eine oder andere Erinnerung wachrufen.
Spielerisch hat sich am Far Cry Prinzip nahezu nichts geändert. Das Freiräumen gegnerischer Außenposten macht mir persönlich auch in der nunmehr sechsten Iteration seit Far Cry 3 noch Spaß.
Neu hingegen ist aber, das Progressionssystem. Egal ob Waffen, Feinde, Fahrzeuge oder Wildtiere,alles hat nun eine von bis zu 4 Stufen. Wenngleich dieses System Ubisoft-typisch aus den neueren Assassin’s Creed Teilen entnommen in nun auch in der Far Cry Serie verwurstet wurde, ist dies eine der Stärken, die mir während meines Far Cry New Dawn Test auffallen. Rollenspielsysteme kann man meiner Meinung nach ohnehin nicht genug haben.
Der Nachteil daran ist aber natürlich, dass sich die so entstehenden Bullet-Sponge GegnerInnen irgendwie wenig realistisch anfühlen. Aber das tut ein Double Jump ja auch nicht und ja: auch den wie auch einige andere „Superhelden-Fähigkeiten“ könnt ihr im späteren Spielverlauf freischalten.Ich lass das mal so stehen und schiebe es auf die nukleare Strahlung 😉
Alle Screenshots (C) by Ubisoft
Und Alkohol ist doch eine Lösung
Aber wie kommt man in Far Cry New Dawn nun eigentlich an bessere Ausrüstung, damit man es auch mit den dickeren Gegnerbrocken aufnehmen kann, fragt ihr euch vielleicht. Hier kommt dann der Wiederaufbau von Prosperity, eurer Siedlung, ins Spiel. Mit dem Aufrüsten der Waffenschmiede poliert ihr eure Schießprügel auf, Eine Aufwertung der Krankenstation erhöht eure maximale Lebensenergie und eine verbesserte Garage gewährt euch Zugang zu besseren Karossen. Diese Aufwertungen kosten natürlich Rohstoffe und der wohl wichtigste ist hierbei Ethanol. Den Alk bekommt ihr, indem ihr gegnerische Außenposten räumt oder Tanklaster überfallt und diese in eure Basen zurückeskortiert.
Nachdem Far Cry New Dawn ja ein Shooter ist, nun kurz ein paar Worte zu den Waffen. Hier ist Ubisoft sehr faul gewesen und hat nahezu alle Waffen aus Far Cry 5 recycelt. Recycling ist dabei sogar das richtige Wort, denn der einzige Unterschied ist, dass die Knarren mit etwas Gaffer und abblätterndem Lack oder improvisierten Schalldämpfern aus Dosen passend ins Endzeitszenario eingebettet wurden. Lediglich eine gänzlich neue Waffe hats ins Spiel geschafft, nämlich ein Sägeblattwerfer. Mit seinen abprallenden Geschossen, macht der aber dafür sehr viel Laune.
Für das Craften exotischerer Schießeisen braucht ihr wiederum Spezialrohstoffe. Die erhaltet ihr in den zuvor erwähnten Expeditionen. Hierbei bringt euch ein Helikopter an Handlungsorte außerhalb der normalen Spielwelt und es gilt ein Päckchen mit seltenen Rohstoffen abzugreifen und dann schnurstracks zu einem Extraktionspunkt zu spurten. Da ab dem Zeitpunkt, ab dem ihr das Ressourcenpaket aufnehmt aber gefühlt eine ganze Armee hinter euch her ist, bleibt auf diesen Missionen nicht wirklich Zeit, die abwechslungsreicheren Umgebungen zu genießen. Schade eigentlich.
Far Cry New Dawn Test - Das Fazit:
Wenn ein Spiel aus dem Hause Ubisoft kommt, sollte man hinsichtlich neuartiger Spielerfahrung seine Erwartungen auf ein absolutes Minimum reduzieren. Die Ubisoft Formel ist nach wie vor ein Ding. Far Cry New Dawn ist da natürlich keine Ausnahme und wenngleich die RPG-lastigere Spielmechanik mit ihrem Progressionssystem ein Novum darstellt, das sich sehr gut und motivierend einfügt, so bleibt Far Cry New Dawn der Serie und der Ubisoft Formel doch zu einem Großteil treu. Die pink getünchte Spielwelt gefällt mir persönlich besser als die religöse Extremisten-Pampa aus Far Cry 5, aber als großer Fallout Fan hat die Postapokalypse immer einen Stein bei mir im Brett. Wovon ich insofern allerdings enttäuscht bin, ist das nur marginal veränderte Waffenarsenal, da hätte gerade dieses Setting soviel Potential geboten. Auch die Hetzjagd durch die Expeditionsmissionen als neues Spielelement sind eher als Änderung auf der Mikroebene zu verstehen. Immerhin wird das Spiel nur zum Mid-Price veröffentlicht.
In Summe ist Far Cry New Dawn am Ende des Tages eine gewohnt solide Shooter Erfahrung, die ihr ganzes Potential aber bei weitem nicht ausschöpft.