FIFA 16 (PS4) im Test

von postbrawler 17.10.2015

Sepp Blatter geht, das neue FIFA kommt. Doch ist es auch gekommen, um zu bleiben? In meinem ausführlichen Test erfahrt ihr, ob das alljährliche Update ein lauer Aufguss, oder ein echter Knaller geworden ist. Um die annuale Auslieferung neuer Trikots, Mannschaftszusammenstellungen und „Peckerl“, die neuerdings Messis Unterarm zieren über eine Silberscheibe um rund 60 Euro zu rechtfertigen, gibt’s auch dieses Jahr wieder ein paar Neuerungen in FIFA zu verzeichnen.

FIFA16_PS4Frauen an die Macht

Da wäre zuallererst Frauenfußball zu nennen. Nachdem Ubisoft bereits ins feministische Fettnäpfchen getreten war, und einst behauptete, dass die Erfassung weiblicher Bewegungsabläufe, Soundsamples und Körpermodelle viel zu aufwändig für die Produktion eines Computerspiels sei, tritt EA kurzerhand den Gegenbeweis an, und liefert in FIFA 16 nebst der bekannten Männer- auch erstmals Frauenteams mit. Zwar ist die Auswahl aus 12 Nationalteams noch eher dürftig (DLCs, wir kommen!), aber die Umsetzung der Spielphysik, der Animationen sowie Look & Feels der Frauenmatches sind wirklich gut gelungen. Weniger kraftvoll, aber geschmeidiger agierend als die muskelbepackten Herren bringen die Frauen taktisches Vorgehen statt knallharter Tacklings als spielerische Neuerung mit sich. Schade, dass gerade die erfolgreichen Japanerinnen und Norwegerinnen, als auch unsere Österreicherinnen nicht mit im Paket sind.

FIFA16_Frauen_Teaser

Licence to kill

Abseits der holden Weiblichkeit glänzt FIFA traditionsgemäß mit seiner Standard-Disziplin: Lizenzen! Kein anderes Sportspiel kann mit einer solchen Vielfalt an Clubs, Teams und SpielerInnen punkten. Dieses Tötschläger-Argument gegenüber der mächtigen Konkurrenz kann man gutheißen, oder verdammen, aber es macht schon Spaß, wenn man sich in FIFA durch die originalgetreue Deutsche Bundesliga mit den offiziellen TV-Inlays kicken darf. Auch als Österreicher freut man sich über die Verfügbarkeit von Teams wie Grödig oder Altach. Klar, setzt die Präsentation vor allem auf Superstars wie Messi und Christiano Ronaldo, ein Marc Janko schaut seinem analogen Vorbild leider nicht mal im Ansatz ähnlich. Immerhin wurde David Alaba, Bayern München sei Dank, sehr detailgetreu ins Spiel übertragen.

Grafikpracht

An der grafischen Präsentation hat sich bei FIFA 16 im Vergleich zur Vorgängerversion vergleichsweise sehr wenig geändert. Nach wie vor werkt die EA-eigene Ignite-Engine im Kern der Simulation, um den Rasen in butterweichen 60fps zu zeichnen. Viele Superstars wurden komplett neu modelliert und gleichen den realen SpielerInnen bis aufs Haar, was durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn genau da liegt auch weiterhin die größte Schwäche der Darstellung. 22 FeldspielerInnen mit teils wallender Haarpracht stellen auch die aktuellen Konsolen, in meinem Fall eine PS4 noch vor echte Darstellungsprobleme.

Abseits der zuvor schon beinahe perfekter Körperphysik und zahlreichen SpielerInnen-Animationen stellt das „No-touch“ Dribbling, für das Superstar Messi Pate stand, die einzige wirkliche Neuerung an der Animationen-Front dar. Dabei gilt es das Leder durch gezieltes Antäuschen an der/dem GegenspielerIn vorbei zu schwindeln. Einzelne Grashalme und Fans in Nahaufnahmen können getrost als optische Gimmicks gewertet werden, regnerisches Wetter hingegen sieht nicht nur schick aus, sondern wirkt sich auch auf die Ballphysik und das Rutsch-Verhalten der SpielerInnen aus.

Gameplay

Ein grober Kritikpunkt am Vorgänger war die teils doch sehr dümmlich agierende Verteidigung. Hier hat EA nachgebessert, und die künstliche Intelligenz optimiert. SpielerInnen machen in FIFA 16 wesentlich effizienter die Räume dicht, spielen aktiv gegen den Mann, respektiven die Frau, und beziehen auch Tormänner und -frauen stärker ins Spiel mit ein. Mithilfe der analogen Pfeiltasten kann man die Spielausrichtung rasch auf eine offensive oder defensive Herangehensweise ausrichten. Eine dieser Art in Alarmbereitschaft versetzte Gegenwehr agiert fast schon selbstständig, wodurch ein Tick an Spieltiefe eingebüßt wird. Gerade im Vergleich zum direkten Konkurrenten PES 2016, der mit einer dedizierten Deckungstaste aufwartet, hat FIFA 16 im Kampf um den eigenen Strafraum das Nachsehen. Der ein- oder andere Fehlpass im gegnerischen Strafraum lässt auch regelmäßig an der Intelligenz der StürmerInnen zweifeln. War das letzte FIFA noch zu schnell und arcadelastig, spielt sich FIFA 16 gerade in der Offensive sehr träge und schwerfällig. Steilpässe kommen kaum noch durch, und Flanken finden selten ein sinnvolles Ziel. Hier könnte EA durchaus noch ein wenig nachbalancen.

Spielmodi

Abseits des klassischen Einzelspiels und der Meisterschaftsmodi ist auch bei FIFA 16 wieder der umstrittene Ultimate-Team Modus mit dabei. Es mag zwar verlocken, sich mit dem persönlichen Dreamteam zu duellieren, bis man die richtig begehrten Karten dafür aber hat, muss man viel Zeit oder Echtgeld investieren. Zwar gibt es neuerdings einen Modus, indem man sofort eine Runde mit den Superstars des Fußballs spielen kann, hier kostet allein der Eintritt ein kleines Vermögen, umgerechnet über drei Euro Echtgeld. Ich verurteile diese Form der Abzocke zutiefst, da ich schon den Preis für ein jährliches Fußballspiel-Update für empfindlich zu hoch halte. Da muss man nicht noch den Kiddys da draußen das letzte Taschengeld ziehen, nur damit sie mit Ronaldo und Neymar gleichzeitig spielen können. Liebes EA-Sports Team, macht euer Ultimate-Ding mal schön in den Free-to-Play-Apps fürs Handy weiter, und lasst das aus dem großen FIFA raus! Genug genörgelt – ein Modus, der auch noch als „ganz nett“ bezeichnet werden muss, ist der persönliche Karriere-Modus. Hier kann man sich einen Schützling aussuchen, und diesen durch seine persönliche Karriere verfolgen. Am meisten Spaß macht FIFA aber immer noch in einem schnellen Match gegen einen Freund bzw. eine Freundin zu Hause am Sofa.

Fazit

Jetzt kommt, was kommen musste, der PES-Vergleich: Mir hat Pro Evo heuer trotz mangelnder Lizenzen und schlechterer Grafik (vor allem am PC) besser gefallen. Der Fortschritt im Gameplay ist dem Hause Konami einfach besser gelungen. Auch wenn FIFA mit Frauenteams Mut zur Innovation zeigt, tritt die Serie Gameplay-technisch auf dem Stand, und konzentriert sich zu sehr auf alternative Erlösmodelle. Ich wünsche mir für FIFA 17 keine schlauere Verteidigung, sondern ein besseres Verteidigungssystem, kein No-Touch-Tribbling für EinzelkämpferInnen, sondern Teamgeist und Taktik in der Offensive. Und vielleicht schafft’s EA ja auch mal die jährlichen Updates auf DLCs zu beschränken, dann können wir uns alle paar Jahre auf ein wirklich innovatives neues FIFA freuen. Und, hey! Wenn schon Legende Pelé für FIFA 16 die Werbetrommel rührt, warum dann nicht auch mal einen Legenden-Modus mit Beckenbauer und Zidane?

Wertung: 7.5 Pixel

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[…] gemerkt, ich habe während des gesamten Testberichtes versucht ein Wort bewusst zu vermeiden: FIFA (meinen Test dazu lest ihr hier)! Nun muss es aber raus, denn kein Pro Evo lässt sich ohne den direkten Vergleich zum größten […]