GDC Europe 2016: Eine Stunde im Kopf eines Grafikers

von David Kolb-Zgaga 16.08.2016

Jährlich öffnet neben der gamescom auch die GDC (Game Developer Conference ) ihre Pforten, wo EntwicklerInnen, Designer und unter anderem auch begabte GrafikerInnen viel lernen und neue Erfahrungen machen können. Jhony  Ljungstedt  ist einer dieser GrafikerInnen, Vortragender, arbeitet bei DICE und hat unter anderem den grafischen Stil von Mirror’s  Edge Catalyst  mitverantwortet. In seinem Vortrag „Evolving and Creating a Style“ gibt Ljungstedt  quasi einen kurzen, aber sehr interessanten Einblick und zeigt mir und dem Publikum, welche Designentscheidungen, warum getroffen werden.

Am Anfang war das Nichts

Zu Beginn eines jeden kreativen Prozesses steht jeder Mensch vor dem Nichts und das Nichts ist nicht sonderlich nützlich. Alles ist möglich, aber woraus soll man Inspiration ziehen? Mit dem Setting von Mirror’s  Edge  gibt es aber bereits Grenzen, denn Hauptcharakter Faith  lebt ganz eindeutig in einem Science-Fiction Universum. Das ist klar, aber wie designt man einen Gebäudekomplex, ja sogar eine gesamte Stadt in der Zukunft? Die Antwort von Ljungstedt  ist simpel, man definiert und kreiert einen Style. Im Laufe des Vortrags werden drei wichtige Punkte genannt, „Believable “, „Elegant“ und „Attitude“. Im Falle von Mirror’s Edge Catalyst  entsteht zudem das Kredo  „less is more“. Alles was erschaffen wird , startet mit simplen Formen, in einem sehr sterilen weiß – jedoch nicht irgendein weiß ! Um die Gebäude glaubhaft zu gestalten, müssen verschiedenste Abstufungen der Farbe Weiß gewählt werden. Das leuchtet ein, denn in der Realität haben Oberflächen, quasi nie den exakt selben Farbton (Licht und Schatten noch nicht mit einbezogen).

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Bilder interpretieren

So, nun aber genug der Farblehre, denn ein weiterer wichtiger Vorsatz sollte sein, das Rad nicht neu erfinden zu wollen. Aus diesem Grund hat sich das Grafikteam von Mirror’s Edge Catalyst  viele Fotos von Tokio angesehen, um so gute Referenzen zu bekommen. Interessanterweise gibt es hier nicht einmal ein Redesign der Gebäudeformen, das Augenmerk sollte eher darauf liegen, wie homogen sich der designte Gebäudekomplex in die restliche Umgebung einfügt. Viele der Bauten aus Tokio wurden fast eins zu eins in das fertige Spiel übernommen, denn wie Ljungstedt  richtig anmerkt: „Our world has much to offer.“.

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Less is More

Ist man dann soweit  und hat genügend Referenzen und Ideen gesammelt, beginnt man bei DICE mit Konzeptzeichnungen und danach wird ein Fundament kreiert. Dabei entsteht schon eine gesamte Stadt, mit verschiedenen Bezirken, aber sehr rudimentären Formen und Elementen. Dies ist mit eine der wichtigsten Designphasen , denn alles Kommende baut auf dieser Basis auf. Erst danach werden die Designer der virtuellen Welten richtig kreativ und gehen ins Detail. Das Grundkonstrukt wird so angepasst, dass das Spielen, in diesem Fall das Klettern und Parcouring  von Faith , überhaupt möglich ist. Durch den simplen und eleganten Stil der gesamten Welt („less is more“) kann man so den Spieler und die Spielerin führen. Die gesamte Welt ist in Weiß  gehalten, sobald etwas farblich gekennzeichnet ist, ist es immer auch automatisch für das Gameplay relevant. Diese Farbgebung ist stark unterschätzt, denn nur damit kann ich als Faith  diese Welt decodieren und reaktionsschnell erkennen, welche Möglichkeiten es gibt und diese richtig einschätzen. Egal ob sie Charakteroutfits, Gebäude oder Innenräume entwerfen, Ljungstedt  und sein Team stellen sich immer wieder dieselbe Frage: „Why is this there?“. Kann diese Frage nicht beantwortet werden, wird der Gegenstand der Frage sofort wieder aus dem Spiel entfernt. Sobald sich etwas aus dem Hintergrund abhebt, muss es auch Sinn haben und funktional in die Welt passen.

Die City of Glass

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Wer Mirror’s Edge Catalyst  gespielt hat weiß, die City of  Glass  (so heißt die Stadt des Spiels) zu konzipieren und zu designen muss ein unglaublicher Aufwand gewesen sein, inklusive vieler einzelner Puzzleteilchen. Dank des Kredos  „less is more“ und dem ständigen Hinterfragen der eigenen Kreationen haben es die Grafikerinnen und Grafiker von DICE jedoch trotzdem geschafft, eine glaubhafte, homogene und großartige Welt zu erschaffen. Für mich war dieser Vortrag ein sehr spannender Einblick in die Welt eines Grafikers und ich hoffe ich konnte euch meine gewonnenen Eindrücke erfolgreich an euch weitergeben.