Habt ihr ‘ne Minute? – Minit im Test
Ist euch schon mal aufgefallen, wie viel man eigentlich innerhalb einer Minute tun kann? Das Bett machen, einen Videospieltestbericht lesen, fünf Krebse verhauen, einen im Wald versteckten Hotelgast finden, eine Todesmaschine zerstören,… Und falls eure Antwort auf die Einstiegsfrage lautete: „Nein, darüber habe ich noch nie nachgedacht.“, dann wird sich das mit Minit ändern.
So rast die Zeit mit Geschwindigkeit
Aber genug der Umschweife! Da Zeit bekanntlich kostbar ist, starten wir sogleich ins Spiel: Als entenähnliches Pixelwesen erkunden wir die Umgebung unserer schlichten Hütte und stoßen dabei auf ein Schwert, das uns mit einem Fluch belegt. Fortan stirbt unser Held alle 60 Sekunden, nur um in seinem Zuhause wieder aufzuwachen und erneut 60 Sekunden zu leben. Es gilt also, keine Zeit zu verlieren; auf in die weite Welt, um ein Heilmittel zu finden!
Auf unserer Suche lösen wir einfache Rätsel, erfüllen kleinere Aufgaben für NPCs und kämpfen gegen allerlei Getier. Natürlich jeweils in 60-Sekunden Häppchen, bevor wir sterben und wieder dort aufwachen, wo wir zuletzt geschlafen haben. Manche unserer Taten haben dauerhafte Auswirkungen auf die Spielwelt, sodass unser Entenwesen nach und nach in seiner Reise vorankommt. Die Erforschung der kuriosen Spielwelt und die Orientierung in dieser steht bei Minit klar im Vordergrund. – In aller Kürze ließe sich Minit wohl als „The Legend of Zelda für Minimalisten inklusive Zeitgimmick“ beschreiben.
Keine Zeit für Schnickschnack
Aber lasst uns rasch zum nächsten Aspekt kommen, der einem wohl als erstes ins Auge springt, wenn man Minit startet: der äußerst minimalistische Grafikstil. Dieser hat mir außerordentlich gut gefallen, da sich die Simplizität des gesamten Spiels in ihm widerspiegelt und er es trotzdem fertigbringt, uns einprägsame und abwechslungsreiche Charaktere und Orte aufzutischen. Auch der lebenslustige Pseudo-8-Bit-Soundtrack, der reichlich Ohrwurmpotential besitzt, bleibe hier trotz unserer Eile nicht unerwähnt.
Weniger angetan war ich vom Gesamteindruck der Handlung. Während das letztendliche Ziel des Spiels klar ist, stolpert man auf dem Weg dorthin scheinbar ziellos von einer Miniaufgabe in die nächste, und plötzlich ist das Spiel nach etwa 1 ½ Stunden vorbei. Das hätte man um einiges „runder“ gestalten können. Auch habe ich des öfteren Aufgaben nicht bewusst gelöst, sondern bin eher durch naives Herumprobieren auf die Lösung gestolpert – manchmal auch für Probleme, von denen ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal wusste, dass sie existieren.
Die Uhr tickt
Huch, schon so spät! Aber eines muss ich noch kurz erwähnen, ehe wir zum Ende kommen! Wir sollten nämlich noch ein bisschen über das Zeitlimit in Minit reden: Es soll ja Menschen geben, die unter Zeitdruck regelrecht aufblühen. Ich gehöre allerdings zu der Sorte, die durch Stress eher gelähmt werden. Nichts täte ich lieber, als die fremde Welt in Ruhe zu erkunden, den Soundtrack und die ulkigen Witze des Spiels zu genießen. Doch dann sehe ich im Augenwinkel diesen tickenden Countdown, der wie ein Damoklesschwert über mir hängt und mir entgegen schreit: „Beeil dich! Das darfst du jetzt nicht genießen! Los, weiter! Da kannst du nicht stehen bleiben! Keine Zeit zu lachen! Hop hop, los jetzt!“. (Das ist übrigens auch der Grund, warum ich Majora’s Mask viel weniger mag, als es verdient hätte.)
Wer sich durch Zeitlimits weniger aus der Ruhe bringen lässt, für den birgt Minit einiges an Wiederspielwert: Bei meinem ersten Durchgang hatte ich einige Geheimnisse übersehen, die es noch zu erforschen gilt. Startet man das Spiel zum zweiten Mal, fällt außerdem auf, wie schnell es sich durchspielen lässt, nun da man bereits weiß, wo was versteckt ist. Somit bietet Minit den perfekten Einstieg in die Welt der Speedruns. Mit einigem Geschick rast man in etwa 10 Minuten durch das Spiel.
Ganz schnell noch
So, ganz schnell noch ein kurzes Fazit, dann ist wirklich Schluss, versprochen! – Ich würde Minit gerne mehr schätzen. Die originelle Idee und die putzige audiovisuelle Umsetzung finde ich super. Das ändert leider nichts daran, dass die „Story“ (Na gut, die ist offensichtlich zweit- drittrangig) recht zusammengeschustert wirkt und ich mich aufgrund des Timers ständig gehetzt fühlte. Wer sich aber durch Zeitlimits nicht stören lässt oder gar mal einen kleinen Zeh ins Thema „Speedrunning“ tauchen möchte, dem sei Minit mit Handkuss empfohlen.