Hey! Pikmin im Test – “Niedlich” bedeutet nicht “unterhaltsam”
Am Beginn von Hey! Pikmin muss der Astronaut Captain Olimar auf einem fremden Planeten notlanden. Um das Raumschiff zu reparieren und weiterfliegen zu können, benötigt er eine besondere Energieeinheit, “Glitzerium”. Praktisch, dass sich das in großer Zahl in Form von glitzernden Nüssen und anderen schimmernden Gegenständen auf dem fremden Planeten befindet. Und dass zahlreiche Pikmin dort beheimatet sind, die Captain Olimar bereitwillig zur Hilfe eilen.
Die Welt ist ein Dorf
Die Welt, auf der Captain Olimar gelandet ist, sieht unserer Erde sehr ähnlich: Einige von einem großen blauen Meer umgebene Kontinente sind über die gesamte Planetenoberfläche verteilt. Jeder Kontinent stellt ein Gebiet dar, das in fünf Level und ein paar kleinere Geheimabschnitte unterteilt ist. Im letzten der fünf Level jeder Welt werden Olimar und seine Pikmin stets von einem Bossgegner erwartet, die restlichen vier bieten simples Plattforming und einfache Umgebungsrätsel.
Warum sich die Gebiete des Spiels auf unterschiedlichen Kontinenten befinden, verstehe ich jedoch nicht: Erstens hat Olimar ohne ein flugfähiges Raumschiff gar keine Möglichkeit rasch von Kontinent zu Kontinent zu reisen und zweitens sind sich die Hintergrundkulissen der Level sowie die dort auftauchenden Gegner und Gegenstände durchgehend so ähnlich, dass sich das gesamte Spiel genau so gut in einem einzigen Dorf abspielen könnte. Auch die Größenverhältnisse der Spielfiguren im Vergleich zu ihrer Umgebung legen diesen Gedanken nahe. Für mich hätte es die Welt deutlich glaubwürdiger gemacht.
Ein bisschen Platforming, ein bisschen Rätseln
An verschiedenen Stellen wollen die Stärken unterschiedlicher Pikmin-Gattungen ausgenutzt werden
Aber kommen wir zum eigentlichen Spielgeschehen: Captain Olimar startet stets allein in die 2D-Level und hat neben einem Jetpack, das ihn über kurze Strecken trägt, auch eine Trillerpfeife im Gepäck. Mit dieser kann er Pikmin aus ihren Verstecken hervorlocken und zu sich rufen. Die Tierchen lassen sich bereitwillig auf Gegner und andere Dinge, wie Schalter oder Blockaden, werfen, damit Olimar weiter voran kommt.
Dabei wollen an verschiedenen Stellen, die Stärken unterschiedlicher Pikmin-Gattungen ausgenutzt werden: Rote Pikmin können Feuer löschen, blaue schwimmen, gelbe hingegen haben keine Angst vor Elektrizität und lassen sich besonders weit werfen. Steinpikmins wiederum zertrümmern schwere Kristalle und lila Pikmin lassen Olimar aus großen Höhen sanft zu Boden schweben.
Gesteuert wird hauptsächlich über das Touchpad. Mit dem Stylus wählt man, wohin man die Pikmin werfen möchte und löst Pfeife und Jetpack aus. Olimars Bewegungen werden mit dem Schiebepad (oder für LinkshänderInnen mit den A/B/X/Y-Tasten) eingegeben.
Ein bisschen fad
Man hätte die unterschiedlichen Fähigkeiten der Pikmin viel mehr ausreizen und für komplexere Aufgaben nutzen können.
Da man in jedem Level nur ein paar der Pikmin-Arten begegnet und die Lösung der Rätsel in 95% der Fälle daraus besteht, diese auf irgendetwas zu werfen, kam es nur äußerst selten vor, dass ich mal stehen bleiben und überlegen musste, was zu tun sei. Man hätte die unterschiedlichen Fähigkeiten der Pikmin viel mehr ausreizen und für komplexere Aufgaben nutzen können.
Weiters machen Captain Olimars eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten das Platforming nicht unbedingt spannend: Er kann nicht springen, sondern sich von seinem Jetpack nur ein kleines Stück in die Höhe befördern lassen. Darüberhinaus bewegt er sich ziemlich gemächlich und kann nur an bestimmten Stellen klettern. Jedesmal, wenn ich wo runterfiel oder falsch abbog und deswegen ein Stück wiederholen musste, ärgerte ich mich über das langsame Tempo des Spiels.
Mir ist klar, dass das Alter der Hauptzielgruppe wohl gute 15 Jahre unter meinem liegt, doch auch Kindern kann man durchaus kniffligere Rätsel und abwechslungsreicheres Gameplay vorsetzen.
Nicht nur das Gameplay wurde mir durch häufige Wiederholungen und seine Einfachheit bald langweilig, auch die grafische Gestaltung wirkt mit der Zeit eintönig. Nach sechs Welten konnte ich mich nicht mehr erinnern, welches Level in welchem Gebiet vorkam; etwas, das mir z.B. noch bei keinem Super Mario-Spiel passiert ist. Teiche, unterirdische Höhlen und Blumenwiesen sind beliebte und häufig wiederkehrende Szenarien in Hey! Pikmin.
Was man Hey! Pikmin allerdings nicht abschreiben kann, ist seine Niedlichkeit. Die Animationen der kleinen Tierchen sind äußerst charmant und selbst das Verhalten der gegnerischen Tiere ließ mich manchmal schmunzeln.
Auf Schatzsuche
Der Aspekt des Spiels, der mir am besten gefiel, war die Suche nach Glitzerium, das Captain Olimar für sein Raumschiff benötigt. Glitzerium befindet sich über die Level verteilt in Form von Glitzernüssen sowie in großer Zahl in “Schätzen”, wie Ringen, Handys, Taschenradios oder auch Schraubenziehern. Üblicherweise sind 2-3 dieser Schätze mehr oder weniger gut versteckt in jedem Level verteilt. Wer alle finden möchte, muss aufmerksam durchs Level gehen und die Augen nach versteckten Pfaden offen halten.
Ab gewissen erreichten Glitzeriummengen werden neue Hilfsmittel freigeschaltet, wie eine Levelkarte (die ich allerdings nie gebraucht habe und in ihrer Aufmachung nutzlos fand) oder ein potenteres Jetpack (schon nützlicher).
Ein Zoo für Pikmin
Falls ihr euch übrigens fragt, was mit den Pikmin passiert, die wir im Laufe eines Levels aufsammeln: Diese kommen in den “Pikmin-Park” und suchen dort für uns eigenständig nach weiteren Glitzerium-Einheiten, während wir uns in die nächsten Level stürzen. Eine nette, aber recht belanglose Ergänzung, die charmant präsentiert wird, sich jedoch etwas umständlich bedient. Dazu ein Beispiel:
Haben die Tierchen etwas entdeckt, bekommt man das nach Vollenden eines Levels mitgeteilt. Also klickt man auf den Park, wartet ein paar Sekunden ab, bis die Neuankömmlinge, die man im letzten Level aufgesammelt hat, freudig von den anderen Pikmin begrüßt werden und wird dann automatisch in den Parkeingangsbereich verfrachtet, wo man nochmals gesagt bekommt, dass die Pikmin etwas gefunden haben. Man klickt auf den entsprechenden Bereich und lässt sich von den Pikmin einige Sekunden lang die meist lächerlichen 10-30 Einheiten Glitzerium präsentieren. Daraufhin werden die Pikmineinheiten, die den Schatz entdeckt haben, wieder automatisch an den Parkeingang zurückgeschickt, wo man sie anwählen muss und wahrschienlich ohnehin wieder der Stelle zuweist, an der sie gerade gearbeitet haben.
Exklusives für Amiibo
Gescannte Amiibo liefern in Hey! Pikmin schalten in jedem Gebiet zwei zusätzliche Bonuslevel frei.
Zum Schluss möchte ich noch etwas erwähnen, das mich wirklich geärgert hat: Gescannte Amiibo liefern in Hey! Pikmin nicht nur einige Goodies, wie mehr Pikmin oder zusätzliches Glitzerium, sondern schalten in jedem Gebiet zwei zusätzliche Bonuslevel frei. Diese freizuschaltenden Level werden in jedem Gebiet stets durch das Amiibo-Symbol angezeigt. Ich persönlich finde, dass das zu weit geht. Wenn man sich ein Vollpreisspiel für den Nintendo 3DS zulegt, sollte man nicht so aggressiv dazu aufgerufen werden, weitere 15€ für eine Plastikfigur auszugeben, um tatsächlich das volle Spiel genießen zu können!
Fazit zu Hey! Pikmin
Ich will nicht behaupten, dass ich mit Hey! Pikmin keinen Spaß hatte, denn die versteckten Schätze in jedem Level zu entdecken, hat meinen Forschergeist durchaus geweckt. Doch die Schätze und die niedlichen Animationen trösten letztlich nicht über das belanglose Gameplay und die in zu vielen Leveln recycleten Versatzstücke hinweg. Am Ende des Tages bliebe ein “Joa, recht nett”, würde mir die aggressive Bewerbung der Amiibo nicht so sauer aufstoßen.