Horizon Call of the Mountain (PS VR2) Test: Das erste wahre VR-Abenteuer
Als First-Party-Titel ist Horizon Call of the Mountain etwas Besonderes. Doch was kann das Spiel tatsächlich? Das klärt unser Review!
Im Horizon-Universum angesiedelt ist Call of the Mountain (zur offiziellen Website) in erster Linie eine technische Machtdemonstration dessen, was alles mit dem PS VR2-Headset möglich ist. Ihr übernehmt die Kontrolle von Ryas, einem Anhänger des Schatten-Carja-Stamms, der seinen Bruder sucht und dafür mit Mitgliedern von anderen Stämmen zusammenarbeiten muss. Falls ihr fragt: Nein, Aloy werdet ihr nicht steuern können, denn sie steht kurz vor dem Aufbruch in den verbotenen Westen (zu unserem Review zu Forbidden West). In einem Boot sitzend beginnt das VR-Abenteuer, was ein wenig an Skyrim erinnert, aber doch ganz anders ist…
Der erste Eindruck des Spiels
Der langsame Start des Games macht euch mal mit der Welt von Horizon Call of the Mountain vertraut. Ihr sitzt also da und könnt euren Kopf und eure Hände bewegen, während ihr euch das Flussbett und die Umgebung näher anseht. Kleine Dschungelpflanzen, massive Felsen und das Wasser, auf dem ihr treibt, machen gleich mal einen ordentlichen Eindruck und sehen extrem gut aus. Hier lassen sowohl eure PS5-Konsole wie auch das PS VR2-Headset ihre Muskeln spielen und zeigen, was optisch alles geht! Danach tauchen die von der Hauptserie bekannten Roboter auf, friedliche Graser, aber auch ein riesengroßer Langhals sind in den ersten Minuten zu sehen. Auch feindlich gesinnte Wächter gibt es, die dann mit Pfeil und Bogen erlegt werden.
Schritt für Schritt werdet ihr an das Erlebnis herangeführt. Nachdem ihr in der Story angekommen seid, wird euch der Umgang mit Pfeil und Bogen beigebracht. Das funktioniert auch extrem gut: Sowohl Bogen als auch die Pfeile befinden sich hinter eurem Rücken, und ihr zieht beides intuitiv so, wie ihr es im echten Leben tun würdet. Später gibt es auch andere Munitionstypen, die ihr ebenfalls auf diese Art und Weise ausrüstet. Horizon Call of the Mountain schafft es spielend, euch in die Welt des Titels zu ziehen, und das ist enorm beeindruckend. Doch nicht nur Kämpfe mit Pfeil und Bogen gilt es zu bestreiten, ihr müsst euch auch zwischen den Orten bewegen. So gibt es immer wieder Kletter- und Wanderpassagen, die im Spiel klar dominant sind.
Klettern und kämpfen
Gleich vorweg: Horizon Call of the Mountain besteht zu einem Gutteil (70 Prozent?) aus Klettern. Wenn ihr also, so wie ich, an Höhenangst leidet, wird das Spielen entweder eine große Herausforderung für euch oder ein K.O.-Kriterium. Je nachdem, wie ihr damit klarkommt, kann dies euer Erlebnis schwer beeinflussen, aber es ist unglaublich, wie gut das Game solche Klettersteige und die Abgründe simulieren und darstellen kann. Später baut ihr euch Kletterhaken, mit denen ihr Halt finden könnt, und auch ein Seilwerfer hat es ins Spiel geschafft. Was anfangs als schwierig erscheint, geht euch im Verlauf des Games in Fleisch und Blut über. Wenn man dem Spiel etwas vorhalten kann, ist es der Fakt, dass man gefühlt zu viel Zeit mit Klettern und Fortbewegung verbringt.
Denn die anderen 30 Prozent des Spiels sind mit Kämpfen gefüllt, wo ihr euch stets in einem Kreis rund um eure aktuellen Feinde herum bewegt. Ja, eine Nahkampf-Option sucht ihr in diesem Titel vergebens, das ist aber auch in Ordnung so, denn selbst im Fernkampf kommt einiges auf euch zu. Verschiedene Munitionstypen verschaffen euch beim Gebrauch Vorteile, so könnt ihr eure Feinde anzünden oder auch schocken. Sind sie für gewisse Elemente anfällig oder ihr trefft die Schwachpunkte, dann gibt es ebenfalls eine Belohnung in Form von mehr Zeit für Angriffe. Werdet ihr getroffen, kostet das Lebenspunkte, und Effekte gibt es obendrein. Eis will von eurer Sicht weggewischt werden, und wenn ihr brennt, solltet ihr ein paar Ausweichrollen hinlegen.
Vielfältiges Horizon Call of the Mountain
Horizon Call of the Mountain ist grundsätzlich ein ziemlich lineares Erlebnis mit gelegentlichen Momenten zum Erkunden abseits der vorgefertigten Pfade. Wenn ihr ein Open World-Abenteuer sucht, ist dieser Titel nichts für euch, aber selbst dieses Game hat einiges zu bieten. So könnt ihr gewisse Sammlerstücke, Ressourcen und einige wirklich atemberaubende Ausblicke erhaschen, wenn ihr euch gut umschaut. Es gibt sogar ein paar Passagen, wo ihr euch zwischen Routen entscheiden dürft, was für etwas an Wiederspielwert sorgt. Fans des Universums haben ohnehin ihre Freude an diesem Titel, denn es gibt viele Ablenkungen, die ihr in jedem Level finden könnt. Da gibt es Dinge wie Musikinstrumente oder Hämmer, mit denen man Keramik zerschlagen kann.
Herumwerfen lässt sich auch so gut wie alles, das ihr aufheben könnt, und schnell kommt ein Spielgefühl à la Job Simulator auf. Es sieht einfach toll aus, und dank haptischem Feedback kriegt man oft tatsächlich das Gefühl, dort zu sein – unglaublich. Apropos Immersion: Das Eyetracking der PS VR2 ermöglicht es euch, Optionen auszuwählen und Menüs zu durchsuchen, aber auffallend ist, wie Spielfiguren euch direkt in die Augen schauen können, während sie mit euch interagieren. Zudem ist die Steuerung des Titels unglaublich intuitiv, egal, ob ihr mit der Waffe, mit dem Seilwerfer oder sonstigen Dingen hantiert. Gerade für VR-Einsteiger:innen ist dann Horizon Call of the Mountain ein absoluter Vorzeige-Titel, wenn ihr eine ruhige Passage wählt – Kämpfe werden hier hektisch und fordernd.
Für jeden etwas dabei
Die generelle Präsentation von Horizon Call of the Mountain ist die beste Werbung für PS VR2, keine Frage. Hier wechseln sich ruhige Momente mit Kitschgarantie mit packenden Schlachten ab, und wenn ihr dafür gerüstet seid, ist das auch voll in Ordnung so. Doch seid ihr eher der ruhige Typ und hättet lieber ein entspanntes Erlebnis, so werdet ihr hier nur teilweise glücklich. Die Schlachten fallen, gerade gegen mehrere Gegner auf einmal, nämlich eher hektisch aus. Ausweichen, zielen und feuern zugleich müsst ihr dann, das steht im späteren Spielverlauf an der Tagesordnung. Wollt ihr dann auch noch „optimiert“ spielen, sprich die Schwachstellen eurer Gegner optimal ausnutzen und die richtige Munition verwenden, müsst ihr euch eure Bewegungen schon einteilen und blitzschnell planen.
Kletter-Fans werden dafür in Horizon Call of the Mountain vollends bedient. Denn in diesem Titel werdet ihr sehr viel Zeit damit verbringen, und wenn euch Klettern gar nicht zusagt, sind das dann Passagen, die ihr einfach bis zum nächsten Kampf überbrücken müsst. Das Spiel bietet eine erfreulich umfangreiche Kampagne und zusätzliche Modi, die für Langzeitmotivation sorgen, und das nicht nur für VR-Erprobte. Sogar eine Art Safari-Modus hat es ins Game geschafft, das im Prinzip eine einsteigerfreundliche, interaktive Demo ohne Stress ist, oder eine kleine Trainingsarena, die euch den Umgang mit euren Waffen erproben lässt. Habt ihr also Personen im Umkreis, die noch keine Erfahrung mit dem Thema VR haben, ist einer dieser Modi der ideale Einstiegspunkt für sie.
Horizon Call of the Mountain: Die Technik
Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Horizon Call of the Mountain (übrigens 47 GB groß) in einem Bundle mit dem PS VR2-Headset angeboten wird. Sony weiß, dass dieses Spiel mit Abstand das meiste Potential für einen Wow-Effekt hat, und dem ist nichts hinzuzufügen. Dank des 4K HDR-Displays des VR-Headsets sind die Farben gestochen scharf und lebendig, und die Details bei entfernten Objekten sind so scharf und fokussiert wie alles in der Nähe. Rein von der Grafik her gibt es bis auf ein paar Textur-Hoppalas, die bestimmt mit einem der nächsten Updates behoben werden, absolut nichts zu bemängeln, denn dieses Game vermag es, euch mit Natur und Atmosphäre zu überfluten.
Das hört natürlich auch beim Sound nicht auf, denn hier leistet das Spiel ganze Arbeit. Vor allem in Tandem mit dem haptischen Feedback von Headset und Controllern werden etwa den Schritten von großen Langhälsen noch mehr Gewicht verliehen. Wenn ihr dann unter so einem Ungetüm steht, arbeitet jede Mechanik zusammen, und euer Körper wird so gut getäuscht, dass ihr das Ganze fast schon als real erlebt. Auch die Steuerung von Horizon Call of the Mountain ist intuitiv gehalten, vor allem bei kleinen Dingen wie dem Herstellen von Gegenständen zeichnet sich das Game aus. Das Zielen funktioniert hervorragend, und es gibt jede Menge zusätzliche Optionen bezüglich Steuerung und Komfort für alle Spieler:innen.
Das Fazit zum Spiel: Ein VR-Must-have
Nun, Horizon Call of the Mountain ist vielleicht kein vollwertiger Horizon-Titel geworden, wie ihn sich so mancher Fan der Reihe gewünscht hätte. Keine offene Welt, eher ein lineares Spiel, und ihr steuert nicht Aloy – das klingt zunächst nicht recht spektakulär. Aber als Vorzeige-Game für die neue PS VR2-Hardware funktioniert der Ableger hervorragend, und da kommen einige Faktoren zusammen. Natürlich ist die überragende Grafik tonangebend, und auch die Soundkulisse trägt so einiges zum Spielerlebnis bei. Die Steuerung leistet sich ebenso keine Fehler, und es ist unglaublich, wie schnell man in einem derart schönen Spiel versinken kann. Eure Reise wird je nach Sammellust und Erforschungslaune zwischen zehn und 15 Stunden dauern, das ist für einen VR-Titel auch okay.
Als Minuspunkt ist das Übermaß der Kletterpassagen zu erwähnen. Ich habe gefühlt zu viel Zeit mit Klettern und Herumhangeln verbracht, und zu wenig Zeit mit den besagten Robo-Tierchen aus der Serie. Selbst wenn die Fortbewegung zur lästigen Pflicht verkommt und eure Spielzeit ein wenig künstlich in die Höhe treibt, so ist auch sie Teil des Erlebnisses dieses Games. Und unter dem Strich gibt es zum Launch des PS VR2-Headsets keinen besseren Titel, der dessen Vorzüge sowohl für VR-Neulinge wie auch für Alteingesessene eindrucksvoll unter Beweis stellt. Nur der Fakt, dass Horizon Call of the Mountain abseits des Hardware-Bundles ein Vollpreisprodukt (70 Euro!) ist, verhindert eine höhere Wertung. Wer die Gelegenheit hat, sollte sich auf diese Reise begeben, so gut ist sie!