Horizon: Forbidden West (PS5) im Test – Ein paar Schritte vor und einen zurück
Horizon: Forbidden West ist nun endlich erschienen. Ich habe mir Aloys zweites Abenteuer angesehen und sage euch, ob das Game die Robo-Mammut-Fußstapfen ausfüllen kann, in die es da steigt.
Horizon: Forbidden West – Darum gehts:
Auch wenn in realitas satte fünf Jahre zwischen dem Erscheinen von Horizon: Zero Dawn und Horizon: Forbidden West liegen, sind ingame gerade einmal sechs Monate ins Land gezogen, seit Aloy die Menschheit vor einem erneuten Untergang gerettet hat. Aber wer rastet, der rostet, also kann die toughe Nora-Jägerin leider nicht auf der faulen Haut herumliegen, geschweige denn ihre Vergangenheit und Herkunft mal in Ruhe aufarbeiten.
‚Faul’ ist dabei gleich das richtige Stichwort: Eine mysteriöse rote Fäulnis breitet sich über die Welt von Horizon: Forbidden West aus, die die junge erst wiederauferstandene Menschheit aufs neue bedroht. Und die mutterlose Sucherin Aloy kann natürlich nicht anders, als dieser Bedrohung auf den Grund zu gehen.
Auf ihrer Reise in den verbotenen Westen trifft Aloy sowohl auf sehr viele alte Bekannte, wie beispielsweise ihren Osseram Verbündeten Errend oder auch den zwielichtigen und undurchschaubaren „Frienemy“ Sylens, der sein ganz eigenes Süppchen kocht.
Die Story wird durch sehr cineastische Cutscenes vorangetrieben, in denen wirklich sämtliche Schauspieler:innen eine sehr gute Leistung abliefern. So vertiefen sich nicht nur die Beziehungen zu altbekannten Charakteren, sondern auch die Neuzugänge wachsen einem dank der glaubwürdigen Performances sehr schnell ans Herz.
In Summe bleibt die Story aber etwas hinter der des Vorgängers zurück. Die riesige Enthüllung und das Geheimnis, das Aloys Herkunft in Zero Dawn vorgelegt hat, kann einfach nur sehr schwer getoppt werden.
Machine Head(-huntress)
Am generellen Gameplay hat sich zum Glück in Horizon: Forbidden West nichts geändert. Auf Aloys Weg gen Westen kriegt sie es noch immer mit allerhand feindseligen Maschinen zu tun. Abseits der bereits bekannten Scrapper und Watcher, gesellen sich auch allerhand neue Robo-Tiere zur Mech-Fauna. Auch wenn die in größerer Zahl attackierenden Skydrifter und stark aggressiven Clawstrider schon herausfordernd sind, fordern sie die Nora-Sucherin im Vergleich zu den neuen Kolossen, wie dem bereits im ersten Gameplay Trailer vorgestellten Maschinen-Mammut, einer riesigen Mech-Cobra oder die nur dezent.
Zum Glück bekommt Aloy aber auch ein paar neue Jagdspielzeuge an die Hand, mit der sie die teils gigantischen Blechbüchsen Pfeil um Pfeil und Speer um Speer zu Schrott verarbeitet. Dabei gilt es natürlich wieder auf Elementarresistenzen zu achten und die dank Fokus gut sichtbaren Schwachstellen zu nutzen, damit die Giganten effizient zu Boden gerungen werden können.
Diese Kämpfe sind so wunderschön dynamisch und herausfordernd und haben seit Horizon: Zero Dawn nichts von ihrem Reiz verloren. Und wem die gelegentliche Jagd am Wegesrand noch zu easy ist, der kann sich gerne den Herausforderungen stellen, die die Arena bereithält.
Trotzdem kein Hauch von Wildnis
Einer der größten Kritikpunkte von Horizon: Zero Dawn waren die Nahkämpfe, die mauen Kletterpartien und das generelle Fortbewegungsrepertoire von Heldin Aloy. Besonders die gut sichtbaren gelben Markierungen vermittelten einen gewissen Boulderhallenflair mit den strikt vorgebauten Kletterrouten, was einen schonmal ein bisschen aus der Immersion riss.
Das Ganze haben die Damen und Herren von Guerilla Games etwas verbessert. Die Stellen, an denen Aloy beim Klettern halt finden kann tauchen nun nur noch auf, wenn sie ihren Fokus aktiviert und auch die Routen sind vielfältiger. Ein Breath of the Wild, bei dem wirklich alles erklettert werden darf oder auch ein Parkoursystem wie in der Assassin’s Creed Serie darf man sich allerdings nicht erwarten.
Allerdings bekommt sie auch Fortbewegungstechnisch neue Gadgets an die Hand. Sowohl ein Enterhaken, der auch in den Kämpfen bisweilen zusätzliche Manöver erlaubt, sowie ein Gleitschirm sind nun mit an Bord.
Auch die Nahkämpfe besonders mit den menschlichen Widersacher:innen bieten nun etwas mehr Tiefe. So tragen etwa manche Baddies Rüstungen, von denen sie erstmal entkleidet werden wollen, bevor man zum finalen Hieb ansetzt. Dennoch empfiehlt sich besonders in den Rebellencamps zuerst einmal die Leisetreterei, denn mit einer gegnerischen Übermacht endet das Geplänkel dann schonmal schnell in wildem Rumgefuchtel mit dem Speer.
Aloy hatte im Erstling – das Add-In mitgerechnet – vier Skilltrees die ihr das Überleben zunehmend erleichterten. Diese Anzahl an Bäumen ist um zwei weitere angewachsen. Die Entwicklung von Aloy findet in Horizon: Forbidden West daher etwas kleinteiliger statt und irgendwie hatten die Skills im Erstling mehr wumms. Es fühlte sich jeder Stufenaufstieg nach einer ziemlichen Progression an. Das ist nun etwas ausgebremst. Irgendwie schade, aber auch kein Beinbruch.
So. Much. Stuff.
Nun gehöre ich ja zur Gattung der Open World Junkies und freue mich im Vergleich zu vielen anderen ja durchaus über zig Ausrufezeichen, Points of Interest und sogar Sammelgegenstände, weil ich irgendwie dieses „Abarbeiten“ von ToDos durchaus genieße. Und davon bietet Forbidden West mehr als genug. Dennoch ist es natürlich umso schöner, wenn Nebenquests nicht nur aus Bringe X von Y und kloppe Z Gegner zu Klump bestehen.
Besonders rühmlich hat sich da ja The Witcher 3 hervorgetan. In dieser Liga spielt Horizon: Forbidden West zwar nicht, denn es gilt nicht wirklich Entscheidungen zu treffen, die so folgenschwer wirken wie beim Hexer, aber dennoch sind die kleinen Geschichten mit mehrstufigen Questzielen ein großer Schritt in die richtige Richtung im Vergleich zu den Fetch-Quests des Erstlings.
Ansonsten gibt es auch sehr viel zu tun. Von den Arenakämpfen sprach ich ja bereits und auch die erklimmbaren Tallnecks sind wieder zurück. Zudem gibt es noch kleinere erkundbare „Dungeons“ in denen kleine Schieberätsel das Open-World-Leben etwas auflockern. Es wartet also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen stumpfen To-Dos und schön gestalteten Sidequests.
Horizon: Forbidden West - das Fazit:
Manche Sequels sind einfach so gut, dass sie ein Franchise erst auf den richtigen Weg schicken. Man denke an Mass Effect 2 oder Assassin’s Creed 2.
Bei Horizon: Forbidden West trifft das leider nicht komplett zu. Aber im Gegensatz zu den beiden zuvor genannten hatte es seinen Weg schon in Horizon: Zero Dawn gefunden und auch alles andere auf Sand gebaut. Dieses stabile Fundament nutzt Horizon: Forbidden West um das bereits vor fünf Jahren erschienene Erstlingswerk spielerisch noch zu verbessern.
Was die Story angeht, ist das etwas anders. Was Horizon: Zero Dawn so grandios machte, war die Story. Ursprünglich schreckte mich das etwas zu fantastische Setting gar ab. Ich dachte mir, dass die Leute bei Guerilla Games wohl verdammt gutes Zeug konsumieren, wenn sie auf die Idee kommen, abgespacte Robosaurier auf Pfeil und Bogen bewehrte Neo-Steinzeit-Menschen zu hetzen. Als ich das ganze dann spielte und die ausgeklügelte Story zum Ende einfach voll Sinn machte und das Game obendrein noch eine extrem sympathische Heldin bot, war ich einfach nur von den Socken.
Dies fehlt leider in Horizon: Forbidden West. Klar. Ist ein derart großes Mysterium wie Operation Zero Dawn mal aufgedeckt, ist es schwer das zu toppen. Nichtsdestoweniger ist das jetzt schon wieder Kritik auf sehr hohem Niveau. Horizon: Forbidden West ist ein absolutes Must-Play, sowohl für Neueinsteiger:innen, als auch Fans des Vorgängers!