Kingdom Hearts Unchained (iOS) im Test
Die Kingdom Hearts-Reihe ist ein wahres Meisterstück von Square Enix: Gemeinsam mit Disney bringen sie die Helden von damals und heute spielbar auf den Fernseher. Kingdom Hearts Unchained ist nun der erste Titel für Smartphones und Tablets: Kann uns auch dieser Ableger überzeugen?
Kingdom Hearts Unchained ist im App Store und im Play Store gratis erhältlich. Die offizielle Website des Spiels zeigt schon die gewaltige Hingabe, mit der das Square Enix-Team an dem Titel gearbeitet hat. Die Herausforderungen sind zahlreich: Alte Fans sollen angesprochen werden, doch auch neue Spielerinnen und Spieler wollen gewonnen werden. Die Optik wurde schon durch sämtliche vorherigen Kingdom Hearts-Titel geprägt, keine Frage. Doch wie will man das actionreiche Game von PS2- und PSP-Zeiten auf einen Touchscreen rüberbringen? Mit einem kleinen bisschen Strategie.
Aller Anfang dauert ein wenig
Euer Game beginnt ganz gemächlich mit der Erstellung eures Avatares. Danach beginnt ein knapp 30 Minuten langes Tutorial, in dem ihr nicht wirklich die Freiheit besitzt, das zu tun, was euch beliebt. Aber keine Sorge: Nach der Einführung seid ihr euch selbst überlassen, ab da macht das Game auch richtig Spaß. Zuvor müsst ihr allerdings erst alle Grundlagen erlernen, die ich hier in aller Kürze präsentiere.
Die Grundlage eures Kampfes ist ganz Kingdom Hearts-like euer Schlüsselschwert. Dieses ist vor jeder Stage auszuwählen, denn ohne Waffe zieht ihr nicht in den Kampf. Jedes Schlüsselschwert besitzt Fassungen für Medaillen, von denen ihr eingangs ein paar erhaltet. Sie findet ihr später auch im Spiel oder könnt sie mit in-Game-Währung kaufen. Diese Medaillen sind eure Angriffe, die ihr pro Runde durchführen könnt, diese werden durch Charaktere symbolisiert. (Sie können in mehreren Schlüsselschwertern verwendet werden – keine Sorge, ihr müsst euch nicht jedes Mal wieder Gedanken darüber machen.)
Es kann also durchaus vorkommen, dass eure so zusammengestellte Party aus Donald, Micky und Goofy besteht, oder auch aus Hercules, Stitch und Yuna. Hier werden Heldinnen und Helden von Square Enix und Disney bunt durcheinandergemischt, wahrlich eine Freude für GamerInnen! Damit nicht genug: Jede Medaille wird in eine von drei Kategorien eingeteilt: Geschwindigkeit (grün), Kraft (rot) und Magie (blau). Je mehr Sterne die Medaille hat, um so mehr Potential steckt darin, wenn ihr sie ausbaut und verstärkt.
Im Spiel – die Stages lassen sich auch problemlos wiederholen – könnt ihr verschiedene Komponenten sammeln. Kingdom Hearts Unchained hat Unmengen an kleinen Materialien, von denen ihr eine bestimmte Anzahl für ein Upgrade benötigt. Ihr könnt sowohl euer Schlüsselschwert für mehr Angriffe pro Runde (also mehr Medaillen) hochstufen oder aber die Medaillen verstärken und schlussendlich entwickeln. Dieser Prozess wird aber im Game sehr gut erläutert und würde hier jeglichen Rahmen sprengen.
Denken statt prügeln
Jetzt geht es erst richtig los: Eure Schlüsselschwerter besitzen Fassungen für Medaillen, wobei bestimmte Fassungen bestimmte Typen verstärken. Es kann also sein, dass ein Schwert in einer Fassung Geschwindigkeit und in einer anderen Fassung Kraft verstärkt. Je nachdem, wo ihr eure Medaillen einsetzt, verschafft euch das einen taktischen Vorteil oder auch nicht. Darüber hinaus wird euch vor jeder Stage angezeigt, welchem Typ das zu erlegende Ziel angehört. Grün schlägt Blau, Blau schlägt Rot, Rot schlägt Grün.
Das heißt, dass eure schnellen KämpferInnen ohne Probleme feindliche Magier ausschalten können (sie verursachen mehr Schaden), richten normalen Schaden bei schnellen Gegenübern an und können nur die Hälfte ihrer Angriffskraft nutzen, wenn sie gegen kräftige Feinde kämpfen. Dieses Dreiecksverhältnis zieht sich durch das gesamte Spiel und wird von euch spätestens nach einer bis zwei Spielstunden vollinhaltlich verstanden. Sehr gut: Kingdom Hearts Unchained zeigt euch nämlich durch leuchtende Symbole vor der Attacke an, wenn einer eurer Angriffe besonders stark wirkt.
Apropos Angriffe: Es gibt drei verschiedene Arten, die ihr auslösen könnt. Im Kampf gegen einzelne Gegner empfiehlt es sich, auf den Bildschirm zu tippen. So bündelt ihr die Kraft auf einen Feind und richtet guten Schaden an. Wischt ihr über den Bildschirm (egal welche Richtung), greift euer Charakter sämtliche Feinde am Screen an, verteilt aber auf den einzelnen Zielen dabei logischerweise weniger Schmerz als mit einer fokussierten Attacke. Die Spezialattacken sind je nach Charakter unterschiedlich und werden dadurch ausgelöst, dass ihr das Bild des Helden oder der Heldin von links unten in die Mitte des Screens zieht.
Die Special-Zahl links oben wird durch Angriffe eurerseits befüllt, die ihr mit Spezialattacken eurer Medaillen, also Charaktere, wieder verbraucht. Die Zahl neben den Avataren zeigt, wie viele Special-Punkte ihr benötigt. Oben seht ihr, wie viele Gold-Truhen, normale Truhen, wie viel Munny (ein Wortspiel von money, also Geld) und wie viel Lux ihr gesammelt habt. Lux stellt die Erfahrung in Kingdom Hearts Unchained dar und ist natürlich für eure Charakterentwicklung sehr wichtig. Rechts unten seht ihr noch das Dreiecksverhältnis zwischen Kraft, Geschwindigkeit und Magie.
All die Möglichkeiten
Es ist überhaupt kein Problem, taktisch ein wenig unüberlegt vorzugehen, wenn ihr dafür mit roher Kraft aufwarten könnt. Jeder Charakter hat eine gewisse Grundstärke, die dann abhängig vom Typus, der gerade angegriffen wird, verändert wird. Damit sich die Spielerinnen und Spieler aber mit dem System auseinandersetzen, hat Square Enix den sogenannten 1-Turn-Triumph geschaffen. Dieser Ein-Zug-Sieg verlangt also von euch, dass ihr in der ersten Runde schon alles erlegt, was euch gegenübersteht. Das wird auch immer wieder für Herausforderungen verlangt. Dafür gibt es auch Extragold, Extra-Erfahrung und mehr.
Habt ihr fürs Erste genug von der Hauptstory, gibt es die Option, bei gewissen Events mitzuspielen oder Stages zu erforschen. Auch superstarke Raid-Bosse kommen euch dann und wann unter, diese fallen aber nicht unter den “Zwang”, sie in einer Runde niederzumachen. Auch sie haben so wie jeder andere Gegner einen Typ, und ihr erfahrt es vor dem Kampf: Bereitet euch stets gut vor, und niemals werdet ihr Probleme haben. Zusätzlich könnt ihr einen Charakter von anderen Spielern mit auf die Reise nehmen. Gerade zu Beginn freut ihr euch, wenn ihr einen Avatar mit über 5.000 Stärke wählen könnt.
Diese Freundes-Charaktere können schon den einen oder anderen Kampf entscheiden. Damit ihr aber selber an stärkere Medaillen kommt, gibt es Juwelen, die ihr für solche ausgebt. Zum Zeitpunkt des Tests waren die folgenden Pakete verfügbar: 1 Charakter um 300 Juwelen, 3 Charaktere um 600 Juwelen. 5 Charaktere gibt es um 1500 Juwelen, und 10 Charaktere um 3000. Warum sollte ich dann jemals etwas anderes kaufen als die Dreier-Kombo um 600 Glitzermünzen? Keine Ahnung, was da der Sinn dahinter ist.
Euer Avatar darf schlussendlich auch aufgewertet werden, damit ihr grundsätzliche Werte erhöhen könnt. Euer maximales Leben, eure Schlüsselschwert-Macht und auch eure Energieleiste fürs Weiterspielen, die sich alle Nase lang wieder auffüllt, können mit Avatar-Punkten nach Belieben erhöht werden. Der Fokus liegt ganz klar auf Strategie: Da Kingdom Hearts Unchained rundenbasiert ist, kommt niemals Stress auf und erfreut Jung und Alt. Euer Abenteuer beginnt bei den sieben Zwergen, bevor ihr ins Wunderland reist. Danach besucht ihr Agrabah und reist in die Lande von Kingdom Hearts – Disney vom Feinsten eben!
Kingdom Hearts Unchained: Entfesselt
Das Spiel wird seinem Namen in jedem Fall gerecht. Egal, was man von dem meiner Meinung nach zu langen Tutorial halten mag oder über die Energieleiste denkt: Square Enix hat hier eine starke Balance gefunden, die sowohl Fans als auch NeueinsteigerInnen anspricht. Kingdom Hearts Unchained beginnt als einfaches Game und wirkt in der ersten Stunde noch relativ unscheinbar. Spätestens bei den ersten Raid-Bossen und den nicht mehr ganz leichten Herausforderungen wird der Ehrgeiz geweckt, und das ist gut so!
Für einen Gratis-Titel hat das Spiel extrem viel Tiefe, und der Fokus auf Strategie ist für mich mehr als nur willkommen. Genau so muss man mit einem Franchise vorgehen: Durch den gleichzeitigen Release auf iOS und Android erreicht Square Enix eine Unzahl von Personen, die vorher noch nie von Kingdom Hearts gehört haben oder es noch nie spielten. Nicht jeder von uns hat eine PS2 (oder PS3, wenn man das Remake mitzählt), doch mit einem iOS- oder Android-Gerät sieht es schon viel besser aus. Technisch wie auch als Game gefällt mir der Titel extrem gut, und der Suchtfaktor ist unvergleichlich.
Der erreichbare 1 Zug-Triumph ist immer wieder eine Freude, wenn euch eine riskante Strategie aufgeht. Die Grafik ist zuckersüß und bringt euch die Geschichte rund um Kingdom Hearts problemlos näher. Die musikalische Untermalung wird dem Franchise so gerecht, wie es nur sein kann und serviert neben altbekannten Tunes auch neue Melodien. Die Energieleiste für Free-to-Play-Titel ist zwar vorhanden, füllt sich allerdings rasend schnell wieder auf und fällt daher nicht ins Gewicht. Alles in allem kann ich nur sagen, dass Kingdom Hearts Unchained ein Pflichttitel für euer Smartphone oder Tablet ist. Gebt ihm eine Chance, wer weiß, vielleicht holt euch dann auch das Kingdom Hearts-Fieber?
[…] Kingdom Hearts Unchained (iOS) im Test […]