The Last of Us: Left Behind (PS3) im Test
Mit Left Behind liefert Naughty Dog den ersten und zugleich letzten Single-Player-DLC zum Ausnahmegame The Last of Us. Gerade wegen des hohen Niveaus der Story rund um Joel und Ellie waren die Erwartungen an den DLC sehr hoch. Ob der Trip in Ellies Vergangenheit sich als interessanter und würdiger Eintrag in die Story erweist, oder es besser gewesen wäre, The Last of Us in Frieden ruhen zu lassen, lest ihr im Test.
Letʼs Go to the Mall
Left Behind erzählt die Geschichte einer folgenschweren Nacht in der Quarantänezone von Boston aus der Zeit, bevor Ellie und Joel aufeinandertreffen. Ihren Ausgang nehmen die Ereignisse als Riley, Ellies verschollen geglaubte Freundin, plötzlich bei ihr auftaucht und sie überredet, mit ihr einen kleinen Ausflug zu unternehmen. Riley, die inzwischen der Widerstandsbewegung der Fireflies beigetreten ist, versucht während eines Abstechers in ein verlassenes Einkaufszentrum, Ellies Vertrauen zurückzugewinnen. Soweit das Setup. Gerahmt wird diese Episode von einem bis dato schwarzen Fleck innerhalb der Story des Hauptspiels, in dem Ellie – auf sich allein gestellt – unterwegs ist, um Medikamente für Joel zu besorgen. Die Einsamkeit und der höhere Actiongehalt dieses Settings kontrastieren wunderbar die ruhigere Gangart und den zwischenmenschlichen Fokus der Prequel-Storyline rund um Riley. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit kommt dem Spiel aber nicht nur gameplaytechnisch, sondern auch in puncto Storytelling sehr zugute. Anstatt die famos einfühlsam erzählte Geschichte von Riley und Ellie durch periodische Actioneinlagen zu stören, wechselt Left Behind immer wieder einmal auf die Ebene der Rahmenhandlung, wo das combatorientierte Gameplay das bedrückende Gefühl, auf der Flucht zu sein, unterstützt.
In den großen Setpieces, in denen sich die Action überwiegend abspielt, bleibt gameplaymäßig eigentlich fast alles beim Alten; mit dem kleinen Unterschied, dass einige der Kämpfe in Left Behind damit beginnen, dass Ellie die Möglichkeit hat, die Banditen und die Infected gegeneinander auszuspielen. Bleibt sie dabei lange genug unentdeckt und stellt sich klug an, erledigen sich die Gegner gegenseitig. Aber hin und wieder geht jeder noch so sorgsam zurechtgelegte Plan den Bach hinunter, und wenn das passiert, heißt es mit Zähnen und Krallen ums nackte Überleben kämpfen. Wie schon in The Last of Us lässt die brutal und roh in Szene gesetzte Action den Adrenalinpegel in die Höhe schnellen. Trotz des mehr als soliden Stealth- & Actiongameplays liegt die eigentliche Stärke von Left Behind in der glaubwürdigen, subtil erzählten Geschichte von Riley und Ellie und damit in der Vergangenheit.
P.S. I Love You
Der Mall-Trip der beiden Mädchen zeigt in puncto Dialoge und in Sachen Gameplay, warum The Last of Us als Storytelling-Meisterwerk gilt. Wo andere Games beim Versuch, glaubwürdige Charaktere zu schaffen, meist wegen übertriebener Exposition und klischeehafter Dialoge scheitern, respektiert Left Behind sein Publikum genug, um eine Geschichte zu erzählen, die vor allem von dem lebt, was zwischen den Zeilen passiert. Die SprecherInnen in der englischen Originalfassung helfen dabei enorm, glaubwürdige und subtile Charaktere zu schaffen. Wer jetzt befürchtet, dass wegen der Dialoglastigkeit und dem bereits erwähnten geringen Actionanteil im Prequelpart von Left Behind Langeweile aufkommt, täuscht sich gewaltig. Obwohl kaum geschossen und gekämpft wird, kommen verschiedene bekannte und leicht variierte Gameplaymechaniken aus dem Hauptspiel zum Einsatz. Das macht Left Behind zusammen mit den Zeitsprüngen zu einer durchaus abwechslungsreichen und kurzweiligen Erfahrung. Apropos kurz – die Spieldauer von circa zweieinhalb Stunden mag angesichts des nicht ganz billigen Preises für den DLC (14,99 Euro) relativ kurz erscheinen, trotzdem kann man jedem Fan von The Last of Us das Prequel Left Behind nur wärmstens empfehlen, denn selten trifft die oft bemühte Floskel „Qualität statt Quantität“ so zu wie in diesem Fall. Wer Interesse an erwachsenen Themen, exzellentem Storytelling und starken Frauenfiguren hat, neben denen selbst die neue Lara wie eine klassische Damsel in Distress wirkt, oder einfach nur mehr über Ellie erfahren will, sollte sich schleunigst Left Behind besorgen. Und wer The Last of Us immer noch nicht gespielt hat, ist sowieso selbst schuld.