Magic Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde im Test – Küchentisch Magic

von David Kolb-Zgaga 25.06.2023

Zum Start von Magic Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde Edition möchte ich euch einen leichten Einstieg in Magic zeigen.

Full Disclosure: Für den Test habe ich folgende Produkte zur Verfügung gestellt bekommen:

  • 1x Einsteigerpaket
  • 1x Prerelease Pack
  • 4x Jumpstart Boosterpack
  • 3x Draft Boosterpack
  • 5x Setboosterpack

Hier findet ihr eine Liste was in welchen Boosterpacks enthalten ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit ihr bestimmte Foilkarten, etc. ziehen könnt.

Passt wie Ring auf Ringfinger

Mal ganz abgesehen von Kartenmechaniken sind die beiden Franchises Magic the Gathering und Der Herr der Ringe, wie geschaffen für einander. Schon länger gibt es in Magic die Universes Beyond, wo es schon frühere Crossover mit Warhammer 40.000 oder Dungeons and Dragons gemacht wurden. Für 2024 erwarten uns dann sogar Final Fantasy und Assassin’s Creed. Keine Frage, dabei sind und werden großartige Produkte entstehen (ich besitze selbst ein 40K Commanderdeck, dass ich sehr ins Herz geschlossen habe), aber keines ist meiner Meinung nach so wichtig wie Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde. Der Herr der Ringe ist die wohl bekannteste Fantasystory und verfügt über das perfekte Setting mit Magie, epischen Schlachten, verschiedenen Völkern (mein Elfendeck bekommt Zuwachs).

Ja klar, man könnte sich in Zukunft auch noch Harry Potter oder Star Wars mit ähnlicher Tragweite vorstellen, aber nichts wird so perfekt zum Setting und zur generellen medialen Präsenz passen wie Der Herr der Ringe. Das spiegelt sich auch in Social Media und diversen Reddit Threads wieder, wo Leute, die 20 Jahre kein Magic gespielt haben, nun wegen dieser Edition zurückkehren. Sollte es euch ähnlich gehen, habe ich einen eigenen Artikel dazu verfasst, der euch den Einstieg in die Welt und die Produktriege erleichtern soll. Darin steht unter anderem, dass ihr  die Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde Karten gar nicht im Standard Format spielen dürft (dazu später noch mehr).  Hier findet ihr den Link dazu.

Same but different

Bevor wir einen genaueren Blick auf Mechaniken und ähnliches werfen, muss ich einmal darauf eingehen wie gut Wizards of the Coast das Der Herr der Ringe Feeling untergebracht hat. Das Universum von Tolkien liefert zwar viele bekannte Charaktere, aber reicht das für ein ganzes Set an neuen Karten aus? Um dieses kleine Problem zu umgehen, gibt es nicht nur einen Frodo, einen Aragorn, einen Sam usw. Sie alle sind in verschiedensten Szenerien abgebildet. Gandalf ist dabei das simpelste Beispiel. Da gibt es natürlich Gandalf den Grauen (blau/rot), Gandalf den Weißen (weiß), aber zusätzlich auch noch Gandalf, Freund des Auenlandes (blau) und Gandalf, Weißer Reiter (weiß).

 

Jede Karte hat ganz andere Fähigkeiten und passt sich der jeweiligen Magic Farbe thematisch sehr gut an. Weil es wenig Sinn macht, wird Gandalf niemals mit schwarzem Mana gespielt werden, aber die verschiedenen Typen lassen es zu, dass der Charakter nicht nur einfärbig ist, sondern in seiner Version in ganz vielen, verschiedenen Decks unterkommen kann. So umgeht man auch, dass alle „guten“ Charaktere nur weiß oder vielleicht noch grün sind und alle „bösen“ schwarz oder vielleicht noch rot. In meinen Augen ist dieser Kniff so simpel wie genial. Sauron kann z.B. als Nekromant in rein schwarz, aber auch in blau/schwarz/roter Form gespielt werden.

Noch dazu kommt, dass auch die Spontanzauber, Hexereien und Verzauberungen Erlebnisse aus der Welt wiedergeben, wo ebenfalls bekannte Charaktere zu sehen sein können. So sieht man beispielsweise bei Gandalfs Strafe wie Gandalf gegen Saruman kämpft. Der Beschreibungstext zeigt: „Mit einem Knall zerbrach der Stab in Sarumans Hand und sein Endstück fiel Gandalf vor die Füße.“ Klar es gibt auch wenig sagende Goblins, Fledermäuse etc. aber beim Großteil der Karten geht mir als Der Herr der Ringe Fan das Herz auf.

Das liegt nicht zuletzt auch an den schönen Illustrationen. Klar, viele von uns, auch ich, haben die Filme im Kopf und natürlich wäre es cool wenn Gandalf exakt wie Ian McKellen aussieht. Das klappt aber rechtetechnisch ohnehin nicht und deshalb schätze ich diese Neuinterpretation. Ich finde es schön, dass hier neue Wege gegangen werden und Aragorn nun Schwarz ist (das ohnehin nur eine Nebensächlichkeit sein sollte, aber zu einem sehr merkwürdigen und unrühmlichen Twitter Shitstorm geführt hat). Für mich ist es gut und wichtig das Flair zu erhalten und das ist meiner Meinung nach absolut gelungen.

The ring tempts you… in more then one way

Das spiegelt sich auch im Design wieder, denn die Szenenkarten ohne Rand und Länder ohne Rand sehen schon fantastisch aus. Überboten wird das meiner Meinung nach aber noch von den Showcase-Ring-Kartendrucken.

Und klar, wenn es Magic Karten mit krakeligem, unleserlichem Phyrexianisch gibt, dann ist die elbische Schrift eine low hanging fruit. Natürlich sind diese auch besonders selten.

In die Mainstreammedien hat es aber nur der The one of one rings geschafft. Irgendwo in einem  Geschenkbundle oder in einem der ultrateuren Collectors Boosterpacks (nur in den englisch sprachigen) könnt ihr diesen besonderen Ring ziehen. Ja die Idee ist cool, ja sie hat auch PR technisch voll ins schwarze getroffen und ich mag die Vorstellung des einen, einen Rings. Aber mal ehrlich 50 Euro für ein Boosterpack? Das ist mir deutlich zu viel und schon in der letzten Edition Marsch der Maschine waren es immerhin stolze 22 Euro.

The ring tempts you… in the game as well

Bleiben wir dennoch beim Ring, denn da hat sich spielerisch am meisten getan, der Ring versucht euch nun zu verführen. In einem mehrstufigen Prozess verführt euch der Ring und macht euren ausgewählten Ringträger immer mächtiger. Wer die Regeln noch genauer wissen möchte findet hier. Hier nochmal die Karte als Hilfestellung:

Da man den Ringträger wechseln kann ist das stufenbasierte System, dass sich nach unten hin erweitert sehr flexibel einsetzbar. Habt ihr eine besser geeignete Kreature ausgepsielt? Kein Problem, lasst euch noch mal vom Ring in Versuchung führen und wechselt den Ringträger. Gerade im Commander Modus macht das in voller Ausbaustufe sehr viel Spaß, da man so gleich allen Spieler:innen schadet. Aber auch die erste Fähigkeit ist nicht zu unterschätzen, denn so können kleine, aber feine Kreaturen nur schwer blockbar. Außerdem ist es wichtig, dass der Ringträger dadurch legendär wird, da gerade in dieser Edition mit genau diesem Keyword viel gearbeitet wird. Die Spielmechanik an sich finde ich zwar etwas kompliziert, aber dann doch schnell gelernt und vielfältig einsetzbar. Wahrscheinlich wird sich das im großen Metagame nicht vollends durchsetzen, aber für mich als Casual Magic Spieler ist es eine coole Sache. Einziger Kritikpunkt ist, dass es keinen Sinn in der Welt von Der Herr der Ringe ergibt, dass es durch die Versuchung des Rings überhaupt keine Mali gibt. Immerhin wurde dies aber mit der Karte des einen Rings so gemacht.

Viel treffender für die Lore ist da dann schon die neue Fähigkeit Ork Aufmarsch (genaues Regelset hier). Naja, so neu ist sie dann doch nicht, denn Aufmarsch gab es ja schon und an Stelle einer Zombie-Armee, bekommt ihr nun eben eine Ork-Armee. An sich aber eine gute Sache denn Ork-Armeen gibt es in Mittelerde wie Sand am Meer, weshalb es gut ist, dass diese damit auch vertreten sind.

Das führt mich auf eine kleine Nebentangente, denn Schlachten gibt es in Der Herr der Ringe auch ganz schön viele, Zufälligerweise gab es in der letzten Edition Marsch der Maschine (hier geht’s zum Review, in dem die Schlachtmechanik ausführlich beschrieben ist) den neuen Kartentyp Schlachten. Es wäre sehr naheliegend gewesen diese Mechanik auch auf Mittelerde zu übertragen. Ich persönlich bin allerdings ganz froh, denn für mich haben sich Schlachten als Risk und viel Reward herausgestellt. Wenn ihr vorne liegt super, wenn nicht werdet ihr die Schlacht auch nicht mehr niederringen. Außerdem heißt das ja nicht, dass wir die Schlachten Mechanik nie wiedersehen und es wäre für Wizards of the Coast ohnehin untypisch gewesen diesen Kartentyp in jede neue Edition mit einzubauen.

Einsteigerpaket im falschen Format

Weil ich aber schon ein Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde Einsteigerpaket bekommen habe, möchte ich natürlich auch ein paar Worte darüber verlieren.

Ich persönlich stehe immer noch dazu, dass es mehr Spaß macht sich ein Precon Commander Deck aus dieser Edition zu holen, aber das kostet eben seine 60 Euro. Für sehr kleines Geld, nämlich für 20 Euro bekommt ihr zwei spielfertige Decks. Einmal gibt es da das grün/weiße Deck mit Aragorn und Arwen, das Brautpaar und zweitens das schwarz/rote Deck mit Sauron, das lidlose Auge als Signature Karte.

Gerade zum Einstieg um z.B. das Format Standard zu erlernen, passt das sehr gut. Die Decks (hier die Decklisten) enhtalten jeweils fünf Rares, wobei mir das grün/weiße ein wenig ausgewogener und besser erschienen ist. Es gibt ganz gute, kleine Synergieeffekte und man wird mit allen Mechaniken vertraut. Das Spielgefühl ist gut, an sich ist das hier ein sehr gutes Einsteigerprodukt. Mein geschätzter Magicbuddy hat mich dann zurecht darauf aufmerksam gemacht, wieviel besser diese zwei Decks sind als die Precons, die wir uns damals zu Mirrodin Zeiten gekauft haben. Das Deck Sacrificial Bam, welches ich mir damals zugelegt habe, war mit deutlich mehr Lücken und weniger Synergien ausgestattet.

Es gibt dann doch noch ein großes Aber. Magic Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde ist nicht im Format Standard oder Pioneer zugelassen. Untereinander könnt ihr natürlich spiel wie ihr wollt (und ich bin auch großer Fan davon). Solltet ihr euch aber mal zu einem Modern Abend im örtlichen Magicstore wiederfinden, wo das Deck zugelassen ist, werdet ihr bereits nach vier Runden verlieren und absolut chancenlos sein. Dort werden mit vierstelligen Eurosummen Decks gebaut und ihr seid als Einsteiger absolut nicht die Zielgruppe. Deshalb würde ich wie erwähnt zu Commander tendieren. Wenn ihr aber für zehn Euro (wenn ihr euch es z.B. mit einem Freund teilt) die Basics erlernen  wollt, dann macht ihr hier nicht viel falsch.

Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde Fazit

Das ist das auch mein einziger wirklicher Kritikpunkt (neben den teuren Collector Boosterpacks). Außerhalb von Commander werden sich diese Karten nicht wirklich durchsetzen. Mir als Küchentisch Magic Spieler ist das aber ohnehin egal, denn diese Edition macht einfach so viel Lust darauf Magic zu spielen. Sie ist eine Verbeugung vor Mittelerde, ihren Figuren, fängt die Atmosphäre im Design ein und hat bestehende Magic Mechaniken gut mit der Lore von Der Herr der Ringe verwoben. Egal ob ihr mit Hobbits ein zweites Frühstück einnehmt (Stichwort Speisespielsteine) oder ob ihr nun neun verschiedene Nazguls (ansonsten sind höchstens vier Stück der gleichen Karte erlaubt) in euer Deck schmeißt (mein Dimir Control Deck lechzt danach).

Es sind sehr viele kluge Gedanken in das Spieldesign geflossen. Wenn ihr also Fan von Magic oder Der Herr der Ringe seid, dann nutzt die Chance und taucht in die Welt von Magic Der Herr der Ringe: Geschichten aus Mittelerde ein.