Natürliche Evolution: Warum 80,- Euro für ein Spiel echt nicht zu viel verlangt sind

von Mandi 08.04.2025

Die Ankündigung von Nintendo, dass Switch 2-Spiele bis zu 80 Euro (digital) und 90 Euro (physisch) kosten, sorgen für Diskussionen in der Gaming-Welt.

80,- Euro – der neue Standard?

Doch betrachtet man die historische Preisentwicklung, die gestiegenen Produktionskosten und die jahrzehntelange Preisstabilität, erscheint der Sprung auf 80 Euro weniger als Schock, sondern vielmehr als überfällige Anpassung an wirtschaftliche Realitäten. Videospielpreise waren über Jahrzehnte bemerkenswert stabil, trotz steigender Produktionskosten und allgemeiner Inflation. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren kosteten Spiele in Österreich oft zwischen 60-75 Euro. Deutsche Nutzer erinnern sich an Preise von bis zu 160 DM für Titel wie GoldenEye 64. Mit der Einführung des Euro stabilisierten sich die Preise bei etwa 60 Euro für AAA-Titel, mit gelegentlichen Ausnahmen wie The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom, das für 70 Euro angeboten wurde. Diese Preisstabilität stellt eine Anomalie dar, wenn man bedenkt, dass die meisten anderen Konsumgüter im gleichen Zeitraum deutliche Preissteigerungen erfahren haben. Ein Reddit-Nutzer brachte es auf den Punkt: „Die Preise passen sich nur an. Früher haben Spiele auch mal 70-80 DM gekostet. Wir landen wieder genau da“.

Berücksichtigt man die Inflation (ein Reizthema mittlerweile), wird die Diskrepanz noch deutlicher. Ein Spiel, das 1999 in Deutschland für 150 DM (etwa 75 Euro) verkauft wurde, würde inflationsbereinigt heute etwa 125 Euro kosten. Aus dieser Perspektive erscheinen 80 Euro für ein modernes AAA-Spiel sogar als verhältnismäßig günstiger. Ein wesentlicher Faktor für die Preiserhöhungen sind die dramatisch gestiegenen Entwicklungskosten moderner Videospiele. Die Erwartungen der Spieler an Grafikqualität, Spieltiefe, Umfang und technische Perfektion sind exponentiell gewachsen. Während früher kleine Teams mit begrenzten Budgets Spiele entwickeln konnten, arbeiten heute oft hunderte Entwickler jahrelang an einem einzigen Titel. Die Produktionskosten für AAA-Spiele sind in die Höhe geschnellt, während die Verkaufspreise über Jahrzehnte nahezu unverändert blieben. Diese Diskrepanz hat zu alternativen Monetarisierungsmodellen wie Mikrotransaktionen, Season Passes und DLCs geführt – Praktiken, die von vielen Fans kritisch gesehen werden.

Neue Preise, neue Realität

Nintendo scheint nun die Vorreiterrolle bei der Anpassung von Spielepreisen an aktuelle wirtschaftliche Realitäten zu übernehmen. Mit der Switch 2 führt das Unternehmen ein differenziertes Preismodell ein:

Mario Kart World: 80 Euro (digital), 90 Euro (physisch)

Donkey Kong Bananza: 70 Euro (digital), 80 Euro (physisch)

Interessanterweise ist die höhere Preisgestaltung nicht einheitlich für alle Titel. Nintendo scheint eine wertbasierte Preispolitik zu verfolgen, bei der Flaggschiff-Titel wie Mario Kart höher bepreist werden als andere Spiele. Auch im PC-Bereich zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. Titel wie Metal Gear Solid Delta: Snake Eater, Doom: The Dark Ages und der Microsoft Flight Simulator 2025 werden auf Steam bereits für 79,99 Euro angeboten. Und Indie-Titel kosten sowieso irgendwelche Preise – Nintendo selbst sagt, dass das mit der Länge, dem Entwicklungsaufwand und auch dem Wiederspielwert begründet wird. Der bekannte Branchenanalyst Matt Piscatella bezeichnet die neuen Preise als „neue Normalität“. Er geht davon aus, dass die höheren Preise zunächst keine negativen Auswirkungen auf die Verkaufszahlen haben werden: „Nach unseren Marktbeobachtungen werden die Verkäufe an einkommensstärkere oder wohlhabendere Haushalte von dieser Preisgestaltung wahrscheinlich nicht beeinflusst“.

Piscatella weist auch darauf hin, dass die sogenannten „Super-Enthusiasten“ bereit sein werden, jeden Preis zu zahlen, um die neuesten Spiele und Konsolen zu erwerben. Aufgrund der typischerweise begrenzten Stückzahlen im Einführungsjahr erwartet er keine Beeinträchtigung der Verkaufszahlen durch die höheren Preise. Es wird auch spekuliert, dass andere große Publishern diesem Beispiel folgen könnten. Rockstar hat ja Gerüchten zufolge ebenfalls mit dem Gedanken gespielt, für GTA 6 höhere Preise bis zu 100,- Euro zu verlangen – und viele Publisher nur darauf gewartet, dass jemand damit beginnt, um nachzuziehen“. Bei der Diskussion über Spielepreise geht es letztlich um die subjektive Frage nach dem Wert. Ein Spiel, in das Spieler hunderte Stunden investieren, könnte selbst bei einem Preis von 80 oder 90 Euro ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten als viele andere Unterhaltungsformen. Wer in letzter Zeit etwa zu dritt oder zu viert ins Kino ging, oder Kart fahren, weiß, was das alles kostet.

Mehr Preis für mehr Wert

Reddit-Nutzer argumentieren mitunter: „Ich finde ein Spiel für 90 Euro, wo man an die 100 Stunden reinsteckt, ist doch gut angelegtes Geld“. Vergleicht man die Kosten pro Stunde mit anderen Unterhaltungsmedien wie Kinobesuchen oder Streaming-Diensten, erscheinen Videospiele trotz höherer Einstiegskosten oft als kostengünstigere Option. Gleichzeitig gibt es berechtigte Bedenken hinsichtlich der Zugänglichkeit. Höhere Preise könnten einkommensschwächere Spieler ausschließen und die Gaming-Community fragmentieren. Besonders problematisch erscheint dies bei Nintendo-Spielen, die traditionell auch lange nach Veröffentlichung kaum im Preis sinken, im Gegensatz zu PC-Spielen, die regelmäßig in Sales angeboten werden. Vor allem die Positionierung als Familiensystem geht dann auch aufgrund der teuren Joy Con 2-Controller ins Geld, aber es ist, was es ist: Eine unvermeidliche Entwicklung.

Der Anstieg der Spielepreise auf 80 Euro erscheint als logische und unvermeidliche Entwicklung in einer Branche, die jahrzehntelang Preissteigerungen widerstanden hat, während die Produktionskosten kontinuierlich stiegen. Betrachtet man die historischen Preise, die Inflation und die gestiegenen Entwicklungskosten, war diese Anpassung nur eine Frage der Zeit. Die Gaming-Industrie steht nun vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zu finden zwischen angemessenen Preisen, die die steigenden Kosten decken, und Zugänglichkeit für eine breite Spielerbasis. Ob die neue Preisstruktur von Nintendo zum neuen Standard wird oder ob der Markt differenziertere Preismodelle entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Was jedoch klar erscheint: Die Ära der 60-Euro-Standardpreise neigt sich dem Ende zu, und wir treten in eine neue Phase der Videospielökonomie ein, in der 80 Euro wahrscheinlich nicht die Obergrenze darstellen werden. Deluxe-Versionen von Games haben diese Grenze jetzt schon mehrfach überschritten, die Vorboten sind schon alle da. Was haltet ihr davon – fair oder nicht?

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