Nintendo Labo im Test – teurer Bastelspaß
Mit Nintendo Labo haben die Mario-ErfinderInnen nicht nur ihr kreatives Spektrum, sondern auch die Nintendo Switch um ein faszinierendes neues Feature erweitert. Das Stoffe und Materialien in Nintendo-Spielen einen hohen Stellenwert einnehmen, wissen Fans ja spätestens seit Yoshis Woolly World. Mit den beiden Toy-Con getauften Bastelsets von Nintendo Labo werden diese aber endlich auch ertast- und erlebbar.
Papp-Kameraden
Bei Nintendo Labo handelt es sich um komplexe mechanische Karton-Bastelsets. Was erst mal völlig untypisch für eine Videospiel-Schmiede klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick als perfekte Erweiterung des grenzenlosen Spielprinzips in den realen Raum. Was Nintendo einst mit der Wii-Remote und dem Wii Balance-Board salonfähig gemacht hat, wird hier lediglich konsequent weitergedacht. In einer solchen Toy-Con Schachtel, derer Nintendo zwei verschiedene im Angebot hat, befinden sich in etwa ein Duzend vorgestanzte Pappkarton-Bögen. Eine Bauanleitung sucht man vergeblich, stattdessen liegt der Box eine Cartridge für die Nintendo Switch bei.
Kindgerechte Bastelanleitung
Der Software-Teil von Nintendo Labo besteht aus drei Kategorien: Bauen, Spielen und Entdecken. Zuallererst ist logischerweise mal der Bauen-Teil an der Reihe. In anschaulichen interaktiven Videos bringt das Spiel euch die Grundlagen des Kartonfaltens bei. Alle Kartonbögen hat Nintendo in liebevoller Kleinarbeit als 3D-Modelle nachgebaut, wodurch die Kamera jederzeit frei um das zu schaffende Kunstwerk gedreht und gezoomt werden kann. Je Videosegment wird erstmal das nächste Stück Pappe sorgfältig aus dem vorgestanzten Bogen gelöst. Danach wird gefaltet und geknickt, gebogen und gesteckt. Zug um Zug wird der Aufbau geduldig erklärt, und mit Nintendo-typischen kindgerechten Anleitungstexten untermauert.
Vorbild für Ikea und Lego
Mit Vor- und Zurückpfeilen, sowie einer Pause-Taste kann das Geschehen am Bildschirm jederzeit angehalten, beschleunigt oder Zurückgespult werden. Dabei kommt der Touchscreen der Switch erstmals so richtig zum Einsatz. So würde ich mir das künftig auch bei Ikea und Lego wünschen! Nach jedem größeren Teil empfiehlt das Spiel eine kleine Pause einzulegen. Das ist auch nötig, denn in einer Akkuladung, geschweige denn an einem Abend wird man mit den teils hochkomplexen Bastelarbeiten ohnehin nicht fertig. Überhaupt empfiehlt es sich, die Switch an einer Stromquelle zu betreiben, während man sich durch die Kartonstapel wühlt.
Erstmals mit Touch-Fokus
Der TV-Modus hingegen ist ungeeignet, da euch dann die Interaktionsmöglichkeit durch den Touchscreen der Switch abhandenkommt. Am besten, ihr legt den Tablet-Teil der Switch einfach wie eine physische Bastelanleitung neben euch auf den Boden. Die Joy Con werden in der Bauphase nämlich gar nicht benötigt. Ein kleiner Tipp noch, der nicht in der Anleitung steht: Besorgt euch eine Schüssel für allfällige Kartonreste, die beim rauslösen der Bastelteile anfallen, sonst verteilen sich diese über den kompletten Fußboden! Die übriggebliebenen Ränder der Pappbögen könnt ihr wieder in die Labo-Schachtel einschlichten.
Papp-Mechá!
Als erstes Toy Con habe ich mich für den Mech-Anzug entschieden. Dabei handelt es sich um ein Headset und einen Rucksack, durch die ihr in die Rolle eines Kampf-Mechs schlüpfen könnt. Während das Headset rasch zusammengefaltet ist, stellt er Rucksack eine größere Herausforderung dar. Vier Papp-Gewichte werden darin durch Stricke an euren Extremitäten auf und ab bewegt. Ein hinten am Rucksack angebrachter Joy Con registriert die Bewegungen über seine Intrarot-Kamera, und setzt diese im Spiel-Teil der Software dann als Bewegungen um. Zieht ihr beispielsweise an dem Seil in eurer linken Hand, führt euer Avatar im Spiel einen linken Haken aus. Hebt ihr ein Bein, wird das damit verbundene Gewicht im Rucksack abgesenkt, und der Mech stampft nach vorne. Da im Visier ebenfalls ein Joy Con steckt, könnt ihr durch Neigen und Drehen des Kopfes die Bewegungsrichtung des Mechs beeinflussen.
Viel Aufbau, wenig Spiel
Der Mech-Anzug lässt sich mit seinen Rucksack-Schlaufen und den Schnurlängen individuell an die TrägerIn anpassen. So kommen sowohl kleine, als auch große Kinder in den Genuss, sich mal wie Mechazilla zu fühlen. Es empfiehlt sich eine gewisse Freifläche vor dem Fernseher zur Verfügung zu haben, und die Switch für den Spielmodus an ebendiesem anzubringen. Der Übergang zwischen der Menüführung und dem eigentlichen Spiel ist etwas umständlich, da für ersteres die Tasten der Joy Con bedient werden müssen, während diese in weiterer Folge im Headset, respektive im Rucksack platziert werden müssen.
Selbiges gilt natürlich, wenn man wieder aufhören möchte zu spielen. Das wird bei diesem Toy Con recht rasch der Fall sein, da das mitgelieferte Mech-Spiel an Langeweile kaum zu übertrumpfen ist. In sehr spartanischer Grafik stapft ihr mit eurem Mech durch eine klaustrophobisch kleine Zone, und prügelt dabei auf herumfliegende Roboter ein. So viel Liebe in den Aufbauteil des Spiels geflossen ist, so wenig Zeit blieb dann wohl für ein anständiges Spiel. Das ist sehr schade, und trübt den Spaß natürlich enorm. Da hat das andere Toy Con Set deutlich mehr wiederspielwert zu bieten.
2 Sets, viele Bauoptionen
Das andere Toy Con Set, welches Nintendo im Angebot hat, besteht gleich aus mehreren Bastelobjekten. So könnt ihr zum Beispiel ein kleines Klavier, fernsteuerbare Roboter oder eine Angel bauen. Entsprechend abwechslungsreicher gestaltet sich dann auch der Spiele-Teil des Sets. Richtige abendfüllende Partyprogramme im Stile eines Mario Party dürft ihr aber auch hier nicht erwarten.
Fazit zu Nintendo Labo
Mit Labo zeigt Nintendo, wieviel Kreativität und Mut zur Veränderung in ihnen steckt! Die Bastelsets sind perfekt für kreative Abende mit den Kindern geeignet, und bieten neben dem Videospiel auch mal etwas Raum fürs haptische Erleben. Leider ist der Spaß mit zwei Toy Sets bereits nach zwei bis drei Abenden vorbei, und der langweilige Teil von Nintendo Labo beginnt. Anders als Lego lassen sich die Pappkartons nur sehr schwer wieder auseinanderbauen, geschweige denn neu arrangieren. In den Spiele- beziehungsweise den Erlebnisteil der mitgelieferten Software hätte Nintendo wirklich etwas mehr Mühe und Liebe stecken können. Dafür, dass man dann ein weiteres Trumm zuhause stehen hat, dass allmählich Staub ansetzt ist so ein Labo-Set nämlich auch ganz schön teuer! Ob ich diesen Bastelspaß trotzdem empfehlen kann? Auf jeden Fall, denn allein das Zusammenbauen mit meinen Kindern hat so viel Spaß gemacht, dass ich es keinesfalls missen möchte. Ein Spielzeug, mit dem sich die Kleinen länger beschäftigen werden darf man sich davon halt nicht erwarten.