Pro Evolution Soccer 2016 (PC) im Test
Konami sägt am Fußballthron, und das laut und vehement. Mit der diesjährigen Auflage der Kicker-Simulation schafft der japanische Platzhirsch endlich eine richtig solide und runde Iteration von Pro Evolution Soccer. Wie gut sich das ganze tatsächlich spielt, lest ihr in meinem ausführlichen Testbericht.
Ich habe PES 2016 am PC getestet, und musste leider gleich mal die erste Ernüchterung hinnehmen. Der Installer erkannte meine Geforce-Karte nicht, und seither bemängelt das Spiel bei jedem Start, dass die Grafikleistung zu schwach sei. Im Spiel selbst merkt man davon nicht viel, da die dedizierte Karte ihren Dienst brav verrichtet. Der Umstand, dass ich jedes Mal von einer Fehlermeldung begrüßt werde, bevor es losgeht, nervt jedoch schon. Als nächstes sticht das spartanische Interface ins Auge: Statt einer schicken Intro-Animation sehe ich das Konami-Stadion als Standbild, und darüber eher lieblos einfach gehaltene Options-Schaltflächen. PES setzt keine neuen Maßstäbe in Sachen Präsentation, soviel wird rasch klar. Überhaupt habe ich mit der PC-Version nicht die erste Wahl getroffen, muss man auf dieser Plattform doch verwaschene Texturen, niedrige Auflösungen und ein stark reduziertes Tribünengeschehen in Kauf nehmen. Völlig unverständlich, wenn man bedenkt, dass selbst Mittelklasse-PCs mittlerweile klar die Nase vor der aktuellen Konsolengeneration haben.
Licht und Schatten in der Präsentation
Auch im eigentlichen Match-Gameplay stören die minimalistischen Gesichtsanimationen der Spieler. Mundbewegungen beispielsweise sehen aus wie bei einem Nussknacker, von der hölzernen Mine klappt nur das Unterkiefer seltsam nach unten. Zumindest wurden die Superstars, beispielsweise vom FC Barcelona, detailgetreu modelliert, wodurch Licht am Ende des Tunnel zu erkennen ist. Richtig gut gelungen sind hingegen die Körperanimationen der Spieler: Egal ob kräftige Schüsse, flinke Sprints oder das lockere Auslaufen nach selbigen, alles sieht sehr glaubhaft aus, und fügt sich auch nahtlos und realitätsnah aneinander. Hier spielt PES auch seine größte Stärke aus. Durch die präzisen und knackigen Animationen fühlt sich die Steuerung sehr direkt und flott an. Befehle werden sekundengenau und präzise umgesetzt, von der Trägheit der Vorgänger oder der Konkurrenz ist nur wenig zu spüren.
Flott und dynamisch – das Gameplay von PES
Das führt mich auch gleich zum neuen Gameplay von PES. Hier wurde kein Stein auf dem anderen gelassen. Spielte sich der Vorgänger noch teilweise recht hölzern und langsam, hat Konami dieses Jahr die perfekte Balance aus Geschwindigkeit und Präzision gefunden. Besonders gut gefällt mir die Verteidigung. Per dediziertem Tastendrück lässt man den eigenen Spieler auf den Gegner zustürmen, um diesen anschließend gekonnt vom runden Leder zu trennen, und das ganz ohne irgendwelche hektischen Thumbstick-Verrenkungen. Mit einer anderen Taste kann man sogar einen Teamkollegen anweisen, den Aufräumjob zu erledigen, während man sich selbst bereits in Position für das bevorstehende Zuspiel bringt. Diese Eingabehilfe macht Verteidigen in Pro Evolution Soccer 2016 deutlich entspannter und weniger frustrierend. Auch Steilpässe, Flankenschüsse und spektakuläre Dribblings im gegnerischen Strafraum gehen nach ein wenig Übung leicht von der Hand. Kaum jemals kommt in PES 2016 das Gefühl auf, dass man eine Situation nicht selbst beeinflussen, oder einen Fehler nicht selbst verhindern hätte können. So muss sich eine Partie Fußball anfühlen, liebe Konkurrenz!
Wo wir gerade von dieser sprechen: Natürlich hinkt Konami trotz aller Verbesserungen in einem anderen Punkt weiterhin hinterher, nämlich in puncto Lizenzen. Aktuelle Trikots und Transfers, Stadien und Ligen? Hier darf man sich nicht zu viel erwarten, denn auch dieses Jahr sehen die „Leiberl“ der Österreicher wieder aus, als wenn sie direkt aus den 70er Jahren stammen würden, und auch das eingangs erwähnte Konami-Stadion verliert nach einigen darin absolvierten Partien irgendwann an Glanz und Glorie. Vielleicht reicht‘s hier in den kommenden Jahren ja doch mal zu einer Budget-Aufstockung, damit zumindest die Spielerdaten am Stand der Zeit gehalten werden können, und nicht nur die großen spanischen Vereine den Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.
Wer PES sagt, muss auch …
Ihr habt‘s gemerkt, ich habe während des gesamten Testberichtes versucht ein Wort bewusst zu vermeiden: FIFA (meinen Test dazu lest ihr hier)! Nun muss es aber raus, denn kein Pro Evo lässt sich ohne den direkten Vergleich zum größten Konkurrenten am Sektor der Fußball-Simulationen ernsthaft bewerten. FIFA 16 hat die Messlatte dieses Jahr zumindest um den Faktor Frauenfußball nach oben geschraubt, aber die Gameplay-Mechanik weitestgehend unverändert gelassen. Diesen Umstand macht sich Pro Evolution Soccer 2016 zunutze, und schlägt den Titelverteidiger in seiner Kerndisziplin. Spielerisch macht PES 2016 im direkten Vergleich tatsächlich mehr Spaß als FIFA 16, wenngleich ich natürlich die Lizenzvielfalt vermisse, die mir FIFA Jahr für Jahr auftischt. Wenn Konami hier, und vielleicht bei der ein- oder anderen Gesichtsanimation noch nachbessert, dann kann das Rennen um den Thron nächstes Jahr wieder richtig spannend werden.