Red Dead Redemption (PS3) im Test #ThrowBackThursday
Anlässlich der Ankündigung von Red Dead Redemption 2 (wir berichteten) habe ich den Titel erneut angespielt. Ob sich die Kreation aus dem Hause Rockstar Games die Sporen verdient hat? Lest hier mehr im ThrowBackThursday-Review! Übrigens: Hier geht’s zur offiziellen Website des Spiels.
So beginnt Red Dead Redemption
Die Story legt gleich kinoreif los: Mit einer atemberaubenden Aufnahme erblickt ihr die erste Introsequenz, die euch ein großes Schiff beim Anlegen präsentiert. Es herrscht Aufbruchstimmung à la „Neue Welt“, und unter den wartenden Passagieren befindet sich John Marston. Der Held des Spiels wird relativ eng von zwei Männern in die Zange genommen, die ihn wenig sanft auf die Fähre schubsen. Anhand der fantastischen Mimik erkennt ihr sofort, dass John nicht viel Begeisterung für seine Begleitung übrig hat.
Am endgültigen Zielort angekommen, wird Marston noch zu einer Eisenbahn chauffiert und dort wenig liebevoll eingepfercht. Als diese ihre Endstation erreicht, steigt euer Protagonist aus und der erste Eindruck täuscht nicht: Willkommen in der Pampa! Während ihr der Einführung folgt, erfahrt ihr, dass alles ein bisschen kompliziert ist. Warum euer Charakter in diesem kleinen Kaff, Armadillo genannt, einen Zwischenstopp einlegt, wieso er sich in dieser Lage befindet. Seine Frau und sein Sohn sind in der Gewalt der beiden Begleitpersonen, und um sie nicht zu gefährden, beugt er sich den Vorschriften der Obrigkeit.
In diesem Fall soll er seinen Ex-Weggefährten Bill Williamson zur Strecke bringen, der Armadillo terrorisiert. Mit der Silberzunge im Gepäck versucht John Marston sein Glück und klopft höflich am Fort an, in der sich Bill und dessen Banditen versteckt halten. Doch das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft, Williamson schießt den Protagonisten beinhart über den Haufen und lässt ihn verblutend liegen. Glück für John, dass die resolute Bonnie MacFarlane, ihres Zeichens Ranchbesitzerin, des Weges kommt und ihm sein Leben rettet…
Knallharte Story, stückchenweise präsentiert
Nun steht ihr also neben Bonnie MacFarlane, und John hält sich bei jeder schnellen Bewegung seine verbundene Seite: So fühlen sich also Schusswunden an! Kämpfer, der er ist, hält er jedoch gut mit Bonnie Schritt und ihr werdet zunächst einmal auf das Pferd gebeten. Kleiner Nachsatz: Reiten ist einer der Höhepunkte in Red Dead Redemption! Nach einer kleinen Runde um die Ranch, damit ihr die nähere Umgebung kennenlernt, merkt ihr das auch. Da erinnert spätestens der Schlussgalopp John wieder an seine Verletzungen. Es sieht einfach glaubwürdig aus, wie er sich die Rippen hält, sogar die Mimik passt sehr gut dazu. Langweilig? Weit gefehlt – die Action kommt in Red Dead Redemption alles andere als zu kurz.
Ihr erhaltet schon kurz nach der Einführung den Auftrag, Bonnie bei der Kojoten-Jagd zu helfen. Dort wird euch die „Dead Eye“-Mechanik vorgestellt: Ähnlich der aus anderen Titeln schon bestens bekannten „Bullet-Time“ verlangsamt sich das Geschehen rund um euren Charakter extrem, und ihr habt mehr als genug Zeit, eure Widersacher vom Sattel oder von den Füßen zu holen. Dennoch ist der Spaß begrenzt, denn die Anzeige der verbleibenden Dead Eye-Kraft leert sich schneller, als euch lieb ist. Auffüllen könnt ihr den Balken durch gezielte Treffer auf Gegner, Action ist also vorprogrammiert! Eine einzige Schwäche des Helden von Red Dead Redemption gibt es, nämlich, dass John Marston nicht schwimmen kann. Fallt ihr in den Fluss, bleibt ihr auch dort.
Das Rücksetzsystem ist aber sehr fair und lässt euch meist keine weiten Wege zum Ort eurer Verdammnis laufen, und mittels Pferd geht die Reise noch schneller. Wie im echten Leben wird so ein Tierchen ziemlich fix, und im vollen Galopp lenkt sich der Vierbeiner doch etwas schwer. Die Story und das Spiel an sich kämpfen stets um eure Aufmerksamkeit, und oftmals werdet ihr wirklich nicht wissen, was ihr als Nächstes tun wollt! Ganz großes Kino. Ebenso gibt es Schatzkarten zu finden, die aber nicht nach dem guten alten Piraten-Prinzip „X markiert die Stelle“ funktionieren, sondern eher Aussichtspunkte skizzieren, die ihr im Gedächtnis behalten solltet!
Liebe zum Detail trotz großem Umfang
Red Dead Redemption ist voller Details, fast schon das Witcher 3 (vor Witcher 3, versteht sich) des Jahres 2010. Vom Wind angetriebene Dornenbuschen werden euch begegnen, aber auch Kojoten, die andere Tiere jagen. Liegt irgendwo ein Kadaver eines toten Tieres oder Menschen, erblickt ihr über diesen Leichen einige Geier, die sich daran laben wollen und zunächst die Umgebung aus der Luft erspähen. Die Pferde sehen aus, als ob sie ein Motion Capturing-Verfahren hinter sich hatten – bis heute kommt kein Game-Pferd an Red Dead Redemption dran! (Sorry, Epona.)
Ein ständiger Staublayer über dem Bildschirm zeigt euch, dass es hier wirklich nicht recht sauber ist, und beim Fellabziehen eines Tieres wird der Screen voller Blut gespritzt. Die Mimik ist in etwa noch mit Heavy Rain vergleichbar, und für ein Spiel aus dem Jahre 2010 ist hier ordentlich etwas los. Höchstens der stete, ganz leichte Blur-Effekt und die nicht immer zu hundert Prozent scharfen Texturen können KritikerInnen negativ auffallen, aber mir persönlich hat der Stil gefallen wie sonst das ganze Spiel auch.
Auch akustisch kann man nicht meckern: Die Charaktere werden von englischen Synchronsprechern begleitet, die ihnen wie auf den Leib geschneidert wurden. Jeder Schritt und NPC klingt anders, verhält sich anders, und die Geräusche und Effekte bleiben stets realistisch. Sei es das Ausnehmen eines toten Tieres oder das Five Finger Filet, bei dem ihr das Messer zwischen euren gespreizten Fingern einer Hand schnell in einen Tisch stoßt. Das Fehlen einer deutschen Sprachausgabe wird von den hochklassigen Stimmen locker wieder wett gemacht, und die Untertitel sind mit gutem Timing immer zu sehen.
Wilder Westen leicht gemacht
Ähnlich wie bei Grand Theft Auto IV und Konsorten ist die Tastenbelegung auf sämtliche Tasten des Controllers aufgeteilt. AnfängerInnen werden damit sicher etwas zu kämpfen haben, doch im Prinzip ist alles intuitiv und logisch angesammelt. Auch gibt es keine Probleme von wegen Hängenbleiben oder unrealistischer Physik. Die Euphoria-Engine leistet ganze Arbeit, damit das Spielgefühl immer das Optimum erreicht. Auch bei den Schießeinlagen hat Red Dead Redemption ein Zuckerl in petto, nämlich drei Varianten des Zielens.
Auf Casual verfolgt John den anvisierten Gegner sogar während dessen Bewegung. Auf dem Normal-Modus visiert ihr den Gegner einmalig an, folgt ihm aber nicht mehr, und im Experten-Modus müsst ihr völlig frei zielen. Ansonsten fällt nichts negativ ins Gewicht, und für ein Open-World-Game ist sogar die KI extrem ausgereift und sucht schon manches Mal das Weite oder handfeste Deckung. Auch hoch zu Ross ist ein Schusswechsel kein Problem, es sei denn, ihr wollt schießen und gleichzeitig einen Parcours reiten!
Aber auch einen Mehrspielermodus gibt es in Red Dead Redemption. Verschiedene Modi sorgen dafür, dass so schnell keine Langeweile aufkommt! Mit dem Erreichen der letzten Storywendung ist das Spiel noch lange nicht beendet. Im Multiplayer-Modus mit den verschiedenen Avataren und Modi geht der Spaß erst so richtig los. Übrigens wurde auch ein Zombie-Modus integriert, den Halloween- und Zombie-Fans suchten dürfen. Hier geht zwar einiges von der Vielfalt des Games verloren, aber Abwechslung hat noch keinem Titel geschadet.
Red Dead Redemption: Pflicht für Western-Fans
Suchtgefahr pur! Selten war ein Titel so lebendig auf dem Bildschirm zu sehen, und eines sei euch für Ihre Zeiteinteilung gesagt. Startet Red Dead Redemption niemals mit dem Vorsatz „nur 20 Minuten“. Die Stunden verfliegen nur so, und mehrstündiges Spielen kommt euch vielleicht wie eine Stunde vor. Die Stimmen, zwar nur auf Englisch, aber dafür um so anziehender, fügen sich wunderbar in die Geschichte von John Marston ein. Alles in allem kann man sagen: Red Dead Redemption sorgt dafür, dass ein Western-Fan sein El Dorado findet.
Der absolute Top-Favorit auf den Titel des Jahres 2010 hat sich gut gehalten. Die unglaublich dichte Atmosphäre und die Story, die kaum Schwächen aufweist, hieven Red Dead Redemption binnen weniger Sekunden auf absolutes Referenzniveau. Habt ihr den Einzelspielermodus durchgespielt, wartet ein geballtes Multiplayer-Erlebnis auf euch, und es ist wirklich schwer, das Game beiseite zu legen. Dieses Spiel ist eine demütigste Verbeugung vor dem Western-Genre, und die langen Laufwege geben euch genügend Gelegenheit, das Cowboy-Feeling so richtig auszukosten. Gut, dass Red Dead Redemption 2 schon auf dem Weg ist – ich kann es kaum erwarten!