Rise of the Tomb Raider (PC) im Test
Rise of the Tomb Raider erscheint nun endlich auch für PC! PS4-SpielerInnen müssen sich zwar leider wegen eines Zeit-exklusiven Deals von Square Enix und Microsoft noch etwas gedulden, doch die PC-Fassung beweist eindrucksvoll, warum sich das Warten durchaus lohnt. Die Stärken und Schwächen von Lara Crofts neuestem Abenteuer erfahrt ihr in meinem Test.
Verschneiter Urlaub mit Lara Croft
Rise of the Tomb Raider fühlt sich ein bisschen wie ein Abenteuerurlaub an. Es gibt großartige Landschaften zu sehen, es gilt Berge zu besteigen und tiefste Schluchten zu durchqueren. Wie sich das für einen richtigen Urlaub gehört, gibt es auch noch die Suche nach der Unsterblichkeit und im schönen Gegensatz dazu, den Kampf und die damit einhergehende Tötung von Dutzenden von Söldnern. Gehen wir jedoch noch mal zurück zum Anfang, denn schon zu Beginn erwartet euch eine waghalsige Kletterpartie in Sibirien, die nicht nur schwindelerregende Höhen porträtiert, sondern auch wunderschöne Panoramen zeigt. Die großartig eingesetzten Lichteffekte und die detaillierten Texturen lassen meine Kinnlade an dieser Stelle schon mal weit talwärts fallen. Ja, ich habe sogar eine halbe Minute das Eis eines Gletschers angestarrt, welches in der Sonne unglaublich realistisch geglitzert hat. Aber lassen wir meinen Faible für detailreiche Optik mal kurz beiseite (keine Sorge, ich lasse ihn später wieder raus), denn was macht Lara Croft eigentlich im kalten und unwirtlichen Sibirien?
Das Böööööse
Klar, sie ist auf der Suche nach einem mysteriösen Artefakt, das sich blöderweise auch noch in der versunkenen Stadt Kitesch befindet, wo es schon dem Namen nach schwierig wird, einen Flug zu buchen. Trotzdem oder gerade deshalb möchte Lara nach Kitesch reisen und in die Fußstapfen ihres Vaters treten und so beweisen, dass sowohl die versunkene Stadt, wie auch das mysteriöse Artefakt existieren. Doch wo es Unsterblichkeit abzugreifen gibt, da lauert auch das Böse und an dieser Stelle greift Rise of the Tomb Raider ganz tief in die Indy-Trickkiste. Das ist im Tomb Raider-Kontext erstmal nicht verkehrt und so gibt es bei Rise of the Tomb Raider die Organisation Trinity, die ebenfalls nach der Unsterblichkeit strebt. Das Problem dabei ist, die MitarbeiterInnen dieser Firma sind schlicht böse und wollen die Weltherrschaft an sich reißen. Das funktioniert (simplifiziert gedacht) mit den Nazis aus Indiana Jones noch, bei Trinity hätte ich mir aber doch etwas mehr Tiefgang und zumindest ein gutes Motiv gewünscht. Die eingestreuten Charaktere erzeugen zwar in gewissen Momenten Dramatik, fallen dann aber doch etwas blass aus.
Das Entwachsen der ludonarrativen Dissonanz
Sehr angenehm fällt auf, dass sich Lara nun mittlerweile zur Heldin entwickelt hat und damit die oft kritisierte Weinerlichkeit des Vorgängers abgelegt hat. Zwar hätte theoretisch auch eine emotionale, mitfühlende Lara gut funktionieren können, durch die Tötung von gefühlt 1.000 Menschen entstand im Vorgänger Tomb Raider aber ein krasser Gegensatz von Erzählung und Gameplay (ludonarrative Dissonanz). Außerdem leistet die neue Synchronsprecherin Maria Koschny (u. a. Jennifer Lawrence in The Hunger Games) großartige Arbeit, wodurch Lara insgesamt glaubhafter wird und nicht mehr so zwiegespalten wirkt. Auch wenn man der Story einige Vorwürfe machen kann, sie funktioniert gut als Popcorn-Kino und schafft es sogar zum einen oder anderen, gut inszenierten Höhepunkt.
Großartige Grabstätten
Und wo wir gerade bei Kino sind, die Zwischensequenzen und Schnitte, die fließend ineinander übergehen, sind großartig! Noch vor einer Minute wurde Lara beinahe von einer Lawine verschüttet und nun steht man mit ihr in einer Gletscherhöhle, in der ein versunkenes Schiff über einem tiefen Abgrund thront. Der Aufstieg zum vereisten Meeresgiganten gehört zu einem der neun optionalen Gräber, die in der ganzen Welt verstreut sind und die gehören zu den ganz großen Highlights von Rise of the Tomb Raider. Der Weg dorthin enthält schon viele Gefahren und ist man erst bei einem der Gräber angekommen, gilt es neben akrobatischen Kletter- und Parkoureinlagen auch das eine oder andere schön gestaltete Rätsel zu lösen. In bester Zelda-Wassertempel-Manier verändert man z.B. mit Lara den Wasserstand, sprengt Wände oder bringt durch herabfallende Loren Vorsprünge zum Einstürzen.
Museumsbesuch in der freien Natur
Auch abseits der Grabräuberei gibt es auf Laras Reisen viel zu erleben und zu entdecken. Zwar ist Rise of the Tomb Raider kein richtiger Open-World-Titel, die Map ist aber ähnlich vollgefüllt mit ToDos, wie bei einem Spiel von Ubisoft. Auf so einem Trip darf natürlich auch der obligatorische Museumsbesuch nicht fehlen und der liegt quasi vor euch auf den vielen Schauplätzen verstreut. Neben unzähligen Gemälden, Orden und sonstigen kulturell, wertvollen Gegenständen können auch Ressourcen für Waffen- und Gadgetupgrades gesammelt werden. Ähnlich wie bei Far Cry können in Rise of the Tomb Raider Pflanzen geerntet und Tiere gehäutet werden.
Schleichen VS Schießen
Das ist auch bitter notwendig, denn wie schon im Vorgänger sind Eispickel, Bogen sowie Schusswaffen eure wichtigsten Begleiter und in der Standard-Version richten die noch nicht viel Schaden an. Macht aber nichts, denn umsichtige GrabräuberInnen setzen auf den Bogen und schleichen sich an Feinde heran, um lautlose Kills im Nahkampf durchzuführen. Gerade zu Beginn ist das die beste Taktik, denn Rise of the Tomb Raider wirft euch Gruppen von schwerbewaffneten Söldner entgegen. Flaschen und Dosen, die man später sogar zu Molotow-Cocktails und Mini-Granaten umbauen kann, sorgen aber für genügend Ablenkung, um die verwirrten Gegner einen, nach dem anderen auszuschalten. Hat man dann aber schon ein paar Stunden am Buckel, wirft einen das Spiel in Situationen, wo nur noch der direkte Kampf möglich ist.
Da können dann sogar bis zu vier Gegnerwellen auf die arme Lara Croft zu rollen. Warum arm, fragt ihr euch? Weil Rise of the Tomb Raider kein reinrassiger Third-Person-Deckungsshooter ist und die gute Dame, trotz ihrer zierlicheren Erscheinung immer wieder hinter der Deckung unbeabsichtigt hervorlugt. Auf dem knackigen dritten, der vier Schwierigkeitsgrade hat man so einige Tode vor sich. Gerade beim Setting von Rise of the Tomb Raider wo das Schleichen, dem direkten Angriff jederzeit vorzuziehen ist, hat man hier ein wenig aufs falsche Pferd gesetzt. Zum Glück kommen diese Situationen nicht allzu häufig vor, wodurch man ansonsten meist mehrere Optionen zur Auswahl hat und auch die Spielwelt, inklusive explodierender Gegenstände gut nutzen kann. Abschließend kann ich sagen, dass das Kampfsystem in den meisten Fällen gut funktioniert und sehr ähnlich zu Tomb Raider ist.
Urlaubsfazit
Was Rise of the Tomb Raider ausmacht, ist die gute Mischung! Die Abwechslung aus Sprungpassagen, spektakulären Actionszenen, Kämpfen und Rätselraten ist ausgezeichnet gelungen. Bevor eine einzelne der aufgezählten Mechaniken langweilig werden kann, gibt es schon wieder etwas Neues zu tun. Die sammelbaren Objekte, die auch Erfahrungspunkte bringen, laden zudem zum Entdecken ein sowie die erweiterbaren Fähigkeiten (wählbar bei Level-Ups) sind gut gewählt und machen Frau Croft etwas individueller. Rise of the Tomb Raider macht zwar nicht viel anders als sein Vorgänger (fein justiert an einigen Stellen) und wird dadurch zu einer sehr gelungenen Fortsetzung des Reboots. All die kleinen Mängel verfliegen durch die Kurzweiligkeit des schnellen Pacings. Dank der großartigen Grafik und der wunderschön gestalteten Umgebungspanoramen kommt es sogar zum ein oder anderen „Magic-Moment“, den ich noch lange in Erinnerung behalten werde. Deshalb spare ich mir den Reallife-Urlaub nach Sibirien (bei meinem Glück würde ich sowieso von einem Elch gefressen werden) und starre stattdessen noch ein paar weitere Stunden glücklich auf die imposanten Gletscher in Rise of the Tomb Raider.
[…] sein Glück finden, die aktuell wieder hoch im Kurs stehen. Nachdem Tomb Raider bereits mit dem zweiten Teil der runderneuerten Serie großes Lob eingestreift hat, lässt Sony nun zum bereits vierten Mal seinen Hobby Archäologen Nathan Drake […]