Rock in Vienna 2016: Zwei Tage, zwei Gesichter
Während sich die ausdauernderen FestivalgeherInnen heute noch den dritten Tag des Rock in Vienna 2016 auf der Donauinsel zu Gemüte führen, ziehe ich mein persönliches Resümee schon nach zwei Tagen. Und unterschiedlicher hätten diese nicht sein können.
Am Freitag lockte vor allem die legendäre Rammstein-Live-Show Massen von Menschen auf die Insel. Verbilligte Eintagestickets und sehr gutes Festivalwetter leisten hier wohl aber auch ihren Beitrag. Die für BesucherInnen eher unliebsame Konsequenz war eine beinahe einstündige Wartezeit am Einlass. Der Ansturm überforderte auch die zahlreichen Getränkestände – auch hier galt es ausreichend Geduld mitzubringen.
Tja… jetzt heißts warten… #rockinvienna pic.twitter.com/kpRObH7bmQ
— Beyond Pixels (@BeyondPixelsAT) 3. Juni 2016
So erfreulich die Zahl der Festivalgäste für die VeranstalterInnen sein dürfte, so waren die Menschenmassen maßgeblich dafür verantwortlich, dass die entspannte Stimmung, die das Rock in Vienna im Vorjahr auszeichnete, zumindest am Freitag ausblieb. Daran konnten auch Metal-Legenden wie Anthrax und Slayer nichts ändern. Als erfreulicher Lichtblick entpuppte sich bei all dem Trubel die neue Jolly Roger Stage. Vor allem die Jungs von Serum 114 konnten hier trotz mittelmäßiger Soundqualität stimmungsvoll überzeugen. Zudem bot der kleinere Spielort einen Rückzugsort vor dem Gedränge an den Hauptbühnen.
Und dann kam Rammstein
Mit dem Sonnenuntergang erschienen schließlich die Mannen von Rammstein auf der wie im letzten Jahr zweigeteilten Hauptbühne. Und wie erwartet folgte eine furiose Show mit Feuerwerk, Flammen und harten Gitarren. Die musikalische Hommage an das eigene Lebenswerk Ramm4 läutete eine Live-Erfahrung ein, die alle Erwartungen erfüllte und die Donauinsel zum Erbeben brachte.
Die Headliner ließen am Ende des Tages die organisatorischen Pannen am Eingang und die buchstäblichen Durststrecken vergessen. Selbst ein kurzer Stromausfall konnte die Metal-Veteranen nicht aufhalten. Eine spontan eingelegte Akustik-Nummer überbrückte die Zeit bis zum fulminanten Finale mit der Kultnummer Engel. Allein dafür hat sich der Besuch gelohnt – Rammstein sollte man einfach einmal live gesehen haben.
Alles anders an Tag Zwei
Der Samstag versprach bereits am Eingang ein komplett anderes Festivalerlebnis – keine Wartezeit, keine Menschenmassen. Mit Iggy Pop wartete ein großartiger Headliner auf die Samstagsgäste, der jedoch offenbar nicht dieselbe Zugkraft erzeugen konnte wie Rammstein. Bis sich der Vorhang für die Rock-Ikone öffnen würde, bot das Rock in Vienna an diesem Tag ein etwas moderateres Musik-Potpourri. Mit Juliette Lewis, Mando Diao und The Subways lockten FM4-Klassiker ein breitgefächerteres Publikum als die Metalgötter am Freitag auf die Insel.
Positive Überraschung waren vor allem die Herren von Royal Republic. So dynamisch muss ein Open-Air-Act sein. Bei strahlendem Sonnenschein brachten die Schweden die BesucherInnen zum Rocken. Eine Band, die man sich merken sollte. Als Enttäuschung des Tages entpuppte sich hingegen Biffy Clyro. Wer live einfach nur seine Songliste durchdrückt, hat auf einer Festivalbühne nichts verloren. Darüber hinaus blieben wie schon am Freitag leider auch am Samstag technische Pannen nicht aus. Probleme mit dem Sound zogen sich durch den gesamten Nachmittag und Abend.
Iggy rocks
Die alternde Ikone lieferte vor etwa halb so vielen ZuseherInnen wie noch am Vorabend ein rein musikalisches Feuerwerk seiner größten Hit – und derer gibt es bekanntlich nicht wenige. Hüftschaden und fortgeschrittenes Alter konnten den energiegeladenen Iggy Pop nicht aufhalten. Und die überschaubare BesucherInnen-Zahl sorgte zudem für ein wesentlich angenehmeres Festivalklima. Keine Wartezeit am Bierstand, freie Platzwahl und kein Gedränge nach Konzertende.
Iggy, and we bow… #riv2016 pic.twitter.com/JkHqVIWQ1Z
— Beyond Pixels (@BeyondPixelsAT) 4. Juni 2016
An seinen ersten zwei Tagen zeigte sich das Rock in Vienna 2016 janusköpfig. Einmal als überranntes, mäßig organisiertes Metalfest und einmal als atmosphärisches Musikfestival mit abwechslungsreichem Programm. Dabei zogen sich leider die technischen Pannen – vor allem beim Sound – durch beide Tage. Zwei starke Headliner konnten aber zum Glück einiges wettmachen.
Begleitet wurde ich übrigens an beiden Tagen von Bloggerin Sabrina, die uns im Folgenden einen kleinen Gastkommentar dagelassen hat:
Sabrinas Meinung
Dieses Wochenende mutierte Wien bereits zum zweiten Mal zur Festivalhauptstadt. Vom 03. – 05.06.2016 standen hochkarätige Bands auf drei verschiedenen Bühnen und spielten zum Teil parallel auf zwei gegenüber liegenden Bühnen. Nur den Großen wurde die alleinige Aufmerksamkeit der Gäste zu Teil.
Am Freitagnachmittag pilgerten 45.000 zum Großteil schwarz gekleidete Menschen auf die Donauinsel, um dann die ersten Bands in der Schlange stehend zu versäumen (wir hätten fast Anthrax versäumt!). Für die Metaller standen insgesamt drei Eingänge zur Verfügung. Diese waren in die Kategorien Tagestickets, Festivalpässe und Presse bzw. VIP eingeteilt. Jene Schlange mit den Tagestickets war mit Abstand die längste, was mit Sicherheit die Rammstein-Fans zu verantworten hatten. Die Besucher wurden in eine Schleuse geleitet, die in vier Teile, mit je zwei Personen besetzt, geteilt wurde. Acht Leute waren also dafür zuständig, dass die Fangemeinde ins Gelände kann. Dies führte zu einer Wartezeit von ca. 50 Minuten und es half auch nichts, dass man vor den Eingang noch einen Bierstand hingestellt hatte, um die Wartezeit zu verflüssigen.
Als wir endlich die Schlange überwunden, das Gelände betreten und vor einer riesigen Menge an schwarz gekleideten Menschen (yeah!) standen, hieß es schnell nach vor zur Soul Stage, um die letzten Minuten von Anthrax noch zu genießen. Leider musste ich feststellen, dass diese viel zu leise waren. Dieses „Soundproblem“ sollte sich durch das ganze Wochenende ziehen – zu laut, dann zu leise. Nur bei den Headlinern war der Sound perfekt. Dann zurück zur Jolly Roger Stage, wo uns die deutsche Band Serum 144 mit ihrem Punkrock mit guter Laune ansteckte. Während wir der Musik von Serum 144 lauschten, beobachteten wir die Red-Bull-Skydive-Show. Diese war weniger spektakulär aber eine nette Abwechslung.
Da wir bis dahin dann schon das eine oder andere Erfrischungsgetränk zu uns genommen haben, mussten wir ein stilles Örtchen aufsuchen. Und hier muss ich wirklich eine Lobeshymne anklingen lassen: Rock in Vienna 2016 hat die saubersten Toiletten – auch zu fortgeschrittener Stunde sind die Häusl sauber und mit WC-Papier ausgestattet! Chapeau! Wenn dann die Blase entleert war und somit wieder aufgefüllt werden konnte, war die Situation schon etwas angespannter. Obwohl es eine ausreichende Anzahl an Standln mit den Getränken gegeben hat, waren diese doch chronisch unterbesetzt und das Personal massiv überfordert. Und wenn dann ein Krügerl Bier um € 5,- nur zur Hälfte befüllt ist, kann die Stimmung schon einmal kippen. Mutig bin ich zum Spritzerparadies ausgewichen um festzustellen, dass es auch dort nicht besser aussieht. Der Spritzer war zwar voll, aber nicht gut.
Lobenswert zu erwähnen ist die häusl-situation am #riv2016 immer sauber. Und das bei zig-dixis!
— Sabrina Jamnig (@KoffeinChen) 4. Juni 2016
Der Samstag war dann wesentlich entspannter. Die Anzahl der Besucher hat sich auf 20.000 reduziert und die Kleidung wurde bunter – nicht unbedingt ein Vorteil. Wir haben ohne Warten das Festivalgelände betreten, uns ein Bier geholt und eine Runde gedreht. Das große Angebot an Essen und Merchandise hat mich erstaunt. Wollte man aber fern ab der Musik unterhalten werden, musste man selbst dafür sorgen. Ein Unterhaltungsprogramm à la Nova-Rock sucht man beim RIV vergeblich – Gott sei Dank!
Nur ein kurzes Statement zur Musik: Rammstein und Iggy Pop waren der Hammer. Da hat einfach alles gepasst – Show, Sound und Stimmung. Bei den anderen wurde immer wieder mit der Lautstärke der einzelnen Elemente experimentiert, was zur Folge hatte, dass einmal die Stimme zu laut und im nächsten Moment viel zu leise war. Dies zog sich sogar durch die Konzerte der alten Herren des Metalls wie Slayer oder Anthrax. Leider habe ich auch feststellen müssen, dass nicht jede Band für ein Festival geeignet ist. So war Juliette and the licks eher mässig. Mando Diao wirkte einschläfernd und unmotiviert. Royal Republic wäre besser am Abend als Anheizer gewesen, da diese extrem Stimmung machten.
Trotz Freitag war es wieder einmal lässig und nett! Ich freue mich schon auf das RIV 2017!