Rocky Horror Show 2017: Grandiose Premiere im Museumsquartier
Drei Jahren mussten die Musical-Fans im deutschsprachigen Raum auf Richard O’Brien’s “bad, bizarre, bloody brilliant” Rocky Horror Show verzichten, doch nun sind Frank’n’Furter & Co. zurück in Wien. Michi und ich hatten bei der gestrigen Premiere im MuseumsQuartier – wie auch die beiden ProtagonistInnen Brad Majors und Janet Weiss – eine unvergessliche Nacht.
Richard O’Brien
Der 1942 geborene Richard O’Brien schloss sich nach einigen Engagements im Entertainmentbereich 1969 einer Produktion von Gulliver’s Travels am Mermaid Theatre an. Inszeniert und ausgestattet wurde die Show von Sean Kenny. Mit der Choreografie war der junge japanisch-kanadische David Toguri betraut, bei dem sich O’Brien im darauffolgenden Jahr ein weiteres Mal bewarb. So kam er zur britischen Tourproduktion des amerikanischen „Hippie“-Musicals Hair gefolgt von Jesus Christ Superstar unter der Regie von Jim Sharman. 1970 erschuf er das Musical The Rocky Horror Show als Hommage an den Horror-Film der 1950er und 60er Jahre. Nur wenige Jahre später (1973) feierte die The Rocky Horror Show am The Royal Court Theatre Upstairs, der Showbühne für 63 ZuschauerInnen unter der Regie des Australiers Jim Sharman, die Premiere. Mitten drin statt nur dabei waren Tim Curry als “Fank’n’Furter” und Richard O’Brien als “Riff Raff”.
Eine unvergessliche Nacht für Brad und Janet
“Das junge, untadelige Paar Brad Majors und Janet Weiss, frischverlobt und glücklich verliebt, macht sich auf, um einen ehemaligen Lehrer, einen gewissen Dr. Everett Scott, aufzusuchen. In nächtlichem Sturm bleiben die beiden, bedingt durch eine Autopanne, auf einer einsamen Landstraße liegen. Nur spärlich geschützt vor dem strömenden Regen, bahnen sich Brad und Janet den Weg zu einem nicht weit entfernt gelegenen Schloss, das sie während der Fahrt als einziges Gebäude in dieser gottverlassenen Gegend erspähen konnten. Dort erhoffen sie, jemanden anzutreffen, der ihnen Hilfe herbei telefonieren könnte.
Und tatsächlich! Ein flackernder Lichtschein, gleich lodernden Flammen in einem Kamin, dringt aus einem der Fenster der von Donner und Blitz umtosten, düsteren Festung hervor. An der Schwelle des Hauses angelangt, zieht Brad beherzt an der Glocke zur mächtigen Eingangstür, die, zunächst zögerlich nur, von einem kauzigen Diener geöffnet wird. Durchnässt bis auf die Haut tragen sie ihm ihre Bitte vor – und ihnen wird Einlass gewährt. Das rettende Telefonat allerdings, scheint plötzlich in weite Ferne zu rücken, als man Janet und Brad erklärt, der „Master“ des Hauses feiere in dieser speziellen Nacht eine seiner „Affären“. Denn noch ehe sie wissen, wie ihnen geschieht, tut sich vor ihren entsetzten Augen ein lüsterner Abgrund auf, der sich anschickt, das unschuldige Paar in eine nie erahnte, fantastische Galaxie auf Gedeih und Verderb mit hinabzuziehen …” (Zusammenfassung aus der offiziellen Pressemappe)
Fan-Kult
Egal wo und wann auf der Welt – keine Vorstellung findet ohne verkleidete ZuschauerInnen, Zwischenrufe aus dem Publikum oder beispielsweise schützend über die Köpfe gehaltene Zeitungen statt. Diese spezielle Beziehung des Publikums zum „Phänomen Rocky Horror“ entstand ursprünglich im Kino um die 1975 veröffentlichte Verfilmung The Rocky Horror Picture Show. Die Faszination für das „Phänomen Rocky Horror“ erreichte so auch Städte, in denen das Musical mangels Bühne nie aufgeführt werden konnte. Heute ist die Zuschauerbeteiligung auch im Theater längst Normalität.
Die wichtigsten Gebräuche der Fans
- Beim Verlassen der Kirche der Hochzeit zu Beginn des Musicals wirft das Publikum Konfetti.
- Als Brad und Janet nach einer Autopanne durch den Regen spazieren, hält sich das Publikum wie Janet auf der Bühne eine Zeitung über den Kopf. Zudem wird mit mitgebrachten Spritzpistolen der Regen simuliert.
- Während sich Brad und Janet durch das Gewitter kämpfen, erblicken sie ein Licht in der Ferne – genauer gesagt im Zuschauerraum. Denn das Publikum schwenkt jede Menge davon: „There’s a light, over at the Frankenstein place!“
- Wenn der Erzähler (Sky du Mont) die Bühne betritt, rufen die Fans “Boooooring!”
Das Survivalpaket inkl. Spritzpistole, Gummihandschuh, einer Zeitung, Konfetti usw… konnte vor Ort gekauft werden.
Ein kleiner Vorgeschmack:
Rocky Horror Show 2017: Eine unvergessliche Nacht
Nicht nur für Brad und Janet war dieser Abend unvergesslich – auch für Michi und mich: Die verrüchte Show mit Strapsen, Stilettos, schrägen Charakteren, jeder Menge Musik – allen voran “Let’s do the time warp again” – und traumhaften Anspielungen auf Horrorfilme der 1950er und 60er Jahre wird mir definitiv in Erinnerung bleiben. Aber wohl nicht nur mir, denn der Funke ist bereits nach wenigen Minuten auch aufs Publikum übergesprungen und die obligatorischen Gesten (Konfetti, Zeitung über dem Kopf etc…) wurden fleißig praktiziert. Das trashige Bühnenbild, der Rocksound, das grandiose Ensemble und die Band, die auf einer Empore im hinteren Bereich der Bühne platziert ist, fügen sich wie Puzzlesteine zu einem herrlich bizarren, skurrilen Gesamtwerk zusammen.