Stories Untold Review: Der gestaltlose Terror am Rande des Verstandes
Mit Stories Untold bringen Devolver Digital und die Entwickler von Observation No Code ein bereits mehrfach ausgezeichnetes Textadventure im Stil der 1980er-90er Jahre auf die Nintendo Switch. In vier Episoden mit jeweils sehr unterschiedlichem Zugang erlebt man eine schaurige Horror/Mystery Geschichte mit Science Fiction Elementen, die wie für Stranger Things Fans gemacht ist. Ob und wie ein bisher so gut wie ausgestorbenes Genre auch heute noch funktionieren kann, haben wir uns angesehen.
Stories Untold ist seit dem 16. Jänner für Nintendo Switch zu haben.
Ein Erlebnis wie damals
Es ist 1983 (eigentlich 2020), wir sitzen im Keller unserer Eltern (einer Wohnung irgendwo in Wien) im fahlen Licht unseres Atari (hellen Licht des LCD-Flatscreen) und tippen angespannt Befehle in die Welt von ZORK (wählen aus Eingabemöglichkeiten in Stories Untold). Die Realität in der wir das mehrfach ausgezeichnete Textadventure Stories Untold erleben, mag eine andere sein, als wir es aus unserer Kindheit kennen. Dennoch versetzt No Code uns auf smarte Art und weise bereits in Episode 1 der vier Horror-Mystery Abenteuer in eben jenes Szenario zurück, das uns schon damals vor Spannung die Nackenhaare aufgestellt hat.
Ohne Frage trifft Stories Untold in Sachen Stimmung und Erlebnis absolut ins Schwarze. Optisch hat No Code das Low-Tech 80er Jahre Feeling perfekt adaptiert und mit Science Fiction Elementen vermischt. Darüber hinaus erzeugt ein hervorragender bedrohlicher Soundtrack zusammen mit hervorragendem Sound Mixing für eines der stimmungsvollsten Gaming-Erlebnisse seit langem. Fans von Stranger Things und Steven King Büchern werden begeistert sein.
(c) No Code studio
Textadventure… Tastatur?
Im Gegensatz zu Amiga und Co. verfügt die Nintendo Switch natürlich nicht über eine Tastatur. Wie also funktioniert die Texteingabe in diesem Textadventure? Stories Untold löst dieses Problem, indem man sich in einer Auswahl an Möglichkeiten von Stichwort zu Stichwort bewegt. Man wählt eine Aktion wie “Look”, “Go”, “Talk” und danach eine Option wie “Around”, “Cupboard”, “Kitchen” und das Spiel verknüpft die Eingaben zu einem Satz und gibt entsprechend Rückmeldung. Ganz authentisch gibt sich Stories Untold auch ganz wie frühere Spiele verwirrt, wenn man Dinge wie “Drive” – “Newspaper” versucht.
(c) No Code studio
Hardcore Fans von Retro-Spielen ist diese Variante vielleicht zu simpel, wir empfinden sie aber als smarte und sehr zeitgemäße Lösung. Gamerinnen und Gamer sind heute benutzerfreundlichere Eingabemethoden gewohnt und jedes Wort über eine Touchscreen-Tastatur eintippen und hoffen zu müssen, dass das Spiel eine gewünschte Reaktion zeigt, erscheint eher veraltet und würde Horror-Fans wohl abschrecken. Dafür hält Stories Untold bei den diversen Rätseln und Aufgaben, die sich uns stellen, kaum Händchen – sogar so wenig, dass wir stellenweise eine Weile brauchten, um herauszufinden, was wir zu tun hatten.
4 Geschichten. 1 Albtraum.
Wie bereits erwähnt setzt Stories Untold sich aus vier Episoden zusammen, die jeweils einen sehr unterschiedlichen Zugang haben. Dennoch gibt es einen roten Faden, auch wenn dieser sich (wie bei guten Mystery-Stories üblich) erst im Laufe des Spiels ergibt. Wir wollen nicht zu viel über die diversen Gameplay-Elemente (und schon gar nicht über die Story) verraten, da das Entdecken, Verstehen und lernen für uns einen großen Teil des Reizes ausmachte. Daher nur in knappen, möglichst Spoiler-freien Worten.
(c) No Code studio
Vom klassischen Textadventure in Episode 1 aus, erweitert Stories Untold sein Gameplay-Angebot über die nächsten Episoden stetig. Bereits Episode 2 schickt uns durch eine Reihe Experimente und lässt uns diverse Geräte bedienen, in dessen Zug wir kleine Puzzles lösen müssen, bevor wir wieder zu Textadventure zurückkehren. Episode 3 wirft dieses weitgehend aus dem Fenster und lehrt dem Spieler den Umgang mit einer neuen Reihe an technischen Geräten, mit Hilfe derer man Logik- und Recherche-Rätsel lösen muss, bevor man sich sogar erstmals vom in-Game Bildschirm löst und frei herumwandern darf. Zu Episode 4 schweigen wir und lassen euch das Mysterium selbst erleben.
(c) No Code studio
Ein wohlig-furchtbarer Schauer
Für Fans von Horror und Mystery, die die Gänsehaut und Anspannung in jeder Faser des Körpers genießen. Für Liebhaber der bedrohlichen Stille – der subtilen
Anzeichen eines sich am Rande der Wahrnehmung manifestierenden Terrors. Für Mutige, die Nachts tief in die Schwärze von Seitengassen schauen und den dabei aufkommenden Schauer der eigenen lebhaften Fantasie genießen. Für eben diese Gamerinnen und Gamer ist Stories Untold das absolut perfekte Spiel.
An einem Abend allein zu Hause, nur das Licht des Bildschirms, die Decke über dem Kopf und das Smartphone aus, baut No Code in diesem großartig für die Moderne adaptierten klassischen Format eine Stimmung auf, wie wir sie seit langer Zeit nicht mehr erlebt haben. Fans von Stranger Things, Puzzler-Games und Stephen King Büchern sollten bei Stories Untold auf jeden Fall zuschlagen.