Top Trumps: Harry Potter im Test
Früher verglich man während langweiligen Busfahrten die Zylinderanzahl von Luxusflitzern oder Zugwaggonlängen auf Spielkarten. Top Trumps übernimmt dieses Konzept des Kategorienvergleichs, gestaltet es durch die Lizensierung bekannter Marken für jüngere Generationen allerdings um einiges ansprechender. Ich habe mir 6 Versionen für Harry-Potter-Fans angesehen und verrate euch, wie sie mir gefallen haben.
Fakten
Alter: ab 7
SpielerInnenanzahl: keine Angabe (ich empfehle: 2-4)
Dauer: keine Angabe (meine Erfahrung: 10-30 min)
Inhalt: 30 Spielkarten, 1 Spielanleitungskarte
Harder, better, faster, stronger
Hinter allen Versionen von Top Trumps steckt dasselbe Spielprinzip: Der Kartenstapel wird gemischt, ehe jedeR gleich viele Karten erhält. Der Startspieler oder die Startspielerin sieht sich die oberste Karte seines oder ihres Stapels an und sucht sich eine Kategorie aus, die er oder sie für die beste hält. Wer die Karte mit dem höchsten Wert in dieser Kategorie hat, gewinnt die jeweils oberste Karte der anderen und fügt diese dem eigenen Deck hinzu. – SiegerIn ist, wer so alle Karten ergattern konnte.
Auch wenn alle Top Trumps: Harry Potter-Packungen die gleiche Spielerfahrung bieten, unterscheiden sie sich doch in ihrer optischen Aufmachung, der Auswahl der Filmcharaktere und den Werten auf den Karten. In den folgenden Absätzen möchte ich darum gesondert auf jedes Set eingehen.
Harry Potter und der Gefangene von Askaban
Leider gibt es schon beim ersten Set einiges zu meckern: Während die Vorderseiten der Karten grafisch recht ansprechend gestaltet wurden, wurde mit der davonfliegenden Tante Magda ein Hintergrundbild gewählt, das für diesen Film wohl kaum repräsentativ oder von Bedeutung ist. Besser hätte ich ein Bild von Sirius, dem Grimm oder einem anderen zentralen Motiv des dritten Teils von Harry Potter gefunden.
Ebenso hätte man sich die kurzen, äußerst belanglosen Beschreibungstexte zu den Charakteren sparen können: Ein auffälliges “TM” nach jedem geschützten Begriff – Das sind unter anderem alle Charakter- und Ortsnamen – stören den Lesefluss und das Schriftbild. Abgesehen davon sind die Aussagen der Texte äußerst banal. Leuten, die den Film kennen, werden sie nichts Neues verraten und Leuten, die ihn nicht kennen, werden sie viel zu wenig relevante Informationen bieten.
Die gewählten Charakter-Attribute finde ich bis auf “Zorn” gut gewählt. “Weisheit”, “Magie” und “Mut” sind alles zentrale Motive in der Welt von Harry Potter. Neben Hauptcharakteren gibt es auch einige Nebencharaktere speziell aus Der Gefangene von Askaban. Stan Shunpike, die fette Dame oder ein Irrwicht sind dabei eigentümliche Vertreter: Schließlich lassen sich magische Geschöpfe und Gemälde schlecht mit ZaubererInnen vergleichen. Auch die Attributwerte der Charaktere wirken stellenweise sehr unverhältnisgemäß: So besitzt z.B. Harry einen Weisheitswert von 25, Hermine einen Wert von 70 und Dumbledore eine Wert von 80.
Harry Potter und der Feuerkelch
Die Rückseite der Karten finde ich gelungener, da das Bild über die gesamte Karte geht und mit dem Pokal des Trimagischen Turniers ein zentrales Element des Films zeigt. Wieder gibt es filmspezifische Charaktere, wie Madame Maxime oder Victor Krum. Doch leider haben sich Kartentexte im Vergleich zum vorherigen Set verschlechtert: Nicht nur stört das angehängte “TM” wieder Schriftbild wie Lesefluss; auch Umlaute fehlen diesmal!
Harry Potter und der Orden des Phönix
Hier habe ich das erste Mal das Gefühl, dass auf den Karten geschickt bekannte Design-Elemente aus dem Film verwendet werden, sodass ein gewisses “Harry-Potter-Flair” bei deren Anblick aufkommt, auch wenn sie weiterhin recht simpel gestaltet sind. Von den kleinen Begleittexten auf den Karten darf man sich wieder nichts Großartiges erwarten und auch bei manchen gewählten Charakteren wurde etwas geschlampt: So gibt es z.B. eine eigene Karte für “Todesser”, wo doch hinter den Masken eigenständige Personen, mit völlig eigenen Attribut-Werten stehen.
Dennoch ist Harry Potter und der Orden des Phönix mein persönlicher Favorit unter den getesteten Top Trumpf-Sets, vorwiegend weil viele meiner Lieblingscharaktere hier zum ersten Mal auftauchen (Bellatrix Lestrange, Luna Lovegood, Ginny Weasley und Nymphadora Tonks)
Harry Potter und der Halbblutprinz
Neben einer fragwürdigen Wahl für das Bild auf der Kartenrückseite, wirkt auch die Gestaltung der Vorderseite lieblos und zu simpel. Dem Trend der vorherigen Sets folgend steigen die Charakterwerte kontinuierlich weiter. Das mag bei den ZauberschülerInnen Sinn machen, die sich jedes Jahr in ihrem Können steigern. Doch bei Charakteren wie Minerva McGonnagal, deren Magie-Wert sich innerhalb von vier Sets um zehn Punkte gesteigert hat, finde ich das etwas seltsam.
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1
Grund zum Frohlocken: Auch wenn man hier die Beschreibungssätzchen wie in den anderen Sets vergessen kann, ist das unselige “TM” endlich aus dem Kartentext verschwunden. Die grafische Gestaltung ist in diesem Set viel poppiger als in vorherigen, was Geschmackssache ist. Jede Kartenrückseite wurde um den plakativen Schriftzug “toptrumps.de” ergänzt, wodurch man das Gefühl hat, Geld für ein Werbeprodukt ausgegeben zu haben.
Wie immer gibt es neue, filmspezifische Charaktere im Deck, deren Wahl um einiges stimmiger wirkt, als in den ersten Sets (Bathilda Bagshot, Gregorowitsch, Kreacher,…). Das könnte einfach daran liegen, dass der Pool an ProtagonistInnen, aus dem man schöpfen kann, nun größer ist, sodass nicht mehr auf magische Geschöpfe oder Muggels zurückgegriffen werden muss, um auf die erforderlichen 30 Charaktere pro Set zu kommen.
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2
Das zweite Set zu Harry Potter und die Heiligtümer des Todes lehnt sich stark an seinen Vorgänger an: Wieder ist die grafische Gestaltung poppig und wieder gibt es eine Websiteneinblendung auf jeder Kartenrückseite. Einige Charaktere, wie Voldemords Schlange Nagini, wirken fehl am Platz und manche Attributwerte kommen mir viel zu hoch vor: So hat Harry Potter plötzlich einen Weisheitswert von 100 vorzuweisen!
Mein Fazit zu Top Trumps: Harry Potter
Das super-einfache Spielprinzip von Top Trumps birgt Vor- und Nachteile: Sobald Kinder lesen können, sind sie in der Lage es selbstständig zu spielen und sich während Wartezeiten oder längeren Fahrten damit zu unterhalten. Dadurch, dass das Spiel immer gleich abläuft, nutzt sich sein Reiz allerdings schnell ab. Da sich jedes Set völlig gleich spielt, gibt es auch keinen nennenswerten Anreiz, sich mehrere Sets zu besorgen.
Enttäuscht war ich im Besonderen von der großteils lieblosen Gestaltung der Karten, den nichtssagenden Begleittexten und der offensichtlichen Gedankenlosigkeit in der Wahl mancher Charaktere und ihrer Attributwerte.