Torchlight 3 Test: Das große Aha-Erlebnis fehlt
Acht Jahre haben wir auf einen Nachfolger vom großartigen Torchlight 2, oder wie ich es nenne – “der Grund warum ich für lange Zeit Steam benötigte” – gewartet, und 2020 war es soweit. Was es über das Hack’n Slay zu wissen gibt und ob der dritte Teil eine Weiterführung eines tollen Franchises ist, erfahrt ihr in meinem Torchlight 3 Test.
Von Frontiers zu 3
Ursprünglich wurde nach Torchlight 2 das MMORPG Torchlight Frontiers angekündigt. Jedoch wurde, aufgrund des Feedbacks von Alpha-TesterInnen, von einer geteilten Welt für alle SpielerInnen Abstand genommen und man hat sich darauf konzentriert einen passenden Nachfolger zum ersten und zweiten Teil zu erschaffen, ein klassisches ARPG. Zu diesem Zweck wurde dann auch Torchlight Frontiers in Torchlight 3 umbenannt. Dass das Endprodukt einmal ein MMORPG werden hätte sollen, lässt sich nicht vollkommen von der Hand weisen. Wie dem auch sei, Novastraia ist wieder einmal in Gefahr und es bedarf eurer Hilfe, euch mitten in die Schlacht zu werfen. Eine Schlacht gegen unzählige Gegner oder gegen das Spiel? Finden wir es heraus. Weitere Informationen zum Spiel findet ihr auf der offiziellen Webseite.
Und so beginnt es…
Zu Beginn des Spieles dürft ihr euch einen von fünf Schwierigkeitsgraden aussuchen, diese werden mit den klingenden Namen „Anfänger / Normal / Schwer / Schmerzhaft / Höllisch“ betitelt. Je höher der Schwierigkeitsgrad, umso schneller bewegen sich die Gegner. Zusätzlich teilen sie mehr Schaden aus, können selber mehr Schaden einstecken, Champions erscheinen häufiger und die Bosskämpfe werden ebenfalls um ein paar Stufen knackiger. Auf der positiven Seite vermerken wir ein größeres Glück beim Finden von Ausrüstungen und Zaubertränken.
Nach dem Schwierigkeitsgrad könnt ihr euch in die Charakterauswahl stürzen. Es gibt vier zur Auswahl, einer verrückter wie der andere. Während Scharfschützen und Zwielichtmagier sich halbwegs in die typischen Schubladen stecken lassen, wird es beim Roboschmied und beim Schienenkämpfer schon erheblich schwieriger klassische Stereotype drüber zu legen. Der Roboschmied ist ein Ofen auf – auswechselbaren – Beinen, der Schienenkämpfer hat bei der ÖBB die Lehre gemacht und baut andauernd das Gleissystem für seinen Begleitzug aus. Dieser unterstützt den Schienenkämpfer mit seinen mächtigen Waffen, während der Schmied selbst mit einem gewaltigen Zwei-Hand-Hammer den Gegnern das Gesicht zärtlich massiert. Der Roboschmied verfügt über eine Brustkanone und kann unter anderem mit seinen Artilleriefähigkeiten den Sieg schnell herbeiführen. Er kann aber auch zum übermächtigen Nahkämpfer geskillt werden, wenn er in seinem Zyklonmodus Hitze aufbaut und mit einer Ablass-Fähigkeit seine aufgestaute Hitze an seinen Gegnern ablässt. Die Einzigartigkeit der Charaktere, denn auch die Scharfschützen und die Zwielichtmagier haben ihre Besonderheiten, sind einer der großen Pluspunkte.
Zeig mir deinen Skilltree
Bereits nach der Wahl eures Charakters, müsst ihr euch für eines von fünf Relikten, die sehr grob umschrieben in die RPG-Klassiker Gift, Frost, Feuer, Heilen und Elektrizität unterteilbar sind, entscheiden. Jedes Relikt bietet fünf aktive und fünf passive Fähigkeiten dar, diese Wahl kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Bei den Relikten gibt es auch eine Waffenmeisterschaft, die nur für spezielle Waffentypen Boni bereithält. „Skilltrees“ sind natürlich auch dabei, neben dem Relikte-Skilltree, hat jeder Charakter zwei an der Zahl, einen für Nahkampf und einen für den Fernkampf, die jeweils sieben Fähigkeiten beinhalten. Diese werden der Reihe nach, je nach Level, freigeschalten.
Zusätzlich kann man sich dann auch noch einen Begleiter am Beginn des Spieles aussuchen. Die Wahl von Eule, Alpaka und Hund mit „Rettungsfass“ um den Hals fiel ganz klar auf den besten Freund und Helfer, das Schnapsfass, an dem ein Hund dranhängt. Begleiter unterstützen euch kampfkräftig im Spiel und können ins Dorf geschickt werden, um ungeliebte Items zu verkaufen. Rein theoretisch könntet ihr dies auch selbst, per Stadtportal, erledigen.
I root for loot
RollenspielerInnen wissen es schon längst, es muss gedropped werden was das Zeug hält. Hier enttäuscht das ARPG Torchlight 3 nicht, es gibt massenweise Items, die es aufzusammeln und durchzusehen gibt. Farblich abgestuft seht ihr sofort, ob es sich um ein normales oder um ein spezielles Item handelt. Zack, zack, zack, die guten ins Inventar, die schlechten ins Dorf zum Verkauf. Leider fehlt bei den besseren Items die weltbewegende Veränderung, die ein neues Spielgefühl aufkommen lässt. Nichts fühlt sich wirklich groß und eindrucksvoll an. Egal ob es sich um einen Levelaufstieg oder um ein seltenes Item handelt. Die Änderungen sind, verglichen zur Diablo-Reihe oder auch zu Path of Exile, eher marginal. Ihr schnetzelt euch durch Horden von Gegnern aber es scheint immer gleich lange zu dauern, bis die Gegner faschiert sind. Torchlight 3 würde wahrscheinlich mehr Impact haben, gäbe es nicht schon so viele großartige (A)RPGs, die ihre Sache zwar auch nicht perfekt, aber sehr gut machen. Selbst Torchlight 2 zog mich sofort in seinen Bann und zog mir Stunden über Stunden meiner Lebenszeit ab. Beim dritten Teil musste ich mich hin und wieder zwingen es zu spielen. Das Leveldesign hat mich nicht komplett vom Hocker zentrifugiert und, dass das Spiel erst etwas später interessanter wird, um zu sehen, ob der eigene Build wettkampftauglich ist, ist auch schwierig zu vermarkten. Auf längere Zeit gesehen, hat Torchlight 3 sicher seinen Reiz, man darf sich nur nicht vom etwas lauen Anfang abschrecken lassen.
A house, in the middle of the game
Hier haben wir jetzt ein kleinen Einblick in das, was früher ein MMORPG werden hätte sollen. Wer träumt nicht in seinen prä-, mittendrin- und postpubertären Lebensabschnitten ein eigenes Haus zu besitzen, und viele MMORPGs helfen euch dabei, mit dem sogenannten Housing. Ein Platz für den virtuellen Rückzug, während man sich aus dem reellen Leben zurückzieht. Dort kann man es sich nach eigenen Vorstellungen kuschelig machen und eine Auszeit von der wilden Jagd auf allerlei Lootgedöns machen. Oder man gibt seinem Selbstwert einen Boost, in dem man ein “fancy-schmancy” Hause mit allem Pipa, und vor allem dem Po, erstellt und sich von FreundInnen bewundern lässt. Diese Möglichkeit gibt es auch bei Torchlight 3. Wir bekommen, gerade einmal fünf Minuten im Spiel, ein Fort zur Verfügung gestellt, welches zu Beginn noch von Goblins besetzt wird. Sobald es befreit ist, können wir das Fort mit allerlei dekorativen Gegenstände verzieren. Man kann in seinem Fort aber auch Gegenstände craften und per Denkmäler Buff-Effekte freischalten und so gibt uns unser virtuelles Zuhause wenigstens etwas Hilfreiches auf die Reise mit. Auch andere Spieler, die eine Besichtigungstour durch euer Heim machen, profitieren von den Buffs.
Torchlight 3 Test-Fazit
Alles in allem hängt die Zufriedenheit über Torchlight 3 von den SpielerInnen ab: Was wollt ihr spiele, wie wollt ihr spielen, wie viel Freiheiten wollt ihr dabei genießen und könnt ihr euch von der Geschichte und dem Leveldesign mitreißen lassen. Wer sich ein Spiel wie Torchlight 2 (hier geht’s zu unserem Test) erhofft hat, wird ein wenig enttäuscht sein, wer es liebt sich von einer unendlichen Spieltiefe und komplexen Skilltrees à la Path of Exile verführen zu lassen, wird ebenfalls nicht ganz glücklich werden. Die Charaktere sind gelungen einzigartig und spielen sich auch recht unterschiedlich. Dennoch kann mit jedem der vier das Spiel durchgespielt werden. Es gibt nicht wirklich eine Figur, die schwächer als die anderen ist. Ansonsten bleibt uns die schnelle Schnetzlerei durch die eher durchschnittlichen Schlauchlevel und man vermisst ein wenig das große Aha-Erlebnis, um sich vom Spiel fesseln zu lassen, und um die Langzeitmotivation aktivieren zu können. Schade.