1, 2 Switch (Switch) Review – PAARTEYYY!

von postbrawler 13.03.2017

Von manchen Spielen weiß man erst mal nicht so recht, was man davon halten soll. 1,2 Switch ist so ein Spiel. Es soll das Hardware-Potenzial der Switch, im speziellen der JoyCon-Controller, zur Schau tragen, ist aber kein Beipacktitel der neuen Nintendo-Konsole. Es soll den guten, alten Wii-Hype wieder aufkeimen lassen, ist mit 30 Euro aber hart an der Schmerzgrenze dessen angesiedelt, was Menschen für ein Partygame bereit sind zu zahlen. Ich bin eher ein Party-Fuchtel-Muffel. Diese Zeilen sind folglich ein Review-wider-Willen. Aber ich wurde gewissermaßen bekehrt. Wie das passiert ist? Lest einfach weiter!

1,2 Switch Cover

Muss ich das wirklich testen?

Als der Download-Code zu 1,2 Switch eintrudelte, war ich anfangs mäßig begeistert. „Muss ich das wirklich testen?“ so meine erste innerliche Reaktion. Die Frage blieb rhetorisch, denn die Antwort stand fest: „Ja, da musst du jetzt durch!“ Gottseidank war ein passender Tester in Gestalt meines Sohnes rasch gefunden. Der simulierte Party-Abend konnte also beginnen.

Tonnenweise Erklär-Bär-Videos

Nintendo lässt die Zielgruppe Kinder komplett außen vor

Beim ersten Starten des Spiels wird man erst mal von einer Reihe von Erklär-Bär-Videos willkommen geheißen. Darin zu bewundern: Junge bis mitteljunge Erwachsene, die vermutlich durch den Genuss bewusstseinserweiternder Substanzen zur artifiziellen Spaßmimik genötigt wurden. Schon wieder fällt auf, was Mari bereits im Launch-Trailer der Switch bemängelt hatte: Nintendo lässt die Zielgruppe Kinder komplett außen vor, und positioniert die Switch erneut als idealen Begleiter der Generation StudentInnenparty. Wieso das so ist, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben, wo doch eigentlich Kinder die ideale Zielgruppe für diese Form der Bespaßung wären.

Aufwärm-Übungen

1,2 Switch Verpackung

Hat man das kindische Gekicher erst einmal über sich ergehen lassen, geht’s direkt los mit einer Aufwärm-Übung. Western-Duell ist das erste Spiel, in dem man die eigenen Reflexe auf die Probe stellen darf. Dabei stehen sich zwei Personen gegenüber und blicken sich in die Augen. Den jeweiligen JoyCon locker auf Hüfthöhe haltend, wartet man auf das akustische Kommando „FEUER!“ Dann gilt es möglichst rasch zu ziehen, und durch Betätigung der Trigger Taste die KontrahentIn wegzuballern. Die SiegerIn des Duells wird anschließend Western-typisch in Szene gesetzt.

Kuhmelken, Wettrasieren und Würfeln

1,2 Switch Rasieren

Weitere fünf Spiele, wie eine Samurai-Schwert-Übung, oder eine virtuelle Partie Tischtennis warten darauf ausprobiert zu werden. Hat man ein paar davon absolviert, werden alle 28 Mini-Games von 1,2 Switch freigeschaltet. Nun kann man sich auch im Kuhmelken, Wettrasieren oder Würfeln messen. Alle Mini-Spiele haben gemein, dass man nicht auf den Bildschirm, sondern auf Audio-Kommandos oder Vibrationen der JoyCon achten muss. Letzteres nennt Nintendo stolz HD-Rumble. Und der Stolz ist berechtigt, denn die kleinen Controller erzeugen tatsächlich ein sehr filigranes haptisches Feedback. So kann man beispielsweise Kugeln schätzen, die vermeintlich in den Controllern hin- und her rollen. Oder man fühlt die raue Oberfläche, wenn man beim Wettrasieren über bärtige Stellen rattert.

Spaß auch für blinde Menschen

1, 2 Switch hebt die Messlatte für Party-Games höher als Wii Sports

Mit diesem Alleinstellungsmerkmal ausgestattet hebt 1,2 Switch die Messlatte für Party-Games tatsächlich um ein ordentliches Stück höher, als es Wii Sports einst getan hat. Richtig überzeugt hat mich das Spielerlebnis allerdings, als ich gelesen habe, wie sehbehinderte Personen auf dieses Erlebnis reagieren. Auch blinde Menschen haben das Recht auf digitalen Spaß. 1,2 Switch ist in der Lage diese Barriere niederzureißen. Ich wage sogar zu behaupten, dass Nintendo diesen mutigen Schritt ganz bewusst gesetzt hat. Allein dafür verdient das Spiel, und die Idee dahinter, Bewunderung.

Über den Wolken…

Nachdem 1,2 Switch mich zwar noch nicht begeistern, aber immerhin überraschen konnte, stellte ich das Spiel noch auf einen weiteren Test: Ich nahm meine Switch mit auf eine Flugreise. Schließlich wirbt Nintendo ja ganz selbstsicher damit, dass die Switch die ideale Reisebegleiterin für derlei Trips sei. Kurzerhand wurde der (mir bekannte) Sitznachbar mit den grundlegenden Techniken vertraut gemacht, und schon konnte der Partyspaß in luftigen Höhen beginnen. Allerdings stellte sich heraus, dass 1,2 Switch nur bedingt für die engen Sitzplätze eines Kurzstrecken-Fliegers geeignet ist.

Das Western-Duell und der Samurai-Showdown mussten aus Platzmangel abgesagt werden. Würfelraten und ans Telefon gehen fielen flach, weil die Vibrationen des Airliners die Motion-Sensoren der JoyCon beeinträchtigten. Kurzum: es blieben einige wenige Titel, wie Kühe melken und Kugeln raten, die tatsächlich auch unter diesen Extrembedingungen passabel spielbar blieben. Die sorgten dafür aber auch in luftigen Höhen für aufkeimenden Partyspaß, sehr zur Verwunderung der anderen Passagiere.

Fazit zu 1,2 Switch

Natürlich wäre es unfair 1,2 Switch aufgrund dieser Missstände die Wertung zu versauen. Schließlich sollte man Party-Spiele am besten in ihrem natürlichen Habitat konsumieren: Auf Partys nämlich. Aber auch dort könnte es in Anbetracht des nötigen Platzes und der herrschenden Lautstärke schwierig werden, richtig in die Atmosphäre von 1,2 Switch einzutauchen. Nintendos erstes Party-Spiel für die Switch bleibt also eine kurzweilige Tech-Demo, deren Wiederspiel-Wert sich arg in Grenzen hält. Möchte man Freunden und Bekannten die Vorzüge der Switch veranschaulichen, eignet sich 1,2 Switch aber recht gut.

ein soziales Leuchtfeuer

So gesehen wird das Spiel wohl alle heiligen drei Zeiten aus seiner staubigen Hülle geschält werden, um als Botschafter der Idee zu fungieren, der die Nintendo Switch zugrunde liegt. Für Blinde und Sehbehinderte Menschen ist 1,2 Switch aber sicherlich eine Offenbarung. Es ist der erste ernstgemeinte Beitrag zur Erschließung dieser vernachlässigten Zielgruppe, und ein soziales Leuchtfeuer das seinesgleichen sucht.

Wertung: 7.5 Pixel

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