Mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild (Wii U) über den Tellerrand hinaus

von David Kolb-Zgaga 08.03.2017

Ihr habt schon zig Reviews gelesen und jede noch so kleine News zu The Legend of Zelda: Breath of the Wild aufgesaugt? Gerade dann solltet ihr erst recht mein Wii U Review lesen, denn ich möchte mich mit euch auf die Metaebene begeben und einen Blick über den Tellerrand werfen und diesen auch selbstverständlich bewerten. So werden in diesem Test z.B. die Timeline und der Vergleich zu anderen Open-World-Titeln analysiert. Wer sich zuerst noch ein wenig in die Materie einlesen möchte, der sollte unbedingt auch Bernis äußerst detailliertes und schönes Review konsumieren.

Der stumme Held

Die Geschichte von The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist sehr klassisch angelegt und behandelt einmal wieder die Rettung von Prinzessin Zelda und die Befreiung von Hyrule. Link spricht dabei im gesamten Abenteuer kein einziges Wort und bekommt wie gewohnt, nicht einmal eine unvertonte Textbox. Das muss aber auch nicht unbedingt sein, denn oft sind die Dialoge nicht all zu komplex, denn in vielen Fällen bekommt Link von den NPCs etwas erzählt, bzw. wird auch mal dazu ermutigt, einer Aufgabe nachzugehen. Durch den stummen Helden verliert das Spiel keineswegs an Qualität, weil es meist nicht notwendig ist, dass Link den Mund aufmacht – in vielen Situationen reicht die Mimik aus, um seine Emotionen nachvollziehen zu können. Ähnlich wie zum Beispiel bei einem Half Life steigt dadurch die Immersion und während des Spielens, fühlt es sich sogar nach einem Dialog an. Man merkt oft gar nicht, dass die NPCs eigentlich einen Monolog halten. Wofür es aber endlich Zeit wurde, ist die Vertonung von Zwischensequenzen und sprechenden Charakteren.

2017 musste Nintendo endlich den Schritt wagen und mit einer vernünftigen Vertonung an den Start gehen. Das hat man zum Glück auch getan, jedoch sind bei Weitem nicht alle Dialoge vertont. Deshalb hat man viel Potenzial verschenkt, denn die Atmosphäre von The Legend of Zelda: Breath of the Wild steigt noch einmal an, wenn die Personen und Geschöpfe in dieser Welt auch tatsächlich sprechen. Besonders schön gemacht ist die Stimme von Zelda, die Link immer wieder in seinem Kopf hört. Manchmal spürt man dabei sogar das Leiden von Zelda und den damit verbundenen, sehnsüchtigen Wunsch nach Link und ihrer Befreiung. Im Umkehrschluss ist es daher eine verpasste Chance, dass nicht alle Dialoge vertont wurden. Wie Berni aber schon richtig festgestellt hat, wiegt dieser Umstand nicht schwer genug, um das Spielvergnügen zu trüben. Besser gegangen wäre es aber dennoch!

Timeline

Die Timeline von The Legend of Zelda war und ist ein umstrittenes Mysterium für sich.

Darum stellen sich abermals viele Fans die Frage, wo der neueste Zelda-Teil in der Timeline angesiedelt werden könnte. D.h. was hier folgt sind ein paar Fantheorien und meine eigenen Gedanken dazu. Nichts davon wurde auch nur im Ansatz von Nintendo bestätigt. Meiner Meinung nach macht aber gerade diese Suche nach versteckten Hinweisen und das Rätselraten, einen ganz eigenen Reiz aus, der abseits von Items immer wieder dazu einlädt auf Erkundungstour zu gehen.

Nun also zu den Fakten: die Zitadelle der Zeit ist nur noch eine Ruine, weshalb das Spiel wohl mit großer Sicherheit nach Ocarina of Time stattfindet. Außerdem trifft man immer wieder auf Krogs, die man aus Wind Waker kennt, die damals gemeinsam mit dem Dekubaum zusammenlebten.

Der zweite Hinweis sind die Salzsteine, welche aus kristallisiertem Salz von einem uralten Meer abstammen. Es ist nämlich bekannt, dass der Hyliasee und die Wohnräume der Zoras Süßwasser enthalten. Das Salz muss aber aus einer (uralten) See stammen, was nahelegt, dass The Legend of Zelda: Breath of the Wild lange nach Wind Waker spielt, wodurch das Wasser bereits weg ist und wir nun das zurückgebliebene Salz finden können. Allerdings existiert aber auch das Master Schwert in Breath of the Wild, welches sich nach Wind Waker am Grund des Meeres, im Schädel des versteinerten Ganondorfs befindet. In der „Child Era“ (siehe Timeline) befindet sich das Schwert nach Twilight Princess in der Zitadelle der Zeit. In Breath of the Wild hingegen ist es auf einer Lichtung, in den verlorenen Wäldern zu finden. Für die „Child Era“ spricht hingegen, das sofortige Auftreten von Ganon, da in den anderen Zeitlinien davor immer noch Ganondorf aufgetreten ist, der sich dann in Ganon verwandelte. Durch diese Widersprüche haben sich bis jetzt zwei verschiedene Theorien (gesalzener Gag incoming) herauskristallisiert.

  • Die Erste besagt, dass am Ende von Wind Waker die Zeitleiste abermals gespalten wird und es eine Realität gibt, wo Ganondorf Link besiegt und (das versiegelte) Hyrule an die Meeresoberfläche zurückholt. Damit können sowohl die Zitadelle der Zeit, wie auch die Krogs in diesem Zustand gemeinsam existieren.
  • Die zweite Theorie besagt, dass die drei Zeitleisten wieder zu einer zusammengeführt wurden, was die Hinweise aus allen drei Linien erklären würde. Verständlicherweise kann aber niemand klar argumentieren, wie diese drei Multiversen wieder vereint werden konnten.

Nintendo hat den Fans mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild daher wieder einige Rätsel aufgegeben, die momentan noch nicht schlüssig erklärt werden können. Möglicherweise könnte sich das durch neue Entdeckungen bald ändern oder aber wir müssen sogar das erste Mal in der Zelda-Geschichte auf einen Story-DLC warten. Der erscheint erst gegen Ende des Jahres und könnte weitere Geheimnisse lüften.

Von alten Traditionen lösen

Von der altbekannten Timeline, wenden wir uns nun neuen Ufern zu, denn The Legend of Zelda: Breath of the Wild durchbricht sehr viele, alte Muster. Eine der größten Designveränderungen ist, dass das Spiel kein klassisches Metroidvania mehr ist. Sobald man den Gleiter bekommt, kann man sofort überall hin. Das ging zwar früher vom Prinzip her auch schon, doch meist brauchte man z.B. Feuerpfeile oder Epona, um in spezielle Gebiete vordringen zu können. Dieser Mechanismus ist jetzt aufgehoben, man bekommt alle wichtigen Items im ersten Gebiet und kann diese später zwar verbessern, aber diesen keine neuen, essenziellen Funktionen mehr hinzufügen. Das ist äußerst wichtig, denn durch diesen Umstand erzeugt The Legend of Zelda: Breath of the Wild ein enormes Gefühl von Freiheit. Wenn ich mit Link auf einem hohen Turm stehe, kann ich jeden Ort bereisen, den ich mit meinem Shika-Stein erspähe. Das ist aber nicht alles, denn mit geschickten Klettereinlagen und Gleitmanövern, kann ich nicht nur jeden Ort bereisen, ich kann auch jede noch so hohe Spitze und Fassade erklimmen, was einen großen Unterschied zu herkömmlichen RPGs macht. In Reihen wie The Elder Scrolls oder Dark Souls, gelange ich zwar auch an jeden Ort, den ich sehe, ich kann aber oftmals nicht auf jeden Berggipfel und jedes Gebäude hinaufklettern.

Keine Bevormundung

Dass ich Dinge erklettern kann, klingt für sich genommen noch nicht übermäßig spannend. Dadurch, dass ich aber im Gegensatz zu z.B. einem Open World Spiel von Ubisoft nicht Hunderte an Symbolen habe, die auf meiner Karte aufblinken, lohnt es sich auf Erkundungstour zu gehen. Die Map in The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist nämlich prinzipiell leer. Die Karte zeigt nur die topologischen Merkmale, wodurch man lediglich Gebirgsketten erahnen kann. Es gibt keine ToDo-Listen und keine Anzeigen. Dieses Zelda nimmt euch nicht bei der Hand, es vertraut viel mehr auf eure Beobachtungsgabe und eure Neugier. Seit gefühlten Ewigkeiten hat es außerdem den schnellsten Einstieg ins Spiel. Bereits nach 15 Minuten geht es los und Link kann die Welt frei erkunden. Es gibt keine langatmige Einführung, keinen zehn Stunden Aufenthalt in einem kleinen, uninteressanten Dorf, wo man auf Ziegen aufpassen muss. Durch diese Kniffe muss aber das Leveldesign auch gut gemacht sein, damit es sich tatsächlich lohnt, neugierig zu sein. Diese Aufgabe hat Nintendo mit Bravour gelöst, denn in jedem Winkel und an jedem noch so unmöglichen Ort gibt es Gegenstände und Begegnungen, die es sich zu finden lohnt. Es gibt keine Collectibles, rein um des Sammelns willen. Alles wird gebraucht, alles macht Sinn! Dadurch, dass die Gegner keine Herzchen mehr fallen lassen, die Links Lebensleiste füllen würden, muss richtig viel gekocht werden und mit den Ressourcen gehaushaltet werden. Viele Entdeckungen verbessern auch Links Fähigkeiten, wodurch der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe etwas entschärft werden kann.

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt

Überhaupt wird die Welt durch „natürliche Barrieren“ begrenzt. Die unterschiedlichen Stärken der Gegner, je nach Gebiet, weisen mich oftmals in meine Schranken und zeigen mir auf, dass ich momentan noch zu schwach bin. Es gibt vier Titanen, in welcher Reihenfolge ich diese besuchen möchte, ist dem Spiel egal. Ich kann sogar mit dem Gleiter in der Hand von Anfang an, zum Endkampf laufen, auch wenn ich dadurch wahrscheinlich mit einem einzigen Hit getötet werde. Allein die Tatsache, dass das funktioniert, ist ziemlich cool, denn Link darf nun ja auch schleichen und notfalls auch flüchten. So kann man Gebiete „ausrauben“, die noch gar nicht für meinen spitzohrigen Recken geeignet wären. Das macht das Spiel fantastisch nonlinear und jeder kann in seinem ganz persönlichen Tempo spielen, kann Link verstärken und ihn zum Super-Kämpfer ausrüsten oder verzichtet auf das alles und sucht mit knapper Lebensleiste die Herausforderung. Jeder dieser „Wege“ ist eine eigene Erfahrung für sich und jeder davon ist reizvoll und macht Spaß. The Legend of Zelda: Breath of the Wild bleibt dabei unaufdringlich und versucht nicht den Spielerinnen und Spielern einen speziellen Spielstil (z.B. Schleichen) aufzudrücken.

Open World – aber richtig!

Für mich ist The Legend of Zelda: Breath of the Wild das erste richtige Neuzeit-Zelda.

Alle nachfolgenden Spiele nach Ocarina of Time waren Weiterentwicklungen dieses 3D-Ur-Konzeptes und es hat sehr lange gebraucht, bis Nintendo den Schritt gewagt hat neue Gameplaymechaniken auszuprobieren. Unnachahmlich hat es Big N bereits im ersten Anlauf geschafft, dieses Unterfangen durchzusetzen und ein neues, frisches Zelda zu erschaffen, dass sich vor modernen Standards nicht verstecken muss. Außerdem ist The Legend of Zelda: Breath of the Wild wirklich mal ein Open World Spiel, dass es auch verdient diesen Genrebegriff verliehen zu bekommen. Viel zu oft sind die offenen Spielwelten nur Makulatur, die die immer gleichen Nebenquests von der Stange und damit keinen Mehrwert bieten. Bei Zelda hingegen lohnt es sich zu erkunden und das ist zudem auch um ein Vielfaches befriedigender, da ich die interessanten Geheimnisse und Gegenstände ohne Anleitung selbst finde. Es wird mir damit zu jeder Zeit suggeriert, dass ich als eigenständig, denkender Spieler diese Entdeckungen gemacht habe und nicht meine blinkende Landkarte.

Ein Meilenstein über die Grenzen von Nintendo hinaus

Natürlich hat das Spiel auch Schwächen und ist für mich bei Weitem nicht perfekt. Die z.B. oftmals fehlende Vertonung oder das an einigen Stellen sperrige Inventar, können den Spielspaß aber nur marginal senken, weshalb ich allen Wii U und Switch BesitzerInnen (und solchen, die es noch werden wollen) empfehlen kann, sofort loszulaufen und sich umgehend The Legend of Zelda: Breath of the Wild zu holen. Ich gebe Berni zu 100% recht, wenn er schreibt: „Ein Klassiker, über den man sich auch nach künftigen Hardware-Generationen noch gerne zurückerinnern wird!“

Wertung: 9.3 Pixel

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