Super Mario Odyssey (Switch) im Test – neuer Hut steht ihm gut!
Super Mario Odyssey für die Nintendo Switch ist endlich erschienen, und ich hatte ausgiebig Zeit mit dem Ex-Klempner in unterschiedliche Welten abzutauchen. Seit der Genesis der Nintendo Switch fragen sich Fans, ob Super Mario Odyssey das 3D-Jump ‘n Run-Franchise auf ähnliche Weise neu erfinden wird, wie Breath of the Wild das mit The Legend of Zelda tat. Ich kann vorausschicken, dass auch Odyssey mutig mit alten Serienkonventionen bricht. Die Neuerungen fallen jedoch nicht so Radikal aus, wie im Königreich Hyrule. Ob es sich bei Super Mario Odyssey um ein würdiges Switch-Debut handelt, und ob der Weltenbummel auch Spaß macht, lest ihr in meinem Review.
Handlung
Die Synopsis von Super Mario Odyssey fällt wie zu erwarten etwas dünn aus. Mario muss Prinzessin Peach aus den Klauen des fiesen Bowser befreien. Im neuesten Abenteuer geht der Oberschurke einen Schritt weiter, und plant die Gute gleich zu heiraten. Die Hochzeitsvorbereitungen sind bereits in vollem Gange, und auch die geeigneten Wedding-Planner in Form der Broodal-Familie sind schon gefunden. Mit seinem Luftschiff klappert der Bräutigam und Prinz in Spe diverse Welten nach Hochzeitsgeschenken ab. Dabei gerät auch das Hut-Wesen Tiara aus der Welt Zylindrien in Bowsers Gefangenschaft. Das ruft ihren Bruder Cappy auf den Plan, sich mit Mario im Kampf gegen Bowser zu verbünden. Das dynamische Dou schwingt sich also an Bord des hutförmigen Schiffes Odyssey, um damit in ein gleichnamiges Abenteuer zu stechen.
Setting
Mario bekommt es unter anderem mit sprechendem Essbesteck zu tun
Auf ihrer Odyssee treffen der quirlige Italiener und seine lebhafte Kopfbedeckung auf allerlei bizarre Wesen und Welten. Altbekannte Mario-Szenarien wie Gletscher und Wüsten wechseln sich mit gänzlich neuen Gegenden wie der Menschenstadt New Donk City oder gruseligen, mittelalterlichen Burgruinen ab. Auch Reminiszenzen an ältere Super Mario-Titel wie Super Mario 64 oder –Sunshine sind da zu finden. Dabei gleicht keines der Königreiche den Anderen auch nur Ansatzweise. Ein Ziel der Entwicklung von Super Mario Odyssey dürfte gewesen sein, möglichst kontrastreiche, ja fast schon widersprüchliche Areale zu kreieren. Die verschiedenen, teils frei erkundbaren Welten werden von ebenso bizarren wie originellen Wesen bevölkert. Während im Metro-Kingdom echte Menschen leben, bekommt Mario es in der Gourmet-Welt mit sprechendem Essbesteck zu tun. Nicht alle Wesen sind Mario feindlich gesinnt, es gibt auch jede Menge NPCs mit denen gequatscht und interagiert werden kann.
Gameplay
Mario hat den Pilzen endgültig abgeschworen
Vierzehn Gebiete gilt es in Super Mario Odyssey zu erkunden. Dazu gesellen sich noch einige freispielbare Bonus-Welten. Das klingt erstmal nicht viel, aber durch sich teilweise ändernde Tageszeiten, Wetterlagen und Landmarks können die weitläufigen Areale auch mehrfach bespielt werden. Für Abwechslung und Kurzweil ist jedenfalls gesorgt, gibt es doch in jeder Welt haufenweise Extras und Geheimnisse zu entdecken. Versierte Mario-SpielerInnen werden mit der Hauptkampagne gut 10 – 12 Stunden beschäftigt sein. Darüber hinaus hat Nintendo einiges für die Langzeit-Motivation im Petto, wie beispielsweise Zeitmessungs-Parcours.
Kapern ist das neue Power-up
Hielt sich Super Mario 3D World für die Wii U noch akribisch an die bewährte Erfolgsformel mit Pilzen, Feuerblumen und Extraleben, stellt Odyssey eine regelrechte Zäsur für die Serie dar. Mario hat den Pilzen endgültig abgeschworen, und kommt in Odyssey gänzlich ohne altbekannte Power-Ups aus. Stellvertretend dafür sorgt Marios Begleiter Cappy für den nötigen Schwung, denn mit seiner Hilfe kann Mario die Kontrolle über alle möglichen Lebewesen und Gegenstände erlangen. Per Tastendruck oder JoyCon-Geste wirbelt die Kappe davon wie ein Wurfgeschoss, und kehrt sogleich wie ein Bumerang auf Marios Kopf zurück. Wenn Cappy dabei auf bestimmte Ziele trifft, schlüpft Mario kurzerhand in die Rolle von Fröschen, Gumbas oder Bullet Bills, und kann deren Fähigkeiten eine bestimmte Zeit lang nutzen.
Cappy ziert nicht nur Marios Kopf, und dient ihm als Waffe, er erweitert auch das Bewegungsrepertoire des bärtigen Italieners. Zu klassischen Aktionen wie Stampfattacken, Rollen, Dreifachsprüngen und Rückwärtssalti gesellen sich Hut-Sprünge. Dabei wird Cappy kurzfristig als Trampolin zweckentfremdet. Wenn Mario gerade nicht im Körper des Feindes für Recht und Ordnung sorgt, kann er auch diverse Fortbewegungsmittel wie Mofas, oder das mexikanische Großkatzen-Transportwesen Miauxi nutzen. Die möglichen Kaperziele und Fortbewegungsmittel sind gezielt über die Welten verteilt, und bieten weniger kreativen Spielraum für Experimente, als beispielsweise in BOTW.
Game Over war gestern
Neu in Marios Odyssee ist auch, dass Nintendo den Game Over-Bildschirm verbannt. Einen Lebenszäher gibt es nicht mehr, ebenso wenig die ikonischen grünen 1-Up Pilze. Stattdessen verliert Mario einfach einige Goldmünzen, wenn seine Lebenskraft zur Neige geht. Diese wird, genau wie in Super Mario Galaxy als dreigliedrige Tortengrafik in der linken oberen Ecke angezeigt, und kann mit gefundenen Herzen wiederaufgefüllt werden. Seltenere Herzcontainer erweitern Marios Lebenskraft im Bedarf auf bis zu sechs Zähler, was vor allem in Bosskämpfen sehr praktisch ist.
Für Shopaholics und Fashion-addicts
In Super Mario Odyssey gibt es jede Menge zu tun. Um ihr Schiff, die Osyssey zu betreiben, müssen Mario und Cappy sie ständig mit frischen Power-Monden versorgen. Diese leuchtenden Himmelskörper sind überall in der Welt versteckt, und es gibt 800+ von ihnen zu entdecken! Doch keine Angst, dass die Suche nach den Monden zur Odyssee ausartet: Man kann sich um 50 Goldmünzen Hinweise auf deren Fundorte, oder gleich um 1000 Münzen einen ganzen Zehnerpack der Monde im Shop erkaufen.
Darüber hinaus wollen zweierlei Münzen gesammelt, und in ortsansässigen Crazy-Cap Shops verprasst werden. Mit klassischen Goldmünzen kann Mario Herzcontainer, Monde und Outfits kaufen, während seltene violette Münzen der jeweiligen Landeswährung in die Landestracht, Souveniers und Sticker für die Odyssey investiert werden können.
Moment: Shops? Outfits? Verschiedene Währungen? Ja, aber das hat nichts mit Micro-Transaktionen oder mit Pay2Win zu tun, sondern dient lediglich zum Spaß und zur Individualisierung der eignen Spielerfahrung. Die Outfits haben auch keinen Effekt aufs Gameplay, außer dass gewisse Passagen nur in bestimmten Outfits betreten werden können. Nintendo geht sogar so weit, keine exklusiven Outfits hinter teuren Amiibos zu verstecken, wie das in BOTW der Fall ist. Alle Kostüme können für virtuelles Spielgeld erworben werden. Die Bandbreite reicht dabei vom Piratenkostüm über einen edlen Frack bis hin zum Retro-Kostüm mit roter Hose. Sogar als sein eigener Bruder Luigi kann sich Mario im Verlauf des Spieles verkleiden.
Aus Alt mach Neu
Bei so vielen Neuerungen tut es gut zu wissen, dass auch viel Altbewährtes seinen Weg in Super Mario Odyssey gefunden hat. Zum Beispiel die guten, alten Fragezeichenblöcke. Darin sind auch weiterhin goldene Münzen und Herzen zu finden. Auch die Checkpoint-Flaggen aus bisherigen Serienteilen finden sich in den Welten von Odyssey wieder. Sie dienen als Respawn-und Schnellreise-Ziele. Und obwohl Mario seinen Beruf als Klempner an den Nagel gehängt hat, finden sich auch in seinem neuesten Abenteuer wieder jede Menge Röhren, die Abschnitte und Bereiche der Welten miteinander verbinden.
Das wohl augenscheinlichste Tribut an die Serienwurzeln stellen die Retro-Levels dar, die man über besondere Röhren-Eingänge erreicht. Darin verwandelt sich Mario kurzerhand in sein 8-Bit Pendant aus Super Mario Bros. Auch Outfits, Gegner und die Musik werden retrofiziert, und das moderne 3D-Game wird kurzfristig zum 2D Jump ‘n Run der 80er. Eine sehr gelungene und witzige Hommage, wie ich finde.
Grafik und Präsentation
Grafisch setzt Super Mario Odyssey neue Maßstäbe
Grafisch setzt Super Mario Odyssey neue Maßstäbe auf der Switch. Wenngleich auch Breath of the Wild und Mario Kart bereits sehr ansehnlich waren, und Beeindruckendes aus der limitierten Hardware heraus zu kitzeln vermochten, setzt Osyssey noch mal einen drauf! Im TV-Mode werden alle Spielszenen in 900p bei 60 FPS gerendert, während im Handheld-Modus die native Auflösung von 720p erreicht wird. Lediglich bei Cutscenes halbiert Nintendo die horizontale Auflösung, um das Bestmögliche visuelle Ergebnis zu erreichen. Dafür bekommen wir in diesen zur Laufzeit berechneten Filmchen auch die ganze Pracht von Marios Kostümen und seines Schnurrbarts zu sehen.
Die Gesichts- und Bewegungsanimationen der Spielfiguren, NPCs und GegnerInnen sehen allesamt zum Abknutschen aus. Ganz selten und nur bei genauerer Betrachtung stößt man über verwaschene Texturen oder ausgefranste Schattenränder. Das wird jedoch mit einer sich ständig perfekt bewegenden Kamera kaschiert, die das Geschehen auf spektakuläre und nützliche Art und Weise einfängt.
Sound und Musik
Komplettiert wird das audiovisuelle Gesamterlebnis durch eingängige Musikstücke, die teils Neuinterpretationen bekannter Mario-Tunes sind, und teils komplette Neukompositionen. Vor allem die Titelmelodie „1-Up Girl“ ist an catchyness und Ohrwurm-tauglichkeit kaum zu überbieten. Erstmals in der Geschichte der Spielreihe kommen auch gesungene Musikstücke zum Einsatz. Vor allem in New Donk City, wo Bürgermeisterin Paulina zum krönenden Finale ein gigantisches Konzert zum Besten gibt, passt diese Musik ganz hervorragend zur Stimmung.
Spielmodi
Eine Vielzahl unterschiedlicher Spielmodi darf man sich von einem Single-Player 3D-Plattformer wie Super Mario Odyssey freilich nicht erwarten. Insofern ist es schon eher als Kür denn als Pflicht zu sehen, dass Nintendo auch einen 2-SpielerInnen-Modus beisteuert. Als zweite SpielerIn übernehmt ihr per seitliche geführtem JoyCon die Kontrolle über Marios Kappe Cappy, und könnt somit autonom herumwirbeln. Während Mario sich der Fortbewegung widmet, knöpft Cappy sich GegnerInnen, Fragezeichenblöcken und Hindernissen vor. Dummerweise geht dadurch die Möglichkeit flöten, die Kamera mit dem rechten Analogstick frei zu justieren, wodurch das Gameplay streckenweise schon arg eingeschränkt ist. Mehr Spaß hat man folglich, wenn man sich alleine auf Münzen- und Mond-Jagt begibt.
Für Serien-Neulinge und kleine Kinder bietet sich der Hilfe-Modus an. In diesem werden die grundlegenden Pfade zum Ziel mit blauen Pfeilen markiert, und bei einem Sturz ins Bodenlose wird Mario von einer schützenden Blase gerettet.
Zu guter Letzt gibt es noch den der Snapshot-Mode. Per Tastendruck kann man darin Selfies von Mario und seiner Umgebung schießen, Farbfilter anwenden, und das Ergebnis gleich auf diversen Socialmedia-Kanälen posten. Eine sehr schöne, kleine Spielerei, die aber keine Auswirkung auf das Gameplay an sich hat.
Fazit zu Super Mario Odyssey
Ein Pflichtkauf für jede Switch-BesitzerIn!
Ich habe mir von Super Mario Odyssey nichts geringeres, als eine Sensation erwartet. Meine Anspiel-Sessions in Frankfurt und auf der Game City konnten diesen Verdacht noch erhärten. Nun, da ich das Spiel ausgiebig testen und durchspielen konnte, bin ich vollends überzeugt: Super Mario Odyssey ist ein erneutes Meisterwerk geworden, das sich nicht vor Serienhighlights wie Super Mario 64 und Super Mario Galaxy zu verstecken braucht. Eine tolle Präsentation trifft auf frische, neue Ideen und auf über die Jahre zur Perfektion gereiftes Gameplay.
Die Langzeitmotivation wird durch freispielbare Welten, Kostüme und Erfolge deutlich über die Spieldauer der Haupthandlung aufgeblasen. Es gibt einfach kaum Kritikpunkte, die man dem Spiel ankreiden könnte, und die muss man mit der Lupe suchen. Vielleicht, dass die Welten zum Schluss hin Story-bedingt deutlich linearer werden. Auch der 2-SpielerInnen-Modus kann aus meiner Sicht links liegen gelassen werden. Manche Cappy-Moves setzen Bewegungssteuerung voraus, was auch nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte.
Summa Summarum ist Super Mario Odyssey ein Pflichtkauf für jede Switch-BesitzerIn, und der beste Grund für alle, die es noch werden wollen. Verregnete Herbsttage kommt nur, ich bin dann mal Monde sammeln!
[…] Fazit aus unserem Super Mario Odyssey–Testbericht: […]